Ein Rennfahr«r-Roman von Andre Reuze. Obersetzf von F. A Angermayer
(33. Fortsetzung und Schluß.) Und es sah wirklich aus, als hätte sie das Volk mit der woll- lustigen Grausamkeit eines leidenschaftlichen Weibes im Flug um- armt und verschlungen. Jetzt tauchten so viele Wagen auf, daß sich das Radrennen in ein Autorennnen verwandelt zu haben schien. Ein endloser Korso hüllte die Massen in seinen Pestdunst ein und oerbreitete überall den Geruch von Gummi, Benzin und Oel . Plötzlich ertönte ein Schrei. Ein Fahrer war von einem der Beiwagen umgestoßen worden. Mit einem Ruck stand der Wagen- korso. Autos fuhren sich dutzendweise an. Arme erhoben sich, Flüche wurden laut, und ohne zu wissen, was eigentlich vorgefallen war, warf nian aus dem Publikum Kotklumpen und Steine auf die Chauffeure. Zwischen den Trümmern seines Rades lag der Fahrer. „Wer ist es denn?... Wer?... Wer?" „Ein„Tourist"!... So kurz vorm Ziel!... Ob da» mcht Pech ist!" „Meuchelmörder!" brüllten Hunderte von Stimmen. Man hob den Fahrer auf, der, noch ganz benommen von feinem Sturz, mit glasigen Augen und zitternden Beinen, immer wieder sagte: „Ich hob' den ganzen Monat zweihundertsechzig Franken ver- dient!... Ich Hab' den ganzen Monat zweihundertsechzig Franken..." Ein Kreis Neugieriger umschloß ihn. Als die Wagenkolonne sich wieder in Bewegung setzte, gellt« es aus abertausend Kehlen: „Meuchelmörder!.. Meuchelmörder!" Ravenelle und Mainguy waren oorgefahren, um auf der Prinzenparkbahn zu sein, ehe die Fahrer eintrafen. Rur durch Brüllen, denn auf Hupensignale hört« kein Mensch mehr, konnte Baust freie Bahn bekommen. Versailles mit semen breiten Baumftraßen wurde durchfahren. Dann ging's durch Saint-Cloud , wo das Menschenmeer immer gewaltiger anwuchs. „Die kommen doch nie im Leben hier durch!" sagt« Maiguy besorgt. „So unwahrscheinlich es auch aussteht, die Fahrer kommen durch!" sagte Baust. In seiner Beiiallswut johlte das Dolk den Begleitern zu und rief laut die Namen der Zeitungen aus, die es auf den Fähnchen der Wagen entziffern konnte. „Wer liegt in der Spitze?" „Wer führt?" Mainguy war schon heiser und konnte nicht mehr antworten. Jetzt fuhren sie in die Rennbahn. Plötzlich war der Staub wie weggezaubert, und auch die Meeschen wurden durch Barrieren im Schach gehalten.�________ .�tHestiger Bimbam!" rief Baust und sprang auf den fassen. „Das war wieder mal eine Biechsarbeit!" In der Nähe des Ziels standen die sonntäglich aufgeputzten Familien der Rennfahrer. Aengstlich sahen die Mütter auf den kleinen Spalt in der Schranke, aus dem sie auftauchen nmßten. Junge Frauen lächelten, um ihre Ergriffenheit zu verbergen. Ernst und erstaunt standen die Kinder schweigsam herum. Vor der Zieltribüne lagen die riesigen Blumensträuße und Kränze, von denen die Fahrer seit dem Start geträumt hatten. Die Begleitautos stellten sich in longer Reihe aus, und die sonn» oerdrannten Mitfahrer reckten alle Glieder und schüttelten freudig ihren zahlreichen Bekonnten die Hand. Ballu erklärte schon an Hand von Daren und Zahlen die Hauptvorgänge des Rennens, und Bartholin lachte stolz über den Erfolg seiner Mannschaft. Rffsin, der trotz aller Machinationen Vordist nur auf den zweiten und Mirrales auf den dritten Platz führen konnte, würgte feine Wut mit überlegener Haltung hinunter. Mainguy freute sich riesig, als er unter den staubigen Auto- mobilisten das lachende Gesicht von Erousse entdeckte, der eigens herbeigeeilt war, um feinen Kameraden die Hand zu drücken. Nicht weniger freute er sich, als er auch Samba-Takore in Zivtl«nweckte, eine riesige falsche Perle im blutroten Schlips und einen grauen Zylinder auf dem gutmütigen Wollschädel. Di« Meng« wurde schon ungeduldig und begann mit den Füßen zu trampeln. Bei der geringsten Kleinigkeit