Der Tag der Toten.
Auf dem Garnisonfriedhof in der ffasenheide veranstaltete der Reichsband der Kriegs' beschädigten am Totensonntag eine Gedächtnisfeier an den Gräbern der unbekannten Soldaten. Landtagsabgeordneter Kuttner, einer der Gründer des Reichsbundes, hielt die Gedenkrede. Unser Bild zeigt den Aufmarsch auf dem Friedhot.— im Vordergrund Kriegskrüppel in ihren Handwagen.
Totensountag,&tr Tay. da die Verstummten uns zu Gaste laden. -till kommen wir. in dunklen Kleidern. Und alles trauert, auch das Firmament. Aus schwerem, dicht verhangenem Gewölk löste sich ichon in den ersten Nachmittagsstunden«in feiner, rieselnder Regen und ein unfreundlicher, feuchtkalter Nooemberwind fegte durch die Äroßen. Die Züge noch dem Friedhofzwald Stahnsdorf �rächten vom Morgen an Taufende und aber Tausend« von Fried- Iwfsbesuchern. Die Eisenbahnverwaltung beziffert ihre Zahl auf eiwa 25 000. Am Bahnhof, wo stch Ankommend« und Abfahrende begegneten, gab es«in lebensgefährliches Gedränge. Arme und Hände vollgepackt mit Kränzen und Tannenreisig schob sich der dichte -Renschentnäuel dem Ausgang zu. Vor dem Bahnhof«in Blumen- Hain im Riesenformat. Borne und rückwärts, rechts und lieks, über» »ll liegen Kränze und Sträuße zum Kauf. Aber da ist kein rechtes, iarbiges Mühen drin. Mles«in wenig kalt und starr und steif. Keift find es präparierte, gewachste Rosen, die den Winter über» ■'<niern müssen, vielleicht auch noch den kommenden Frühling, den Cammer mifc den Herbst, bis zum nächsten Totenfest. Erinnerungen !»erden lebendig, die Toten haben das Wort. Dann eilen oll« zurück m» tqi*« Leben und hier wird es wieder stumm für ein Jahr. v......«o den«riegergröbern. i klebar die langen Eräberreiheu der Gefallenen de» Weltkrieg« 7uf dem Garuisonfriedhof klagt dumpfer TrvmmÄwirbel. fyii Reichsbanner und der Reichsbuad der Kriegs« beschädigten marschieren an, zu einer Trauerfeier. Am Dank« Mal des Lugusta-Regiment» vorbei, marschiert der Zug zu den Gräbern der nnbekannten Gefallenen. Ihnen und damit den Toten »ller Völker gilt das still« Gedenken der republikanischen.Kriegs- 'eilnehmer. Mehrer« Tausend Männer, die an der Seite der Ge- allenen gekämpft und Frauen, die ihren Mann, an den Fronten hingeben mußten, waren den schwarzrotgoldenen Fahnen gefolgt, 'ammeüen sich auf dem Friedhof. Das..Grablied' lestete die Feier ''in. Erich Kuttner sprach Worte des Gedenkens der Toten, Wort« der Aufrüttelung an die Lebenden, das Bermächtnis der Toten zu erfüllen und für den Aölkerfrieden zu kämpfen. Erst wenn üb,r die stummen langen Reihen der Soldatengräber in aller West die Menschheit sich die Hand reicht mit dem Wort„Nie wieder 'krieg', wissen wir. daß die Millionen Opfer nicht umsonst waren. Das Lied der Freiheit„Gejang der Dölker' schloß sich an diese tief empfindenden Wort« an. Eine Ansprach« des Bunbesoorfltzcrid«» «ende begleitet« die Kranzniederlegung. Der Musikverein iyislte„Ich hat einen Kameraden" Di« tausenköpfige Menge ent. bläßt« das Haupt, die Fahnen senkten sich zu einem stillen Gedenken. Ein« Feier an den Gräbern der Gefallenen der ausländischen Soldaten folgt«. Das Neuköllner Reichsbanner veron-
staltete zwei Feiern an den Soldatengräbern auf dem Gemeinde« friedhof in Neukölln und Britz . An den Gräbern der Ge- follenen wurden Kränze niedergelegt. Di« Ortsgruppe Kreuzberg marschierte zum Grabe des erschossenen Erich Schulz, um den taten Kämpfer der Republik zu ehren. Gedächlnivfeier der Freidenker. Ini Krematorium Wilmersdorf gedachte» am Totensonntag die Freidenker ihrer Verstorbenen. Der verband für Frcidenkertum und Feuerbestattung veranstaltet« ihnen eine würdige GedSchtnisieier. schlicht und eindrucksvoll, ohne äußeren Prunk. Nach Musikvorträgen gedachte der Redner derer, die schon 48 die Freiheit mit ihrem Leben bezahlt haben, er