Die kommenden Etatsberatungen.
Der Reichshaushaltsausschuß tritt zufammen.
Der Ausschuß für den Reichshaushalt nahm am Dienstag bormittag in Anwesenheit des Reichstagspräsidenten 2öbe und der Rinister Hilferbing, Stresemann und Curtius seine Beratungen auf. Seit seinem Bestehen zum erstenmal wird der Haushaltsausschuß in der laufenden vierten Wahlperiode in der Belegung von 35 Mitgliedern tagen. Die Bermehrung ven 28 auf 35 Mitglieder ist dadurch notwendig geworden, daß der Rechmingsausfdjug aufgehoben und die Aufgabe der Rechnungsprüfung Dem Haushaltsausschuß übertragen worden ist.
Der Ausschuß wandte sich zunächst der Erledigung geschäftlicher Dinge zu, und es fiel allgemein auf, mit welcher Schärfe die Deutfcnationaleh Regelungen widersprachen, die bisher tets anftandslos und unter ihrer vollsten Zustimmning getroffen wor ben waren. Nach längerer Debatte wurden jedoch mit großer Mehrheit alle Borichage des Borsitzenden genehmigt und. a. 3 wei andige Unterausschüsse eingefeßt, von benen der eine als ftändiger Unterausschuß fungieren und alle ihm vom Blenum tes Ausschusses zugewiesenen Angelegenheiten vorberaten soll, während der zweite die Rechnungsprüfung für den Haushalts cusschuß vorzubereiten haben wird. Im weiteren Verlauf der Gihung besprach der Ausschuß in vertraulicher Verhandlung einige ihm von der Reichsregierung zugeleitete Borlagen.
Besprochen wurde ferner auf Befürwortung des Außenministers Dr. Stresemann und Dr. Breitscheid( Soz.) die sogenannte
Emelia- Angelegenheit.
Reichsfinanzminister Dr. Hilferbing legte dar, daß es fich nicht um die Subvention eines notleidenden Unternehmens handelt; die finanzielle Auswirkung sei gering, bedeutend aber die polittiche. Sie molle nerhindern, daß in der Filmindustrie fich ein Monopol herausbilde. Deshalb wünsche die Regierung die Gelegenheit zu benutzen, die ihr die Abwidfung der Phoebus Angelegenheit gewähre, einen bestimmenden Einfluß auf die Emelfa Bu gewinnen. Redner legt bar, wie es jetzt möglich fel, dem Reiche unter Beitritt zu einem Boot eine Beteiligung von etwa 80 Broz. zu sichern mit etwa nur zwei Millionen Reichsmart neuer Aufwenbungen des Reiches. Kulturpolitisch jet das mitig. Gin finanzielles Intereffe liege bei den Herren, mit denen das Reich aufammengeben molle, nicht vor: fie hätten die Möglichkeit, heute chon mit bem Ausland abzuschließen, wenn das Reich sich nicht entfchließe.
Abg. Dr. Cremer( D. Bp.) bemerfte, daß das Reich mohl ein staats- und kulturpolitisches Intereffe an dieser Transaktion habe. Er fürchte aber, daß das Reich später weitere Attien überehmen müsse, da bisher nur 47% Broz. des Aktienbefizes Reichs eigentum fei. Abg. Ersing( 3) gab der Befürchtung Ausdruck, bak wegen der mangelnden 3% Broz. an der Mehrheit der Attien bas Reich vielleicht später noch übervorteilt werden könne. Das Reich müsse versuchen 50% Broz zu bekommen, wie beim Radio. An sich sei ein Einfluß des Reiches auf den Film wünschenswert; es muffe eine Sidherung gegen Mißbrauch getroffen werden.
MerEin Philosoph.
, Da enfrüften sich die Leute über die Aussperrung. Bersteh ich nicht. Ich tu seit Jahren nifcht und fühi mich großartig dabei..."
Außenpolitik im Unterhaus.
Lloyd George greift an- Baldwin verteidigt sich.- Wortwechsel über die Rheinlandräumung.
