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Unterhaltung unö ÄVissen Jt:».

Oer Eintänzer und die Bardame.

Draußen rinnt der kalte Regen.

In einer Dar. abseits in einer kleinen, spärlich beleuchteten Nebenstraße des Halensee nahen Kurfürstendamms. Kurz vor drei Uhr in der Nacht. Draußen praffelt, strömt, rinnt kaller, unerquick- licher Regen... Unbeschreiblich monotone Melodie. Ein Sturm heult, jault, grault, wimmerstöhnt. Durch die Nacht ruft ein« färb- lose Stimme im immer gleichen Tonfall, in immer wiederkehrenden Rufen, in gleichen Abständen Montagszeitungen aus. Es ist die Nacht vom Sonntag zum Montag. Für wen ruft die farblose Stimme? Für die ganz wenigen, aufDame" zurechtgemachten, unkeuschen, unschuldigen Liebemädchen etwa, denen das Geld noch nicht im Latze klimpert, die hier unendlich viel animalischer, in- stinktiver harren, als die Leidenläuferinnen in der Mulackstraße? Für die Besitzer der Attraktionen im Lunapark etwa, die nun ver- drossen ob des schlechten Wetters in ihr« Quartier« fahren? Die Bardame lehnt hinter dem Bortisch. Sie ist nicht mehr jung. Aber sie ist auf»jung" frisiert. Sie ist In ihrem.Liebes- leben" schon fast zum maschinell betriebenen Sexualautomaten g«° worden. Aber sie ist aufanständig" frisiert, lind beginnt jedes Gespräch mit ihrem obligatenKommt ja jarnich in Fragel" Heute ist sie traurig. Sie hat noch nicht Handgeld verdient.Bei dem Hundewetter traut sich keener aus den Filzlatschen raus." Aber sie hat ihren welken Mund mit einer lichtzinnobernen Lippenschmink« lüstern lachend gemalt. An einem Tisch sitzt der Eintänzer. Bleicher, breitschulteriger, junger Mann mtt wehmutersüllten(oder nur übernächtigten?) Augen, mit schlanker, eleganter(vielleicht nur unterernährter!) Figur, mit schönen, schmalen, wohlgepslegten Händen(wie man sie sehr häufig bei den arbeitslosen Nichtproleten findet), in einem Smoking, von dem die letzten Teilstrecken sicher noch nicht b«° zahlt sind., Draußen rinnt der kalte Regen, wimmert der Sturm. Die Bardame setzt sich zu dem Eintänzer. Die Kapelle, die aus einem tuberkulösen Argentinier bestand, ist bereits gegangen. Es ist nicht recht ersichtlich, worauf der Eintänzer mtt dem jungen, greisen- haften Gesicht hier noch wartet. Reflektiert er auf«inen Kognak oder gar auf die verblühten Reize und die prostituierten Johannis- triebe der Bardame? Nein, nein. Er sagt nun zu dieser Frau, die seine Mutter sein könnte und ganz zweifellos zu diesem ihr Gleichgestellten etwas wie mütterlich« Zuneigung hat:Du... ich könnte ja von drei bis fünf durch die Straßen wandern. Dann «ine Stunde mtt der Stadtdahn fahren. Und um sechs könnte ich ja in einen Bumms gehen, wo Frühkabarett ist. Ich könnt« ja da sogar noch wo» verdienen. Wenn ich nur nicht so hundemüde wäre.. Na. laß man," sagt die Bardame,wenn'» nur-in« Nacht ist. kannst« ja bei mir schlafen...*

