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Franzosenfahne gestohlen.

Neuer Zwischenfall im belebten Gebiet.

3weibrüden, 12. Oftober. In der vergangenen Nacht wurde die Trikolore des französischen Offislerskasinos am Herzogsplat herab. geriffen. Der Fahnenschaft, der auf einem Balfon befestigt war, wurde zur Hälfte abgebrochen und mit der Fahne verschleppt. Seit den frühen Morgenstunden ist die Staatsanwaltschaft mit der Aufklärung des Tat bestandes beschäftigt. Die Fahne ist noch nicht gefunden worden.

Es ist fein Zweifel daran, daß im belegten Gebiet Ele­mente am Werte sind, die durch solche Taten um jeden Preis die deutsch - französischen Beziehungen zu trüben und die Räu mungsaussichten zu verschlechtern versuchen. Die Täter sind zweifellos im hatenkreuzlerischen Lager zu suchen. Ihr schein bar ,, patriotisches" Berhalten ist gleichzustellen mit Landes­perrat. Denn sie schädigen bewußt nicht nur ihre unmittel­baren Landsleute, die die Folgen folcher Streiche ausbaden müssen, sondern die gesamte auf baldige Räumung des Rhein­landes und der Pfalz gerichtete Außenpolitik des Deutschen Reiches.

Erst vor vier Monaten war in Zweibrüden genau die­jelbe Tat verübt worden. Nur durch schwierige diploma­tische Verhandlungen gelang es damals, die formalrechtlich zuläffige, politisch aber unannehmbare Forderung der fran­3öfifchen Militärbehörden auf Auslieferung der nach Baden. geflüchteten Täter rüd gängig zu machen. Die aber­malige Herunterreißung und Berschleppung der Fahne des Offizierstafinos bedeutet unter diesen Umständen eine bewußte Herausforderung der Besatzungsmacht und den offenfundigen Bersuch, einen schweren diplomatischen Zwischenfall heraufzubeschwören.

Rein Wort der Berurteilung fann zur Brandmarfung folcher Bubenstreiche scharf genug sein. Gerade die Reichs behörden haben die Pflicht, im Interesse der Rheinlandbevöl­ferung und der gesamten Außenpolitif, die Täter rücksichtslos zu verfolgen und erbarmungslos zu bestrafen.

Der Weber Zeppelin.

*

Bei uns in der APD. fliegt man viel schneller." Wie denn?

Mit Effi- Brief!*

Abermals zeigt sich aber die geradezu unerträgliche 2age, die durch die Fortdauer ber Belegung geschaffen wird: Solange fte andauert, muß man zu jeder Stunde mit der Möglichkeit rechnen, daß cin paar fanatiflerte Strolche durch solche Bubenstreiche oder daß Angehörige der Be­fagungsarmee durch Gewalttaten wie im Falle Rouzier die ganze Annäherungspolitik zwischen 60 Millionen Deutschen Sozialdemokratie für Anzeigepflichtbefreiung bei eheähnlichen Gemeinschaften.

Anzeigepflicht und Verwandtschaft.

In der Pfalz bleibt man scharf!

Der Strafgefehausschuß des Reichstags begann gestern| bel perminderter zurechnungsfähigkeit ist die Strafe zu mildern die Beratung des§ 10, der bestimmt, in welden Fällen Ber . Diese Mußoorschrift war auf jozialdemokratischen Antrag wandtschaftsverhältnisse die Pflicht zu einer Strafan bei den früheren Beratungen eingefügt worden. Jest beantragte zeige aufheben. Nach dem Gesezentwurf follen als folche Ange- Abg. Hanemann( Dnat.) diese Mußvorschrift in eine Konnvorschrift hörige angesehen werden, Berwandte und Berschmägerte, Adoptiv - umzuändern. und Pflegefinder, Ehegatten, Geschwister, Ehegatten der Geschwister, Geschwister der Ehegatten und Berlobte. Ein sozialdemokratischer Antrag verlangte die Gleichstellung derjenigen Bersonen, die in eheähnlicher Gemeinschaft" miteinanderleben( Lebensge.

