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äleifoge Donnerstag, 11. Oktober 192S.

SprÄbmd SfinJnaifA&e xfo IbuXirA

Nach Sibirien durch die Luft! Flugverkehr Europa Asien .

Dii Veolschc Lusthonsa Hot vom 27. August bis 2. Sep­tember vnd vom S. September bis 24. September dieses Jahres zwei 5lügc nach Sibirien durchgesührt. wir geben Im folgenden den Bericht über diese Flüge, die in der Oessenl- lichkeit kaum die Beachtung gefunden haben, die sie verdienen. Nunmehr liegen die Ergebnstse der soeben erfolgreich beendeten Sibirienflüge der Deutschen Lufthansa vor. Die in enger Gemein- Ichastsarbeit mit derDeniluft* und der die Sibirienstrecke von Moskau bis Nowosibirsk bereits versuchsweise beiliegenden ,.D o b r o l j o t" durchgeführten Bersuchsverkehrsslüge haben zu- jammensassend als Hauptergebnis gezeigt, daß die Fernostlinie bei großzügigem Einsatz oller bereits vorhandenen technischen Hilfsmittel

wenn nicht gar erheblich besseren Ergebnis für den größten Teil des Jahres zu rechnen, sobald all« Hilfsmittel des modernen Lustverkehrs, insbesondere Funkentclegraphie.«ingesetzt sind. Eine gewisse Ein- schxänkung muß vielleicht noch hinsichtlich des Luftverkehrs im Winter gemacht werden, da hierüber leider noch keine praktischen Erfahrun­gen vorliegen. Doch darf man auf Gnind bisher vorliegender Unter- suchungen hoffen, daß die meteorologischen Verhältnisse für einen Winterbetrieb in Sibirien nicht ungünstiger liegen als in Mittel- «uropa. Di« Bedeutung und die Möglichkest künftiger Exprcßpoft- beförderung nach dem Fernen Osten ist bereits erörtert. Weiter zeigen die Zalsten, daß es nicht ein einziges Mal Umkehren oder Notlanden wegen schlechten Wetters gab, sondern daß das Flugzeug

HANSA FLUG

JNL VOM 27.8.88.-2.9.28. TOUCHE PURCHSCHNITTSUSTUNG: FLUGZEIT: 10SW.S6Min. FLUGSTRECKE 1760 Km.

des modernen Tag- und Nachtluftverkehrsbetriebes in Verhältnis- mäßig kurzer Zest derartig zu entwickeln ist, daß die Post von H a m- I u r g nach Schanghai in 60 Stunden befördert werden kann. Hier handelt es sich um kein phantastisches Projekt, sondern um eine durchaus auf dem Boden der Tatsachen stehende Berkehrsmög- lichkeit. Es ist letzten Endes nichts anderes als die Schlußfolgerung aus den nackten Zahlen, die in nebenstehender Flugülbersicht cnt- Kalten sind. Während für die letzte Rückreise im Interesse gründlicher Erkundungen und Besprechungen längere Aujenthalte an einzelnen Orten von vornherein vorgesehen waren, sind die ersten drei Reisen zwischen-B e r l i n und Irkuts k mit beachtlicher Zuverlässigkeit und Regelmäßigkeit in jedesmal etwa 3 5 Flugstunden durchgeführt worden Sie haben nur eine Zeitdauer von knapp dreieinhalb Tagen erfordert, die naturgemäß noch ganz wesentlich herabgemindert werden kann, sobald einmal planmäßiger Nachtslugbetr!«d und Maschinenwechsel auf der ganzen Strecke«ingerichtet sein wird. Daß gerade in Ostruhland und Sibirien die Verhältnisse für einen Nachtflugbetrieb besonders günstig sind, hat sich gelegemlich einzelner Nachtflüge gezeigt, die das Flug- zeugUral " im Verlauf der Sibirienflüge durchführte. Bei beiden Hinslügen ist die Strecke Moskau Kasan (2.345 Kilometer) an einem Tage durchflogen worden: ein« Entfernung, die etwa Berlin Gibraltar entspricht. Es ist aber auch, wenn man all« Flüge im ganzen betrachtet, eine sehr hohe Tagesdurchschnittsleistung er- zielt worden. Der Tagesdurchschnitt bei den ersten drei Reisen zwischen Berlin und Irkutsk betrug nämlich 17 60 Flug- kilo meter, was etwa der Entfernung Berlin Tunis gleich­kommt. Die k ü n i> i g e F e r n o st l i n!« wird wohl zw-ckmähiger. . weise zunächst«ist einmal als Postlini« ausgebaut werden und die ' Beförderung von Fluggästen einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleiben. Aus Grund der Erfahrungen der diesjährigen Flüge darf man beim Postbetrieb mit einer recht guten Maschine nausnutzung rechnen, was günstige Aussichten für«ine wirtschaftliche Betriebs- sührung ergibt. Der große Aktionsradius des bei diesen Flügen be» währten Junkers- Flugzeuges 33 mit O-S-Motor gc- stattet, mehr als es im mitteleuropäischen Luftverkehr möglich ist, Schlechtwetterlagen zu umfliegen oder zu überfliegen Lang« Flüge über geschlossener Wolkendeck«, einmal auf einer Entfernung von über 500 Kilometer, mußten durchgesührt werden. DI« Vorteile des großen Akttonsradius moderner Postflugzeuge, wozu noch die günstigen meteorologischen Berhältnisse des kontinentalen Klimas hinzukommen, lasten erwarten, daß die künftigen Fernost- ! Postflüge mit befriedigender postalischer Regelmäßigkeit durchgeführt werden können. Wenn bereits jetzt, in der durchaus nicht günstigen herbstlichen Witterung unter primstivsten Verhältnissen ein« derartig« Regelwäßjgkeit de» Betrieb«» erzielt wurde, jo ist mrt dem gleich««,