Draußen stoppt ein Auto. Ein dicker Herr in einem Leder» mantel stößt mit seinem unpassenden Schmerbauch die Tür auf. Sauwetter das," brabbell er in seinen spärlichen Bart. Und: Die ganze Tour wird einem vermassell..." Scheinbar ein Pro- Vinzier, der sich in dem enormen, snobistischen Vergnügungspark amü» sieren wollte, jedoch vom Wetter daran gehindert wurde... Sicher hat er Geld, denn mit größter Selbstverständlichkeit setzt er sich an einen Tisch. Und beginnt im Iunkerjargon nach Bedienung zu keifen. Die Bardame zupft sich die wasierstoffsuperoxydblonden Löckchen zurecht. Und frägt sehr spitzfürnehm den späten Gast nach seinen Wünschen.Mecker man nich," grölt der.Bring zwei jroße Kognaks.. Nachdem der Dicke mit dem unpassenden Schmerbauch getrunken hat und die Schenkel der alternden Frau gebührend betatscht hat, will er zahlen und gehen. Doch die Frau bittet ihn mit lüsternlachend- geschminktem Mund, lustigen Zauselöckchen, ober hungrigen, Mitleid heischenden Augen noch um«in« Kleinigkell für sich. Man könne ja vom Geschäft nicht mehr leben. Und dann lacht er sehr derb. Und dann tippt er ihr mit betrunkenem Zeigefinger auf die schwan» mige Schüller. Nun sagt er ihr unter widerlichem, grölendem Lachen(da» ein Feixen ist) etwas ins Ohr. Und sagt:Nu aba rasch." Dann gehen sie. Und während sie hinausgehen, dreht sich die Bardom« um. Sie sieht den Jungen an. Den Jungen, dem sie Obdach gewähren wollte für diese Nacht.Leider.. soll ihr Blick ihm sagen. Er sagt aber diesem jungen Menschen, diesem armseligsten aller Gigolos, der gegen das Schicksal der Heimatlosen und jener Existenzen, verfemt von der Gesellschaft, dennoch von ihrem Speichel leckend, sich ernähren, unglaublich abgehärtet und gefühllos geworden ist, dieser Blick sagt ihm etwas ganz anderes. Dieser Blick brüllt ihm etwas ungeheuer Unflättges ins Gesicht. Denn er birgt bei aller Gefühlsrohell, bei aller vermeintlichen Tier- heit, bei oller Gier und aller stummen Ergebenheit doch etwa» Mütterliches, doch«in ganz klein wenig Liebe. Nun fällt die Tür ins Schloß. Sie sind nun gegangen. Der Nachtwächter tritt ein.Feierabend," sagt er gewichtig. Der Eintänzer geht. Er wird drei oder dreihundert Stunden (das ist egal) durch die Nacht wandern. Durch den Regen. Durch den Sturm. Dann wird er in der Stadtbahn fahren. Dann aber wird er in einem Frühkabarett, in dem die reichen Nichtstuer mit ihren Konkubinen auf Abenteuer warten, feine Dienst« anbieten. Und er wird tanzen. Und einiges Geld verdienen. Und den Wünschen der feinen Damen undDamen " willfährig sein. Gerdland.