Candau, 12. Oftober. Das französische Kriegsgericht fällte gegen den Kaufmann Schuschu, der beschuldigt wird, bei einer Kirchweih im August mei franzöfifche Sergeanten mit zwei Fußtritten bedacht zu haben, folgendes Urteil: Schufchu wird wegen beleidigender Haltung und Rörperverlegung unter Anrechnung mildernder Umstände zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Der in Abwesenheit an getlagte Nägele aus dem Rechtsrheinischen erhielt 2 Jahre Gefährten). fängnis und 200 Franken Geldstrafe.

Bolfsbundprozeß in Rattowih.

Eine unmögliche Anklage.

Saffowih. 12. Oftober.

Teach ber Bertagung des Prozesses gegen das Borstandsmitglied des Deutschen Boltsbundes, Schulrat a. D. Dudet, auf Sonn­abend, begann Freitig vormittags vor der Straffammer in Ratto mig ber Teilprozeß gegen die Geschäftsführerin des Bezirksvereins Rönigshütte, Fräulein Ernst, und weitere Bolfsbundmitglieder. Zu dem Prozeß sind 16 Zeugen erschienen fowie militärische Sach verständige und politische Polizisten. Die Berteidigung führen Arg. Dr. Stebermann- Warschau( Poln. Soz.) und Dr. Baj Rattowig. Die Anflage legt den Angeflagten zur Laft,

ungünftige Ausfüufte an das deutsche Generalkonsulat

in Rattomiz über polnische Staatsbürger gegeben zu haben. Die Schriftfachen, die als Beweisstüde vorgelegt werden, waren durch Spigel aus dem Generalfonfulat gestohlen und photographiert

worden.

Fräulein Ernst gab zu, in zwei Fällen Urheberin der vorgelegten Schreiben zu sein, in allen anderen Fällen bestreitet sie ihre Urheber­fchaft. Die Angeflagte versicherte, daß die Schreiben lediglich den 3wed gehabt hätten, zu verhindern, daß Berfonen, die ihre Natio nalität je nach den wirtschaftlichen Intereffen ständig wefelten, mieterum in die deutsche Boltegemeinschaft aufge­nommen würben, da meder Polen noch Deutschland auf folche Ge­finnungslumpen Wert legen tonne. Ein Sachverständiger fragte, warum der Volksbund sich in Genf dafür einsehe, daß polnische Kinder die deutsche Minderheitenschule besuchen sollten.(!) Diefe Frage wurde vom Borsigenden abgelehnt. Die anderen An­getlagten gaben in den meisten Fällen zu, die betreffenden Schreiben geschrieben zu haben, betonten aber, daß es ihnen ferngelegen habe, den polnischen Staat und seine Bürger badurch zu fcäbigen.

Der Leiter des polnischen Nachrichtendienstes erklärte, daß drei Angestellte beim deuffchen Generalfonfulat Kattowih und ein Ungefelter beim Deutschen Bolfsbund Spihl des polnischen Nachrichtendlenfles

gewesen seien. Die Aften vom Konsulat seien durch diese beschafft und photographiert worden. Die Post zwischen Bolfsbund und Ronfulat fei tontrolliert worden. Selbst von den fich zum polnischen Wolfstum befennenten Zeugen wurde den Angeflagten ein außerordentlich günstiges 3eugnis über ihr per­fönliches Berhalten zum polnischen Staat ausgestellt.

Kurz vor Schluß der Beugenvernehmung tam es zu einem Swifchenfall. Als ein poinischer Polizeibeamter sich außerordentlich günstig über einen Angeflagten äußerte, erlaubte sich ein Beisiger am Richtertisch die Bemerkung, es sei immer gut, bei der Polizei Broteftion zu haben. Die Berteidigung griff diese Bemerkung auf und stellte den Antrag auf Ausschluß dieses Belfigers megen Boreingenommenheit gegen die Angeflegten. Der Gerichts­vorsitzende verfündete darauf eine zweieinhalbstündige Pause, um über diesen Antraa Beschuh foffen zu fönnen.

