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Beilage
Montag, 19. November 1928.
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
Wenn Menschen gescheitert sind
Fürsorge für Gefangene und Entlassene.
AMOR
Jeder zehnte Deutsche ist vorbestraft. Trogdem stellen sich dem| fälligen. Da ist zum Beispiel ein Taschendieb, Ende der zwanziger| Gefangenenfürsorge fich eine Schneiderwerkstatt eingerichtet. Anfangs Borbestraften tausende Hindernisse in den Beg, wenn er, nach Jahre.„ Jetzt mache ich Schluß," sagte er.„ Ich bin bereit, jede gab es mir menig Arbeit. Aber jetzt beschäftigt er bereits drei Ge miedergewonnener Freiheit, ein ,, ordentlicher" Mensch werden will. Arbeit anzunehmen, ganz egal welche, selbst die schwerste." Andere fellen. Vor furzem erklärte er sich bereit, einen Entlassenen an Der neue Entwurf zum Reichsstrafvollzugsgesetz widmet der Ent- wieder erklären in der Gefangenenfürsorge:„ Ich brauche nichts, ich zustellen. laffenenfürsorge eine Anzahl von Paragraphen; so wird nicht allein will nur meine Arbeitsbelohnung haben." Das sind diejenigen, die die Pflit des Staates, dem Entlassenen zu helfen, sondern auch nichts mehr erhoffen. Andere wieder erbitten Arbeit, nehmen sie das Recht des Entlassenen auf die Hilfe des Staates festgelegt. an, auch auf dem Lande, dann aber find fie bald wieder in Berlin Daß die Entlassenenfürsorge Fortschritte macht, daß aber noch und fommen erneut mit den Strafgesetzen in Konflikt. biel mehr geleistet werden müßte, dafür liefert auch der Tätigkeitsbericht der Berliner Gefangenenfürsorge für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1927 den Beweis. Es ist der dritte Jahresbericht der Berliner Gefangenenfürsorge. 39 311mal wurde die Fürsorgestelle im Laufe der drei Jahre von Rat und Hilfesuchenden in Anpruch genommen. Baren es im Jahre 1925 7694 Besuche und im Jahre 1926 13 954, so machten sie im Jahre 1927 17 682 aus. So hat, rein zahlenmäßig genommen, die Gefangenenfürsorge das gehalten, was sie versprochen. Sie will nicht bureaukratisch arbeiten, ihre Tätigkeit foll Dienst am Entlassenen sein. Sie ist sich die aber deffen bewußt, daß fie noch viel mehr leisten tönnte, wenn sie en nicht mit verschiedenen Schmierigkeiten zu fämpfen hätte.
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So erschmert die ungenügende Zahl der Fürsorger eine ein re gehende Bearbeitung jedes einzelnen Falles. Eine Erschwerung der Arbeit ist auch der ,, Unverstand der Maffen". Man scheut sich, Vorbestraften Arbeit zu geben. Auch die Arbeitskollegen sind voller Borurteile Unternehmungen fordern polizeiliche Führungszeugnisse, die nicht zu erlangen sind. Staatliche und städtische Betriebe wollen bon Borbestraften nichts wissen. Berschiedene Berufe sind ihnen verschlossen, wie zum Beispiel der Zeitungshandel. Dagegen sind die städtischen Arbeitsnachweise den Klienten der Gefangenenfürsorge gegenüber äußerst zuvorkommend. Hier hat man begriffen, daß dem Strafgefangenen unter Umständen eher geholfen werden muß als irgend jemand.
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Die Berliner Gefangenenfürsorge ist nach wie vor nur eine Durchgangsstelle. Ihre Aufgabe ist, die eben erst Strafentlassenen in Empfang zu nehmen und sie folange zu betreuen, bis 8. fie in irgendeinem Berliner Bezirk feste Wohnung genommen haben. In Wirklichkeit beschränkt sich ihre Tätigkeit nicht allein darauf. Die helfende Stelle, die dem Entlassenen als erste die Hand geboten hat, bleibt für ihn auch in Zukunft die Stelle, wo er in jeder feiner Nōte Zuflucht und Stütze fucht. Besteht die normale Hülje in Ernährungsgeld, Kleidung, Fahrkarten, Heimunterbringung, Mieteaushilfe, Arbeitsvermittlung usw., so wird sie in der Praxis zur Beratungsstelle überhaupt. So erfüllt sie erst ihren mahren imed, eine moralische Stüge für die fozial menig widerstandsfähigen Menschen zu sein. Ihre Tätigkeit wird erleichtert durch eine mehr oder minder harmonische 3usammenarbeit mit den Gefängnissen, den verschiedenen öffentlichen und privaten Bohlfahrtseinrichtungen und freiwilligen Helfern.
