Der Generaldirektor meldet sich Die Nacht auf dem alten Markt.
Stimmungsmache für die Schwerindustriellen.
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Die Schwerindustriellen haben das ganz richtige Gefühl, daß fie diesmal nicht um eine wirkliche Erhöhung der Löhne herumtommen. Um aber ihre unerträgliche Schroffheit der Deffentlichkeit menn schon nicht sympathisch, so doch begreiflich zu machen, verfuchen sie es mit der Bolemik. Am Sonnabend war ihnen das Bolff- Bureau zur Verfügung. Heute ist die Bossische Zeitung" ihr Sprachrohr. Der Generaldirektor Poensgen bemüht sich felbft. Zunächst möchte Boensgen suggerieren, daß wir uns in einem Sonjuntturrüdschlag befinden. Da aber die Zahlen über den Eisen- und Stahlabsatz Retor de darstellen und im letzten Bierteljahr noch die der Hochkonjunktur des Vorjahres übersteigen, behauptet Boensgen schlankweg natürlich ohne Zahlen anzu führen daß sie noch unter dem Stand vom Oktober 1926 zurückgegangen feien, um gleich hinterher dem stußigen Leser zu erzählen, daß einzelne Berfe" wohl eine hohe Produktionsziffer aufweisen, diese aber im Verhältnis zum Auftragsstand zu hoch sei. Es herrsche Ueberproduktion. Tatsächlich ist der Gesamtabsatz im Bierteljahr Juli- September 1928 mit 368 Millionen Tonnen noch mit 6 Millionen über das letzte Vierteljahr 1927 hinausgegangen. „ Aber," sagt Poensgen,„ der Inlands absag ist zurüdgegangen." Sonst hört man, daß es auf die Steigerung der Ausfuhr ankomme. Jezt soll das nicht gelten. Boensgen fann bar nicht bestreiten, daß die Preise zweimal erhöht wurden, ohne daß eine Lohnerhöhung vorgenommen worden ist was eine Erklärung für den Rückgang des Inlandsabfazes gibt - aber trotzdem seien die Selbstkosten gestiegen, und zwar während gleichzeitig die Schrottpreise gesunken sind.
„ Versöhnlerisch."
An neue Sprachver unstaltungen Sind wir schon stark gewöhnlerisch. Deshalb zerbrechen wir die Zungen. Am neuen Wort versöhnlerisch". Vom Ekki aus ist es erklungen. Was dieses Wort als Sinn verbirgt, Das hat in Führer- Absägungen Höchst massensterblerisch gewirkt. Versöhnlerisch ist nicht versöhnlich. Doch bei der KPD. - Struktur
Scheint mir der Vorgang recht- gewöhnlich... ,, Die nächste Führergarnitur!"
Jonathan.
Leider fagt der Generaldirektor Poensgen nicht, wie diese Steigerung der Selbstfosten" zustande gekommen ist. Daß es den Schmerindustriellen nicht schwer fällt, Behauptungen aufzustellen, Bilanzen zu frisieren, Selbstkosten zu steigern, das meiß nachgerade jedes Kind. Glauben die Schwerindustriellen aber wirklich, daß es in Deutschland noch jemanden gibt, der diese Märchenerzählungen ernst nimmt? Die Drohung mit den schweren und ben wich meitgehenden Entscheidungen", falls die Arbeiter auf ihren Lohnforderungen bestehen, hätte sich der Generaldirektor ersparen fönnen. Ebenso die lächerlichen Erzählungen, daß die Attordverdienste selbstverständlich über die Tariflöhne hinausgehen. Bollen etwa die Schwerindustriellen zu ihrem wirtschaftlichen noch ein Lohnmonopol haben? Die beweislose Behauptung, die Löhne im nordwestlichen Bezirk lägen über denen in anderen gleichartigen Bezirken", schafft nicht die Tatsachen aus der Welt, insbesondere nicht die Tatsache, daß in dem benachbarten Kölner Bezirk die Tariflöhne um 8 Pf. die Stunde höher liegen.
Der Lodzer Streif geht weiter. Der Vermittlungsvorschlag abgelehnt.
Warschau , 10. Oftober.( Eigenbericht.) Der freigewertschaftliche Textilarbeiterverband im Lodzer Rebier, der die große Mehrheit aller dortigen Textilarbeiter umfaßt, hat heute nachmittag in einer Versammlung der Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsvertrauensleute beschlossen, den Streif fortzusetzen und zu verschärfen. Der Vermittlungsvorschlag der pol nischen Regierung, der die Forderung auf 20prozentige Lohn. erhöhung mit dem Angebot eines Zuschlags von nur 5 Broz. ve= antwortete, wurde in einem einstimmigen Entschluß mit Entzüftung zurückgewiesen und als Beweis mangelnden Verständigungswillens der Gegenseite charakterisiert.
