Einzelbild herunterladen
 
Wie konnten Sie denn so eifersüchtig sein? Angekl.» Ja, «r hatte doch versprochen, niemals zu Heirathen.Präs.: Hatte er denn versprochen, unverheiralhet zu bleiben und Sie als Wirthschafterin zu sich zu nehmen? Angekl.: Auch das nicht. Präs.: Sie werden von dem Zeugen hören, daß Sie häufig bei den stürmischen Aufkitten Aeußerungen haben fallen lassen, welche mit Ihren jetzigen Bekundungen im Wider- spruch stehen. Angekl.: Ich begreife nicht, wie die Leute so etwas sagen können. Weiter frägt der Präsident, wie sie den Vergiftungsversuch gemacht habe. Auge! l.: Ich nahm fünf Morphiumpulver mit Chloral- Hydrat. Bei der Schilderung des Verlaufes ihrer Krankheit und der Hilfe, welche ihr durch den Dr. St. und einen Dr. Z. geleistet wurde, kommt sie zu dem Schluß, daß sie Dr. Stein- thal bei dieser Gelegenheit habe vergiften wollen. Sie bleibt auch bei dieser Ueberzeugung, obwohl ihr vorgehalten wird, daß nach sachverständigem Gutachten Dr. St. Sie ganz kunstgerecht behandelt habe. Sie spricht nach dieser Richtung hin auch schwere Anschuldigungen gegen den zweite» Arzt Dr. Z. ans, so daß der Vorsitzende ihr vorhält, daß sie alle ihr unliebsamen Zeugen zu verdächtigen scheine. P r ä f.: Wie kommt es nun, daß Sie selbst zur Polizei gegangen sind, um anzuzeigen, welche strafbaren Handlungen Dr. Steinthal mit Ihnen vorgenommen habe? Angekl.: Ich hatte mich ge- ärgert, daß ein anonymer Brief bei der Polizei eingelaufen war, worin darauf hingewiesen wurde, daß ich mit der Absicht umgehe, den Dr. Steinthal zu erschießen. Präs.: Zu welchem Zwecke kauften Sie sich einen Re- volm? Angekl.: Ich wollte mich vor den Augen des Dr. St. erschieße». Präs.: Sie haben Ihren Vater durch eine Postkarte nach einer bestimmten Straßenecke bestellt und ihn gebeten, Ihnen einen Revolver zu kaufen, um ihn Dr. St. zum Geburtstage zu schenken. Angekl.: Das habe ich blas gesagt, um auf diese Weise in den Besitz eines Revolvers zu kommen. Präs.: Hatten Sie wirklich die ernstliche Absicht, sich selbst zn erschießen? Angekl.: Ja wohl! Präs.: Was für ein Mann war denn der Dr. Steinthal? War er feige oder entschlosien? A n g e k l.: Er war im allgemeinen feige. Präs.: Sie haben sich ja wohl mehrmals mit dem Dr. St. über Liebesdramen unterhalten, bei denen verlassene Mädchen ihre ehemaligen Liebhaber niedergeschossen hatten. Angekl.: Wir haben uns darüber allerdings mehrmals unterhalten und Dr. Steinthal sagte dann immer, daß so etwas doch grausig sei. Präs.: Ihre Unterhaltungen betrase» zumeist Fälle, die in Frankreich   vorgekommen waren, wo die Geschworene» wiederholt auf Freisprechung erkannten. Haben Sie vielleicht gedacht, daß dies Ihnen auch passiren könnte? Angekl.: Nein, ich habe ja gar keinen Gedanken an eine Blutthat gehabt. Tie lilngeklagte bleibt dabei, daß sie alles daran habe setzen wollen, um Dr. Steinthal noch einmal zu sprechent Prä- s i d e n t: Warum machte» Sie denn nicht einmal den Versuch, ihn in seiner Wohnung zu sprechen? Angekl.: Ich dachte, daß ich ihn dort nicht allein würde sprechen können und daß man mich doch nicht vorlassen würde, weil man mich schon ein- mal fortgewiesen hatte. Präs.: Das ist etwas ganz neues. Auf Befragen des Dr. W e r t h a u e r bestreitet die Angeklagte nochmals, den