Sonnabend
10. November 1928
Unterhaltung und Wissen
Die Orang- Witwe.
Bon Josef Delmont.
Ban Balmenbang auf Sumatra fuhr ich 1891 mit Empfehlungen des Gouverneurs der Insel den Moefistrom flußaufwärts. In Selajoe, an der Mündung des Ramas in den Moeft, wurden die legten Anschaffungen gemacht. Dort erwartete mich der alte Choba Rapiah, der mir bei meiner letzten Expedition so vortreffliche Dienste geleistet hatte.
Mein indischer Boy, ein durchtriebener Halumfe, aber mir gegen über grundehrlich, belog den alten Malaien, um ihn auf neue Ge schichten, gegen entsprechende Bezahlung, hungrig zu machen. Choba Ramah berichtete, daß ich diesmal Wälder und Dschungeln voll von Bestern finden würde.
Ich brauchte hauptsächlich Drang- Iltans und Riesenschlangen. Choba erklärte, daß sich die Orangs berart vermehrt hätten, daß fie die Felder der Eingeborenen überfielen.
Bon Sefajoe ging es in den Moeft weiter flußaufwärts gegen Mocar Bhti am Fuße des Barisangebirges.
Im Dorfe Choba Ramahs fchallte mir überall das„ Tabega
Thuan" entgegen.
Tabegg- Thuan ist das„ Serous" Südwestfumatras.
Gleich am Tage nach der Ankunft wurden die Käfige aus Bambusrohr für meine noch frei herumlaufenden Drangs angefartigt. Ich gab zwölf in Auftrag. Der ganze Fang betrug aber
nach vier Wochen mir fieben Stüid..
Bier Tage später ging es in drei Booten stromaufwärts. Nach einigen Stunden harten Ruderns durch wunderbare
Tropelandschaft erreichten wir eine pon Choba bezeichnete Lichtung
cm Ufer.
Zum Aufschlagen des Lagers ein idealer Blazz.
Wir waren um drei Uhr früh aufgebrochen. Jetzt war es furz mach halb acht.
Das Lager war in Kürze errichtet und die Ladung aus den Booten ans Ufer gebracht. 3wei Boote traten sofort den Heim
meg ant.
Noch am Vormittag wurden die Follen für die Affen gestellt. Schon furz nach dem Eindringen in den Urwald hatten wir eine flüchtende Drangmutter mit ihrem am Leibe hängenden Kinde gesehen.
Der Bald mimmelte von allerhand Raubzeug und zahmem Bieh. Ein Dorado für den Tierfänger. Ich war aber dieses Mal nur auf Drang- lltans hungrig. Ein Orang brachte den vierfachen Preis eines Panthers.
Die Fallenfäfige murden in den Baumkronen nerfstedt.
Der Mechanismus der Falle ist sehr primitiv. Im Innern, an der Mitte der Dede des Käfigs, ist eine große Frucht meist nimmt man die Durian oder einen Bündel fleinerer Früchte starf befestigt. Darüber ist ein Brett, das auf einer Rolle rubt. An diefer Rolle find Schnure, welche die Faltüren halten Reißt das Tier en den Früchten, so schwingt das Brett, die Schnüre ziehen sich auf die Rolle und die Falltüren faufen herab. Der Raum in dem Käfig ist nicht sehr groß, damit das gefangene Tier nicht die Möglichkeit
hat, sich zu beschädigen.
Am folgenden Morgen erlebte ich die erfte Enttäuschung. Alle Käfige enthielten Gefangene, nur mar fein Drang- Utan darunier. In fünf Käfigen saßen blödsinnige, für mich wertlose Affen, in dem sechsten Käfig ein Zwergwildschwein, dessen Anwesenheit auf dem Baum mir ein Rätsel war. Die größte lleberraschung wartete meiner im fiebenten Käfig.
Beilage des Borwärts
Ach, sehen Sie mur mal diese ultige Firma." rief mir meine Begleiterin auf einer Meinen Tour durch das Berfiner Ghettoniertel zu, ist das nicht zum totlachen, wie tann man mur Treppengeländer und Bauchgewitter heißen."
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Ja, das ist wirklich zum tailachen, mur nicht für die, die als Träger dieser Ramen Generationen hindurch dem Spott und Hohn ihrer Mitmenschen ausgefeßt sind.