Bon heute früh an sollen auch die Fabrikheizer und einige andere Gruppen von Notstandsarbeitern aus dem Betriebe gezogen merden. Gleichzeitig schlägt der Textilarbeiterverband den Gemertschaften der übrigen Branchen vor, die Möglichkeit eines General treits im ganzen Lodzer Revier zu prüfen. Entgegen bürger. lichen Meldungen wurde der Streit heute in unvermindertem Umfange fortgefeßt.
speedy
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-, die als
Mufit, als Mittel, die verborgensten Kräfte des Theaters zu| unheimlichen Figuren der beiden Narren- ,, Batchen" ontbinden, Musik ist die stärkste Kraft dieses unvergleichlichen Geist des Dichters darüber schweben. Aber wie ist von diesem Sput Theaters. Musit nicht, die irgendwer komponiert hat, sondern der Lebenden der Spuf der Toten unterschieden; und auch hier als die der reale Borgang gebiert; doch wiederum, die diesen über sich kontrastierendes Element die Leibhaftigkeit der springlebendigen hinaus, in die höhere Ebene einer durchaus mysteriösen Unwirklich Narren, die wiederum, weil jeder nur Echo und Zerrbild des feit hebt. Sie kommt aus der Höhe,„ Orchester von oben" sozu anderen ist, in so unwahrscheinlicher Verdoppelung des eigenen Ichs sagen. Wie einst( und wann wieder) im Großen Schauspielhaus, nicht Lebewesen, sondern Marionetten des Lebens zu sein scheinen. als es noch Stätte fommender Theaterkunst war. Orchester, Chöre, Die Bühne, auf der all das geschieht, erfüllt in höchster Zweckeinzelne Stimmen, fingend, rufend, flagend, drohend... auch bewußtheit ihre dreifache Bestimmung; sie schafft Situation, Atmohierin wohl ein wenig. hat sich an Reinhardts Borbild das ur sphäre, Spielgelegenheit. Die Musik, dem immanenten Rhythmus sprüngliche Theatergenie Alegis Granowskys entzündet; des Vorgangs abgelauscht, stammt von einem Komponisten, selbstaber sein Ursprung, soweit der des Genies sich nachweisen läßt, verständlich; wir hoffen, noch mehr von ihm zu hören und wollen ist der Boden seiner russisch- jüdischen Heimat. Und das Besondere einstweilen seinen Namen merken, der zu den ersten im heutigen feines Theaters, des Moskauer jüdisch akademischen, Rußland zählt: Alexander Krein . Kein Musikrevolutionär, die vollkommenste Synthese aus phantasievollem Spiel und Lebens. das ist man nicht im bolichemistischen Moskau -, Schüler Striaechtheit, aus Reinhardt und Stanislawski , aus Musik und Realität. bines, an Debussy und Ravel herangebildet, aber auch er im Jüdivon der Nacht zu gespenstischem Treiben aufgerufen schen wurzelnd, zum Teil, flar erkennbar, in Synagogalem. Hier mit grauenhafter Realiſtit des Details sind sie in allen Phasen des ganz im Dienst des Theaters, der Regie Granowskys. Der seltene förperlichen Zerfalls charakterisiert, alt und jung, jüngst und längst Glücksfall eines Regisseurs, wäre zu wenig gesagt, eines TheaterGestorbene: aber wie ihre Gestalten, in jenseitige Bewegung geschaffenden ist hier gegeben, dessen fünstlerischer Wille fich, rüdraten, mie fie fich, ekstatisch verzweifelt, an die Erde, an die Ober- wirkend gewissermaßen, im Komponisten und im Autor fortsetzt. welt flammern, wie schließlich nur noch menschenähnliche Hände, Das Programm nennt den Namen des Dichters, J. L. Perez , Krallen mit gereckten Knochenfingern, gierig nach diesem Leben sein Anteil soll gewiß nicht verkleinert werden. Aber das Ganze, greifen, aus dem der erwachende Tag sie jäh in ihre Gräber jagt, wie wir es erleben, ist Werk eines schöpferischen Aktes, es ist Das ist grandios- grotest, unfagbar wirklichkeitsfern, das ist ganz ein Werk der Bühne und ihres Meisters. Unter den Darstellern große dichterische Bision. Den Toten, vom Leben, vom Krieg, in ragen dennoch zwei, die Träger der Narrenrollen, hervor, wir Pogromen Gemordeten, gehört die zweite Hälfte der Nacht auf fennen sie: Micho els und Sustin; die anderen heißen, mie dem alten Markt"; die erste den Lebenden. Alle Typen einer ihresgleichen durch die Güte der Ortsbehörden genannt ist, Finkel. im Osten verlorenen Kleinstadt, Kaufleute, Arbeiter, Priester, traut, Silberblatt, Goldblatt, Rottbaum.. Bürgerfrauen, Säufer, Dirnen, Greise, Kinder, alles Leben des und sind, alle, Glieder eines Kunstförpers, bilden vereint eine Tages, des Jahres, fonzentriert, doch nur spukhaft angedeutet, in Künstlergemeinschaft, deffen- und derengleichen unser Land micht flüchtigstem Wechsel, gelenkt, zusammengehalten durch die seltsam| hervorbringt. Klaus Pringsheim .