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Die Psyche der Strafentlassenen. Mannigfaltig find Menschen und Fälle, mit denen die Gefangenenfürsorge zu tun befommt. Berschieden sind zu behandeln jung und alt, Frau und Mann, Gesunde und Krante, und alle erfordern Ruhe und Milde, mur selten Strenge, stets ist aber Aufgeregtheit des Fürsorgers von Schaden.
Da sind zum Beispiel die Frauen. Eine frühere Krankenfomefter, Morphinistin, hat überall in den Krankenhäusern das Ber trauen gebrochen, Morphium gestohlen. Das letztemal erhielt fie ein Jahr Gefängnis. Hier hat sie eine Entziehungstur durchgemacht. In einem Krankenhaus fann sie keine Anstellung mehr bekommen. Die Gefangenenfürsorge mietet für sie ein Zimmer, besorgt Arbeit in der Fabrit. Die Fürsorgerin verspricht ihr, falls sie sich ein Jahr gut halten sollte, den Bersuch zu machen, sie in einem Krankenhaus unterzubringen. Eine 29jährige Kontoristin, zweimal wegen Diebstahls vorbestraft. Nach Verbüßung der ersten Strafe beschränkte sie sich darauf, die Arbeitsbelohnung abzuholen, fie glaubte, sich allein durchschlagen zu können. Nach Berbüßung der zweiten Strafe lehnte jie aber nicht mehr die Hilfe der Gefangenenfürforge ab. Man Derhalf ihr hier zu einem Zimmer, verforgte fie mit Kleidern, vermittelte ihr Arbeit auf einer Fabrit und veranlaßte fie, fich mit ihrer Mutter, mit der sie verfeindet war, zu versöhnen. Schwieriger gestaltete sich der Fall einer 33jährigen Warenhausdiebin, einer äußerst schwer zu behandelnden Frau. Jede andere Arbeit als die gewohnte sie ist Binderin von Beruf fchlug fie aus. Kein Bimmer war ihr gut genug. Sie ist schwer hysterisch und machte der Fürsorgerin viel zu schaffen, bis sie schließlich doch eine Stelle
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fand, die ihr zufagte.
Auch für die strafentlassenen Männer ist die Gefangenenfürsorge oft die einzige Stelle, wo sie Hilfe finden. Da ist zum Beispiel ein zwanzigjähriger ungelernter Arbeiter. Der junge Bursche hatte auf seiner Stellung eine Unterschlagung begangen und dafür einen Monat Gefängnis mit Bewährungsfrist erhalten. Das zweite mal entlich er ein Rad und verkaufte es dann; dafür gab es zwei Monate Gefängnis. Zu Hause fann er fich nicht zeigen. Durch die Vermittlung der Gefangenenfürsorge erhält er vom Arbeitsamt eine Anstellung auf dem Lande. Ein 30jähriger Bankbeamter, nach der Stabilisierung der Mart abgebaut, hat etwa fechs Borstrafen für verschiedene Kleinigkeiten erhalten. Dazwischen ernährte er sich als Klavierspieler, Rohlenarbeiter, Rutscher, Landarbeiter. Das legtemal erhielt er als Hofjánger einen Strafbefehl megen Bettelei. Als er, obdachlos, in seinem Elternhause um Unterkunft bat, murde er abgemiesen Durch die Gefangenenfürsorge erhält er Obdach, Ernährungsgeld und Arbeit auf dem Lande.
Rüdfällige und Langfristige.
