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Morgenausgabe
Tr. 541
A 274
45.Jahrgang
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et
n.
Donnerstag 15. November 1928
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Heute Panzerschiffdebatte.
Morgen Entscheidung.
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Kampf um die Abstimmung des Reichs fanzlers: er stimmt mit seiner Fraktion.
Der Sozialdemokratische Pressedienst" meldet: Im Laufe des Mittwoch war an die sozialdemokratische Reichstagsfraktion von Vertretern bürgerlicher Parteien die Frage herangebracht worden, ob die Minister, insbesondere der ReichsPanzler, bei der Abstimmung über den sozialdemokratiihen Panzerschiff- Antrag mit ihren Fraktionen stimmen oder der Abstimmung fernbleiben sollten. Am Abend faßte die jozialdemokratische Fraffion nach ganz furzer Aussprache, in der teinerlei Meinungsverschiedenheiten zutage ftaten, ihren Beschluß. Die Stimmabgabe aller Mitglieder wird ein heitlich und gefchloffen erfolgen.
Als Rückwirtung des Beschlusses der sozialdemokratischen Fraktion sind die neuesten Borgänge in der Zentrums= frattion zu betrachten, über die das„ Nachrichtenbureau" der Zeitungsverleger berichtet:
lichen Parteien einzuspannen verstanden hat. Sie vertritt| neiden sein, die die Sozialdemokratie aus der Rolle der mita mit der allergrößten Entschiedenheit den Standpunkt, daß die Bolfsvertretung ihre Souveränität nicht preisgeben darf gegenüber militärischen Stellen, die gegen Bernunftgründe ihr Prestige stellen. Sie fämpft für eine fparfame Finanzverwaltung und fie befämpft die aus der Kaiserzeit übernommene Schwäche der bürgerlichen Parteien gegenüber den Herren in zweierlei Tuch, die verhängnisvolle Neigung, diesen Herren aus scheinnationalen Gründen, letzten Endes aber zum Unheil der Nation, alle Wünsche, auch die unvernünftigsten, zu er füllen.
Wird es nach hartem Kampf und schwerer Entscheidung möglich fein, die Barteien wieder zu gemeinsamer Arbeit zusammenzubringen? Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hält ihre grundsägliche Bereitschaft zu solcher Arbeit Die Zentrumsfrattion des Reichstags beschäftigte fich am Mitt aufrecht. Sie zeigt aber durch ihr gegenwärtiges Berhalten, moch abend mit der Panzerfreuzerfrage. Bereits im Laufe des daß fie in der Gemeinschaftsarbeit mit bürgerlichen Parteien Tages hatte eine Besprechung zwischen Vertretern des Zentrums und ihr eigenes Wesen aufzugeben nicht gewillt ist, daß sie der Sozialdemokratie stattgefunden, nach deren Ergebnis man an nicht gewillt ist, eine Marinepolitit zu unterstützen, die nach nehmen dürfte, daß die noch bestehenden Schwierigkeiten ihrer Ueberzeugung unnük, fostspielig und bedenklich ist, daß ausgeräumt werden würden. Nachdem aber die sozialbemo fie nicht gewillt ist, auf realen Einfluß im Interesse der fratische Reichstagsfraktion beschloffen hatte, daß ihre Mitglieder im Arbeiterklasse zu verzichten, um sich eine glänzende ScheinRabinett, einschließlich des Reichsfanzlers Müller, für den Antragstellung als Regierungspartei zu erhalten. auf Einstellung des Banzerfreuzerbaues stimmen müßten, ist nach Auffaffung der Zentrumsfraktion eine neue Cage eingetreten. Sie hat daraufhin ihre Besprechung abgebrochen. Aus dieser Mitteilung geht hervor, daß es besonders die Zentrumsfrattion war, die die Frage, wie sich der Reichsfanzler verhalten solle, aufgeworfen hat. Für das Fern bleiben des Kanzlers von der Abstimmung war angeführt worden, daß sich der Kabinettschef, der nach der Verfassung die Richtlinien der Politik zu bestimmen habe, nicht in öffentlicher Abstimmung gegen andere Kabinettsmitglieder stellen dürfe.
