7.
Beilage
Montag, 8. Oktober 1928.
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
,, Es ist eine alte Geschichte..
Dem Leben wahrheitsgetreu nacherzählt.
Sie bricht zusammen.
Am nächsten Tag kommt ein Brief von ihm.
Wir haben heute in aller Frühe das Mädchen, das in| Brief. Ihr Mann hätte ihr alles gestanden. ,, Bilden Sie sich ja der letzten Zeit unseren Haushalt versehen hatte, zu Grabe nicht ein, Sie Hure, daß Sie ihn herumbekommen werden. Wenn geleitet. Außer uns beiden und den vier Sargträgern war Sie nach Danzig kommen, werde ich Sie so zurichten, daß Sie nieniemand zur Stelle. Ohne irgendwelche Teilnahme von mand mehr erkennen wird. An die Scheidung, auf die Sie spekuAngehörigen oder Freunden wurde sie ,, verscharrt". Ein lieren, denkt weder mein Mann noch ich." Und darunter steht:„ Ich freudloses Leben fand ein freudloses Ende. Armenbe- bestätige, daß meine Frau und ich in bestem Einvernehmen leben. gräbnis. Einsam war sie durchs Leben gegangen, einsam Gezeichnet Frizz M." und verlassen von allen gestorben. Keine Elterntränen, keine Geschwistertränen, keine Freundestränen netzten ihr Grab, der sinnlose§ 218 hat auch sie gemordet. Hedwig hatte weder Vater noch Mutter fennengelernt. Die Eltern früh verstorben. Sie hatte weder Bruder noch Schwester. Bei Berwandten großgezogen. Früh in die Welt hinausgestoßen, auf sich selber angewiesen. Jahrelang war sie in Hinterpommern als Hausgehilfin tätig. Dann tam sie zu uns. Bescheiden, ehrlich, eifrig, willig verrichtete sie ihr Tagewert. Wir wußten nichts von ihren Privatangelegenheiten. Mit ängstlicher Sorgfalt vermied sie es, uns in ihr Leben blicken zu lassen. Sie verrichtete ihre Arbeit; bamit erschöpfte sich ihr Verhältnis zu uns. Fragte man sie nach mehr, so schwieg sie. Man merkte ihr nichts an von ihren Sorgen, ihren Enttäuschungen, ihrer Verzweiflung. Bielleicht war sie zu stolz, um Mitgefühl, Hilfe für sich in Anspruch zu nehmen. Prolede tarierftolz! Still, wie sie gelebt, ging fie mit 26 Jahren hinüber.
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Die Tragödie dieses Mädchens wurde erst nach ihrem Tod in ihrer ganzen Entsetzlichkeit flar. Wir suchten nach Anhaltspunkten, um Verwandte ausfindig zu machen. Dabei fanden wir Briefe, Dokumente.
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Wir hatten teine Ahnung von dem Unheil, das sich über einem leichtgläubigen, verzweifelnden Mädchen zusammengezogen hatte. Gie verbarg ihr Geheimnis ängstlich. Sie täuschte uns durch gedem pielten Gleichmut, ihr Stolz murde ihr zum Verhängnis.
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Hedwig hatte im Frühjahr einen Schlosser Frizz
ial lennengelernt. Er stammt aus Danzig , suchte in Berlin Arbeit. Es gelang ihm, Hedwig zu gewinnen. Er versprach ihr die Ehe. udwig Von ihren geringen Ersparnissen lieh sie ihm Geld, damit er die e, i Beit der Arbeitslosigkeit überstehe.
Da er in Berlin teine Anstellung finden fonnte, fehrte er in feine Heimat zurück. Er nahm ihr das feierliche Versprechen ab, ihm treu zu bleiben. Gobald er eine Stelle habe, müsse fie nach
tommen.
Kurze Zeit, nachdem er fort mar, fühlte sie sich Mutter. Sie fchrieb ihm, fragte ängstlich, wann sie seine Frau werden könne. Und da tam die ganze furchtbare Wahrheit ans acje Tageslicht.