Es gibt auch ewig Rüdfällige. Da wurde ein Fürsorgezögling vom Bandesjugendamt eineinhalb Jahre nach der Entlassung an die Gefangenenfürsorge überwiesen. Nirgends hielt er es lange aus. Immer wieder beging er Unterschlagungen. Die guten Rat schläge seiner Zwillingsschwester und feines Freundes halfen auch nichts. Als er in Köpenid im Krankenhause lag, lernte er einen Mann kennen, der sich bereiterklärte, ihn als Schlafburschen auf zunehmen. Das Ende vom Liede war, daß er die Wohnung ausplünderte und verschmand. Aber die Sehnsucht, endlich einmal in geordnete Lebensverhältnisse zu kommen, erfüllt auch meist die Rüd
Psychologisch besonders intereffant find die Langfristige n. Die haben es nicht leicht, sich wieder an die Freiheit zu gewöhnen. Sie sind besonders unselbständig und hilflos, laffen sich aber gern leiten. In einem Falle war es ein Mann, der megen Landesverrates zu 7 Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Die Liga für Menschenrechte hatte sich seiner angenommen, als er noch im Gefängnis faß. Sie besorgte ihm auch eine Stelle als Roch. In einem anderen Falle handelte es sich um einen Mann, der 9 Jahre Gefängnis megen eines gemeinen Berbrechens, begangen aus politischen Beweggründen mährend der Revolutionszeit, zu verbüßen hatte. In einem dritten Falle um einen Entlassenen, der noch als ganz junger Mensch wegen Mordes zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt morden war. Während seiner Gefangenschaft hatte er das Schneiderhandmert erlernt und nach der Entlassung mit Hilfe der
Der Tätigkeitsbericht der Berliner Gefangenenfürsorge, der 1. a. von der Genossin Minna Todenhagen als Borsitzende des Ver= maltungsausschusses und Elisabeth Hermes, der Leiterin der Gefangenenfürsorge, unterschrieben ist, macht sich feine Illusionen über das Erreichte und noch zu Erreichende. Er flingt in dem Wunsch aus: Wenn doch der Gefangenenfürsorge ihr eigenes Haus zur Berfügung stände, ein Musterheim, in dem Fürsorgestelle, Lesesaal, Unterkunftsräume, Speiseanstalt, Kleiderkammer und ein Arbeitsheim mit Verkaufsstellen vereinigt wären und den Hilfefuchenden durch Fürsorger, Berufsberater und Psychiater gemeinsam der Beg in ein geordnetes Leben, soweit dies überhaupt möglich märe, gea wiesen würde. Eine Utopie? Bielleicht wird sie einmal Wirklich feit. Daß sie es aber merde, dazu bedarf es sowohl der Durch bringung der Massen mit dem Bewußtsein von der Notwendigkeit einer tätigen Hilfsarbeit an den Strafentlassenen als auch der Auswerfung der erforderlichen Mittel von den Behörden. Leo Rosenthal .
Das Untersuchungsgefängnis Alt- Moabit.
Ueberflüssige Barrieren.
Wenn man das behagliche Zimmer des Oberdirektors vom Unter fuchungsgefängnis Alt- Moabit verläßt, um unter seiner Führung dieses folossale Gefängnis zu besichtigen, das etwa 1400 Unterfuchungsgefangene ständig beherbergt, kommt man zunächst iurch das schmucklose, mit ungleichmäßig antiquierten Möbeln ausgestattete Wartezimmer. Die Sprechzimmer, in denen die Ange: hörigen die Untersuchungsgefangenen- drei Meter durch zwei Barrieren voneinander getrennt sehen und sprechen fönnen, liegen am anderen Ende des Korridors. Sie entsprechen den Bestimmungen des Gesetzes, aber nicht denen der Humanität. Da die Sprechstunden in Gegenwart eines Beamten vor sich gehen, ist nicht einzusehen, warum Barrieren die Angehörigen trennen. Der Beamte fann doch sehr gut kontrollieren, ob der Untersuchungs. gefangene etwas zugestedt erhält oder nicht.
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Das Untersuchungsgefängnis Alt- Moabit ift ein 3e1fengefängnis. Von einem riesigen Eisenrondell, in dem der Hauptmachtmeister, eine Person mit höchster Berantwortung, feines Amtes waltet, erstrecken sich strahlenförmig die einzelnen Flügel mit Zellen auf beiden Seiten, durch breite Korridore getrennt. Dieses Eisen. rondell gibt die Möglichkeit, sämtliche Einmündungen der verschiede nen Abteilungen dieses Gefängnisses in allen nier. Etagen zu beob achten. Wenn ein Gefangener verhört werden soll, so muß der Hauptwachtmeister dem Bachtmeister der entsprechenden Abteilung die Weisung zurufen. Das ist ein Mißstand, der auch von der Gefängnisleitung empfunden wird. Das Eisenrondell dient auch öfters dem 3med, Gesangs- und Mufifchöre aufzunehmen, und es muß angenommen werden, daß die Gefangenen die Möglichkeit haben, den Melodien bei offenen Türen zu lauschen. Solche musikalischen Darbietungen find für den Untersuchungsgefangenen dringend not
wendig.