tönten Lachsalven über die Arena oder gellten von der Kurventribüne. „Der Radsport!.... Extraausgabe!.... Orangen!.... Pfefferminz!... Kaugummi !... Der Radsport... Wer hat noch kein Programm?... Bier gefällig?... Der Radsport!" Es war ein« Symphonie der Verlockung. Plötzlich schrillte außerhalb der Radrennbahn«in Klingelzeichen. Ein einziger Mastenschrei durchzitterte die Luft, und alle Blicke starrten wie von' einem Magneten angezogen nach dem Eingang. Und nun kamen die Helden wie Gladiatoren in die Arena. In dem Riesenoval waren sie ganz winzig, und es schien un- glaublich, daß sie mit diefen dünnen Beinen dreißig Tage lang ge- treten und die Rundfahrt um Frankreich gemacht haben sollten. Doch je näher sie herankamen desto größer wurden sie. Jetzt tonnte man ihre hohlen Wangen, ihre willensstarken Muskeln sehen. Sie sahen wirklich wie Sieger aus und waren schön! Als sie um die Bahn sausten, wuchsen die Beisallsschreie. Hüte flogen in die Luft, Hände klatschten wie besessen, Münder schrien wie im Rausch: „Chevillard!... Chevillard!... Laboureur!" Das Feld raste um die Bahn, verschwand für Sekunden hinter dem Grün des Jnnenraums, nahm die zweite Kurve vor dem Ziel- band und begann zu spurten. Das Orchester dröhnte. Ein Heer ocln Photographen stand geduckt am Ziel, um den Endspurt zu knipsen. Reue Schreie stiegen durch die Lust. Länger und tiefer war diesmal der Beffall, tosend, wie Gewittersturm. Wieder waren die Fohrer vor den Tribünen. Ein blaues Trikot lag neben einem roten an der Spitze, aber links löste sich unwiderstehlich ein« gelbe Jacke aus der saufenden Gruppe und ging mühelos an den anderen vorbei. „Chevillard!" Schon richtet« er sich auf. bremst«, hielt neben dem Rasen an der Zielkurve und schwankte vor Glück. Er hatte nicht nur die Rundfahrt durch Frankreich , sondern auch, vor den Augen der Pariser , die letzte Etappe gewonnen. Man rannte auf ihn zu und umringte ihn. Einer nahm sein Rad, ein zweiter fest« Reifen und«in dritter feinen L rotsack. Ein
athletffcher Masseur nahm ihn wie ein Kind auf den Arm und schwang ihn auf sein« Schultern. Jetzt sah«r so knabenhaft jung aus und lächelte so beglückt, daß die gellenden Jubelrufe der Frauen sekundenlang den Beifallssturm der Masse übertönten. Als er endlich auf dem Zementboden der Bahn stand, von Photographen umringt und halb erdrückt von gratulierenden Freunden, sah er, wie die anderen Fahrer Frauen und Kinder um- armten. Da stellte er sich auf seine Zehenspitzen und überschaut« das wogende Meer der Tribünen. Sie war ja da. Er suchte nichts als ein blaues Kleid und einen Blondkopf. Wahrscheinlich konnte sie noch nicht das Gewühl durchschreiten. „Ehrenrunde!... Ehrenrunde!" brüllt« die Menge. Man hob ihn aus ein Rad und drückte ihm ein großes Blumen-
Ein kameradschaftlicher Kuß dem Sieger. bukett in die Hand. Aufreizend schmetterten die Blechinstrument« die„Marseillaise " in die Luft. Nun ging er, elastisch und nach allen Seiten freundlich lächelt�», auf seine Ehrenrund«. Jetzt mußte auch sie ihn sehen!... Bald würde er sie in seine Arme schtießen, ihren süßen heiß- geliebten Namen aussprechen und ihr den Siegeskuß geben. Als er endlich vom Rad stieg, wurde er von Fourcade und Bartholin erwartet. „Mach' schnell," sagte der Masseur,„sofort ins Bad!" Di« Generaldirektoren von„BrillaM". Erwin und Kurt, drückten ihm rasch die Hand. Sie besprachen gerade mit Le Goaster die Reklame im„Sportblatt". Die Musik spielte die„Brabamionne", da eben Vorbist, von den übrigen gefolgt, die Ehrenrunde fuhr. Chevillard warf noch einen legten Blick auf das wogende Menschen- meer, das seinen Sieg miterlebt hotte, und ließ sich dann in seine Kabine führen. Ravenelle und Moinguy gingen mit ihm und waren über seine Freude stolz und glücklich.