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Er war verheiratet. Sie möge guten Mutes sein, er
„ In der Stunde der größten Berzweiflung sende ich Dir diese Beilen. Mein falsches, hinterfiftiges Weib hat mir einen Streich gespielt. Sie sagte, sie werde gleich die Scheidung einreichen, aber fie tat es nicht, sondern hat mir mein ganzes Geld beschlagnahmen lassen. Dann lauerte sie mir auf und machte mich betrunken in einem Hotel. Liebe Hedwig, schicke mir sofort Geld, vielleicht 30 bis 40 M. Ich habe meinen Koffer gepact, ich fahre sofort zu Dir.
Hedwig lieh sich von uns Geld aus. Den 3wed verschwieg sie und fandte, es nach Danzig . Bielleicht meinte er es doch ehrlich. Und dann tam die Antwort:
Sie hat mich jetzt vollständig in ihrer Gewalt, denn Geld habe ich nicht und mein Scheidungsgrund ist jetzt hinfällig, da sie Beweise hat wegen Ehebruchs. Ich werde jetzt noh einmal mit ihr zusammengehen. Ich weiß genau, es dauert feine vier Wochen. Gei doch so gut und sende mir sofort meine Heiratsurkunde zurüd. Lege bitte einen Zettel hinein und schreibe obenauf: Hiermit fende ich Ihnen Ihre Heiratsurfunde und werden Sie glücklich mit Ihrer Frau."
Das war das Ende. Betrogen von einem Schurken, der fie mit glatten Worten einzufangen versuchte, verfolgt von Wohlfahrtsämtern, die Geld für zwei Kinder verlangten, Geld, das sie niemals
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Von Dr. Julius Moses.
auftreiben konnte. Und ein drittes Kind unter dem Herzen! Aller Haß wandte sich gegen dieses Kind, ein Kind des Unglücks. Ein überflüssiges Kind neben zwei überflüssigen Kindern. Ein Kind, das für das Elend bestimmt war.
Sie ging zu einem Arzt. Sie erzählte ihm ihr Martyrium. Sie bat ihn um seine Hilfe, um der Menschlichkeit willen. Er wies fie ab.
Er wollte nicht das Zuchthaus riskieren.§ 218!
Sie suchte sich selbst zu helfen. Sie faufte sich mit dem letzten
Rest des ihr noch gebliebenen Geldes eine Sprize! Ungeschickt verfuchte sie die Operation an sich selbst. In der Nacht trat sie plötzlich an unser Bett, stöhnend vor Schmerzen, blutend, fiebernd.
Ich brachte sie sofort in das nahegelegene Krankenhaus. Mit der größten Sorgfalt wurde dort alles aufgeboten, um sie zu retten. Doch ein Schüttelfrost jagte den anderen. Schließlich war alles vergebens. Nach wenigen Tagen erlag der vom Fieber gejagte Körper. Hingemordet von dem finnlosen§ 218, von einem Paragraphen, der den Armen schuldig werden läßt und ihn dann seiner Bein, feinem Schidjal überläßt. Singemordet von einem Aus= nahmegesez gegen die Frauen und Mädchen des Proletariats.
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Die erschütterndsten Tragödien liefert das Leben selbst, erschütternder als sie die Phantafie eines Dichters auszudenten in der Lage ist.
Bom Grabe des unglücklichen Opfers einer sozialen Gesetzgebung zurückgekehrt, habe ich diese Zeilen niedergeschrieben, nichts erfunden, nichts hinzugefügt.-
Der Tod des kleinen Spartakus
Vom Vater erschossen.
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- Vernichtung lebenswerten Lebens.
Der Flieger Drlowski, einst Mitglied illegaler Parteien und Emigrant und Revolutionär im Kampfe gegen den Zarismus, nach der Oktoberevolution Kämpfer der Roten Flotte im fernen Often und schließlich roter Flieger, ist ein traftvoller Mensch; er trozt ist ungetrübt, sein sehnlichster Wunsch ist ein kräftiger Junge, der den Elementen, steht in jeder Lage seinen Mann. Sein Eheglüd einſt gleich ihm für die Schaffung eines neuen Rußland tämpfen
würde. Er soll Spartatus heißen; hatte sich jener gegen die Sklaverei aufgelehnt, so sollte sein Spartakus die Feffeln brechen
nommene schmieden.
ft. de werde sich scheiden lassen. Seine Frau sei ihm untreu, hintergehe helfen, die das neue Rußland an das alte vom 3arismus überDiefen auf Shritt und Tritt, er habe mir ein Verlangen: mit seiner ir cedwig vereint zu sein. Geduld! Alles sei für die Scheidung vordi bereitet. Sie möge ihre Stellung bei uns fündigen und nach rübe Danzig tommen. Er werde ihr ein Zimmer mieten, in dem sie den Scheidungsprozeß abwarten solle.
