Nr. 523 45. 3Jahrgang
4. Beilage des Vorwärts
Sonntag, 4. November 1928
Deffentliche Gelder verschleudert.
Harburg- Wilhelmsburg , 3. Nov.( Eigenbericht.)
Erst im August dieses Jahres hatte sich das hiesige Große Schöffengericht mit einem Baustandal zu beschäffigen, in den ein Kaufmann, ein Architekt und ein Hausmakler verwidelt waren. Der Kaufmann Majewski hatte eine „ Siedlungs, Spar- und Baugenossenschaft" gegründet, in der zahlreiche tleine Leute ihr mühsam erspartes Geld einbrachten, um bald eine Wohnung zu bekommen. Häuser wurden aber nicht gebaut, Majewifi veruntreute das Geld zufammen mit dem Architekten. Er erhielt drei Jahre Gefängnis und fünf Jahre Ehrverlust, der Architekt betam zehn Monate Gefängnis. Der Hausmakler wurde, da feine schlüssigen Beweise gegen ihn vorlagen, freigesprochen. Jetzt werden sich die Deffentlichkeit und Gerichte in Kürze mit einem neuen Bauskandal zu beschäftigen haben. Es handelt sich dieses Mal um die Baugenossenschaft Bauring e. G. m. b. H." Diese Genossenschaft", eine faule Gründung, hat städtische Gelder in erheblicher Höhe auf eine geradezu unerhörte Art für ihre Gonderinteressen vermandt. Sie hatte in der Stadt einen großen Baublod errichtet, dessen Wert im Sommer 1927 durch einen mit der lleberwachung des Baufortschrittes beauftragten Beamten der Stadt auf über 1 200 000 Mart geschätzt wurde. Eine später erfolgte nach prüfung der Schägung ergab jedoch, daß die genannte Summe um etwa 150 000 Mart zu hoch ge griffen war. Diesen Mehrbetrag hat der Bauring" auf folgende Beise verbraucht: Glatte 30 000 Mart hat der bisherige Ge= Ichäftsführer ohne Wissen und Genehmigung des Vorstandes und des Aufsichtsrates zunächst in seine Tasche fließen lassen. Nach träglich wurden ihm davon 15 000 Mart für seine Dienste zugeprochen; wegen des Restes läuft ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft. Weitere 34 000 Mart find dazu benutzt worden, ein bereits entstandenes Defizit an Wohnungs mieten für die großen und teueren Wohnungen der Genoffen schaft" abzudecken. Eine Summe von 40 000 Mart mußte dazu Lienen , die Grundstüde für einen weiteren Baublod, en man zu errichten beabsichtigte, a nzukaufen Bei dem Reftbetrag von 36 000 mart hat bisher nicht einwand frei feft gestellt werden können, mohin er geflossen ist. Neben den Berfehlungen des Geschäftsführers und der überaus leichtfinnigen Sirt, mit ber hier auch von den übrigen verantwortlichen Berfonen ber Genossenschaft mit öffentlichen Mitteln gearbeitet worden ist, wird zuerst von den zuständigen Stellen die Frage geflärt, inmiemeit das fädtische Bauamt die Grenzen seiner Verantwortlichkeit über chritten hat. Der Magistrat der Stadt hat inzwischen gegen en Bauring", der in Schwierigkeiten fam, das Kontursver fahren beantragt. Diesem Antrage ist stattgegeben worden. Der Geschäftsführer der Genossenschaft ist zusammen mit einem früheren ehrenamtlichen Senator der Stadt nody in eine weitere, mit einem Straßendurchbruch zusammen hängende dunkle Affäre vermidelt, die ebenfalls der Nachprüfung durch die städtischen Kollegien unterliegt
noch
Diese Borfommnisse lehren im Zusammenhang mit anderen Standalen auf dem Wohnungsbaumarkt eindringlich, daß die öffentlichen Stellen, von denen die Gelder der Allgemein heit vermaltet werden, insbesondere in diesem Falle die Bauänter, itporsichtig genug fein tönnen. Jene Bampire aber, bie aus berat des Bolles Börteile zichen, muß die ganze Strenge des Gefeßes treffen.