Dr. Steinthal mit Erschießen gedroht zu haben. Wenn Dr. St. das Gegentheil verbreitet habe, so sei dies wohl nur geschehen, um sie anzuschwärzen und sie als so schlecht zu schildern, wie sie thatsächlich nicht sei. Zu der Begegnung mit Dr. St. in der Damast'sche» Wohnung habe sie den Revolver zu sich gesteckt, um sich vor Dr. St.'s Augen zu erschießen. Präs.: Es war«in sechsläufiger Revolver. Hatten Sie nicht schon vorher einmal aus dem Revolver geschossen? Angekl.: Nein. Ich hatte 5 Kugeln in den Revolver geladen. Präs.: Nach sachversiändigei» Gutachten soll schon einmal aus allen Läufen geschossen gewesen sein. Dr. W e r t h a n e r: Das erklärt sich vielleicht dadurch, daß der Augellagten ein alter Revolver verkaust worden sei» kann. In der Darstellung des letzten Aktes weicht die Angeklagte mehrfach von ihren früheren Darstellungen ab. So behauptet sie jetzt, daß sie den Revolver sofort aus der Tasche hervorgezogen und in der Rechten nach unten gehalten habe, als sie ihm den Ausgang versperrte. Dr. Steinthal habe sie plötzlich gepackt, nachdem sie gesagt habe: Ich lasse Dich nicht heraus, bevor wir uns ausgesprochen haben! Nun habe sie gesagt:Laß mich los, der Lievolver könnte los- gehen!" Dr. Steinthal habe fortgefahren in seinen Bemühungen, sie bei Seite zu schieben und hierbei sei die Waffe mehrmals losgegangen. Der Präsident macht die Angeklagte daraus aufmerksam, daß sie vorhin gesagt habe, sie habe den Revolver erst hervorgeholt, nachdem Dr. Steinthal sie bereits gepackt hatte. Die Augeklagte bleibt dabei, daß ihre jetzige Darstellung die richtige sei. Präs.: Als der Schuß losgegangen war wohin fielen Sie da? Angekl.: Wir fielen beide zur Erde, da er mich furcht- bar umklammert hatte; er siel sogar auf mich herauf und ich mußte mich von ihm frei machen. Präs.: Das klingt sehr unwahrscheinlich, sie hätten dann doch voll Blut sein müssen. Angekl.: Ich habe auch einige Flecke a» meinem Rockärmel gehabt. Präs.: Das können doch bloße Spritzer gewesen sein, während durch den Schuß die Halsschlagader des Dr. St. ver- letzt wurde und Ströme Blutes vergossen sein müssen. Staats- a n w a l t: Die Behauptung, daß Dr. St. auf die Angeklagte gefallen sei, ist von ihr bis jetzt niemals aufgestellt worden. Präs.: Hielten Sie den Dr. St. für ladt, als er am Boden lag? Angekl.: Nein, er sah mich an und versuchte zu sprechen. Präs.: Und wenn Sie ihn nicht für todt hielten, warum schrien Sie nicht um Hilse, um Leute herbeizurufen? Angekl.: Ich glaubte, der Schuß müsse gehört worden sein und Leute herangelockt werden. Präs.: Haben Sie nichts davon bemerkt, daß Leute die Thür einschlugen? Angekl.: Nein. Ich setzte mich auf das Sopha und versuchte mehrfach, mich zu erschießen, der Revolver versagte aber jedesmal. Präs.: In der Stube sind 4 Kugeln gefunden worden; es wäre doch höchst wunderbar, daß jedesmal, wenn Sie den Revolver gegen sich richteten, derselbe nicht funktionirte, dagegen jedes Mal, wenn Sie in die Stube schösse», der Revolver nicht versagte. Sie bestreitet, nach der That erst einmal herausgetreten, dann rvicder in die Stube zurückgegangen zn sein. Sie sei sehr aus- geregt gewesen, als sie nach Hause kam und habe dort noch zwei Patronen in den Revolver geladen, um sich zu erschießen, sei aber nicht mehr dazu