gedacht« auch der Ge- fallenen der Novemberrevolution und der Unzähligen, die ein Opfer ihrer Tätigkeit in Gruben und Bergwerken geworden sind. Cr erinnert« an unser« Pflicht, das Werk der Freiheit, da» die Dahin» gegangenen begonnen haben, zu vollenden. Als Abschluß für sein« zutreffenden Ausführungen wählte er die Worte Kurt Eisners : Es sollen die Massen Das Leben nicht hassen. Die Menschheit gesund« In schaffendem Bund«. Dos neue Reich«i 0 Welt, werde" O Welt, werde Auf dem Selbstmörderfriedhof... Im Waldgelände bei Schildhorn, unter ragend«« Kiefern, niederen Eichen und Buchen und hohem Waldgras, hob«, die Sffef- kinder des Glücks und die von der Nachwelt Dergeffenen ihr« letzte Ruhestätte gefunden. Eine klein« Steinmauer, erst m jüngster Zest errichtet, umgibt das Stückchen Erde , auf dem so viel« in fich zu» sammengesunkcne Grabhügel stehen, von Efeu und Farren wild über- wuchert. Hier und da«in Kreuz, ein Stein, ein Name... Ost nur eine Zahl. Die Toten sind numeriert. Wegen der Akten. Fünf russische Kreuze, mit den doppelten und einem schräggelegten Querbalken, ragen über den Hügelreihen der Unbekannten empor. Fünf Russen, in deutscher Kriegsgefangenschaft verstorben, ruhen hier. Fern der Heimat. Wer mag dort am Totensonntag um sie weinen? Um die Gräber der Russen bildet eine Gruppe Menschen einen dichten Kreis. Die„Bereinigung ehemaliger Kriegsgefangener, Groß-Berlin' veranstaltet on den Grobhügeln eine Totenfeier. Di« Herren Buchwaldt und Wüsten geben in kurzen Ansprachen ihren Gedanken ergreifenden Ausdruck. „Nie wieder Krieg!' ist dag Gelöbnis, das laut über den Friedhof schollt. Der Krcmz. der an den Gräbern niedergelegt wird, trägt aus fchwarzrotgoldencr Schleife diese Widmung: Den im Weltkriege in der Gefangenschaft verstorbenen Kameradau oller Nationen!
Das Ende einer Revolution. Aus den Tagebüchern der Brüder Goncourt.
„Ich fahr« durch die Champs-Elysees . In der Fern« Beine, Hts als Bein«, die sich in der Richtung der großen Avenue fort- wegen. Ich lehne mich zum Wogenfenster hinaus. Auf der ganzen >«nu» ein unübersehbarer Menschenschwarm zwischen zwei Reihen" rvallerie. Kaum abgestiegen, gerat« ich unter die Lausenden. Es d die soeben aus den Buttes-Ehoumont Gefangenen, die in «dern zu je fünf marschieren, vereinzelte Fronen darunter.„Es d ihrer sechstausend: fünfhundert sind gletch zu Anfang erschossen »den,' sagt mir ein Berittener aus der Eskorte. Zwffchsn ihnen bemerkt man Deserteure, die ihre Dassenröcke ige kehrt tragen, so daß das graue Futter der Taschen lose heraus- vgt. Sie schein«, schon halb entkleidet, um erschossen zu werden. Man geht durch Rauch, man atmet eine Lust, die brenzlich cht und zugleich noch Wohnungssirnis, und hört von allen Seiten s Zischen von Feuerspritzen. An manchen Orten finden stch noch »uren. grauenvoll« Ueberrest« des Kampfes: dort, neben den lastersteinen einer halbzerstörten Barrikade schwimmen Käppis einer Blutlache.' Mötzlich sehe ich, wie die Menge zu lausen anfängt, als würde an einem Tage de» Straßenkampfes angegriffen. Beritten« 'engen heran, drohend, den Säbel in der Faust, sie lassen ihre erde sich bäumen, und durch ihr Ausschlagen drängen dies« die mziergänger von dem Fahrdamm aus die Bürgcrsteige zurück. oischen ihnen bewegt sich ein Trupp von Mannern, an deren Spitze > schwarzbärtiger Mensch geht, dessen Stirn mit einem Taschen- ch wmounde» ist. Roch ein sicherer fällt mir auf. der von zwei aneradea unter den Armen gestützt wird, als ob er nicht die
