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Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Montag 29. Oftober 1928

10 Pfennig

Die etafpaltige Ronpareillezetle 60 Pfennig. Reflamezeile 5- Reichs mart. Kleine Anzeigen" das fettges brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zwet fettgebrudte Morte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Bort 15 Pfennig, jedes weitere Mort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben adhlen für zwei Borte. Arbeitsmartt Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen annahme im Hauptgeschäft Linden Straße 3, wochentägl von 8%, bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Zeppelin auf dem Rückflug.

Unerwartet heute früh in Lakehurst gestartet.

Nachdem der Termin zum Rückflug Ses ,, Graf

Zeppelin" in den letten Tagen mehrmals geändert Freiballonstart in Tempelhof  .

worden war, ist das Luftschiff heute früh 1 Uhr 58 Minuten( 7 Uhr 58 Minuten mitteleuropäische Beit) unerwartet zur Rückfahrt nach Deutsch  . and aufgestiegen. Die Besserung des Wet­ters war die Ursache, die Dr. Edener bewog, sofort die Fahrt zu beginnen.

Glatter Start.

Aus New Yort wird über den Start gemeldet:

im 1.30 Uhr wurden die Tore der Luftschiffhalle geöffnet. Meun Gongichläge forderten die Mitfahrenden auf, einzuffeigen. Swischen den Fahrgästen und den Zurückbleibenden entspann sich eine angeregte Unterhaltung. Man glaubte zunächst noch nicht, daß der Aufstieg des Luftschiffes unmittelbar bevorstehe. Nach turzer Beit aber wurde das Luftschiff an den Haltetauen aus der Halle geführt, es erhob sich majestätisa) in die monderhellte Nacht und bar bald den Blicken der Zurückbleibenden entschwunden. Wiegand und Lady Drummond Han fahren nicht wieder zurüd. Für die Searst Presse befindet sich diesmal der Journalist Ingrag an Bord. Als einziger weiblicher Passagier Frau Adam. Graf Beppelin" hat 27 000 kubikmeter amerikanisches Blaugas und zwölf Tonnen Benzin mitgenommen. Es befinden sich 48 Postsäde und 341 Pfund Fracht an Bord. Darunter ein Ballen Baumwolle, die über Bremen   abgeworfen und dort versteigert werden soll. Der Erlös ist für die Bejagung des Luftschiffes bestimmt. Es wird er wartet, daß das Luftschiff den nördlichen Kurs nehmen bird. Man rechnet damit, daß es bei günstigem Wetter die ganze Fahrt in etwa 50 Stunden bewerkstelligen könnte.

In den ersten Stunden der Rüdfahrt des Graf Zeppelin tichtete Dr. Edener an den Präsidenten Coolidge  , an den Marine­Sekretär und an den das Kommando in Lakehurst führenden Offizier Telegramme, in denen er für die der Zeppelin- Besatzung in Amerita gewährte Aufnahme seinen Dant aussprach.

Erste Sichtmeldungen.

Das Luftschiff befand sich 3.1 Uhr nachts( 9.16 Uhr vormittags mitteleuropäische Zeit) über New Bort. Es mor in der Mondnacht Deutsch zu ertennen und schlug nordöstlichen Kurs ein.

Um 4 Uhr früh wurde Curließ Field auf Long Island   über­flogen. Um 5 Uhr früh Blod Island   nordöstlich von Long Island  . Die Küstenwache von Gay Head meldet: Die Station Gan Head ichtete den Graf Zeppelin" um 5.50 Uhr. Das Luftschiff hatte Rurs auf Falmouth  ( Cape cod  ).

120 Kilometer in der Stunde.

Bei seiner Fahrt über Blod Island   hatte das Luftschiff eine Stundengeschwindigkeit von ungefähr 120 kilometer. Es fuhr in ner Höhe von rund 800 Meter in östlicher Richtung. Ein leichter ordwestwind begünstigte die Fahrt.

Nördlicher Kurs?

Die Rüftenwache von Narragansett   berichtet, daß der Graf eppelin" die Richtung auf Providence   und Bofton eingeschlagen at. Das ist genau nördlicher Kurs.