gekommen. Präs.: Bleiben Sie� also wirklich dabei, daß Sie den Dr. Steinthal nicht haben tödlen wollen? Angekl.: Wen man lieb hat, wird man doch nicht tödten wolle»! Nach einer Pause wird die Verhandlung um 2Vs Uhr fort gesetzt. Der medizinische Sachverständige Dr. Mittenzweig hält die Darstellung, welche die Angeklagte von dem Vorfalle gebe, für nicht gerade wahrscheinlich, aber sie sei auch nicht unmöglich. Zwei Zeuginnen, eine Nachbarin der Angeklagten, Marie Fips und ein Fräulein führen Beispiele von der drastischen Art an, in der die Eisersucht bei ihr zum Ausbruch kam. Desgleichen schildert die Wirthin des Dr. Steinthal, Frau Zeipelt, daß dieser öfter mit Kratzwunden zu Hause gekommen sei. Emma Zeipelt, deren Tochter, bekundet, daß Dr. Steinthal durch die Angeklagte einmal 162 M. Krankenkassengelder habe einziehen lassen, bw er bei der Deutschen Bank zu hinterlegen hatte. Als er das Geld von der Sänke verlangt habe, habe diese ihm eine Menge Gegen- stände gezeigt, welche sie für das Geld angeschafft habe. Der Präsident erklärt, daß dies Moment völlig neu se:, bisher habe die Angeklagte den Dr. Steinthal der Unter- schlagnng bezichtigt. Die Zeugin schätzt daS Ein- kommen des Verstorbenen auf 56666 Mark. Der Vorsitzende stellt fest, daß die Nachricht, welche durch die Presse gegangen sei, wonach Dr. Steinthal im Begriffe gestanden habe, sich mit einem reichen Mädchen zu verloben, durchaus un- zutreffend sei. Die Zeugin bestätig� ebenfalls, daß Dr. Steinthal umgehe, zu Heirathen. Als die Vergiftungsgeschichte der Ange- klagten spielte, hat gerade diese Zeugin für Dr. St. aus der Apotheke das Fläschchen geholt, welches nach Ansicht der Ange- klagten dazu dienen sollte, sie zuvergiften". Der Inhalt des tläschchens soll bis morgen durch Nachfrage bei dem betreffenden potheker festgestellt werden. Aus den weiteren Zeugenaussagen ist die der Mutter der Angeklagten hervorzuheben, welche die Ansicht bekundet, daß Dr. Steinthal seine Geliebte bei der Morphium- vergiftungs- Geschichte durch ein vergiftetes Klystir habe ums Leben bringen wollen. Von Sachverständigen wird dagegen bekundet, daß das von Dr. Steinthal angewendete Athropin das richtige Mittel gegen Morphiumvergiftung sei. Nach Vernehmung des Dr. Ziffer, eines Freundes des Dr. Stein- thal, wird die Sitzung auf Dienstag Vormittag Uhr vertagt. Volks-Zeitung UoKsles. Koller uud der Fall Ziethen. In der lesen wir folgenden Erlaß: Vertraulich! An den köuigl. Oberpräsidenten, Wirklichen Geheimrath von Nasse, Exzellenz zu Koblenz  . Nach einer Notiz in Nr. 631 derNational-Zeitung" vom 4. November(Abendansgabe) hat kürzlich in München   im Theater am Gärtnerplatz die erste Aufführung eines Schauspiels Das Recht" von Dr. Hermann Haas stattgefunden, :» welchem der Fall Ziethen behandelt ist. Nach der Zeitungsnotiz sucht das Stück die Unschuld Ziethen's nach- zuweisen und tritt für die Entschädigung unschuldig Verurtheilter ein. Es soll lebhasten Beifall gesunden und dem Verfasser wiederholte Hervorrufe eingetragen haben. Falls diese Zeitung� noliz richtig ist, so steht zu erwarten, daß binnen kurzem die Aufführung des Stückes auch auf anderen deutschen, insbesondere preußische» Bühnen versucht werden wird. Dem recht- zeitig entgegenzutreten, liegt wegen der durch die Auf- führung