Keine Schuhe. Don Else Feldmann . Drei saßen in einer Dank, ich in der vorletzten Reihe, neben �osa, der Tochter des Gastwirts, und neben Therese vom Flick- schuster. Theres« saß erst seit wenigen Tagen neben mir, durch «inen kleinen Betrug hatte sie sich den Sitz erzwungen. Sie hotte früher in der ersten Reihe gesessen, weil sie kurzsichtig war und eine Brille trug. Therese, die nie ein Zehnuhrbrot mitbekam, die in ärmlich:» Kleidern ging, Armenschülerin war und sogar Speis«. marken sür die Volksküche nahm, genoß wenig Ansehen in der Klasse. Das Böseste aber waren ihre Schuhe, die waren ihr viel W groß, Frauenschuhe, sogenannt« Zugstiefel mit Gummi in den Seitenteilen, am Oberloder sah man nichts als Flicken und die Sohlen befanden sich in argem Zustande, der schwarze Strumpf kam hervor. Und well Theres« Beine hatte, so dünn wie Stecken, der Gunnnieinsatz aber vor Aller ganz zerdehnt war, mußten immer elle über Theres« lachen, am meisten, wenn es läutete und wir zum Nachhaufegehen antraten. Wer kennt nicht dieses Vorgefühl des Lachens, diese Vorberei- wng auf das Lachen. Es läutet. In aller Gemüt trat eine Eni- fpannung ein: jetzt werden wir gleich lachen. Erst das Gebet, alle ausstehen'Christ und Jud. Vaterunser beten! Israelitinnen haben ruhig zu stehen. Schon an der Stelle:(Begrüßest seift du ®oria, du bist voll der Gnaden", kam von allen Sellen ein Kichern, die Ellbogen der gefalteten Hände stießen die Nachbarin an. aber kaum, daß man noch Zeit hatte, über Stirn, Kinn und Brust das Zeichen des Kreuzes zu inachen zu den Worten: im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes Amen, brach �as Lachen aus, das Lachen des Hohns, der Verachtung, des komi- ichen Anblicks wegen, den Therese mll ihren Schuhen bot. So, es l'WB sich nicht anders machen, sie mußte in der ersten Rech« gehen. da sie in der ersten Bank, Türseit« saß, mußt« den langon Gang. zwei Stockwerke, bis zur nächsten Straßenecke gehen. Ich war weit zurück, konnte aber sehen, wie Therese, ohne sich umzublicken, vorwärtsging, die Hände zu Fäusten verkrampft. Wir hatten beobachtet, daß ste jedesmal in ein Haustor ver- schwand, wo sie nicht wohnte, und dort stand, bis all« Schulkinder sich zerstreut hatten. Woran Theres« dachte, wenn sie unaufmerksam saß, nicht mit- rechnete, noch mitlas, und nur vor sich hinbrütete? Ihrer Kurz- sichtigkeit wegen wurde sie von der Lehrerin mit Nachsicht behandell, wurde nicht so häusig aufgerufen wie ander«. Etniiwl kam Therese ohne Drille, während wir Leson hatten, s�h sie in das Buch und hatte keine Brille. Natürlich bemerkt« es die Lehreriy. Wo Haft du heute deine Augengläser?" Therese antwortet« wicht. Wenn du ste zu Haus« verzesfen hast, dann geh' st« dir Holm, ich erlaube nicht, daß du ohne dein« Brille mitarbsitest." Da steht Theres« auf und flüstert etwas. ..Was sagst du? Sprich lauter, ich verstehe kein Wort." Es nützt nichts, sie spricht nicht lauter. Da muß die Lehrerin aufstehen uttd zu Theres« gehen. Nun (Prechen sie lers« miteinander: wir recken ine Hälse, um zu hören. Di« Lehrerin oerdeutlicht die Worte: Du brauchst teme Augengläser mehr? Hot es der Arzt ge- s«St? Ja? Welcher? Der im Bormheezigenkpital? Du bist nicht mehr kurzsichtig und brauchst kein« Brille mehr zu tragen? Na �ann fei froh! Ist sonst wer kurzsichtig oder schwerhörig?" Meine Nachbarin meldet sich, sie sieht schlecht. Ach, da, eitle Ding, ich w?« gut, daß sie sich nur deshalb meldet, weil ste auf dem Nachhauseweg als Erste gehen möchte. Und noch einige möch­ten auf den schönen Platz, der nun frei wird, da Therese nicht mehr kurzsichtig ist. Sind denn alle, d< sich melden, kurzsichtig oder schwerhörig?" Lachendes Nein als Antwort. Am Ende tauscht Therese mit meiner Nochbann den Platz. Die Lehrerin: Kannst du von dort auch alles gut sehen, wa» an der Tafel steht?" Ja, bitte, ich seh- olles." Zu mir aber sagte Therese leise:.Laß' mich von dir ab- schreiben." Sie nahm mein Heft, zog es bis an ihre Augen. Es wurde das still« Abkommen zwischen uns beiden getroffen, daß ich von der Tafel. Therese aus meinem Heft abschrieb, wir beide hatten immer dieselben Fehler. Einmal blieb Therese unentschuldigt zwei Tage lang aus. Ich wurde zu ihr geschickt, nachsehen, was ihr fehl«. Im Flickschusterladen stand, von einem Vorhang verdeckt, chr Bett. Sie hatte den Hals eingebunden und hustet«: sie war erkältet. Sie faß im Bett auf und schrieb die Hausousgab-, aus ihrer Nase saßen Augengläser. Ich wollte nicht lange bleiben, weil der Kleistergeruch mir un- angenehm war, und weil es überhaupt wie in einem Stall« roch, aber ich wollt« doch wissen, worum Theres« jetzt wieder ihre Brille tragen mußte. Bist du denn wieder van neuem kurzsichtig?" Nein," sagt« sie, und hielt ihr dünne, Händchen vor den Mund. Ah. ein Geheimnis, dacht« ich und beugte mich zu ihr. .Ich wollt« ja nur weg von der ersten Bant." .Du wolltest weg?" .Ja, aber sag' es iriemond, ich sog' das nur dir." Alle wünschen sich, in der ersten Bank zu sitzen, weil st« dann als Erste in der Reihe gehen dürfen." Therefes Mundwinkel ziehen sich verächtlich noch abwärts, dos h�tßt, sie macht sich nichts aus der ersten Reih«. .Du darfft es aber niemand sogen, auch nicht deiner besten Freundin." Gewiß nicht." Darauf gibst du mir deine Hand!" Ich gebe ihr wie einen Schwur meine Hand. Wir sind plötz­lich wie Erwachsene. ---Daß ich morgen oder übermorgen, wenn ich wieder in die Schul« komme, nicht höre, daß du etwas gesagt hast und daß ich dann vielleicht wieder in die erste Bank zurück muß." .Nein. Aber dann warst du vielleicht gar nicht beim Arzt?" ,O ja. ich war mit der Mutter." Und hat er gesagt, daß du nicht mehr kurzsichtig bist?" Nein, das hat er nicht gesagt, aber er hat gesogt, daß ich schärfere Gläser brauche, weil ich noch mehr kurzsichtig bin und ich soll sie immer tragen." Sa, ich braucht« nicht länger zu srazw, ich»erstand alle«.