In biessm«ugenhlick tritt aus ties Tür. gleich ein« Schar Be> trunkener, dos Bollstreckungskommando, Blut an der Spitze einiger Basonatta. Ilnh mährend zw« gedeckte Bagagewagen in den Hof «mfahren., schlüpft«in Geistlicher heraus, desien mager« Rücken. Regenschirm und beim Gehen versagende Beine ein« Zeitlang on d« Umfaflungsmauer der Käsern« sichtbar sind." lok Diese» Bild vom Untergang der Pariser Kommune zeichnet« am Sonntag, dem 28. Mai 1871, E dm o nd d e Goncourt m fein Tagebuch Er ist Aristokrat, olles ander« als ein Revolutionär. Aber er hatte Augen, zu sehen. Ein Menschenalter Frankreich , von seinem Mittelpunkt Parts aus gesehen,(piegtli sich in den Tage- büchern, di« die Brüder Edmond und Jules Goncourt von 18)1 bis 1896 führten. Flaubert, Baudelaire , Turgeniew, Zola , George Sand , Daudet . Hugo, Gautier— in viel längerer Reihe noch ziehen die Berühmtheiten vorüber, nie ist für den Leser klar und scharf umrissen. Madame Reeamier, deren in der Zeit des Direktorium? berühmt« Schönheit David in dem bekannten Bild« festgehalten hat, wird nach ein« Aeußerung des Zeichners Garvani oug dem Jahr« 1855 geschildert:„Man sah da(dei den Empfängen der Herzogin Abrantes )... ein ganzes Bataillon aller� Damen, die sich ober dos gewiss« Etwas von Frauen erhallen hatten, die schön gewesen sind. Eines Taoges traf Garvani da eins klein«, reichlich gewöhnlich» Frau, in«, wie fem Ausdruck lautete,„nach Klejnbiirgerlichkeit roch". Er fragt«, wer dos wäre, man antwortete ihm:„Frau Räeamier." Die Entwicklungen der Literatur, der Ruhm des Dichiergreises Victor Hugo , das Aufsteigen Zolas, di« Blüte und das End» der klafiffchen impressionistischen Dichtergeneration sind in diestn Tage- buchblättern festgehalten, die von Olga Sigall verdeutscht, von Paul Wiegler kritisch ausgewählt und erläutert, fetzt bei Albert Langen . München , erschienen sind. Man kann kaum müheloser in«in Men schenatter französischer Kulturgeschichte eindringen, als an Hand ineses Tagebuches. T. E. S. Theater im Palmenhaus. Tihamär, Komödie von Dengyel. Tihanier ist in Budapest wo« In Berlin Bibi l»28 ist: Don Juan mit Bügelfalten. Hochstapler, Tanz palastblüte, Liebling aller fio« o'clocks. Jen« Damen, die mit Lippenstift, Cotypuderguoste und dem schlanken Inholt ihres Seidenpqjamas die ganze Und halbe Well regieren, stehen von Tiham�rs Hotelzimmer Polonaise. Lilyords Budapest»ersagt auf Tiham<i.rs berühmten Divan, w«l Eugen sich zur rechten Zell einfindet. Eugen haßt die Eh« und wird bekehrt. weil Lily sich ihm sowohl im Schlafwagen wie an der Riviero «ntziicht. Denn Lily ist«ine Technik«:« der Verführung durch Ad- blitzenlafien. Indem sie für einige Tage heimtückisch läßt, was sie gern tun möchte, verwandelt sie Eugen zum begeisterten Freier. Im Junggesellenheim, im Schlafkoupe« erster Ktasie mit Oberdett und Unterbett und im Hotelboudör geschieht das alles. Dabei er- scheint Tihamär gar nicht, er ist nur unsichtbar da, um Eugen und Lily andauernd zu stören. Melchior Lengyel bemüht sich, in di« Spuren de» großen Mikosch zu treten. Früher ging er reinlicher« Weg« und gesiel well bester. Den bekehrten Eugen spiell Georg Alexander treuherzig, mehr berlinernd als budapestslnd, komisch und fein, weil er die überpsefferten Pointen zu mildern versucht. Frau 1611« und Frau Asch« nb a ch kultivieren den Mikoschgeist mll allzu beut- lichem Behagen. Die winzig« Bühne des Palmenbaus«», di« mit dem Parkett s«hr nah verbunden ist, fordert ober, daß die Künstse» rinnen mll. ihren Reizen ein wenig sparen. Di« gleich« Enchallsow- kell»Ür« auch Herrn Bärdos, dem Direktor und Reqjsieur, zu empfehlen.>s H, Rußlands Ausverkauf Der Letter der Aliteilung für Kunst im Sowjetunterrichtskam- mistariat, S w i d e r f k y, erklärt« dem Moskauer Korrespondenten des.stdbserver", die Sowjetregierung sei bereit, außer den vsrschie- denen Kunstwerken, die vor kurzem in Berlin verkaust wurden und ungefähr drei Millionen Mark erzielten, fünf oder sechs wertvoll« Origlnalgemald« von Rubens, Roffael, Rembrandt und Leonardo da Vinci zu verkaufen, vorausgesetzt daß Käuser ge- funden werden könnten, die den geschätzten Wert dieser Bilder. nämlich 10 bi« 15 Millionen Rubel zu zahlen in der Lag« seien Eine solch« Transaktion werde nicht auf einer öffentlichen Auktion stallfinden sondern werde auf dem Wege von Verhandlungen mit auswärtigen staatlichen Museen oder privaten Sammlern erfolgen