Tote
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Yvonne Georgi und Harald Kreutzberg
in einer parodistischen Tanzszene, die sie in der 1. Tanzmatinee der Volksbühne am Sonntag, 14, 11, Uhr, im Theater am Bülowplatz aufführen werden.
Der Mann als Geliebte.
asses Theater in der Behrenstraße:„ Mado".
Alfred Savoirs Lustspiel Mado" wirst die eminent wihtige und aktuelle Frage auf, wer stärker ist, der Mann oder die Frau. Mado, die fabelhaft tüchtige Besizerin eines Bankhauses, möchte gern in allem( genauer gesagt, in fast allem, bloß in der Liebe nicht) eta Mann sein, und leistet sich einen bezahlten Gelieb ten. Der ist ein Graf und demgemäß mächtig teuer. Die erste vertraglich ausgemachte Liebesnacht findet auf der Bühne statt, wobei der Graf die Rolle der Geliebten spielt, sich niedlich macht und
Arbeiterführer in Berlin . wohlerzogen mit seinen Reizen tokettiert. Das hält der Autor für
貿易
Der Führer der engl. Labour Party , Ramsay Macdonald ( links) und das Mitglied der Arbeiterpartel, Oswald Mosley ( rechts), Schwiegersohn des konservativen Politikers Lord Curzon , werden auf Einladung des in diesen Tagen gebildeten„ Komitees jür internationale Aussprache" am Montag, 15. Oktober, abends 8 Uhr, im Plenarsaal des Reichstages sprechen.
eine spaßige Nuance in der Lustspieldichtung, stellt ein Bett auf die Bühne und wirft mit intimen Andeutungen forsch um sich. Männliche und weibliche Darsteller sind des öfteren drauf und dran, fich auszuziehen, eine Drohung, die nur der jüngere Teil der Zuschauer für bare Münze nimmt. Als es im zweiten, scheinbar mehrere Stunden dauernden Att, endlich dazu kommt, schließt sich zu ihrer Enttäuschung schämig der Borhang. Im aufregenden Kampf um die Hegemonie des Geschlechts fiegt im dritten Aft, mer hätte das gedacht, der Mann. Es fiegt aber auch die Wohlanstän digkeit. Denken Sie, der Graf hat sich im Grunde gar nicht aushalten laffen. Er ist ebenso reich mie Fräulein Bankdirettor, cr fagt es bloß midt, um nachzusehen, ob in seiner Mado die wahre Liebe brennt. Solche Backfischromantit scheint man jest in Paris zu lieben, wo das Stück herkommt.
In Berlin , im Theater in der Behrenstraße, hält es sich am Premierenabend nur, weil Ralph Artur Roberts als Nichtstuer und männliche Geliebte sehr ulkig und Carola Toelle in ihren Liebesängsten bezaubernd ist. Diesmal schafft es Roberts mit seiner alles besiegenden Bomadigkeit. Er ist ein Weber, Tunidtgut, dem man teine Unart übel nimmt. Einen Sonderapplaus erfpielt fih noch Eugen Burg als verschuldeter
Baron. Als Regisseur hätte er unbarmherzig fürzen müssen.
Ernst Degner.
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" Der Scheidungsanwalt."