Der Blinde in der Industrie.
Den Sehenden, der sich von der Leistungsfähigkeit der Blinden gemeinhin nur schmer eine richtige Vorstellung machen fann, mird es in Erstaunen versehen, daß die Zusammenstellung der bisher auf gefundenen Arbeitsmöglichkeiten für Blinde 218 Arbeiten auf 21 Arbeitsgebieten der Industrie umfaßt! Während im Jahre 1921 nur 513 Blinde in den Bezirken von 21 Hauptfürsorgestellen als Induftriearbeiter beschäftigt waren, zählt eine Statistik vom Juli 1928 nicht weniger als 1762 im ganzen Reiche. Als neue Arbeiten für Blinde ergaben sich u. a.: das Abhorchen von Kugellagern, Ueberformen in der Porzellanfabrifation, Isolierung von Anferrahmen, Umfleben von Holzwälzchen und Füllen von Trodenfammern in der Textilindustrie. Die Berfuche blieben nicht auf Blinde beschränkt, die sonst als normal zu bezeichnen wären, sie wurden in einzelnen Fällen auch auf Blinde mit anderen Verlegungen ausgedehnt. Bewundernswerte Erfolge murden hier erzielt. Heimarbeit erscheint in solchen Fällen jedoch mehr angezeigt, fo Buchsen und Stanzen von Zeigern, Wiegen von Bestandteilen, Fertigen von Rundbürsten, Abgraten von Blechteilen, Fertigen von Stimmbälgen, Rollen von Stimmröhrchen( Spiel
Chlorodont beettigt üblen Mundgeruch u.
häglich gefärbten 3ahnbelag
Schneetreiben im Gefolge haben tann. Scheinbar wird aber die Wetterlage nicht so sein, daß die Fahrt verschoben werden muß. Nur für den Fall, daß der zu erwartende Nordostwind sich so ver stärkt, daß man das Schiff nicht aus der Halle befommen fann, müßte der Start des Luftschiffes verschoben werden.
Nach den im Cauf des gestrigen Sonnabends zwischen, einem leichten Nordwind, der unter Umständen auch leichtere Dr. Edener und dem Leiter des Luftschiffhafens Staaten, Direttor Wehner, getroffenen Vereinbarungen soll der Aufstieg des Graf Jeppelin in Friedrichshafen in den Morgenfiunden des Montags fo zeitig erfolgen, daß das Luftschiff etma gegen 9 Uhr vormittags über Berlin eintreffen und hier in einer etwa einffündigen Kreuzfahrt den Berlinern, die nicht nach Staaten fahren föunen, gezeigt werden soll. Die Candung in Staaten soll dann um 10 Uhr erfolgen. Auf der Rüdfahrt von Berlin nach Friedrichshafen wird der Graf Zeppelin ", wie jetzt bereits feststeht, in beschränkter Zahl, und zwar etwa bis zu 10 zahlende Paffagiere zu einem Fahrpreis von 1000 Mart mitnehmen. Die Abfahrt erfolgt am Dienstag in den frühen Morgenstunden.
Die Flugroute.