.Siehst du. hier versteck« ich sie immer, wenn ich In d« Schule geh«.' Unter dem Etrohsack. .Du weißt so. warum," sagt Therese mit ihrem dünnen, Heise- ven Stimmchen,.weit ich keine Schuhe Hobe." Kleine?" .Keine keine ordentlichen." .Kann dir dein Voter keine machen?" .Er hat kein Leder, er ist nur Flickschuster." Noch zwei Togen kam Therese wieder in die Schul«. Sie mühte sich furchtbar ab mtt dem Schreiben und Lesen. Ich verriet sie nicht, weil ich ihr mein Wort gegeben hatte. Sie tonnt« aus meinem Heft mit allen Fehlern abfchveibsn. sooiol sie wollt«, und wenn sie aufgerufen wurde und ich selbst etwas wußte, sagte ich ihr vor. Niemand lacht« mehr während de« Vaterunser: Theres« war oergesien. Auf dem Nachhauseweg verschwand sie unter den ande- ren, niemand steten ihre Schuhe mehr aus: sie zog mich hinter sich her, bat mich, ihr den Gefallen zu tun, dicht an ihrer Seite zu gehen, ich half chr, wie ich konnte. Daß ihr nur mit ein paar Schuhen geholfen worden wäre, daß einem Paar Schuhe oll« körperliche und seelische Qual von ihr ge- nommen hätte, all« menschlich« Schmach, wußte ich damals noch nicht, ich war ein Kind. Aber wisien«s alle Erwachsenen?

Dachauer Vauerngarten. Don Otto Shrhart. Di« Marienseide weht. Gestern sind die Schwalben fortgezogen, und eben sind«in paar hundert Star« in die Holunderbäume de» Nochbargarten» eingefallen. Die fraulichen Birten vor unserem Haus« werden immer müder, und die Ahornbäume am nachen Bach« prunken wie Kardinäle in wunderbaren Purpurfarben. Seit ein paar Tagen ist die Luft merkwürdig fenihörig. Der Pfiff einer Lokomotive, Wagenrollen auf abseitigen Straßen, da» Rauschen de» Flußwehre» klingt oft so nahe, daß man verwundert aushorchen muß. Von den Feldern tönt Hundegebell und Flinten- geknalle. Mit.Lüßt" und ,Lott" undHäah" rumpeln die letzten schwerbeladenen Heuwagen ins Dorf herein. Ader alle dies« Geräusch« sind verschlafen, wie von der Watt« jener seinen, durchsichtigen Nebel gedämpft, die draußen überm Moor, über den Feldern und Wiesen lagern. Laut sind nur die Farben. Die kleinen Bauerngärten spektakeln bunter als Jahrmärkte. Sie machen einfach froh. Da drehen sich runde, hochstaudige Dahlienbüsche wie wilde Karussells im Kreise. Vielfarbige Malvenmasten haben hoch bis an die Toppen geflaggt, erheben sich steil und festlich über vielerlei nutz, und zierpflanzlichem Gedränge. Durch die Lücke eines Zaunes hindurch drängen sich Winden und Hollen dir süße, zarte Bellsl- tinder ihre fcingeschliffenen, lichtblauen Edelkelche entgegen. Alles wächst hier mehr dem eigenen Vergnügen, als nach gärtne- rifchem Willen. Um steife Scabiofen. um die Farbenmärchen der wohlgeordneten, wie aus hauchzarten Seifenblättchen rundlich ge- fügten Pompondahlien, reigen, tollen ganz« Schoren weiß und roter, blau und gelber Aftern. Ihr Uebermut kennt keine Grenzen. Sie überspringen dreist die schlechtgefoßten Beet«, lugen hier aus einem griesgrämigen Stachelbeerbusch«, bort an» de» Lauche einer