Condon, 13. Jovember.( Eigenbericht.) Die große Ausjprache über die Bolitit ber fon fervativen Regierung wurde am Dienstag im Unterhaus
mit einer Nede
Lloyd Georges
eröffnet, die den liberalen Expremierminister in seiner besten Form zeigte und eine vernichtende Kritik der jüngstent außen politischen Attionen der Regierung Baldwin darstellte. Blond George bezeichnete eingangs den Flotten paft mit Frankreich als einen bedenklichen Kommentar zu den Locarne Berträgen, deren wirl her Bert lediglich aus ihrer Wirtung auf das Entwaffnungs problemt erkannt werden würde. Seil Cocarno fel die Bewaffnung Frankreichs , Jaliens und Großbritanniens nicht vermindert, fondern vermehrt worden, Lord George triliterie botn die Art und Weife tes Zustandekomments biefes Stompromiffes und stellte insbesondere felt, daß es die Regierung nicht einmal für notwendig gehalten habe. Dartschland com Buffandekommen diefes Sonpromiles au verstän Digen. Gelbst mer das Flottentompromis aufgegeben fel, muffe Abg. Dr. Quae( Drat ): Man walle das Filmmesen join the Regierung für ein gut Teil der in der Welt ontstarbenen Miß foaiaftae fieren. Das Laufe auf eine parteipolitische Ausnuzung des Films polemit gegen die Regierung war beimbers mirtingsboll, els er bie barständnisse verantwortlich gemacht werden. Bloyd Georges hinaus, wie die des Radio, für die der Reichsinnenminifter einen Bemets geliefert habe Die Weberitembungsgefahr diefer Aftien in der Frage ber ausgebildeten Refers en beturteilte und von Großbritannien Frankreich gegenüber gemachten Rongeffionen jei bis 1931 ja ausgefchloffen. Er halte einen Befchluß in diefem der Auffaffung Ausdrud verlich, daß diefe Konzeffionen im Gegen Augenblid file unmöglich, er würde eine Unterböhlung des Berta faz zu den feinerzeit in Bersailles abgegebenen Bersicherungen
Auf eine Anfrage des Abg. Beicht( Bayer. Bp.) teilte Reichs finanzminifter Dr. Hilferding die Bestimmungen des Vertrages mit dem Konfortium mit, die dem Reiche sein Bestimmungsrecht in dem Aufsichtsrat und in der Leitung fidere. Abg. Dr. Schreis ber( 3.) permißte die Auseinandersetzung der fulturpolitischen Ge fichtspunkte, die für diese Erwerbung maßgebend seien.
mentes bedeuten.
stehen.
Bor Beginn der außenpolitischen Debatte hatte der Abgeordnete der Arbeiterpartei,
Kennworthy.
die Regierung hinsichtlich der im Rheinland ergangenen friegs. gerichtlichen Urteile wegen Singens von Deutschland über alles" interpelliert. Der Kriegsminister ftellte in feiner Antwort fest, daß ber Bevölkerung von der Britischen Armee feine derartige Beschränkung auferlegt jei. Die bestehenden Rege lungen feien von der interallilerten Rheinlandtommnission vorgenommen und bereits furg nach Schaffung diefer Kommiffion in Strajt gelegt morden. Auf Grund von deutschen Borstellungen feien febody im Jahre 1924 gewisse Erleichterungen eingetreten.( Aber Berurteilungen sind dennoch gerade von Britijden Kriegsgerichten erfolgt, weil in Wiesbadener Bokalen die Nachricht der Bandung des Zeppelins in Latehurst mit dem Deutschland- Lieb begrüßt wurde! Red.)
Reichsinnenminister Severing erwiderte auf die Borredner, in der Kriegszeit habe das Reich sich bereits an Filmgesellschaften beteiligt.