Zur Begrüßung
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des„ Graf Zeppelin entfendet die Deutsche Lufthansa am Montag ein Flugzeuggefchmaber, bas in Tempelhof starten und den Beppelin bei seiner Fahrt über die Reichshauptstadt begleiten wird. Am Montag vormittag werden fich Oberbürgermeister B5 B, Stadtverordnetenvorsteher a ß und Stadtrat Behneke mit Bertretern der städtischen Körperschaften nach Staaten begeben, um Dr. Edener, Luftschifführer Flemming und die Besagung des„ Graf Zeppelin im Namen der Stadt Berlin zu begrüßen. Nach dem Der Flug geht, wenn die Wetterverhältnisse meiter so günstig Empfang der Besatzung erfolgt die Einfahrt nach Berlin bleiben, über Ulm , Nürnberg , Hof, Blauen, 3midau, durch Staaten( Königstraße, Berliner Straße) Spandau ( Kloster. Chemniz. Dresden und dann in gerader nördlicher Richtung straße, Potsdamer Straße , Martt, Charlottenbrüde, Grunewaldnach Berlin . Die Fahrtteilnehmerliste umfaßt im ganzen 25 Berstraße, Ruhlebener Straße), dann weiter Angerburger Allee, Heerfonen. Darunter befindet sich der Chefkonstrukteur Dr. Dürr, der straße, Bismarckstraße, Knie, Brandenburger Tor , Wilhelmstraße. Erbauer der Luftschiffmotoren Dr. Maybach, der Generaldirektor des Zeppelinbaues Kommerzienrat Dr. Colsmann, der Meteorologe des Luftschiffbaues Dr. Lemperts und die Tochter Dr. Edeners. Bon eingeladenen Gästen befinden sich u. a. der württem bergische Finanzminister Dr. Dehlinger sowie Regierungsrat Bieser, Ingenieur Schirlik von Zeiß und Stadtbaurat Adler- Berlin an Bord. Die Amerikanerin Frau Adams, die die Rückfahrt über den Atlantit nach Europa an Bord des Graf Zeppelin als einziger meiblicher Fahrgast mitgemacht hat, wird ebenfalls am Montag mit dem Luftschiff nach Berlin reisen. Für Montag früh mird ziemlich günstiges Better erwartet. Zurzeit liegt allerdings noch über Norddeutschland ein Tiefdrudgebiet, das aber bereits im Abflauen begriffen ist. Für Montag rechnet man mit
warenindustrie), ferner viele Arbeiten aus der Uhrenindustrie. Diese werden besonders als ideale Beschäftigung Blinder angesehen, da fie nicht nur als Quantitäts, sondern auch als Qualitätsarbeit be. fonberen Wert für die Blinden befizen. Dieser Fortschritt ist nicht nur bem machsenden Berständnis und Entgegentommen der Arbeitgeber, ihrer Betriebsleiter und Wertmeister, somie den um das Wohl der Blingen bemühten Fürsorgestellen zu danfen; er märe undenkbar ohne die Willenstraft und die Ausdauer der Blinden, welche die ersten Bersuche machten, damit ihre Leistungsfähigkeit bewiesen und ihren Schicksalsgenossen den Mut gaben, ein Gleiches zu wagen. Nichts ist geeigneter, das Selbstvertrauen des Blinden zu heben, als der geglückte Versuch der Aufnahme einer für ihn passenden Arbeit, durch die er Berte schafft, die auch feinem Arbeit geber das Bertrauen, bas er in die Leistungsfähigkeit des Blinden Jetzte und das Wohlwollen lohnen, das immerhin als Voraussetzung für die Einstellung eines Blinden angesehen werden darf.
-OW
Unter den rund 35 000 deutschen Blinden sind sehr viele, die zur Arbeit befähigt find, fie aber noch entbehren.
10 Jahre Deutsche Republik!
Am Donnerstag, dem 8. November, 20 11hr, neranstaltet das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold aus Anlaß der zehn jährigen Biederkehr der Geburtsstunde der Republik eine Kundgebung auf dem Gendarmenmartt. Die Rundgebung wird durch Musikvorträge und Rezitationen eröffnet. Sodann sprechen als Bertreter der drei republikanischen Parteien Reftor Keller mann, Reichstagsabgeordneter Chefredakteur Georg Bernhard und Reichstagsabgeordneten Franz Künstler. und Reichstagsabgeordneten Franz Künstler. Da eine außer ordentlich starke Beteiligung an dieser Veranstaltung erwartet wird, werden die Borträge und Reden durch Lautsprecher übertragen.