Schließlich teilte der Borsigende mit, daß der Antrag abge­lehnt ist. Darauf wurden unter Ausschluß der Deffentlichkeit die Sachverständigen gehört.

Batfowih, 10. Oftober.

Durch eine Verordnung des Innenministeriums sind die Ma gistrate von Sosnowice und Dombrowa, die aus Sazia liften bestehen, ohne Angabe von Gründen aufgelöst, worben. Auch die sozialistischen Magistrate von Bendain und zelaba follen aufgelöst werden,

Genoffe Dr. Rosenfeld begründete diefen Antrag unter Hinweis darauf, daß heute vielfach Menschen miteinanderleben und leben müffen, die die Eheschließung nicht vornehmen fönnen oder mollen und die doch eine Lebensgemeinschaft bilden, die Anspruch auf Be rüdfichtigung hat. Solche Chegemeinschaften als Rontubinate zu be handeln und, wie es in einzelnen Bändern noch zuläffig fei, fogar zu bestrafen, stände im Widerspruch mit der modernen Entwidlung. Niemand könne ernstlich einen Menschen, der mit einem anderen zusammenlebe, zumuten, biefen wegen eines Berbrechens anzu zeigen, wegen deffen sonst Anzeigepflicht besteht. In vielen öster. reichischen Gefeßen, die Arbeiterschutz und Arbeiterver. ficherung betreffen, seien bie Bebensgefährten bereits gefeßlich anerkannt, und auch in Deutschland müsse, wenn man eine Reform machen wolle, die diesen Namen verdient, ber modernen Entwidlung Rechnung getragen werden.

In der Aussprache äußerte sich nun ber Abg. Höllein( Komm.) zustimmend, ble Bertreter aller bürgerlichen Parteien hielten es für richtiger zu schweigen.

Die Abstimmung wurde auf die nächste Sigung vertagt. Die Frage der Zurechnungsfähigkeit.

Eine eingehende Erörterung fanden die Brobleme der 3u­rechnungsfähigkeit und der verminderten zurechnungs. fähigkeit. Bei Jurechnungsunfähigkeit ist der Täter nicht strafbar,

General Percin gestorben.

Ein mutiger Fri denstämpfer.

Jaris, 12. Oftober.( Eigenbericht.)

Der französische General Alexandre Bercin, dessen pazi­fiftische Propagandatätigkeit nach dem Kriege in der franzöfifchen Deffentlichkeit häufig beträchtliches Aufsehen hervorrief, ist am Frei tag im Alter von 82 Jahren in feiner Bariser Wohnung geftor­ben. Percin war Träger des Großkreuzes der Ehrenlegion und wurde nach der Beröffentlichung pazifistischer Artikel über Elsaß Lothringen vor ein Ehrengericht des Ordens zitiert. Der Drben sollte ihm abgenommen werden. Nicht minder unliebsam wurde von seinen Standesgenossen und weiten Kreifen der französischen Bourgecifie fein Eintreten für die Einführung einer Miliz unb gegen die einseitige Entwaffnung Deutschlands bemerkt. Von seinen der Friedensidee dienenden Schriften seien ermähnt: Die Armee von morgen"( 1920) und Das Maffater unserer Infanterie"( 1921).

Der liebe Gott auf der Bühne.

Uraufführung in den Kammerspielen".

Walter Hasenicevers Komödie Ehen werden im Himmel geschlossen" spielt zum Teil im Himmel, zum Teil auf der Erde. Der liebe Gott versucht auf mehrere Arten die Menschen nach seinem Willen zu lenken. Aber er renkt auch nichts ein. Wie er es macht, immer wird es falsch. Aufmarsch hervor­ragender Darsteller, aber feine Rollen für fie, außer einer: Carola Reher. Herzlicher Beifall. Halenclever mehrmals vor ber Rampe.

dgr.