Bie tamen diese Menschen zu diesen überaus seltsamen Ramen? Jofeph II. eine Berfügung erließ, daß aus Gründen der StaatsEs sind jetzt gerade 141 Jahre her, als der damalige Raiser raison( um die Erhebung der Geld und Bluffteuern sowie eine geordnete Verwaltung und Gerichtspflege zu ermögli hen), aber auch zum Zwecke befferer Erfallung für den Militärdienst, die Juden in Galizien und der Bukowina deutsche Namen zu erhalten haben. militärischer Raschheit dieser Aufgabe entledigte. Bisher hatten die Die damit beauftragte Behörde war der Hoffriegsrat, der sich mit Juben sich immar nach dem Bater bezeichnet, hatten ihrem Namen höchstens eine Drisbezeichnung angehängt, zum Beispiel: Mofche ben Anruham Achteraft", was bedeutete: Mofes, Sohn des Abraham, dessen Familie aus Deutschland stammt". Nunmehr sollte eine Kommiffion, bestehend aus einem Rittmeister, einem Leutnant, einem
uditeur und zwei Unteroffizieren als Schreiber den Juden neue, deutsche Namen geben. Die Durchführung der Maßregel follte innerhalb 18 Tagen erfolgen, was sich als unmöglich erwies, doch murden die Kommissionen durch diese Hast gezwungen, nach mill fürlicher und oberflächlicher zu arbetten. Es läßt sich im Rahmen
eines furzen Artikels nicht die ganze Willfürlichkeit, mit der bei ter mun folgenden Namensgebung perfahren wurde, schildern, Kar! Emil rangos berichtet darüber ausführlich in einem Aufsatz:
,, Namensstudien".
Wir wollen uns hier nur mal pergegenwärtigen, mic eine solche Kommission arbeitete. Die Juden wurden straßenweise und den Haushaltungen nach vor die Kommiffion berufen und befragt, der darauf antmortende Jude tommie gewiß sein, einen besonders mie sie heißen mollten. Diese Frage mar nur eine Formalität und schimpflichen Namen zu erhalten. Beinte jemand, erhielt er den Namen„ Weinstein", mar er flein, wurde er bestimmt mit dem Namen„ Groß" oder„ Riefe" bedacht. Ueberhaupt ließen die Herren Auditeure ihren Geist, leuchten, ein frammer Mann bekam den Namen„ Gottlos", ein Bahmer murde„ Schnelläufer" genannt, einen Namen„ Gottlos", ein Bahmer murde Schnelläufer" genannt, einen Bucherer tauften sie„ Ehrlich" und ein nach Knoblauh Duftender
des Brachtorangs, die versteckt im Baume gefeffen hatte, den Käfig trägern gefolgt. Nur ein Junge war zur Aufsicht bei den Tieren in dem ihr Mann gefangen faß. Der Wächter schlief und wachte zurückgeblieben. Das Drangmeibchen griff plößlich den Käfig on, erst auf, als das Weibchen eine Breiche in den Käfig geschlagen hatte. Der Junge fuchte nach einer Baffe, hob den Knüppel vom Boden und hielt sich damit die angreifende Heffin vom Leibe.
Das Männchen steckte den Kopf durch die Oeffnung, die seine Eheliebste gerissen, und erhielt im gleichen Augenblick einen Schlag mit dem Knüppel, der es mit roller Gewalt im Nacken traf und ihm die Wirbelsäule brach.
Bunden an Beinen, Armen und Brust zurückfaffend. Es fieß sich Das Weibchen biß den Jugen einige Mafe fräftig, fläffende
nicht vertreiben.
Der Junge fom uns schreiend und blutüberströmt nachgelaufen. Ich tehrte fofort um, da ich ihn nicht verstehen fonnte.
Ein Leopard! Was diese Bestie in den Käfig gefodt hatte, war mir unerklärlich. Schon als ich näher fam hörte ich, mie der Häftling sich zu beherauszuziehen. Sie zischte drohend bei unserem Rahen. Ich ver freien fuchte. Er riß mit feinen Krallen an den Bambusstangen Der schmale Innenraum ließ ihm feinen Platz zur Entfaltung feiner Kraft. Eiligst wurden die Augenwände des Käfigs mit Lianenfeilen umwidelt, um Herrn Fled" am Ausbrechen zu verhindern. Ich hatte zwar nicht auf Leoparden gerechnet, doch wenn sie einen der
art in den ,, Schoß" springen, muß man sie nicht wegwerfen..
Die bummen Affen wurden in Freiheit gesetzt und die Käfige tiefer im Baldinnern placiert.