Oberbürgermeister Dr. Böß bittet in einem furzen Aufruf die Berliner Bürgerschaft, aus Anlaß des Besuches des Luftfchiffes Graf 3eppelin" zu flaggen.
Die Nachricht, daß der Unterricht in den Berliner Schulen am Montag anläßlich der Ankunft des Zeppelin- Luftschiffes ausfällt, ist unrichtig. Da es sich für die Mehrzahl der Schulkinder nur darum handeln kann, das Luftschiff im Fluge zu fehen, wäre der Schulschluß unnük.
Anläßlich der Zeppelin"-Ankunft in Staaten führt die Abo ag am Montag früh ab 7 Uhr Dauervertehr ab Bahnhof
300 und ab Bichelsdorf zum Flugplas Staaten. Fahrpreis ab Bahnhof 300 für Gesellschaftsmagen 1,50 M. pro Fahrt, für Omnibusfe 80 Bf., ab Bichelsdorf 50 f.
durch vereinfachte Zweckbauten dem dringenden Bedürfnis nach Schwimmhallen abzuhelfen. Auf diese Weise werden in den Be zirfen Brenzlauer Berg, Schöneberg , Wilmersdorf , Beißensee, Bantom und Reinickendorf derartige vereinfachte Schmimmanstalten entstehen.
Eifersuchtsattentat im Konzertsaal.
Während der Pause eines Konzerts des Violinvirtuofen Basa Prihoda gab heute abend der Rittmeister a. D. Felig Gartner. auf eine junge Dame drei Schüsse ab, die diese an Kopf und Hals trafen und ihren sofortigen Tod herbeiführten. Der Besucher he mächtigte fich beim Krachen der Schüßße große Erregung und nur dem Konzertdirettor gelang es, das Publikum durch laute Zurufe zu beruhigen. Der Täter bezeichnete die Dame, eine junge Türkin, als feine Braut und gab als Bemeggrund zur Tat Eifers sucht an, da ihn seine Braut hintergangen habe. Nach seiner Aus= fage brady: der Täter schluchzend zusammen.
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Deutsche Hochschule für Politik Winter 1928/29. Hochschulinstitut in Deutschland , an dem begabte Menschen, Die Deutsche Hochschule für Politik vielleicht das einzige die nur die Bolfsschule besucht haben, neben Abiturienten, auch neben Universitätsabsolventen studieren bietet uns in diesem Semester Veranstaltungen, die über den Kreis ihrer eigentlichen Studierenden hinaus Interesse beanspruchen. Dr. Al bert Salomon , der an der Freien Sozialistischen Hochschule die deutsche Reichsverfassung behandelt, lieft über vergleichende Berfaffungstunde( Montags 19-21 Uhr). Dr. Richmand Lennor behandelt die Weltpolitit in der Nachkriegszeit ( Mittwochs 17-19 Uhr); Profeffor Dr. Peters die Verwaltung in Aufbau und Arbeit( vierzehntägig, Donnerstags 19-21 Uhr); Dr. Arnold Wolfers hält eine melt politische Jnformationsstunde ab( Freitags 19-20 11hr). Das heutige Frankreich behandelt Dr. Rohden( Sonnabends 16 bis
18 Uhr), Rusland Geheimrat Cleinom( Sonnabends 18 bis 20 Uhr) und Italien Brofessor Dr. Heller( Mittwochs 17 bis
Das Städtische Hauptgefundheitsamt Berlin be absichtigt, an Stelle des Kostenaufwandes von 3 Millionen für eine große Boltsbadeanstalt und Schwimmhalle in der bisherigen Ausstattung etwa sechs Behelfsschmimmhallen für die Dauer von 15 Jahren zu schaffen. Durch diefes verbilligte Schwimmhallenprogramm des Magistrats der Stadt Berlin foll zunächst einer Juwelen- Belmonte kenger St 97-Uhren Reihe von Verwaltungsbezirken die Möglichkeit gegeben werden, Silberwaren. Größte Auswahl. Höchste Qualität. Billigste Preise. Goldwaren
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