zweifellos verursachte» Aufregung und Beunruhigung der Bevölkerung im öffentlichen Interesse. Eine Agitation in dieser Form gegen ein von dem Gerichte gesälltcs, durch die zulässigen Rechtsmittel erfolglos angegriffenes Urtheil dürfte um so mehr gegen die öffentliche Ordnung ver- stoßen, als dem Verurtheilten noch gegenwärtig das gesetzliche Mittel, die Wideraufnahme des Verfahrens gegen das Urtheil zu beantragen, freisteht. Im Einverständniß mit dem Herrn Justiz minister ersuche ich Ew. Hochwohlgeboren ergebenst, gefälligst Vorsorge zu treffen, daß der Ausführung des Stückes in der dortigen Provinz in polizeilichem Wege thunlichst und schleunigst entgegengetreten werde. Der Minister des Innern. (gez.) v. K ö l l e r. Düsseldorf  , den 26. November 1SSS. Abschrift über sende ich Ew. Hochwohlgeboren ergebenst zur gefälligen Nach- achtung. Eilt! Der Regierungspräsident. An die Herren Landräthe und Ober-Bürgermeister. Wenn derFall Ziethen" wieder zur Verhandlung kommt, was jetzt zu hoffen ist, wird es klar werden, warum es dem Polizeiminister Herrn Köller unangenehm war, daß die öffentliche Meinung sich mit der Angelegenheit beschäftigte. Thierschntz uud Menscheuschutz. Uns geht folgende Meldung zu: Der deutsche Thierschutz-Verein hat sich jetzt ins Mittel gelegt, um die unhaltbaren Zustände, welche auf dem städtischen Abladeplatze in der Müllerstraße herrschen, zu beseitigen. Die Hauptschuld trifft die Fuhrunternehmer, welche die Müllabfuhr übernommen haben, selbst, indem die Wagen gegen früher viel zu hoch beladen werden. Die Ursache liegt darin, daß die Abladegebührcn verdoppelt sind; darunter dürfen aber nicht die Pferde leiden, welche die schwerwiegenden Müllwagen nach den Abladeplätzen zu ziehen haben. Trotzdem Vorspann bis zu 6 Pferden genommen wird, ist es zuweilen kaum möglich, die Lasten zur betreffenden Abladestelle zu schaffen, und den Kutscher» wird die Schuld gegeben, daß sie die Thiere mißhandeln. Von feiten des Thierschutzvereins soll daher das königliche Polizei-Präsidium ersucht werden, dahin eine durchaus nothwendige Vorschrift zu erlassen, daß die Müllwagen nur bis zu einem bestimmten Ge- wicht« beladen werden dürfen. Der deutsche Thierschutzverein hat vor kurzem erst eine Mit theilung an die Presse gesandt, in der eres sich gewissermaßen als Verdienst zurechnete, daß vom Gericht ein Kutscher wegen Miß- Handlung der ihm unterstellten Thiere zu der höchsten zulässigen Strafe verurtheilt wurde. Geht man derartigen Vergehen näher auf den Grund, so wird man finden, daß es weit weniger Roh- heit ist als äußerer Zwang, der die Kutscher zu Thierquälereien treibt. Ist doch durch die Gewerbegerichts- Verhandlung, die kürzlich gegen die Speditionsfirma Jakob u. Vallentin geführt wurde, vor aller Welt die Thatsache aufgedeckt worden, daß die von rechtswegeu hart bestrasten Thierquälereien, foweit ihre schädigende Wirkung in betracht kommt, in kaum einem Verhält- » stehen zu den abscheulichen Menschenquälereien, welche Unternehmer, die mit allen möglichen Ehrenämtern und Titeln ausgezeichnet sind, ungestraft an den ihrer Ausbeutung unterstehenden Arbeitern üben dürfen. Modernes Küustlerstreben. In einer hiesigen Zeitschrift für die bildenden KünsteDie Kunsthalle  " steht nicht mit keckem, ironischem