Tags darauf hatte ich mehr Glüd: ein Drangmännchen und eine Mutter mit einem Orangbaby maren in den ersten zwei Räfigen. 3mei andere Käfige maren zugeklappt, ohne daß sich darin ehmas gefangen hätte. Wahrscheinlich war wieder eine Herde dieser kleinen idiotischen Affen vorbeigezogen und hatte auf den Säfigen einen Kriegstanz aufgeführt.
Mieder horrte meiner eine leberraschung. In einem Käfig hatte sich abermals ein Leopard gefangen. Im ben Leib des Tieres lag eine halbitarte Boa. Der Räuber war bereits tot, aber noch warm. Die Boa fieß ich samt ihrem Opfer in dem Käfig.
Jetzt hielt das Glüid an. Immer weiter 30g ich mit meinen Leuten.
In der Gluthige des Tages raftete man, nur morgens und abends wurde geschafft. Tagsüber herrschte im Walde eine wundersame Stille, die nur manchmal von dem häßlichen Geträchz des Nashornvogels oder- was felten vortam, von dem leisen Singen fleiner Bögel unter brochen wurde.
Oft schreckte man im Dahindrufeln auf, wenn eine Affenherde Dorbeizog, furzen Aufenthalt nahm und mit großem Geschnatter gegeneinander losschimpfte oder Gericht über einen der ihren hielt. Es war die wohlgelungene Nachahmung einer europäischen Barlamentsfigung.
Ein intereffantes Abenteuer wartete unjer, als mir eines Morgens einen Tiger ertappten, ber einen nom Baum gefallenen Räfig, in dem fich ein großer Drang- lltan gefangen hatte, bearbeitete. Der Gestreifte war in seiner Arbeit so vertieft, daß er unser Herannahen zu spät bemerkte. Der erste Schuß ging durch feinen Hals. Er taumelte, drehte sich herum, wollte seinen, die Menschen erstarren machenden Schrei ausstoßen, aber der Schuß hatte feine Stimmbänder lädiert. Noch bevor er springen tonnte, legte ihn bie zweite Rugel um. Ein Prachtfert, ben die Eingeborenen jetzt be. Schimpften und anfpien, fag vor mir.
Im Käfig faß ein behäbiger Orang- tan- Herr. ber infolge des Tigerabenteuers noch fehr aufgeregt mar. Es mar bos schönste Drang- lltan Männchen, das ich je gesehen. Leider fam es eine Stunde später. ums Leben.
Ich hatte die Käfige mit den gefangenen teren zufammentragen laffen und mar mit meinen Leuten weitergewandert.
Ohne daß einer von uns etwas bemerkt hatte, mar die Ehefrau
Bor dem Käfig faß die effin und suchte ihren toten Gatten trieb sie mit einem Schredschuß und öffnete den Käfig. Von einen Baum aus beobachtete uns die Witwe. Der tote Orang- lian war im Räfig festgemacht, die zerfeßte Tür ausgebeffert und die Falle neu gestellt, daß im Augenblic, wo die Witwe hineinkroch, die Türen zuklappen mußten. Am Boden war die„ Wage"( der Mechanismus)
angebracht.
Bir zogen uns zurüd.
Lange brauchten wir nicht zu marien. Koum waren pir außer Sichtmeite, als das Drangweibchen eifight pom Baum tam und ohne 3ögern in den Käfig fief. Die Fangfüren Klappten zu.
Das Glüd mit diesem Fang war mir nicht hold. Die Bitwe trauerte im vollsten Sinne des Wortes. Ich mußte ihr den toten Gatten nehmen. Sie fraß nichts und faß betrübt in dem größeren Käfig, den ich ihr eingeräumt hatte. Ich gab ihr einen neuen Gatten. Sie begann sofort zu raufen und brachte dem Drang utan häßliche Bigmunden bei. Ich mußte sie wieder allein laffen. Dem toten Gatten hatte ich das Fell abgezogen, es selbst präpariert und der trauernden Witwe in den Käfig gelegt. Sie fab in ber entferntesten Ede und riß heftig die Affenhaut an fich.
Aeußerst interessant mar es, ihr Tun zu beobachten. Sie blickte auf das rotbraune Fell, zog die Luft durch die Nase ein und öffnete die Augen weit. Schließlich rieb sie mit der Hand darüber und rodh an dem Finger. Diefer Borgang wiederholte sich niele Male. Dabei bemegte fie die Lippen mie im Selbstgefpröds. Run feste fie sich gerade auf, schmiegte sich daran, breitete es auf dem Boden aus und wälzte sich darauf.