( 3uruf des Abg. Dr. Quaetz( Dnat.): Haben wir Krieg?) Die fulturelle und staatspolitische Einwirtung ist heute noch mindestens ip notwendig wie in der Kriegszeit, uns so eine Notwehr gegen Privathonsole unb einen gettigen Schuß zur Sicherung der Republif zu verschaffen und versuchen, die Filme auf ein höheres fünstlerisches Niveau zu bringen. Die Filmbarbietungen der legten Jahre sind nicht beffer geworden, In das klagelied der späten Information tönnte ich einstimmen. Die beiden federführenden Refforis find das der Finanz und der Wirtschaft. Ich habe aber gern die Gelegenheit ergriffen, mitzutun, denn das Reichsministerium hat auch die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß die Bildungsmöglichkeiten in jeder Beise einmal an das Reich herangebracht werden und die Sicherungen gegen Mißbrauch weit genug gehen. Ich bin auch erst aestern mit der Sache beschäft at worden, aber ich stehe auf dem Standpunkt, baß, wenn der große 3wed erreicht wird, psychische Sicherung der Republit, staatspolitische Sicherung und kulturelle Sicherung, darf antwortete: Wir hatten gewünscht, die Länder mit allgemeiner man nicht bei jedem geschäftlichen Unternehmen nach dem Ur Dienstpflicht zu unserem Standpunkt zu belehren. Es sind forungszeugnis fragen, sondern darauf aufmerksam machen, welchen teine Anzeichen dafür vorhanden, daß uns dies gelingen wird. Bert eine folche Einrichtung hat. Bom Standpunkt meines Refir tönnen feinen Zwang ausüben, wir fönnen es nur durch lleberforts begrüße ich die Borlage, die eine Filmpolitit des redung verfuchen. Frankreich betrachtet die allgemeine Dienstpflicht Reiches ermöglicht. Diese wird feine Sozialisierung fein und als mesentlichen Teil der Demokratie. Ste ist in der Zeit der Revo feine Beeinfluffung zu parteipolitischen Zwecken. Und wenn auf lution entstanden. Das„ Bolt in Waffen" wurde von dem großen meine Rede im Radio angespielt wurde, so möchte ich bemerken, Gozialistenführer in Frankreich , Jaurès. befürwortet. Frankreich ß ich mit dem Reichspoftminister eine politische Funt wehrt sich gegen den Gedanken eines kleinen Berufsheeres nicht stunde verabredet habe. bie fünftig allen Barteien ohne An- nur im Hinblid auf auswärtige Feinde, sondern auch aus griffe auf die anderen Parteien zur Verfügung stehen wird. Besorgnis vor einem Staatsstreich. ( Ruruf bei den Kommunisten: Mit Ausnahme der Kommunisten?) Benn Sie für die Sowjet- Republik Propaganda treiben wollen, wird Ihnen die Filmzenjur das nicht erlauben. Wenn aber das Reichsinnenministerium fünftig durch diesen Vortrag eine Einflußnahme auf die Filmproduktion hat, wird dieser nicht in ein
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Film auf größere fünstlerische Höhe gebracht werden.
Die weitere Ausfprache beschäftigte fich mit den Grenzen, die einer Filmpolitik des Reiches gezogen sind. Nach weiterer teil meifer vertraulicher Aussprache wurde die Fortsetzung der Besprechung und die Beschlußfassung auf Mittwoch vertagt.
Glückwunsch des Reichstags.
An Deutschöfferreich.
Dem Präsidenten des Nationalrates in Wien , illas, ist folgendes Telegramm zugegangen: Aus Anlaß des zehnjährigen Gründungstages der Republik Defterreichs sendet im Gefühl trener Stammesverbundenhelt und in der Gewißheit einer gemeinsamen Zukunft unseres Bolles herzlichen Paul Cobe, Reichstagspräftbent.
Gludrunid
Baldwin
Die ganze Arbeit des Rompromiffes ist umsonst gewefen, und die erreichte Bereinbarung ift jegt fallen gelaffen worden. wir haben
alles wieder von vorne
Truppen allein würde die Schwierigkeiten vielleicht noch vere mehren. Aber ich glaube, es besteht eine wirtliche hoffnung darauf, daß diese Frage in nicht allzu langer Zeit ge regelt wird.
Die Räumung ist nach Ansicht gewiffer Signatarmächte eng verbunden mit der Reparationsregelung. beabsichtigt gewejen, daß die gesamten Reparationsverpflichtungen Lloyd George fagle: Das steht nicht im Verirage. Es ist niemals vor der Räumung des Rheinlandes erfüllt fein follten.( Swifchenruf: Wer hat denn das auch behauptet?) Die einzige Frage ist, ob Deutschland seine Verpflichtungen gemäß dem Friedensvertrag erfüllt. In dem Augenblid, wo wir feffgefiellt haben, daß es sie erfült, waren wir zur Räumung verpflichtet.