Anflug, sondern im vollen, gravitätischen Ernst das folgende geschrieben: Das jüngste Hauptereigniß, die Huldigungen, die dem Maler von Gottes Gnaden von allen Seiten dargebracht wurde», die Verleihung des Charakters eines Wirklichen Geheimen Rathes mit dem TitelExzellenz", der jetzt den Schilderer der preußischen Ruhmesgeschichte und zugleich in ihm die ganze Kunst d e r G e g e n w a r t a u s z e i ch n e t sie haben eins eklatant erwiesen: nämlich, daß man am preußischen Hofe einen echten Künstler fürstlich zu belohnen weiß und daß auf märkischein«Loden ein Maler zur V o l k s t h ü m l i ch ke i t ge langen kann." Arme Kunst wie stellen sich deineVertreter" die Volks thümlichkeit vor! Postspcrre. Die Redaktion desFreidenker" thcilt mit, daß über die Verlags- Buchhandlung von W. R u b e n o w Hierselbst die Postsperre verhängt ist. Alle au diese oder von dieser Firma abgesandten Briefe und sonstigen Postsendungen gehen zunächst an den Staatsanwalt und von hier geöffnet ziemlich verspätet, oft auch gar nicht, an den Adressaten. Die Gründe für diese Maßregel sind nicht angegeben. Der Weihnachtstisch für die Gefangeueu-Anfseher in der Strafanstalt zu Moabit  (Zuchthaus  ) soll, wie uns gemeldet wird, auch in diesem Jahre recht dürstig belegt sein. Schon seit vielen Jahren herrscht dort die Sitte, daßWeihnachts- gratiffkationen" n u r an die O b er b e a m t e n(Werkmeister der Schneider-, Schuhmacher-, Tischler-, Schlosser--c. Abtheilungen) und Oberausseher vertheilt werden. Abbr nicht alle von ihnen dürfen sich zum heiligen Christfest dieser Auszeichnung erfreuen- nur die besonders A u s e r w ä h l t e n werden mit diesem Geschenk bedacht, in der Regel nur sechS bis acht, höchstens neun Mann, und zwar erhält jeder von ihnen die Summe von vierzig Mark baar ausgezahlt. Die übrigen Ober- beamten und Oberaufseher, sowie sämmtliche Aufseher dieser Anstalt g e h e n l e e r a u s. Die Aufseher haben einen anstrengenden Dienst von fast vierzehn Stunden täglich Es sind in der genannten Anstalt Beamten angestellt, welche bereits das sünsundzwanzigjährige Dienstjubiläum gefeiert haben und während dieser Zeit ist ihnen ein Weihnachtsgeschenk ,m allergünstigsten Falle nur ein oder zwei Mal gespendet worden Ueber eine merkwürdigeKonfiskation" wird uns ge- mit d«; 0iÄU.tT.3« der BuchhanNu»g°°n Ä. Zack. OppAnerstr. erschien am Freitag Abend ein angeblicher Kriminalbeamter, um Das Buch der Jugend", sowie die BilderbücherArm und Reich" undGroß und Klein" zu beschlagnahmen. Zufällig waren diese Werke nicht auf Lager. Uns ist von einer Konfiskation dieser Bücher, deren harmloser Inhalt denn doch über allen Zweifeln stehen sollte, nichts bekannt. Es muß wohl ein eigenartiger Irr- thum in dem Bestreben vorgelegen haben, unfreiwillig für die genannten vortrefflichen Werke Reklame zu mache». Die Garde» und die Zeitunge«. Im Auftrage dcs Kom- mandeurs des Gardekorps, Generals der Infanterie von Winter« selb, ist Ende vergangener Woche sämmtlichen Unteroffi- zieren und Mannschaften des Gardekorps  (Garni- sonen: Berlin  , Charlottenburg  , Spandau  , Potsdam  , Lichterfelde  . Küstrin  ) ein Korpsbefehl bekannt gegeben worden, der allgemeines Interesse erregen dürfte. Da vorzugsweise m letzter Zeit dem 'errn General" durch die Zeitungen