trotz Regen, Nebel, Hagel und Wolk«n, die man stets auf einer so langen Streck« im Herbst antrifft, seinen Flug planmäßig durch- führte. Die Zahlen lassen weiter erkennen, daß es kein« Motor- defekte, gebrochene Rohrleitungen, oder sonstig« technischen Hemmun- gen gegeben hat, sondern daß die Maschine zuverlässig auf vielen fremden Plätzen glatt gelandet ist, auch bei Dunkelheit und Schlecht- wetter den richtigen Weg gefunden hat, und daß sie mit Sorgfalt unterwegs gewartet worden ist. Die Verwirklichung des jetzt überall im Vordergrund des Inter- esies stehenden Transozeanverkehrs, an dessen Vorbereitung mit Nachdruck gearbeitet wird, dürste aus technischcn Gründen noch

geraume Zeit dauern. Die Linie nach dem Fernen Osten ist jedoch Izeute bereits technisch voll verkchrsreif und entspricht zweifellos wirtschaftlich und verkchrspolitisch einem dringenden Bedürfnis. Par- lament und Preste, Behörden und Wirtschaftskreise sollten die Lehre aus diesen Flügen ziehen und sich für sofortige Einrichtung der vcr- kehrsreifen Linie nach dem Fernen Osten nachdrücklich einsetzen.

Der Wclfrckord der Lady Heaihs. Lady Heath hat in einem Leichtflugzeug vom Moth-Typ den Höhenweltrekord für Leichtflugzeuge gebrochen,« da sie 6900 Meter Höhe erreicht hat. ImDaily Expreß " berichtet Lady Heath über ihren gelun- genen Versuch:Um zu sehen, bis zu welchem höchsten Punkt ein Leichtflugzeug gebracht werden' kann, lieh ich mir eine Mark-IIl.» Cirrus-Maschinc und baute sie in meinen Moth-Apparat ein. Da ivarcn noch zwei andere Rekorde, die ich brechen wollte: der britische Einzelflughöhenrekord, den Kapitän Brrad in einem Tager-Moth mit 19 000 Fuß aufgestellt hatte, und ferner der nach nicht bsfizielle Höhenflugrekord für Frauen, den Miß EUeanor Smith am nächsten Tage mit 12 000 Fuß ausgestellt hatte. Meine Arbeit war ziemlich leicht. Ich suchte mir einen Tag aus, flog nach Eroyden, nachdem ich die Schiedsrichter gebeten hotte. meinen Flug zu beobachten. Anstatt des sonst üblichen dicken, feuchten, unsichtigen Oktobertoges war es ein glänzenderTag mit fast tropischem Sonneascheiii und so klar, daß ich selbst vom Anbeginn meines Fluges an nicht istir jede Einzelheit Croydmis unter mir sah, sondern auch durch leichte Wolkenschleier die lange Linie der französischen Küste jenseits dos glänzenden Kanals. Ich hatte alle warme Kleidung mitgenommen, die ich besaß, und es war mir gelungen, das»leiste davon anzuziehen: aber mein Apparat mit dem neuen Motor stieg so rasch, daß ich kaum die Kälte fühlte. Fünf- zehn- fünfzehntausend Fuß klettert« ich. 16 000 in 15 Minuten, und es schien so, als sollte ich noch weiter klettern. Im Rumpf zusomniengekauert wegen der Wärme, konnte ich den Flugplatz unter mir nicht eher sehen, als bis ich die Maschine auf andere Art gedreht hatte, und alles ringsumher im schönen Sonnenschein war so herrlich, daß ick) vergoß, einen Schluck aus meiner Kognakslasche Zit tun, wie Ich mir selber gelobt hatte. Auf, hinauf, bis es keine Luftströmung mehr gab, noch Wolken, noch Vögel, nur den sanften kalten Sonnenschein, die wunderbare Stille und Einsamkeit waren zu fühlen. Einzig und allein das beständige Summen des Motors und der Biß der f ch n e i de n d e n Kälte waren mein« Gefährten, letzteren fühlte ich durch Schal und Pelz und Leder, und er erinnerte mich darap, daß ich Meilen über Meilen von der Erde entfernt und dem Himmel so nahe war, wie ich es niemals erlebt. ... So langsam ging es dann, daß die Zeigeniad«! auf meinem Höhenmesser kaum noch zittert«. Der Höhenmesser meines Appa- rotes reichte nur bis 20 000 Fuß, und feine Reichgrenze war längst überschritten, und noch klomm ich höher und höher. Dann dachte ich. es wäre Zeit zum Abstieg. Es mußten jetzt 23 000 oder 24000 Fuß fein, mein Atem war gefroren in meinem Schal, und in meiner Brille hatte sich Eis gebildet, es war wirklich kalt. So drehte ich das Gas ab und glitt' wieder der Erde zu----" Weil in großen Höhen mehr Luft notwendig ist, um die Brenn- stoffmischung konform zu halten, sorgt ein besonderer Höhenmischer für mehr Luftzutritt. Um die stillstehende Maschin« durch Luftdruck wieder in Gang zu bringen, schoß Lady Heaih mit einer Ge- sch windigkeit von 2 40 Kilometer abwärts. Endlich zog der Moior wieder an, glatt ging die Landung vonstatten. Der versiegelte Barometer im Apparat zeigt« 3000 Meter an, doch er- mäßigt sich diese Höhe um mindestens 500 Meter, da Luftdruck und Temperatur in Rechnung zu stellen sind. Trotzdem: eine Leistung, die Achtung verdient!