Sövivi»ei r-itt e?'« alten, verrosteten Gießkanne heraus. Sie sind's vor allem, dt» im Vereine mit treuherzigen dummen Strohblumen, mtt Toten» blumen und halb verwildertem Phlox die frechen Bauernblumen- nasen fast in jeden Winkel des Gartens stecken müssen. Eines dieser Törtchen besitzt ein mtt grünen Flaschen gefaßte» rundes Prunkbeet. An grün gestrichenen Holzstäben streben doppelt auffallend in all der bunten Lust ein paar blaß«, weiße Rosen empor. Der matte gelblich-welke Schimmer ihrer Wangen läßt sie überzart, kränklich, alljüngferlich erscheinen. Mit oerblühten, fliegenden Hcrzen-Iris- und Lilienbüschen, einem welkenden Ritter» sporn vor den schlanken Stämmchen, tut da» Beet ein biffcl kitschig, ein bisiel weh. Gut kann ich solch bunte Glaskugeln leiden, wie sie jeder der beiden Rosenstecken trägt. Das ist«cht bäuerisch, bayerisch, knallt fröhlich in die Welt hinaus und spiegelt sich eitel, mit dem ganzen Eindruck, den es von feiner Umgebung hat(mein Gott, wie humorvoll verdreht so ein« Glaskugel alles sehen kann!), in den nahen Fensterscheiben wider. So ein Bauerngarten ist«in Feuerwerk. Ein um so liebere». als es lange hält und nicht nur aufsprüht und vergeht. Wenn man da hinübersieht, wo sich die Raketengarben der Herbstastern, mit Hunderten, Tausenden von kleinen karminroten, violetten und gelben Sternen über das Stocket werfen wird man froh. Wie das durch die Augen ins Herz knattert! Und wie sich erst auf den langen, festen Stielen, die bis ins Laub der Obstbäume reichen, die flammen- den Räder der Sonnenblumen drehen! Das ist bäuerische Garten- Pyrotechnik, urgesunde Farbenspielerei. Ein Jahrmarkt, auf dem alles dudelt und schreit... Auf einmal geht's dir dann wie mir: du hängst plötzlich überm Zaun, brichst dir ein paar der aller- frechsten, kreischenden Dinger ab und beginnst wie ein Lausbub, weiß Gott , warum laut und falsch zu pfeifen. Denn es ist so, wie ich beretts am Anfang sagt«:So ein Bauerngarten macht einen ein- fach froh!"

Surlose Dcflimmvngen. Im Jahre 17.?8 wurde in Frankreich die Aebtissin von Fontrevault von Sr. Majestät lediglich deshalb zur Herzogin ernannt, damit sich die Aebtissin als Erzieherin der vier jüngsten kömglichen Prinzessinnen in deren Gegenwort setzen durste. Einer gewöhnlichen Aebtissin wäre dos nicht gestattet gewesen. Die in Berlin herausgegebenenErinncrunasblätter" brachten Wilö folgend« lakonische Notiz:In Hannover hat man den Offizieren dos Heiraten verboten und in Bayern den Nacht» Wächtern Man weiß nicht warum." Der Rat der Stadt Lüne- bürg erließ im Jahre 7702 ein geharnischtes Edikt gegen da» Spaziergehen, zumal gegen dosverdächtige Spoziergehen" junger Leute am Abend und des Nachts, dasernstlich ein für allemal vev» boten wird." Di« Straßen sollen des Nachts fleißig visitieret werden und jeder Uebertreter des Verbotes in.ftakt kommen und bestraft werden. Ob das etwas geholefn hat, ist nicht bekannt geworden, doch lzat sich sogar ein Geistlicher gegen das Edikt aufgelehnt, indem er der Aufforderung, es von der Kanzel zu verlesen, nicht nachkam, sondern dazu schriftlich»ermerkte, daß er folcbesals ein unziemen- des Anmuten von der Stadt holte." In Berlin wurde 1R46 ein Wirtfchoftslokal polizeilich geschloffen, weil dort Mädchen öffentlich Zigarren geraucht hätten... heut« müßte man deshalb sämtliche Lokal« schließen. Das rauchende Pole«. 7 Milliarden Zigaretten im Werte von 230 Millionen, ferner für 16 Millionen Zigarren und 3l3 Millionen Prefowka haben die Polen im Jahre 1927 verqualmt. Am stärksten geraucht wird in Posen und Pommerellen, wo auf den Kopf der Bevölkerung 27,30 Zloty verraucht werden.