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Trage Du mein Kind mit ruhigem Gewissen und mache Dir teine Sorgen. Ich weiß, daß ich der Vater bin und werde meine Bflicht als Vater tun. Ich werde Dich, so Gott will, heiraten, und Du wirst mir eine gute Frau und Mutter meines Kindes sein." Und jeder Brief schloß mit der Bitte um Geld. Bald ver er 5 M., bald 10 M., bald mehr. ... um ihrer Liebe
langte millen". Und um der Liebe willen sandte Hedwig jedesmal Geld, Geld und wieder Geld, bis ihre fleinen Ersparnisse aufgebraucht waren. Sie fandte ihm das Geld, obzwar sie von anderer Seite ge
branat, und verfolgt wurde. Gehezt, um des Geldes willen.
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Hedwig hatte nämlich, was fie uns ebenfalls ängstlich ver chwiegen, bereits zwei Kinder. Zweimal vorher war sie schon betrogen worden. Die beiden Väter waren spurios verschwunden, die Rinder befanden sich in Wohlfahrtspflege und die Wohlfahrtsämter berlangten unnadihtlich von dem armen Ding die Unterhalts
toften.
Magistrat I. Bohlfahrtsamt.
schweren Anfällen, so schwächlich, als müßte er jeden Augenblid Und Spartatus fam zur Welt: ein Wassertopf mit sterben: ein Häuschen tranten Fleisches, dem die Nahrung fünftlich zugeführt werden mußte. Je weiter um so schlimmer.
War das sein Spartatus? Er, der rote Flieger Orlomsti, Vater eines lebensunfähigen Kindes? Wen traf die Schuld? Ihn nicht; er hatte nie Syphilis gehabt- wie die Aerzte anfangs vermuteten. Etwa den Vater der Frau, der Alkoholiker war? Vielleicht! Das Kind war aber tranf und würde nie gesund werden. Es wuchs heran und konnte weder gehen noch sprechen. Wenn es saß, so stützte es sich auf die Hand und drehte sich um sich selbst. Was ihm unter die Finger fam, vernichtete es. Mit drei Jahren war es noch so unsauber wie mit sechs Monaten.
Der rote Flieger Orlowski wandte sich an die Aerzte. Der Chirurg erklärte, seine Kunst sei hier machtlos. Der Psychiater fagte: ein hoffnungsloser Fall. Als der Vater im Bartezimmer des Arztes ein älteres idiotisches Kind sah, das an derselben Krant heit litt wie seines auch dieses drehte sich um sich selbst da erfaßte ihn Grauen. Es gab einen Ausweg: den Tod des Kindes. Golfte er etwa selbst der Mörder seines Spartakus werden? Wenn Krieg ausbricht und ich an die Front muß, wie soll ich dann meine Frau mit dem idiotischen Kinde zurücklassen. Ich töte es." Der Gedanke fraß seitdem an ihm.
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gehen, wie es einst ihr ergangen war... So tötete fie es. Wiener Geschworene sprachen fie frei. Es war aber ein lebensfähiges Kind. Der fleine Spartatus mar lebensunfähig. Trotzdem verurteilten Sowjetrichter den Bater. Russus.
Unbegreiflichkeiten der Justiz!