Copyright by Büchergilde Cutenberg, Berlik In einer Art Waschküche dampften bereits ein halbes Dutzeiä Badewannen. Steher, mit Sturzhelmen auf dem Kopf und Bade mäntel um die Schultern geworfen, eskimodicke Schrittmacher uni Flieger in Seidentrikots standen am Eingang, um ihn zu beglück' wünschen. „Ist mein Anzug schon da?" fragte er. „Selbstverständlich! Zieh dich doch endlich aus!" Doch damit hatte es noch gute Welle, denn schon war er auck von Journalisten und Kurbelmännern umringt und sollte jede>s gleichzeitig Antwort geben.„Laßt ihn doch endlich null in Ruh«!' sagte Fourcade.„Der Junge hat doch fast 6000 Kilometer in de» Beinen!" Blanc-Mesnil und Tampier traten herein. Er umarmt« sie w« Brüder, weil er nur zu gut wußte, was et' ihnen verdankte. Er liebte sie tief. Er liebt« überhaupt alle Menschen und war unsagbar glücklich. „Hoben Sie nicht zufällig Jeanine gesehen Herr Ravenelle?" fragte er.„Ein sehr hübsches blondes Mädchen in blauem Kleid?" „Nein! Doch ich kann mich ja einmal nach ihr umsehen!". z „Nicht nötig!" sagte Fourcade leise. „Wie?" Mit verstörtem Blick hatte sich Chevillard aufgerichtet. Da klopfte ihm der Masseur väterlich aus� die Schultern: '„Sie heißt nicht Ieanine... sondern..> Viktoria... der Sieg!... Man hat dich reingelegt, mein Junge, sonst hättest du längst aufgegeben... Di« Briese... Hat dir! alle Frau Bartholin geschrieben..." Chevillard war auf einem Sessel zu- jammengesunken. Er sagte kein Wort, doch seine Lippen bebten. „So was habt ihr fertig gekriegt?" rül Tanipier und suchte nach Worten. Dann fügte er mit dumpfer Stimm« hinzu: „Das ist ein« ungeheure Feigheit!..>! Das ist«in gemeiner Verrat!... Das ist so schmutzig... so...' „Wieso denn?" mischt« sich nun Bartholin drein.„Da muß ich aber protestieren!... nur eine Kriegslist, um den Kleinen durch-! Weiber gibt's genug!... Aber die Rund-! all« Tage!... Aljo.j
doch
Das war zukriegen! fahrt um Frankreich gewinnt man nicht Jean, fei nicht kindisch, jetzt, wo du ein berühmter Mann geworden bist und..." Als er die Blicke der anderen sah, sprach er nicht mehr weiter. Das allgemeine Schweigen wurde von lautem Schluchzen unter- brachen. Chevillard hielt seinen Kopf zwischen den Händen und schic" ganz klein. Seine Blumen waren auf den Boden gefallen und lagen neben einem schmutzigen Handtuch. Tampier bückt« sich zu ihm und drückt« ihn an sich. „Nicht weinen, Kleiner, nicht weinen, hörst du?... Schließ' lich host du ja doch das größte Straßenrennen der Welt ge' wonnen..." Auf der Rennbahn war die Musik verftmnmt. und man hört« nur noch das freudige Gewoge der Menge.