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Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat sich dieser Auffassung, die ihr vom Genossen Hermann Müller dar gelegt wurde, nicht anschließen tönnen. Aus der furzen Aussprache ging hervor, daß sie eine Trennung des Parteiborfikenden mag er jetzt auch Reichskanzler sein von der Fraktion für unmöglich hält nicht nur im Interesse der Partei, sondern auch in seinem eigenen Interesse. Müllers Fernbleiben von der Abstimmung hätte bedeutet, daß er sich selbst als Parteiführer geopfert hätte, um Schwierigkeiten im Kabinett zu vermeiden. Dieses Opfer will die Fraktion nicht bringen, weil sie Müller auch in Zukunft als Vorsitzenden behalten will.
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Noch ein anderer Gesichtspunft mar- eigentlich als erster für die Fraktion entscheidend. Die Massen der Bartei haben durch ihr Fernbleiben vom fommunistischen Boltsbegehren ein bewundernswertes Beispiel von Ge iloffenheit und Disziplin gegeben. Dieses BeiSchloffenheit und Disziplin der sozialdemokratischen Reichstagsfrattion. Geschlossenheit und Disziplin des Ganzen hält die Fraktion für um so notwendiger, als die sozialen Krisenzeichen im Nordwesten des Reiches, die poli tischen im Reichstag zur stärksten Zusammenfaffung aller Kräfte mahnen.
Die Sozialdemokratische Partei ist in ihrer fachlichen Stellung gegenüber der Forderung der Marineleitung volltommen einig. Besonders auch der Reichskanzler Gen. Hermann Müller und die anderen sozialdemokratischen Mi nister werden, indem sie mit der Fraktion stimmen werden, nicht bloß äußerlich Disziplin halten, sondern sie werden damit ihrer fachlichen Ueberzeugung folgen. In den anderen Barteien sieht es anders aus. Hier ist jene Stimmung weit verbreitet, der einst der Führer der Konservativen, Diederich Hahn , Ausdrud gab, als er das Wort von der gräßlichen Flotte" prägte. Für viele bürgerliche Abgeordnete ist die Haltung der sozialdemokratischen Reichstags fraktion eine unbequeme Gewissensmahnung. Daraus erklärt fich zum großen Teil ihre unwirsche Stiminung, besonders die des Zentrums.
arbeitenden, mithelfenden Regierungspartei in die Oppo fition zurückdrängte. Hinter der einen Panzerschiff- Frage steht die größere Frage, ob die bürgerliche Mitte mit der Sozialdemokratie eine Politik des Schutzes der Demokratie, des sozialen Fortschritts und der Sparsamteit treiben oder ob sie nach eigenen Rezepten und auf eigene Faust ihr Glüc versuchen will. Von der Beantwortung dieser Frage hängt für das deutsche Bolt unendlich viel ab. Die Sozialdemo fratie als Partei hat von ihr, wie immer sie ausfällt, nichts zu fürchten!
Der Reichstag soll fein Panzerschiff bewilligen, er foll nicht Krise und Regierungsbildung spielen, sondern er soll lieber daran denken, wie er den Ausgesperrten an der Ruhr helfen tann!
Bormittag Kabinettssitzung.
Das Nachrichtenbureau der Zeitungsverleger meldet: Das Reichsfabinett wird sich in seiner Sizung am Donnerstag vormittag auch mit der Frage einer Zustimmung der sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder zu dem gegen den Panzertreuzerbau gerichteten jozialdemokratischen Antrag beschäftigen. Diese Tatsache ist auch bestimmend für den Zentrumsfraktionsbeschluß gewesen, sich am Mittwoch ohne Beschlußfassung zu vertagen, um erst die Entscheidung des Kabinetts abzuwarten. Dazu ist zu bemerken, daß das Verhalten der sozialdemo fratischen Minister bei der Abstimmung über den sozialdemofratischen Antrag teine Frage ist.