Endlich legte sie sich das Kleid ihres verstorbenen Mannes um die Schultern und hüllte sich darin ein.
Ich freute mich, daß der Bann gebrochen war, trotzdem sie auch an diesem Abend feine Nahrung zu sich nahm. Am folgenden Morgen fand ich die Bitme tot auf dem Fell thres feligen Gatten.
bauer
Licht, des Beljes Feind. Jede Belzart hat eine gewiffe Lebens Sn berechnet man die Lebensbauer der Raninchen- und Safenfelle auf etwa fünf Jahre, die der Reh, und Hermelinfelle auf 25 Jabre und die des Chinchillapelzes auf 30 Jahre. Stunts, pelae follen es auf 70 und Secotterfelle fogar auf 90 Jahre bringen. Die Haltbarkeit der einzelnen Bellarten hängt jedoch auch sehr von äußeren Einflüssen ab. Die Lebensdauer jedes tierischen Feafleides fteht nach den Angaben von Braßler im engsten Zusammenhang mit den Fettmengen, die der betreffende Betz auch nach dem Labe bes Tieres noch enthält. Soll ber Bela allo lange lein( chônes gesundes Aussehen bewahren, fo foll ben haaren der natürliche eligehalt möglichst lange erhalten bleiben. Da sich nun das geit unter dem Einfluß mormer und gleichzeitig feuchter Luft vermindert, so ist ber starter Lichteinfluß, fo nor allem die start leuchtende Sommerfonne, schwächt die Lebensdauer der Belze, weshalb die Mode des Pelz tragens im Sommer ficher für viele Belze sehr schädlich war.
erhielt den Namen„ Wohlgeruch". Im allgemeinen aber strengten die Herren sich nicht sonderlich an, waren die Zusammensetzungen mit Gold, also Goldberg, Goldstrom, Goldblüht, Goldregen, Gol baum, Goldfluß usw. vorüber, dann tamen eben andere Metalle beran, danach die Blumen, die ein sehr ergiebiges Feld für die Namensgebung abgaben. Man nahm die Steine, Farben und schließlich die Tiere, bei denen man endlich auch zu folgenden Kombinationen fam: Kuhschwanz, Ochsenschwanz und Schwalbenschwanz, fäfer und Singvogel. Bohlhabende Leute konnten nachweisli aber auch zu vornehmer flingenden Namen mie Tagfalter, Rajen gegen entsprechende Bezahlung ihren Namen geändert erholten, Franzos nennt einige aftenmäßig festgestellte Fälle, wo aus einem „ Hurenwirth" ein Birth" und aus einem„ Blutjauger" ein Säugling" wird.
Und nun noch einige der Fantasieblüten der Herren Auditenre aus jener fängst vergangenen Epoche, die sich zum Teil bis in die heutige Seit erhalten haben. So erzählt Frangos von einem Brozek. bei dem angeklagt maren: Moses Bulverbestandtheil und feine Gat fin geborene Rebenwurzel. Die Gegenpartei hieß: Chaim Mas schinendrath und Frau geborene Blum. Die Zeugen beider Barteien hatten folgende Namen: Nathan Feingold und Frau geborene Nußfnader, dann Sarah Schultlopfer und Frau Mariam Weisheits born. Nun die Entlastungszeugen: Jofeph Ehrlich, Simon Goldtreu und Ruben Keinmascher. Diese schon durch ihren Namen präbefti nierten Entlastungszeugen errangen den Sieg. 21s weitere Namen feien erwähnt: Artur Stinker, dem ein Schördufter gegenübersteht, barn gibt es Galgennogel, Tajd; engreifer, Wanzentnicer. Gerichtsaften werden genannt: Chain Temperaturmechsel, Saul Afterduit, Sarah Boismeingeld, Riffa Erdenjammer, Joseph Was gebisbichan, Eiset Mathematit, Leib Tränennergießer, Mener Fal Sherbimd, Chaim Rabelschmücker, Leib Schweinebringer und Soul Hostiens hlucker.
Aus
Diese Liste tönnte noch ins Endlose vermehrt werden, dod dürf ten auch schon die genannten Beispiele genügen, um die beispielfoſe Millkür bei der Namensverteilung zu illustrieren.
Wer alfo heute den Träger eines solchen„ fomischen" Ramens fennen lernt, lächle nicht darüber, sondern bedente, daß an diesem Namen vielleicht die Tränen schwerer Generationen hängen. Db: gleich es heute möglich ist. Namensänderungen vorzunehmen, ist es die Bietät gegen die Borjahren, die häufig einen derartigen Antrag verhindert. 3. B.