In Anwesenheit einer großen Zuschauermenge fand am Sonntag nachmittag auf dem Berliner   Zentralflughafen in Tempelhof   der Aufstieg von vier Freiballone statt, die an dem Endwettbewerb um den Wanderpreis des Deutschen Luftverbandes für Frei­ballone feilnehmen,

Wahlen in der Schweiz  .

Wenig Veränderungen im Nationalrat.

Bajel, 29. Oftober,

Da in der Schweiz   die Wahlen zum Nationalrat nach dem Proportionalverfahren erfolgen und bei den Parteilisten das Streichen von Kandidaten und das Herübernehmen von anderen Listen erlaubt ist, so dauert das Auszählen stets längere Zeit, so daß bis jetzt erst wenige Ergebnisse vorliegen. In den Kane tonen Glarus   und Appenzell   a. Rh. war feine öffentliche Wahl, so daß die bisherigen 5 Kandidaten als wiedergewählt an­zusehen sind. Ebenso wiedergemählt wurden die bisherigen Partei­vertretungen in Appenzell   a. Rh., Obwalden   und Niedwalden, ferner in Zug und in Uri, wo auch die Ständeräte parteimäßig die gleichen blieben. In Schwyz   haben bei den Nationalratswahlen die Katholiken den Sozialdemokraten einen Sig abgenommen. Die Bauern haben ihren Sitz an die Freifinnigen verloren, so daß jetzt 2 Ratholisch Ronfervetive und 1 Freifinniger nach Bern   ziehen. Auch im Kanton Basel- Stadt   ist die bisherige Parteipertre tung die gleiche geblieben. Wiederum haben die Sozialdemokraten und Kommunisten die größte Stimmenzahl erreicht. Die beiden Barteien vereinigen ungefähr die gleichen Stimmen auf sich wie die gesamten bürgerlichen Parteien. Ebenso blieb im Kanton Solothurn   die bisherige Parteivertretung die gleiche. Der Kanton Luzern   entsendet wieder die gleiche Parteivertretung, nämlich fünf Katholisch- Konservative, drei Freisinnige und einen Sozialdemokraten. In Schaffhausen   wurde der Kommunist Bringolf wiedergewählt. Im Kanton Thurgau   verloren die Demokraten einen Siz an die Sozialdemokraten, so daß voraussichtlich zwei Sozial demokraten, ein Katholisch- Konservativer, ein Freifinniger und drei Bauern nach Bern   ziehen werden.

Nach dem endgültigen Ergebnis der Neumahl des Schweizer  Ständerates setzt sich dieses Parlament zusammen aus Radi taldemokraten 21( bisher 20), Ratholisch Konservative 18 ( 18), Sozialdemokraten 0( 2), Bauern, Gewerbe- und Bürgerpartei 3( 2), Liberaldemokraten und Sozialpolitiker behalten wie bisher je einen Git.

Die Furcht vor dem Morgen.

8 Selbstmorde und 10 Selbstmordversuche an einem Tag!

hannes Strohmeier aus Lübed von Eisenbahnbeamten auf Am Sonntagabend gegen 7 Uhr wurde der 21jährige 30-| der Strede Berlin  - Hamburg   unter der Ueberführung des Wiesen­damms von einem Jug überfahren auf den Schienen liegend tot aufgefunden. Der Kopf war vom Rumpfe getrennt. Aus einer hinterlaffenen Karte an feine Angehörigen ist erficht­tich, daß er Selbstmord begangen hat. In der Nacht zum Montag gegen 3 Uhr stürzte sich die 52jährige Ehefrau 3da Lange aus dem Fenster ihrer im vierten Stod des Hauses Simplon­ftraße 5 gelegenen Wohnung auf den Hof. Ein Arzt konnte nur noch den Tod feststellen. Die Leiche wurde vorläufig in der Woh­

aus der Manifiusstraße 1 zu eutölln in felbftmörderi­sprang am Sonntagabend die 51 Jahre alte Hedwig Hentschel scher Absicht vor Kottbuser Ufer 6 in den Landwehrkanal. Die Feuerwehr fonnte fie nur noch als Leiche bergen. Außerdem hatten noch 10 Personen Selbstmordversuche unter­nommen. Glüdlicherweise gelang es überall, die Lebensmüden am Leben zu erhalten. In nicht weniger als acht Fällen lagen Gasvergiftungen vor.

mportwaren auf dem Scheiterhaufen. nung belaffen. Wegen wirtschaftlicher Sorgen vergiftete fich gebaut sein mögen. Fast alle machen einen fauberen, ziemlich gut

Die nationale Wirtschaftsdemonstration in Warschau  . Warschau  , 29. Oftober.