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eine Berliner Unfallstation einem verlegten Ausländer Vor einiger Zeit ging durch die Zeitungen eine Notiz, wonach die erste Hilfe verweigert hat, mit der Begründung, daß auf Grund amtlicher Borschriften einem Ausländer in der Unfallstation nicht Gebiet man denke an Reichsverfaffung Artitel 148: Schulgeholfen werden könne. Dieser Unbegreiflichkeit auf ärztlichem erziehung im Sinne der Bölterverföhnung steht die nachstehende Unbegreiflichkeit der Justiz zur Seite, die ebenso wie die ärztliche für Artikel 148 im wahren Sinne des Wortes tein ,, Schulbeispiel“ ist. Es handelt sich um folgendes:
Eine geschiedene Ehefrau tann nach§ 1577 BGB. wieder ihren Familiennamen annehmen. Hiervon wird naturgemäß in einer, wie unserer Zeit, insbesondere von Frauen, die vor der Ehe beruflich tätig waren und diesen Beruf weiter ausüben, häufig Gebrauch ges macht, und die Behörden sollten alles tun, um den geschiedenen Frauen die Wiederanahme ihres Mädchennamens zu erleichtern. Diese Wiederannahme erfolgt nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Preußischen Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch durch eine Erklärung gegenüber dem preuBischen Standesbeamten, vor dem die Ehe geschlossen wurde, oder gegenüber dem Amtsgericht. Die Erklärung muß öffentlich. d. h. vom Gericht oder vom Notar, beglaubigt sein. Mit der Zunahme internationalen Verkehrs heiraten immer häufiger Ausländer in Deutschland , sie lassen sich aber auch immer häufiger scheiden. Der Standesbeamte lehnt jedoch bis in die neueste Zeit die Eintragung des Mädchennamens einer geschiedenen Ausländerin im Heiratsregister ab, und die zur Hilfe angerufenen Gerichte weigern sich, den Standesbeamten dazu anzuhalten.
Die Gerichte stüßen sich dabei auf eine Entscheidung des Rammergerichts aus dem Jahre 1916, in der es heißt, daß§ 1577 schem Recht geschieden sind. Selbstverständlich ist es möglich, diesem BGB. nur auf solche Ehen Anwendung finde, die allein nach deutBaragraphen eine so enge Auslegung zu geben und es kann nicht
Und als seine Frau erfrankte und in Lebensgefahr schwebte, hielt der rote Flieger Orlowsti das Kind stundenlang am offenen An das Dienstmädchen Fräulein Hedwig Bie Ihnen bekannt ist, entstehen uns durch die Unterbringung Fenster, in der Hoffnung, es würde an der Winterluft erkranten... Das Eheglüd begann sich zu trüben. Zwischen den Eheleuten Ihres Kindes Horst in der Diakonissenanstalt täglich 1 M. Kosten, zu deren Erstattung Sie gesetzlich verpflichtet sind. Bis stand das Kind. Eines Tages fand der Mann einen Zettel, geher haben Sie es verstanden, sich Ihrer Unterhaltspflicht Ihrem schrieben von der Hand seiner Frau: sie schob ihm die Schuld an Rinde gegenüber zu entziehen. Daß Sie sich hiermit strafbar der Krankheit des Kindes zu und drohte, sich und das Kind zu gemacht haben, dürfte Ihnen bekannt sein. Nachdem es uns erschießen. Wiederholt sagte sie, es wäre ein Glück, wenn der Relungen ist, Ihren Aufenthalt festzustellen, fordern wir Sie auf, Junge stürbe. Was beginnen? Den Jungen in ein Idiotenheim as fofort monatlich 10 M. zu den Pflegekosten beizutragen. bringen? Der Vater suchte eins auf, sah es sich an und fam Falls Sie dieser Aufforderung nicht umgehend und pünktlich nachfommen, werden wir Ihnen das Kind in eigene Fürsorge geben. bestürzt zurück: Nie gebe ich ihn hin. Besser der Tod als das: Diese Zeit ist aber vorbei und daher sollte auch die Entscheidung das ist schlimmer als der Tod. Ich erschieße den Jungen auf Kreisjugendamt. Amtsvormundschaft, V. Auf der Stelle tat er es nicht. Aber am nächsten Tage störte ein Schuß das Haus auf. Orlowsti tam mit dem Revolver in der
An das Dienstmädchen Fräulein Hedwig
In der Vormundschaftssache über Ihr Kind Use Martha Hedwig werden Sie ersucht, 5 M. monatlich pünktlich bis zum 5. jeden Monats, zur Vermeidung der Klage. einzusenden. Kreiswohlfahrtsrat.