Genoffin Pfülf trai dem deutschnationalen Antrag entgegen. Sie führte aus, daß die verminderte zurechnungsfähigkeit auch ohne Verschulden eintreten fann. Bei der Berurteilung müsse berüd­fichtigt werden, in welchem Geistes zustand der Täter zur 3eit der Tat war. War er auch nur vermindert zurechnungs fähig jo muß in allen Fällen die Strafe gemilbert werben. Zu den Fällen, in denen der Wifobot zu einer verminderten Bu rechnungsfähigkeit geführt habe, dürfe man nicht nur an firafrecht­Biche Bestimmungen denten. Die Sozialt emofraten feien gewiß für bie Bekämpfung des Alkohols. Dies müffe aber vor allem durch foziale und wirtschaftliche Maßnahmen gefchehen. Wenn die Milde rung der Strafe in das Belieben der Richter gestellt merbe, be­stände ble, große Gefahr der klassenmäßigen Anwendung des Ge­feges.

Oberreichsanwalt Ebermeier erwiderte, daß man unterscheiden müffe, ob ein Angeklagter fich fahrlässig in den Zustand ber verminderten Burechnungsfähigkeit gesetzt habe. Wo die verminderte Burechnungsfähigkeit auf Verschulden beruhe, dürfe die Strafe nicht gemilbert werden.

Genosse Landsberg entgegnete, baß die Kinder von Alto­holifern des Anspruchs auf mildere Bestrafung nicht beshalb beraubt werden dürften, weil es Säufer gebe, die auf Sympathie feinen Anspruch hätten. Die Annahme bes beutschnationalen An­hogs murde fich flaffenmäßig dahin auswirken, daß betrunkene Stubenten milde, Arbeiter aber leicht drakonisch bestraft werden würden.

Abg. Alexander( Komm.) pflichtete diesen Ausführungen bei. Die Abstimmungen sollen in der nächsten Sigung erfolgen.

Lloyd George als Prophet. Eine Rede auf dem liberalen Parteitag.

Condon, 12. Oktober. ( Eigenbericht.) Auf dem überalen Barfeitag in Barmouth hielt am Freitag Lloyd George eine mit großer Spannung erwartete Rede, in der er die Haltung der Liberalen Bartel bei den im nächsten Jahre stattfindenden Wahlen tennzeichnete. Er beantwortete die von dem Premierminister auf dem fonfervativen Parteitag an ihn ge­richtete Frage, was er fun werde, wenn er fid) in der Minorität be­finde, mit der entsprechenden Gegenfrage, ob Baldwin eine libe­rale oder eine Arbeiterregierung unterstühen würde, wenn er sich in der Minorität befinde. Die Liberale Partei werde es jedenfalls zu vermeiden wiffen, das Experiment von 1924 zu wieder­holen. Die Liberale Partei merde als unabhängice Partei in den Wahlkampf gehen und auch in dem neuen Parlant eine un­abhängige Partel bleiben. Sie fei weder für die Sozializen noch für die Tories, fondern siehe beiden gleich oppofitioneft gegenüber.

Cloyd George prophezeile zum Schluß seiner Rede über den Ausgag der Wahlen folgendes: Die gegenwärtige Regle­rung werde durch die überwältigende Mehrheit der Wähler aer­dammt werden. Die Liberalen würden außerordentlich an Stim­men gewinnen. Die Arbeiterpartel würde aber nie die absolute Mehrheit erlangen.

Die Auflösung der Gutsbezirke in Preußen ist zum größten Teil durchgeführt. Nur bei einem Rest von etwa 800 Gutsbezirken ist die Entscheidung noch nicht getroffen. Während nach dem in der ver­floffenen Meche vom Bandtope gefaßten Beschluffe die Wahlen für die fommunalen Körperschaften allgemein im letzten Bierteljahr 1929 stattfinden sollen, werden die Wahlen für die durch die Auflösung der Gutsbesirte neu geschaffenen tommunalen Gebilde am 2, De­zember d. 3. ftattfinden.