unliebsame mili- rische Vorkommnisse zu Ohren gekommen sind, so ist jetzt den Unteroffizieren und Mannschaften auf das strengste ver­boten worden, fortan Aeußerungen oder sonstige Mittheilungen der militärische Geheimnisse, Befehle, Neuerungen, Ver- richtungen, Anordnungen, Bestrafungen. Mißhandlungen s. w. u. s. w. an Zivilpersonen zu machen. Auch Mittheilungen an Zeitungen und Zeitschriften behufs Ver- öffentlichung sind ftrengstens verboten. Zuwiderhandlungen werden mit Arrest geahndet. Wäre cs nicht zweckmäßiger, den Soldaten überhaupt jeglichen Verkehr mit demZivil" zu verbieten? Der vornehmste Um- gang für den Soldaten ist doch der Soldat, und sicher ist sicher! Seine Eitelkeit hat einen Soldaten vom 1. Garde-Dragoner- Regiments zum Diebe gemacht. Vor einiger Zeit wurde im Regiment ein Mann von der vierten in die drUte Eskadron ver- setzt. Kaum war er dort, so wurde ihm eine eigene Hose aus seinem Spind entwendet. Der Bestohlene machte Anzeige und es fanden nun bei allen Leuten der Eskadron Nachsuchungen statt. Die entwendete Hose fand man bei dem im dritten Jahre dienenden Gardedragoner Menzel, der dadurch verratheu wurde, daß die Hose noch den Stempel der 4. Eskadron trug. Ihn zu beseitigen, hatte Menzel vergessen, obwohl er das Kleidungsstück sonst hatte abändern lassen. Der diebische Soldat wurde zu einer schweren Strafe verurtheilt und in die zweite Klasse des Soldatenstandes verfetzt. Am Sonntag brachte man ihn mit einer Droschke vom Militär-Arrestgebäude in der Linden- straße in die Kaserne des Regiments und, nachdem ihm hier die Kokarde abgenommen worden war, zum Lehrter Bahnhos, um ihn dem Festungsgefängniß zu Spandau   zu überliefern. Ein Deserteur von der Straskompagnie in Spandau  , Namens Fleschner, wurde in Potsdam   festgenommen. Die Bewohner des Hauses Hermannstr. 1V6 in R i x d o r f waren nicht wenig erstaunt, als sie am Sonntag imVorwärts" das amtliche Resultat der Volkszählung lasen, denn die Zähl- bliese dieses Hauses waren noch nicht abgeholt worden. Auf eine Mittheilung an die Behörde wurden dann am Montag die Zählbriefe auch des bezeichneten Hauses, die infolge eines komischen Jrrlhums eines Zählers nicht abgeholl worden waren, nachträglich eingesammelt. Die Bevölkerungszahl Rixdorfs ist daher um zirka 76 höher, als wir am Sonntag angegeben hatten. Ju der Qffiziu des hiesigenJutelligeuz- BlattcS", das am 1. Januar eingeht, sind am letzten Sonnabend die 52 Mann, welche das Druckereiperfonal bilden, gekündigt worden. Es war den Gekündigten überlassen worden, zehn Mann aus- znwählen, welche in Beschäftigung bleiben könnten; das Personal stimmte einem ans seiner Mitte gestellten Antrag zu, nach welchem den zehn ältesten Arbeitern dieser Vorzug zu theil wird. Der pestilenzialische Gestauk, welcher zu gewissen Zeiten durch die A l b u m i n s a b r i k auf dem Zentralviehho e über die ganze dortige Gegend verbreitet wird und namentlich auch den der Erholung dienenden Friedrich shajn stark beeinträchtigt, hat wieder einmal zu lebhasten Klagen Beranlaffung gegeben, die aus einer mit zahlreichen Unterschristen versehenen Petition an den Magistrat widerhallen. In der Petition wird aus- geführt, wie widerwärtig und gesimdheitsfchädlich das Einathmen dieser Pestluft ist und in beweglichen Worten