Baldwin erwiderte. Es ist in Frage gestellt worden, ob Deutsch Land feine Berpflichtungen erfüllt. Ich lage nicht, boß wir biefe Auffoffung auch nur einen Augenblid geteilt haben(!?) Jch weise nur berauf hin. Die vorgesehenen Ausfülle follen jeg ernannt werden, und ich glaube, fo meit gehen zu tönnen, au fagen daß im fetzigen erften Stadium ber Berhandlungen zwischen ben Mächten über diese Frage ein Geift und ein Wunsch gezeigt morden ist, eine Regelung zu erreichen, die, wie ich hoffe, das letzte
förende Ueberbleibsel her Striegszeit burd die Räumung des Rheins
fandes liquidieren wird
merita durch das Kompromis entstandene mitrauen. Der Schluß der Rede Baldwins bezog sich auf das in nachdem Präsident Coolidge davon gesprochen hat, daß Europa und den Vereinigten Staaten besteht, scheint es mir richtig. Mangel an gegenseitigem Berständnis zwischen mich darüber zu äußern. Ich glaube, Präsident Coolidge hat recht. Ich bedauer e es tief, aber die Ursache zu nennen ist sehr schwer. Alle europäischen Staatsmänner haben sich daran gewöhnt, in Genf zusammenzufpmmen und dort Aussprachen zu habent, durch die fie ihre gegenseitigen Ansichten erfahren. Die amerikanischen Staatsmänner tennen die europäischen Staatsmänner nicht, und die europäischen Staatsmänner fennen die amerikanischen nicht. Wir verfehren nur auf telegraphischem Wege miteinander. Unter solchen Umständen ist es viel schwerer, zu einer gegenfeitigen Berständigung zu fommen.
Die Nobelpreise für Literatur. Bergson und Undset.
Die schwedische Akademie der Wissenschaften hat den Nobelpreis für Literatur für das Jahr 1927 dem Mitglied der Academie française enri Louis Bergson und den Literatur- Nobelpreis für 1928 der norwegischen Dichterin Sigrid Undset zuerfannt.
Wenn der Franzose Bergson einen Teil des Preises erhielt, so wird durch diese Ehrung nicht ein Mann belohnt, der zu ben phantasievollen Schriftstellern, zu den Lyrifern, Erzählern ober
Dramatikern gehört. Doch Bergfon ist ein Psychologe der Phantasie. Obwohl er es leugnete, ist er ganz abhängig von jener fantischen Intuitionslehre, die in dem Denter alle Erfindungstraft ansiedelt und nicht die Realität der gegebenen Welt als die Urmacht anerfennen will, die erst die Gebanten des Menschen befeuert. Die Fragestellung lautet bei Bergfon genau wie bei Rant: Sind bie Gedanken eher als der Denker, ist das Licht eher als das Auge? Dieses logische Problem wird von Bergson vielfach ästhetisch variiert int feinen Werfen Die unmittelbaren Gegebenheiten des Gewiffens" und„ Die schöpferische Evolution". Bergfon ist übrigens Er fam, wie die große Forscherin Madame Curie , aus Warschau nach Paris und wurde dort ansässig und berühmt als ein fehr geistreicher Erzieher der philosophischen Jugend und außerordentlich graziöfer Stilist.
anzufangen. Baldwin bestritt, daß die Besprechungen sich gegen tein reinblütiger Franzose.
irgendein anderes Land gerichtet hätten. Er erklärte weiter: In der Rheinlandfrage
ist die britische Haltung immer die gleiche gewesen und wir wünschen, daß das Rheinland geräumt werde, aber wir können die Räumung nicht erzwingen. Eine Zurückziehung der britischen
Mondnacht.1
Uraufführung in der Städtischen Over.
Mondnacht", Oper in drei Aflen von Julius Bittner Trog unabweisbaren Einwänden ein bühnenwirksames Wert, wenn auch nicht in allen Tellen gleichwertig. Am zweifellosen Erfolg hat die Wiedergabe entscheidenden Anteil. Zum Schluß zahllose Hervorrufe file den Dichtertomponisten, für Bruno Batter, Martin und alle Hauptdarsteller, voran Fidesser. Bericht folgt, R. P.
Die Normegerin Sigrid Undset ist die zweite standinavische Frau, die den literarischen Nobelpreis empfängt. Seitdem Ellen Ren tot ist und auch Selma Lagerlöf nur noch von ihrem alien Ruhme lebt, geriet Sigrid Unblet immer mehr in den Bordergrund. Sie ist heute eine Frau von ungefähr 45 Jahren. Es wird erzähit, daß sie früh die Notwendigkeit fennenlernte, ihr Leben felbft zu ver dienen. Schon als Sekretärin in einem Industrieunternehmen schrieb fie ihre ersten Erzählungen, besonders Kindergeschichten, die viel Beifall fanden. Den größten Erfolg, der auch über die norwegische Grenze hinausging, erwarb fie mit ihrer Romantrilogie Kristin Lavranstochter". Die Begebenheiten spielen zwar im 14. Jahr hundert, doch sind sie mur ein Mittel, um die sozialen Probleme unserer Zeit 3 flären. Die fanatische Frauenrechtlerin Sigrid Undset entwickelte sich immer mehr zur Propagandistin für geruhias Bürgerlichkeit.