WAS DER TAG BRINGT. Kommunalpolitik in Versen. In der Hausbefitzerzeitung für die Rheinpro- vinz(Nr. 11/1928) findet sich auf der ersten Seite ein Willkommen- grüß zur Tagung des Preußischen Landesverbandes der Haus- und Grundbefitzeroercine E. V. Berlin in... Gedichtform. Kam- munalpolitik in Versen ist eine neue Errungenschaft, von der man eine Probe genossen haben muß: Die Zwangswirtschaft und grobe Steüerfesseln Zu sprengen gilt'» mit Mut und ganzer Kraft. Reform" desBodens" brennend voller Nesselr Sei umgeformt und brauchbar Werk geschafft. Regierung, Volk und allen Parlamenten Muß zur Erkenntnis kommen, was gerecht. Wir wollen klären aller Enden, Um frei zu sein und länger nicht mehr Knecht." Der DichterlingDofrajö" scheint mit seinem Pegasus auf den Baden brennend voller Nesseln" geraten zu sein. Wenn beim Genuß dieser Verse nur niemandzur Erkenntnis kommt", daß die Güte der Verse etwas mit dem Inhalt zu tun hat. W.W.

Sittlichkeit und Glasscherben. Aus Bayern wird uns eine niedliche kleine Geschichte berichtet. die sich am User des Ammersees zugetragen haben soll. Dort liegt das Kloster Andechs , gleich beliebt als Ausflugs- und Wall- fahrtsziel der Münchcner, die dort für das Wohl ihres Leibes und der Seele Sorge tragen, denn das Kloster schenkt auch ein selbst- gebrautes Klosterbier aus. In der Nähe dieses Klosters liegt aber auch ein kleiner hübscher Weiher, in dessen kühlen Fluten Männer und Frauen sich lustig tummelten, bis die Klosterbrüder diesem unsitt.

lichen Treiben ein Ende bereiteten. Eines Tages erschien nämlich am User ein Schild:Achtung! Glasscherben, für Unsälle wird nicht gehastet. Gutsvcrwaltung Andechs ." Was war geschehen? Die Klosterbrüder hatten ganze Wagenladungen Glasscherben in den Weiher fahren lassen, um dadurch das Laster gesunder Körperkultur wirksam zu bekämpfen. Ob es ihnen viel nützt? Der Kampf gegen die spitze Feder. Nach einer Anordnung des Ministers für Volksbildung in B r a u n s ch w e i g soll in den dortigen Volksschulen die Spitzfeder vollständig oerschwinoen, um dem vielen Durcheinander im Schreib- Unterricht ein Ende zu machen. Zur völligen Umstellung der älteren Jahrgänge ist eine Frist bis zum Schlüsse des Jahres 1929/30 vor­gesehen. Ueber die Durchführung der Anordnung in den Schicke' wünscht das Ministerium laufend Bericht. Das falsche Bild. Von einem Leser in Madrid wird uns geschrieben: Ii Nr. 456 vom 26. September veröffentlichten Sie ein Bild der Calle Toledo, von einem Portal der Plaza Mayor aus aufgenommen, mll der Anmerkung, im Hintergrund wäre das Theater Nove- d a de s zu sehen, bei dessen Brand über 100 Menschen ums Leben kamen. Die Wahrhestsliebe Ihrer Informationsquelle in allen Ehren, ober diesmal hat sie nicht genau hingesehen, denn das Ge- bäude im Hintergrund ist die Kathedrale von Madrid . Es wäre besser gewesen, sie wäre abgebrannt, auf alle Fälle wären dann nicht hundert Tote und Hunderte von Verwundeten zu be- klagen gewesen. Als nämlich der Brand ausbrach, um s410 Uhr abends, war die Kathedrale menschenleer.