diese Plage ge- schildert. Da ein ganzer großer Stadttheil darunter zu leiden hat, so wäre cs endlich an der Zeit, die Albuminfabrik aufzuheben oder den Betrieb zu ändern. Häuslicher Zwist im Antisemiteublatt. Hiesige Blätter berichten:Bedeutende Veränderungen stehen dem Vernehmen nach bei derTäglichen Rundschau" und derVolksrundschau" bevor. Zwischen dem Verleger und dem Herausgeber Dr. Friedrich Lange ist es zu Differenzen gekommen, die das Ausscheiden Lange's aus der Redaktion nach sich ziehen werden. Der Ver- leger hat von Dr. Lange gefordert, daß er eine andere Politik in den beiden Blättern einschlage. Das bezieht sich namentlich auf die eigenartigen Deutschbund-Interessen, die bisher in der Täglichen Rundschau" zum Ausdruck kamen." Durch eiue« Brand im Eiseubahn-Paiketwageu auf der Strecke Berlin   Bromberg   Thorn sind am Freitag Abend in der Nähe der Station Dühringshof bei Landsberg   etwa 1266 Packete vernichtet worden. Es konnten nur 9 Packete gerettet werden. Ei» Berliner   HauSwirth. Ein besonderer Fall christ­licher Milde wird uns zur jetzigen fröhlich-seeligen Weihnachts  - zeit aus dem Hause Naunynstr. S gemeldet. Ein dort wohnender Töpfer war vor etwa fünf Wochen auf seiner Arbeitsstätte wegen Brustleidens entlassen worden, und mußte, da es ihm nicht mög- lich war, wieder Arbeit zu bekommen, seit diesem Monat die Micthe schuldig bleiben. Nachdem eine Mahnung erklärlicher- weise fruchtlos geblieben war, schloß der Vizewirth des Hauses, Mollack, am Sonntag kurzer Hand die Thür zur Wohnung ab, und das Ehepaar, das glücklicherweise kinderlos ist, wäre ge- zwungen gewesen, die Nacht auf der Straße umherzuirren, wenn sich nicht Verwandte der Lente angenommen hätten. Eine Reklamation bei dem Hauswirthe Clausing blieb erfolglos, auch die Polizei erklärte, nicht einschreiten zu können. Jede Möglich- keil, zu ihren paar Habseligkeiten zu kommen, blieb den Armen bislang verschlossen. Zum Tcltower Morde. Die Wittwe H e r m a n n aus Teltow  , die jüngere Tochter des ermordeten pensionirten Bahn- Wärters Gottlieb Schulz, welche unter dem Verdachte in Unter- suchnngshast genommen war, den Mörder Kurz zum Morde an- gestiftet zu haben, ist Ende vergangener Woche wieder aus der, Haft entlassen worden, nachdem sich herausgestellt hat, daß der! Verdacht unbegründet war. Auch der Zigarrenarbeiter Schnoerz,' der Bräutigam der Schwester des Kurz, welcher mit diesem zu- sammen in Potsdam   verhaftet wurde, als beide von dem Blut- gelde ein Weingelage veranstalteten, befindet sich wieder ans freiem Fuße. Eiu Opfer seines Berufs ist der Förster Wolff aus Zepernick   bei Bernau   geworden. Wolff ist den schweren Ver- letzungen, die er am Anfang dieses Monats in einem Kampfe mit Wilddieben davontrug, in einer hiesigen Privatklinik erlegen. Wege» Ausbruchs der Pocke» bei einigen Kindern der 6. Knaben- und 6. Mädchenklasse der Genieindeschule in Friedenau   sind diese beiden Klassen vom Kreisphysikus auf 4 Wochen geschlossen worden. Polizcibericht. Am 14. d. M. wurden drei Personen er' hängt und zwei erschossen in ihren Wohnungen vorgefunden. Nachmittags wurde in der Ackerstraße ein Gürtler durch einen Möbelwagen überfahren. Er erlitt einen Bruch des linken Unter- t/fc«».,- Abends wollte sich ein 14jährige» Mädchen an der