Die Einzelzelle.
Wegen der Kollisionsgefahr sind die Untersuchungsgefangenen in Einzelhaft. Die Einrichtung einer Zelle, deren Größe höchstens 22 Kubikmeter Rauminhalt beträgt, besteht aus einem aufflappbaren Bett, richtiger gefagt einer aufflappbaren Holzpritsche mit Bettzeug nach der Bekleidungsordnung. Zur Lagerung gehöri für jeden Gefangenen eine zweiteilige( im Verhältnis von 1: 2 der Länge nach geteilte) Matraße, ein Kopffeillissen, ein Bettlaken, eine wollene Dede, ein Dedenbezug und ein Kissenbezug. In jeder Zelle befinden sich Auszüge aus den Vorschriften, die den Untersuchungsgefangenen über seine Pflichten und Rechte belehren. An einer Stelle ist in die Band eine Holzplatte eingelassen, die als Tisch dient, davor eine Siggelegenheit ohne Lehne. Ein kleines Schränkchen für die notwendigsten Toilettengegenstände, für Bücher und Schreibpapier ist auch vorhanden. In einer Ede befindet sich in jeder Zelle das Klosett. Dieses hat feine eigene Spülung, aber die Ausscheidungen fallen bei der senkrechten Lage des Klosetts in das stehende Wasser, so daß woh! Ausdünstungen vermieden werben tönnen, zumal sich in jeder Belle noch ein Wassereimer befindet. Das beste wäre jedoch, wenn jedes Klosett eigene Basserspülung hätte, wie es im Lazarett der Fall ist.
3m Lazarett.
Tritt man in das Lazarett des Untersuchungsgefängnisses ein, so wird bereits auf dem Korridor der Unterschied zu dem obigen Gefängnis augenfällig. In bem ganzen Gefängnis herrscht außer ordentliche Sauberkeit, im Lazarett jedoch Bliksauberfeit. Für die Untersuchungsgefangenen, die nicht gut zu Fuß find, steht ein Fahrstuhl zur Verfügung. Wir begaben uns unter Führung des Arztes in den Gemeinschaftstrantensaal, in dem acht Unterfudymgsgefangene lagen. Das Zimmer entspricht den hygienischen Anforderungen und ist so groß wie jedes berartige Zimmer eines Krankenhauses Die Betten find gefedert. Die Lazarett. gefangenen tönnen fich mit Gesellschaftsspielen usw. beschäftigen. Außerdem steht ihnen, wie überhaupt allen Untersuchungsgefangenen, die verhältnismäßig große Bibliothet von 15 000 Bänden zur Berfügung. Arbeitszwang besteht für keinen Untersuchungsgefangenen; fie fönnen aber auf Wunsch beschäftigt werden, wofür fie leider jedoch - ungerechterweise nur eine geringe Entlohnung erhalten, die auch für Strafgefangene maßgebend ist.
In dem Lazarett gibt es auch Einzelzimmer, in denen Schwertrante liegen. Erschütternd war der Anblid eines Mannes, der geistesgestört zu sein schien. In seinen Arm hatte sich der Un
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glüdliche Nägel eingetrieben, und alle Operationen, bie er durch machte, haiten nur den einen Erfolg, daß er es immer wieder tat. Ich hatte nachher Gelegenheit, in dem mit allen modernen Mitteln ausgef tteten Röntgenzimmer die Röntgenplatte dieses Mannes zu sehen, und ich zählte etwa sieben Nägel, die sich der Mann vor einer Reihe von Jahren in den Unterarm eingetrieben hatte. lich ist, daß die Krankenzimmer wie auch die Untersuchungszellen taum einen Schmuud aufweisen, wenn man nicht die frommen Sprüche, über die man geteilter Meinung sein fann, als Schmud
Bedauer
bezeichnen will. Hier wäre eine Wandlung am Blaze, die gerade dem Untersuchungsgefangenen manche seelische Erleichterung bringen
fönnte.