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Ein recht modernes und mondänes Thema, wenn es auch der Manuskriptverfasser A. Schirokauer bereits als Roman bearbeitet hatte. Ein ganz netter Gesellschaftsfilm mittlerer Ordnung, der zum Schluß sentimental wird und die Heiligkeit des Eheringes proklamiert. Gut ist das Milieu des Scheidungsrummels vom Regisseur Heinz Paul gezeichnet: der Betrieb im berühmten Scheidungsbureau, das eine männliche und weibliche Abteilung hat, ist lustige Berfiflage. Der Scheidungsanwalt von Livio Bavanelli sympathisch und mit Diskretion dargestellt ist natürlich grundsäßlicher Gegner der Ehe. Seine Geliebte, die Tochter eines Obersten und nunmehr seine Sekretärin, harmoniert völlig mit ihm und nimmt den Bruch mit dem geliebten Bater auf fich. Aber wie die gesellschaftlichen Vorurteile die Ehegegner doch zur Ehe- zwingen es handelt sich ja nicht um Kämpfernaturen, sondern um gutbürgerliche Leute ist ergößlich gezeigt. Freilich geht der Rückschlag dann gleich zu weit: aus einer nüßlichen Anpassung wird die Ehe alsbald zum Heiligtum. Das filmische Drum und Dran zeugt von Geschmack und die Besetzung war auf der Höhe, besonders das kontrastierende Frauenpaar Arlette March all und Vivian Gibson .
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Auf der Bühne rezitierte Carl 3 ander, blieb aber größtenteils unverständlich und sucht es durch übertriebene Gestit wettzumachen. Paul Mania bewährte sich als Orgelvirtuose.
„ Die große Abenteuerin."
Marmorhaus.
r.
Die deutsche Filmindustrie scheint wirklich von allen gutent Geistern verlassen zu sein. Damit ein Flugzeugfabrikant der Kompagnon seines Konkurrenten wird, überlistet dessen Tochter den Ahnungslosen und führt ihn als Bräutigam heim. Um die Sache pitant zu machen, gibt sich die Herzallerliebste als Diebin aus,
Der Regisseur Dr. Robert Wiene trifft weder den Stil eines Lustspiels noch den einer Groteske, er deutet den wahren Tatbestand weder an noch erzeugt er durch den allgemeinen Wirrwarr Spannung, er vergreift sich andauernd, er mußte offenbar selbst nicht, was er wollte.
Georg Alerander ist so recht in seinem Fahrwasser, menn er fomisch sein darf, aber er wirkt diesmal auch recht fomisch, menn er ernst sein möchte. Unübertrefflich ist er, falls er angebrachterweise ein recht dummes Gesicht machen darf, jedoch wird dadurch ein ganzer Film nicht tragbar. Lily Damita sieht mitunter glänzend aus, mitunter weniger günstig, je nachdem sie gekleidet ist; für sie bleibt eben der Film eine Sache der Konfektion.
Trude Hesterberg sollte wie eine schmudliebende Dame wirken, sie war aber mit Glizerwert behangen wie ein altmodisches Karussellpferd.
c. b.
Die russischen Staatsfubventionen für Theater. In dem Moskauer Pressestreit um Tairoff, Stanislawski und Meyerhold wird jetzt auch die Summe genannt, die sich die russische Regierung ihre Theater hat tosten lassen. Für die letzten beiden Jahre wurden insgesamt 12 Millionen Goldrubel an Subventionen gezahlt.
Die Freie Gemer fichaffsjugend Berlin veranstaltet ant 13., 19%, Uhr, im Bürgeriaal des Ratbaules, Königstraße, einen Literarischen Abend. Alfred Beterle liest Die Beichichte von den sichen Gehenften" von Leonid Andrejen. Unfostenbeitrag 30 Pf.
Jad London wird Alfred Beierle beim ersten diesjährigen Resitations abend der Wolfsbubne am 12., 20 Uhr, im Bürgeriaal des Rathauses durch Vorlesung charakteristischer Kapitel lebendig werden lassen. Eintritts. tarten 0,60 m.
Bolfsbühne. In der ersten Aufführung für die Sonderabteilungen der Boltsbühne, der Uraufführung von Günther eigenborns A merilanische Tragödie der sechs Matrofen von S 4" find in den Hauptrollen beschäftigt: Agnes Straub , Heinrich George , Ernst Starchom, Friedrich Gnas, Peter Jhle und von den neuengagierten Mits aliedern der Boltsbühne: Hans Baumann , Ernst Ginsberg , Bittor de Kowa, Ernst Thormann.
Die Kunsthandlung Victor Hartberg. Echöneberger Ufer 41, zeigt vom 14. Oftober bis 12. November eine tollektiv.Ausstellung von Augusto Giacometti - Zürich . Gleichzeitig wird die Ausstellung Joseph Shorat, Neue Blajiiten, des grogen Erfolges wegen, verlängert.
Die Lupe veranstaltet am 18., 20%, Uhr, einen literarisch- musikalischen Lecabend, dessen Ertrag der Gründung eines Stipendienfonds für unbe mittelte Schüler der Kunsthochschulen dient. Der Abend findet im großen Saal des Logenhauses, Bumersdorf, Emfer Str. 13, ftatt