Ein armes Dienstmädchen wird gehetzt von den Wohlfahrts. mtern! 15 M. monatlich! Woher nehmen? Von Klage bedroht, Gefahr, das Unglückswurm wieder aufgebürdet zu erhalten! Ihre equälte Seele flammert sich an die Hoffnung einer Heirat mit Friz. Bielleicht ist er ehrlicher als die beiden anderen. Ein drittes Kind.
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Sie schreibt nach Danzig . Berzweifelt, ihn bestürmend. Er Dertröstet fic. Mit öligen Worten erinnert er sie an Gottes Güte, alles zum Guben wenden werde.. Kommt Zeit, fommt Ich werde demnächst die Scheidungsflage einreichen. Und dann fam wieder die Bitte um Geld. Hedwig schickte ihr letztes Geld
Sie wird einwilligen. Ich weiß es gewiß."
Und
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und vertraute ihm.
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der Stelle."
Hand aus der Türe, lehnte sich wie verzweifelt an den Türpfoften und sagte zu seinem Nachbarn: Ich habe ihn erschossen. Meine einzige Bitte: teilt es meiner Frau so schonend wie möglich mit, daß ihr nichts geschieht."
Das Gericht verurteilte den roten Flieger zu 6 Monaten Gefängnis; und milderte die Strafe in einen Verweis: So endete der kleine Spartakus. Hatte Orlowski auch hier seinen Mann gestanden? Ein Beitrag zum Problem: Bernichtung lebensunwerten Lebens. Es gibt Wissenschaftler, die hier das Recht auf Vernichtung anerkannt wissen wollen.
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In Wien sprachen var furzem Geschworene eine Watter frei. Sie hatte den Gashahn geöffnet, um sich und ihren Sohn zu töten. Der Kleine starb, die Mutter blieb am Leben. Es war ein uneheliches Kind, für das der Vater nicht forgte. Das Kloster weigerte fich, es zu behalten, weil die Mutter für die Kosten nicht auf tommen konnte. Aufs Land wollte sie es nicht geben, weil die Sichtinder es da schlecht haben es sollte ihm aber nicht so er
verkannt werden, daß das Kammergericht seinen ablehnenden Standpunft mit„ guten" juristischen Gründen gerechtfertigt hat. Man Entscheidung die Kriegszeit eine gewiffe Rolle gespielt hat, wo fann aber doch die Empfindung nicht unterdrücken, daß bei dieser von vornherein jeder Ausländer ein Mensch minderen Rechts war. als überholt gelten. Denn ein zwingender Grund, den§ 1577 nicht auch geschiedenen Ausländerinnen in Deutschland zur Verfügung zu stellen, ist nicht vorhanden.
Böllig absurd ist es aber, wenn das Kammergericht noch weiter. gehend den§ 1577 BGB. nicht allein auf Ausländerinnen bezieht, fondern auch auf deutsche Frauen, die durch die Ehe mit einem Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, sie nach der Scheidung aber wieder erlangt haben. Nach§ 10 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes muß nämlich die geschiedene Frau eines Ausländers, die früher Deutsche war, auf ihren Antrag wieder eingebürgert werden. Selbst für solche deutsche Frauen will man das Rammergericht, wie bereits gesagt, die Wiederannahme des Mädchen namens nicht zulassen. Wie rein formalistisch der ganze Standpunkt ist, geht aus der Entscheidung( Jahrbücher der Entscheidungen des Rammergerichts, Band 50 A 62) hervor. Das Rammergericht stelli nämlich folchen abgewiesenen ausländischen und deutschen Frauen anheim, die Aenderung ihres Namens auf dem Wege der Geneh migung durch die Landespolizei zu bewirken und dann in analoger" Anwendung der Vorschriften des§ 1577 die Aenderung im Heiratsregister vermerken zu laffen,
Im Jahre 1928 dürfte ein solcher Umweg überflüffig sein. Dr. Albert Baer, Berlin , Rechtsanwalt und Rotar.