Heute mittag fand auf dem Sächsischen Plag die große von den tudenten veranstaltete Boltsversammlung zur Propagierung der Inischen Waren und zur Bekämpfung des Imports ausländischer zeugniffe statt. Auf der in der Mitte des Plages aufgeschlagenen ribüne vollzogen eine Reihe von Studenten die symbolische Ber chtung ausländischer Baren, darunter eines englischen Mantels, her Lederiasche, von Schuhen, symbolisch dargestellten franzöfifchen biletteartiteln und eines böhmischen Glasauffages.

Da fast alle Organisationen der Bolnischen Sozialistischen Bartei sich geschlossen gegen den Spaltungsversuch der Pilsudsti freundlichen Gruppe Jagoromify ausgesprochen haben, hat die Erklärung, mit der anläßlich der Wiedereröffnung des Barla­ments die Anhänger dieser Gruppe ihren Austritt aus der fozialistischen Fraktion erflären, nur fünf Unterschriften gefunden.

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heute morgen furz nach 7 Uhr die 41jährige Witwe Martha Meyer in ihrer Wohnung in der Kulmstraße mit Gas. Die Leiche wurde nach dem Schauhaufe gebracht. Weil ihn feine Frau verlaffen hatte, vergiftete fich heute morgen der 36jährige Arbeiter Mag Opitz in feiner Wohnung in der Liebenwalder Straße 8 mit Gas. Die 27jährige Ehefrau Martha Pech wurde heute vormiffag 9.20 Uhr in ihrer Wohnung in der An­flamer Straße 56 in einem Verschlage an einem Kleider haten erhängt aufgefunden. Sie hatte die Tat verübt, wäh. rend der Ehemann noch schlief. Ein Arzt fonnte nur noch ihren Tod feststellen. Der Grund des Selbstmordes ist nicht bekannt. Ju einem Hofel in der Invalidenstraße ver­giftete fich heute vormittag die 38jährige Krankenschwester Hedwig Winner aus der Nehringstraße 33 mit Morphium. Selbstmord ist unzweifelhaft. Die Leiche wurde ins Schauhaus gebracht. Der 76jährige Steinfeger Albert Minardo vergiftete fich heute vormittag in seiner Wohnung. Frankfurter Allee 78, mit Gas. Die Leiche wurde ins Schauhaus gebracht.-Wegen unheilbarer& rantheit

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Antlamer Straße. Eine stille, sehr einfache Wohngegend. Meift dreistödige Häufer, die gegen Ende des vorigen Jahrhunderts gehaltenen Eindruck. Auf einem Hof orgelt ein Leierkasten, vor den Fenstern der Kellermohnung, in der vorgestern noch die 27jährige Frau Marta P. lebte. Saubere Gardinen hängen vor den fleinen Scheiben. Niemand öffnet. Nachbarn erzählen von der hübschen Einrichtung der Kellerwohnung, in der das Ehepaar feit drei Jahren lebte. Der Mann, Fleischer, ist arbeitslos. Er betam Unterstügung, so daß die kinderlosen Leute wenigstens feine allzu brüdende Not litten. In der vergangenen Woche verließ Frau Marta P. Mann und Wohnung, fehrte aber vor drei Tagen wieder zurüd. Am Sonntag vormittag, während der Mann noch schlief, erhängte fie sich hinter einer Gardine, die einen Teil des Wohn­raumes abschloß. Man nimmt an, daß die Tat aus Eifersucht geschah.

Frankfurter Straße. Der Untergrundbahnhof hat die Straße aufgerissen, daneben lärmt der Verkehr der Geschäftsgegend. Zwischen zwei Läden öffnet sich ein schmales Haustor. Zwei Treppen hoch liegt die Wohnungstür, hinter der der Stein­jeg er Albert M. starb. Der 76jährige Mann war schon seit einigen Tagen nicht mehr fichtbar geworden. Den Hausbewohnern