Kraft besäße, zu gehen. Diese Männer haben ein« seltsame Bläffe und einen unsicheren Blick, der mir in der Erinnerung hastet. Ich höre, wie«in« sich eilig davonmachende Frau ausruft:„Ein Unglück, daß ich hierher gekommen bin!' Reben mir zählt ein friedfertiger Zivilist:„Eins, zwei, drei... e» sind sechsuvd.zwanzig.' Auf Befehl der Eskorte machon dies« Männer den Weg bis zur Lobaukaserne im Laufschritt. Dort schlägt das Tor hinter ihnen allen mit befremdlicher Sewall und Eil« zu. Ich begriff noch nicht, hatte aber in mll«in unerklärliches Gesichl von Angst. Mein Zivilist, der eben gezählt hatte, sagt«»m zu seinen! Nachbar:„Das dauert nicht lang«, Sie werden WH>[ den ersten Trommelwirbel höret».' „Was für einen Tromrnel wirbel?" „Sie wissen nicht? Man erschießt sie!' Fast im selben Augenblick setzt, wie«in heftiges, durch Mauern gedämpfte» Geräusch, ein jkleingewehrfeuer ein. das etwa» von der regelmäßigen Gleichförmigkeit einer Mitraillcuse hat. Es ertönt ein erstes, ein zweites, ein dritte»,«in viertes,«in fünftes mörderisches„rrara"— nun eine große Paus«— dann ein sechstes, und noch rasch zwei aufeinanderfolgend« Trommel» Wirbel. Es Ist, als ob diese» Geräusch niemals aufhöre» würde. Endlich verstummt es. Alles fühlt sich erleichtert und atmet auf. als endlich ein Krachen erfolgt, da» die klaffende Tür der Kaserne in ihren wankenden Angeln erschüttert, dann noch«in», endlich da» letzt«. Das sind, sagt man. die Gmrdenschüff«, die«in Polizei beamter denen gibt, die noch nicht wt sind.
in Ktflel und«ieeb-de» baben w. oaliw I937/C8 an«Innabmtn eine Summ« von 8 5ä7r00«DJ ,u atc cetchnen. Tie«uegaden betrugen indesseu 16 881 700 M..(n da»«üt su- ichutz notwendig«ft von 7 P54 700 TO, 9{»» ''»'«eq'e S».»sp,,I«.?lachwor»«t.vn, von.D i» Verbrecher« ttn Deutschen Theater findet Dienstag, nach!» tl,4S Uhr statt
Bokanowskis Ttachfolger. Oer Kommunist an der Spihc- der Woc nationoi onrO gewinnen. lparish 26. November. tTigenbericht.) In Asnieres , einem Vorort von Pari», fand am Sonntag die Nachwahl zur Kammer um den Sitz des im Flugzeug verunglückten Handelsministers Bokanowski statt. Nicht weniger al» 11 Äondi- daten sind aufgetreten. Der kommunistische Kandidat liegt mit etwa 200 Stimmen Mehrheit an der Spitze, dicht gesolgt von einem halben Dutzend bürgerlicher Kandidaten au» den gemäßigten Mittel- und Rechtsparteien. Aller Voraussicht nach wird der u n a b» hängige Republikaner Blacque Beloir das Renne« wachem Er erhielt nicht nur die meisten Stimmen unter den bürgerlichen Kandidaten, sondern auch ebenso, wie einst Polanowski. die kostbar« Unterstützung de» Senators Billiet, de» bekannten Wahlfinanz- «nannee de» hloc national.
Wer war Columbus? Ein von der Madrider Zeitung„ABC" ausgeschriebener Dell- bewerb, in dem für den Nachweis der spanischen A b st a m- mung von Christoph Columbu»«in Preis non 50000 Pesetas ausgesetzt wird, ist ergebnislos verlaufen. Es wußten 18 Arbeiten von' spanischen, englischen und ameritonischen Der- faffern eingesandt, die aber, obwohl sie zahlreich« Indizien sffr die Richtigkeit der spanischen These anführten,«inen einwandfreien Beweis nicht beizubringen vermochten. Gleichzeitig melden die Blätter, daß ein Geistlicher, der unlängst ankündigt«, un widerleg. lich« Beweise dafür in Händen zu hoben, daß B a j a d o z d!« Ge- burtsstaht von Christoph Columbus sei, vom Gouverneur mit einer Geldstrose von 250 Peseten belegt wurde, weil er sich weigerte, di« angeblich in seinem Besitze befindlichen Beweisstück« vorzulegen.