Der Krieg ist zu Ende.
Erinnerung einer 3wanzigjährigen.
Mas, der Krieg ist zu Ende? Du, höre mal, der Krieg soll zu Ende sein. Da tommen ja unsere Väter! Mein Baterie tommt heim? Und Mutti braucht nicht mehr in die Granatenfabrit. Danit tocht sie mir selbst meine Morgeniuppe, und so gelb wird sie auch du, der Krieg soll zu Ende nicht mehr lange aussehen, und ich sein? Glaubst du das?- So wir zehnjährigen während der Schulstunde im November 1918.
Schufschluß. Schnell die Mappe über und hinunter: Der Krieg ist zu Ende! Aufregung überall. Alles sieht anders aus. Die blaffen Frauen schleichen gar nicht mehr so wie sonst. Alle lächeln. Friebe?
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Ob Bater morgen schon tommt? Suck mal, ba steht eine Straßenbahn ohne Schaffner ganz still mitten auf der Straßen schiene, rührt und rüdt sich nicht. Flint hingerannt. Ein paar Jungens wiffen alles: Die fireiten. Revolution. Der Kaiser ist mie mir fleinen Zuhörer. Aber daß es bedeutete, Ende des Krieges, weggejagt." Sie wußten gemiß ebensowenig vom Sinn ihrer Worte das ahnten wir allesamt.
Atemlos tommt ein Junge: Kinder, die ganze R.- Straße ist von der Polizei abgesperrt, bloß Erwachsene dürfen durch, wir sind weggejagt worden." Mir sperren Mund und Augen auf. Was?? a, auf der Schulmauer da steht ein Mann, ber redet zu den riefen Beuten, denn der Krieg ist zu Ende, hat mir eine Frau vorhin erzählt. Meine Mutter ist auch da."
Meine Mutter, me ist sie eigentlich? Schnell nach Hause. Adh, stimmt ja, Mutter hatte doch Nachtdienst und darum wird fie noch schlafen. Aber ich muß ihr trotzdem erzählen, daß der Krieg zu Ende ist. Mit dem eigenen Schlüffel( hamals hatten spir Kinder alle unseren eigenen Schlüffel am Band um den Hols gehängt) aufgeschlossen. Mutter ist bereits aufgeftanden; sie wäicht Strümpfe. Ich atemfos: Mutti, Krieg zu Ende, Straßenbahn ftreitt, Reveletion ober so ähnlich sagen die Kinder. In der R.. Straße ist ein Mann auf die Mauer geklettert und spricht. Wir Kinder dürfen aber nicht hin." Schon hat meine Mutter das marme Tuch umgeschlagen. Hinunter hören fehen: Ist's mahr? Auch fie hat dem Redner zugehört.
An der Straßenede stehen meine Spieltameraben. Ich hin. Ma's schreien denn die? Sefarden ab, Ketarden ab!" Natürlich brülle ich mit, Jeber, der vorbeikommt, wird angeschrien. De fommt ein großer Junge zu mir und sagt:„ Mensch, bu fannst doch nicht jeden anbrüllen! Blog Soldaten, die da oben an der Müge fon Knopf haben, das ist die Rotarde. Ach foo! Da tommt schon einer. Im Chor: Rofarbe ab!" Bir lange und wie oft merben mir wohl gerufen haben? Ich meiß nur noch, daß meine Mutter fam und fagte: So, nun mußt du nach Hause ins Bett. Und sie fah so froh aus wie früher, als ich noch ganz flein war.
Run lag ich im Bett. Mutti, ber Unteroffizier son brei Ireppen hat aber noch die Rofarbe bran.„ Die macht er morgen Mutti, mann fommt denn unser ab, nun schiafe mur ein." Bater?" Jeẞt fommt er bald, liebes Rind. Und ich befam einen warmen Kuß.
Bas, hatte ich dann für einen schönen Traum! 3 weiß ihm mirtlich heute noch: Alle Fenster waren hell mit Lichtern, nom Parterre bis zum vierten Stod. Und dann bin ich mit Muttt burch die Straße gegangen. Da hat mir ein Mann eine ganz große Beintraube geichenft ganz genau folche, pie bas Bild in meinem Belebuch zeigte Nachher mar der Mann mein Bater. Und das mar ber Frieben.
Der Krieg ist zu Ende!
Gertrud inte.