Die Sigung des Reichstags, in der der sozialdemokratische Antrag auf Einstellung des Panzerschiffbaus beraten, wird, beginnt heute 3 Uhr nachmittag. Ihr äußerer Verlauf wird von dem Ergebnis der vorangehenden Kabinettfizung mitbeſtimmt werden. Insbesondere wird davon abhängen, ob der Reichskanzler für die Regierung eine Erklärung formalen Inhalts vortragen wird. Reichswehrminister Groener wird seine Gründe für die Ablehnung des Antrags vorbringen. Für die Sozialdemokratie wird, wie schon gemeldet, Genosse Bels, für die Deutschnationalen wird der fommunistische Interpellation und den kommunistischen Antrag begründen, die zu dieser Angelegenheit gestellt sind.
Sollte diese Stimmung zur Krise führen, so würde sich bald herausstellen, daß es neben der Sorge um das Panzer- bg. Treviranns sprechen. Ein Kommunist wird die schiff A wahrhaftig auch noch andere Sorgen gibt. Die Gorge um bie Reparationen, um die Räumung des besetzten Gebietes, die Sorge um die soziale Not, aus der soziale Konflikte entstehen wie der an der Ruhr und hundert andere. Zu beneiden ist in Deutschland feine Regierung, am allerwenigsten aber würde die Regierung zu be
Bon den Parteien der Mitte werden furze Erklärungen
erwartet. Man rechnet daher mit einer verhältnismäßig furzen Debatte, so daß die Abstimmung am Freitag, vielleicht schon in den frühen Nachmittagstunden erfolgen wird.
Vermittlungsaktion noch nicht gescheitert.
Die Aussichten jedoch sehr gering.
Köln , 14. November.( Eigenbericht.) lichkeit einen gesetzlich geschütten Tarifver Die Vermittlungsaktion des Düsseldorfer Regie: trag geschaffen hat, und daß sie weder in der Lage noch
Die Situation, die sich heute und morgen im Reichstag ergeben wird, ist allerdings mehr als ungewöhnlich. Parrungspräsidenten ist zwar noch nicht als gescheitert zu In einer Frage, die die Gemüter leidenschaftlich bewegt, betrachten, die Schwierigkeiten, die der Regie: gegeneinander stehen, und die Entscheidung wird von rungspräsident dabei zu überwinden hat, sind jedoch so wenigen Stimmen abhängen. Der Reichswehrminister wird groß, daß die Aussichten auf ein Gelingen der Ver den Reichstag auffordern, einen Antrag abzulehnen, der von mittlungsaktion sehr gering sind. Der Regierungsder stärksten Regierungspartei gestellt ist. Der Reichstanzler und die anderen sozialdemokratischen Minister werden bräsident ist jedoch, wie wir erfahren, entschlossen, den In öffentlicher Abstimmung in zwei oder, wenn es Ent- Einigung als endgültig gescheitert betrachtet baltungen gibt, in brei Lager teilen.
werden muß.
Die Schwierigkeiten waren vorauszusehen. Die Un
gewillt sind, den Schutz der Staatsautorität preiszugeben, indem sie in eine Kenderung des Schiedsspruches einwilligen.
Die Unternehmer zeigen wenig Neigung, von ihrem
Standpunkt abzugehen.
Wiffell im Kampfgebiet. 3ur persönlichen Information.
BTB. meldet: Nach Abschluß der Plenarverhandlungen des
Die Sozialdemokratie stüßt sich in diesem Kampf auf bie Stärke. Die ihr der Wahlfieg verliehen hat und auf ternehmer haben ausgesperrt, weil ihnen der Schieds. Reichstags über den Arbeitskampf in der rheinisch- westfälischen bie Ueberzeugung, daß ihr ein neuer Wahlkampf neuen Sieg spruch zu weit ging und weil sie demonstrieren wollten. Eisenindustrie hat sich der Reichsarbeitsminister Bissell heute nacht bringen würde. Sie fämpft nicht gegen die Wehrmacht an daß sie durch kein Schlichtungsverfahren zur Zahlung zu seiner persönlichen Unterrichtung in das Kampfgebiet begeben. fich, fondern gegen eine Marineleitung, die für ihre
berden, hen Reichswehrminister und das Gros der bürger- fchaften berufen sich dagegen darauf, das die Verbind am Freitag früh wieder in Berlin sein.