Apotheke.
Das Lazarett verfügt außer dem schon genannten Röntgenzimmer über einen Operationsfaal, einen Desinfektionsraum, eine Beitgemäßes und Beraltetes.
Bon dem Lazarett begaben mir uns in den fünften Stod des Frauengefängnisses. Hier ist der neue Bortragsfaal fertig. gestellt. In dem Raum stehen etwa 200 dunkle, bequeme Stühle. In der Rüdenfront find die Vorführungsräume für Lichtbilder, vorne Bodium und Kanzel, gleichzeitig für den Gottesdienst, wie es aus räumlichen Gründen nicht anders möglich ist. Die großen geschmadvollen Fenster, die schöne Deckenbeleuchtung machen den besten Einbrud. Neben diefem Saal liegen noch eine Safristei, eine Bibliothek und ein Lehrsaal in ungefähr gleicher Aufmachung.
Durch das Frauengefängnis famen mir in das Gefängnis II, in dem sich auch ein Saal mit zwei auffallenden Bildern eines russischen Professors befindet, der auch einmal„ Bast“ dieses Hauses gewesen ist. Dieser Saal mit seinen mittelalterlichen Kästen( die wohl den ursprünglichen Vorschriften entsprechen), in die der Gefangene bei dem Gottesdienst oder bei dem Vortrag hineintreten muß und der 250 Bläge hat, tann man nur fulturwidrig nennen. Die Kästen müssen verschwinden!( Ein Bericht wegen Beseitigung dieser Kästen ist von dem Oberdirektor eingereicht worden.)
Ueber den Jungfernsteg gehen wir zu dem Hof, auf dem die Gefangenen täglich ihren Spaziergang machen. Im Winter bietet er ein besonders tristes Bild. Schmale Gänge zeigen dem Beschauer den Weg, den die Untersuchungsgefangenen( 3 bis 5 Schritt voneinander getrennt) täglich machen müffen, ohne miteinander sprechen zu dürfen. Auch hier erscheinen mir Erleichterungen möglich.
Das eigene Elektrizitäts, Waffer- und Fernheizwerk( in jeder Belle befindet sich ein Heizkörper) ist interessant, aber am eindrucksnousten ist die Gärtnerei des Untersuchungsgefängnisses mit dem gefangenen Gärtner, der diese Gärtnerei mehr liebt als seine Freiheit; ja, der unglücklich sein würde, müßte er seine Pfleglinge verlassen. Wie freute sich der Mann, uns durch sein Reich führen zu dürfen.
In zweieinhalb Stunden fann man eine so große Anstalt nur unvollkommen besichtigen, tönnen sich für den Besucher nur flüchtige Eindrüde ergeben. Ich fasse zusammen: Anerkennenswert ist die Sauberkeit und daß die meisten Beamten die Untersuchungsgefangenen human behandeln. Die Kritik wendet sich hauptsächlich gegen die Belle ohne Schmud, die Enge der Zelle und ihre farge Einrich tung. Man bedenke, daß diese Menschen noch nicht schuldig gesprochen sind, bei vielen schwebt eine Boruntersuchung, und feiner meiß, ob es zur Anflage tommt. Hier müssen andere Möglich feiten geschaffen werden, hier muß eine großzügige Reform einfezen..
Eine Viertelmillion Personen im Krankendienste. Wie aus einer Beröffentlichung des Reichsgesundheitsamtes hervorgeht, ist das Ergebnis einer Bestandsaufnahme des berufs mäßig im Deutschen Reich tätigen Heil- und Pflegepersonals folgen. des: Am 1. Mai 1927 wurden zusammen 227 665 Bersonen gezählt, die sich dem Krantendienst widmen, davon 109 200 Männer und 118 465 Frauen. Im einzelnen entfielen auf Aerzte 43 583, Jahnärzte 8465, approbierte Apothefer 10 573, Apothekenpersonal 3712, Hebammen 29 348, 3chntechnifer 15 062, Heilgehilfen und Maffeure 8142, Krankenpflegepersonen 88 872, Gäuglingspflegerinnen 2280, Wochenpflegerinnen 1283, Desinfektoren 4584, Laienbehandler 11 761. Eine starte Zunahme meisen die weiblichen Aerzte auf, wo nunmehr auf 24. Aerzte eine Aerztin tommt.