Rätsel-Ecke des„Abend".
Kreuzwortsilbenrätsel in 3 Richtungen.
agerecht; 1 Romanschriftstellerin; 3. Verkehrsmittel; 5. reichen: 7. zittern; 8. Zustimmungswort: 9. von Ungeziefer säubern; 11. magyarischer weiblicher Vorname: 13. Scheunendiele; 14. Baum im Orient.— Senkrecht: 1. Welle; 2. ägyptische Ruinenstätte: 3. Nebenfluß der Seine; 4. rasen; 9. pfeifen; 19. Huhn; 11. Pflanze; 12. Rahmen.— Diagonal in den hervorgehobenen Fächern: 6. alstestamentlicher männlicher Name; 7. beipflichten. Silbenrätsel. Aus den Silben a an at di di do e ei end eu fer for pa go kom hör ffs im in ips kof köpf land lauf lo ma ma men mu nand nat nat nau ner ner ni on pa pe pri rah r« ril ten ter ter tern ti tich tur wich wo zi sind 18 Wörter zu bilden, deren Endbuchstaben von oben nach unten gelesen den Anfang eines Turnerliedes ergeben.— Die Wörter bedeuten: 1. männlicher� Vor- name; 2. Wiederherstellung des biblffchen Christentums; 3. Stray- ßenart; 4. englischer Hafenort: 5. kleine Zigarre; 6. Erlaubnis zum Druck: 7. zur Ermittlung der besten Läufer: 8. weiblicher Vorname: 9. Muse; 19. Schlangenart; 11. russischer Meteorologe; 12 Schrift» steller; 13. Empfangsgeräte; 14. Fluß in Deutsckstand: 15- Zwerg» Holunder; 16. Entenhakeu; 17. Bewohner Amerikas ; 18. Pflanz«. £. K.
FMrätsel. Di« Buchstaben azdeeessl! i I 1 I m o r r s u w sind so in die leeren Felder einzusetzen, daß die wag«' rechten Reihen folgendes ergeben: 1. Attacke: 2. Landhaus der Euro- päer in Indien ; 3. Pr. Generalfeldmar- schall; 4. Mischung: 6. Kein Eingang.
2 3 4 5 6 9 2 6 8 1 19 II 12 13 14 9 19 16 8 1 8 13 8 1 5 17 18 14 13 13 11 9 11 15 14 11 5 1 14 9 16 II 6 11 11 17 18 4 6 6
Zahlenrätsel.
4 17 8 1 5 15 15 11
14 5 2 II 5
11 9 11 9 II
12 13 13 3 8 7 4 11 12
Wissenschaft' Scherflein Baum Griech. Sänger und Dichter Sozial. Führer f Vogel Weiblicher Vorname Spruch Teil eines Segelschiffes F'sch Deutscher Dichter f
(Auflösung der Rätsel nächsten Mittwoch.)
Auflösungen der Rätsel aus voriger Nummer. Kreuzworträtsel: Wagerecht: 1. Admirok; 6. Oedem: 8. Ahe; 19. Tiv: 12. Oma: 14. Ukas; 13. Ries; 16. Abt; 18. und: 29. Lee; 21. Anode; 22. Unftrut.— Senkrecht: 2. Don;». idew: 5 9Lmt: �"lus: 7. Apostel ; 9. Haken; 11. Irene; 12. Osa: 13. Art; 17 Boot; 19. Dan; 29. Leu. Silbenrätsel:!. Aristoteles ; 2. Nobel; 3. Dürer ; 4. Euler: 5. Neaumur: 6. Shakespeare ; 7. Erasmus; 8. Newton.— Andersen. Schieberätsel: I. Atz; 2. Blank: 3. Million; 4. Bum«- rang: o Jerusalem ; 6. Laden.— Bibel. Talmud . Koran . Rösselsprung: „Jeder ist sich selbst der Nächste" Heißt des Eigennutzes Spruch. Lieb' den Nächsten wie dich sekber, Und du bfft dir noch genug. Charade: Tank. Kant.