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Nr. 568

45. Jahrgang

Technik

Im Kampf mit dem Meere.

Sonnabend

1. Dezember 1928

Die Trockenlegung der Zuidersee. Ein Werk, das drei Generationen fordert!

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werden wir alle nicht mehr erleben. 80 Jahre wird sie mindestens dauern." dauern." Als ich wieder festen Boden unter mir hatte, ließ ich mir erzählen, daß dieses Gelände vor knapp zwei Jahren noch eine Wasserfläche war.

Wochenende Sonnabend! Die Angestellten der Zuidersee Werke besuchen die Stadt, um Einkäufe zu machen. In Gruppen durchziehen sie die Hauptstraße. Die Stadt mutet an, als sei fie nur von Männern bewohnt. Abends fizen sie in dem einzigen Kaffeehaus und im Kino, lachend und schwagend, eine kurze Aus­spannung nach dem schweren Kampf mit Sturm und Wellen, den sie Tag um Tag führen. Im Kino gibt es amerikanische Cowboy­films, die trotz ihrer zweifelhaften Sensationen locken. Um 12 Uhr

Unsere Bilder zeigen die Ar­beiten, die zur Vollendung des Abschlußdeiches aus­geführt werden, der die Nordsee   von der jetzigen Zuidersee trennen soll. Der Damm führt von der Pro­vinz Nordholland   über die Insel Wieringen   nach der Provinz Friesland  .

Der Ozean ist in Aufruhr, Deiche brechen, nie sind die Ge­fahren des Meeres anschaulicher, Entsetzen einflößender, als in den Togen, da die Stürme über die Bogen brausen. Die holländische Stüfte besteht zum großen Teil aus Deichen, die das tiefer als der Meeresspiegel liegende, fruchttragende Land schüßen sollen. Hol­ land   ist zum Teil dem Meere abgerungen und muß immer wieder neu der andrängenden Gewalt der Bogen entriffen werden. Unserem Jahrhundert aber blieb es vorbehalten, an die Verwirklichung eines Blanes heranzugehen, der geradezu fauftisch anmutet: die Trocken­legung der Zuidersee. Holland   braucht Land, Holland   geht aus auf friedliche Eroberung. Schon im 17. Jahrhundert tauchte dort der Plan auf, die für die Schiffahrt unangenehme Zuidersee durch Trodenlegung zu beseitigen. Dieses Jahrhundert, auf so vielen Gebieten die Blütezeit Hollands  , fah bereits in der ersten Hälfte die Trocken­legung der großen Seen in Nord­ holland  , wie die Beemster 1612, die Burmer 1622, die Schermer 1632 usw. Leeghwater, der Mühlen­bauer von De Rijp, gab im Jahre 1641 sein so bekannt gewordenes Haarlemer Meer- Büchlein heraus, worin er die Idee aussprach, diesen damals ungefähr 17 000 hektar großen See mit Hilfe von 160 Windmühlen trođen zu legen. Um 1667 erschien von der Hand von Hendrie Stevin ein Buch Wis­conftich Filosophisch Bedrijf", worin er den Plan entwickelt, wie er es auch ungefähr ausdrückt, die Ge. walt der Nordsee   aus den Bereinigten Niederlan den zu vertreiben, und zwar, indem fämtliche Seemündungen zwischen den Infeln abgedämmt und der alte bis zu den Inseln reichende Seedamm pollständig wiederherge. ftell und mit der friesischen Küste verbunden würde.

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Der auf diese Weise entstan. dene Plan ist seitdem in der Haupt­fache beibehalten. Es wurde mit dem Bau eines Abschlußdeiches be. gonnen, von Nordholland   über Wie ringen nach der friesischen Küfte bei Biaam und dann im abgeschloj­fenen Weg die Eindämmung von ungefähr vier Boldern. Die Umgrengungen dieser Polder wurde| Boltzefftunde. Dazu Tanzverbot. Beide bewirken, daß die Stadt fo gewählt, daß erstens die übriggebliebene Wasserfläche groß ge- mit ihren verschwiegenen Kanälen ruhig und besonnen dem Zeit nug war, für den Abfluß der Visel, zweitens die tiefen Rinnen alter der Technik entgegen geht... M. v. Mühlfeld. außerhalb der Bedeichungen blieben und drittens soviel wie mög­lich fetter Tonboden und so wenig wie möglich Sandboden ein­gepoldert wurde. Begünstigt werden diese Bauten durch eine im Zuidersee gewonnene Lehmmasse, die noch aus der Eiszeit stammen foll und daher wetterfester ist als 3ement. Die Vorteile dieses genialen Planes maren zweifach: Zunächst wurde die bebaubare Oberfläche Hollands   bedeutend vergrößert, auch bemerkt man schon heute die Besserung der Wasserwirtschaft in den Kanälen, in den um den Zuidersee liegenden Gebieten. Dann aber wird das Heer der Arbeitslosen bei den ungeheuren Bauten herangezogen( bis jezt sind in den verschiedenen Werken etwa 40 000 Arbeiter be­schäftigt), dadurch hat die Arbeitslosigkeit beinahe die Ziffer des Portriegsstandes erreicht. Aus allen Teilen des Landes, auch viele Deutsche, Ingenieure und Spezialarbeiter sind durch ihre Tatkraft mit dem gigantischen Wert verbunden.

Medemblick, das neben Wieringen fich jetzt anschickt, eine Großstadt zu werden, ist durch die Sirenen der Baggerschleppboote aus seinem jahrhundertelangen Schlaf geweckt. Große Faschinen­flechtereien arbeiten an den Geweben, die aus Holz und Bast her gestellt werden. Von dort werden die Faschinen mittels Motor­barfaffen zur ersten Gewinnung des Bodens geschleppt. Wie fleine Inseln nehmen sich diese stabilen Holzgeflechte aus, die nun mit Bement und Steinen gefüllt werden, um so den ersten Kampf mit dem nassen Element aufnehmen zu können. Zentimeterweise wird die Erde gewonnen, Schritt um Schritt fämpft diese tausendköpfige Menschenschar mit ihren Ingenieuren, gleich einer großen Armee, gegen die unerbittliche See. Sie haben das beste Ziel, Neuland zu schaffen, vor fich. Das Werk dieser Menschen flößt Achtung ein, benn fie vollbringen eine Tat für die späteren Generationen.

Durch die Freundlichkeit der Direktion der Zuidersee- Werke wurde es der Leitung des Expeditionsschiffes Berlin  " gestattet, Aufnahmen zu machen. Ein Flugzeug entführte mich und als unter uns der Zuidersee lag, verstand ich, daß man diese Trocken­legung erst richtig aus der Bogelperspettive beurteilen kann. Der Abschlußdamm stößt wie ein langer Finger von Wieringen   in die hellen Fluten. In weiten Flächen erkennt man die Anfangsstadien ber Trodenlegung, ber Gürtel ber Untiefen umzäunt helle weiße Flächen, Sandbänke türmen sich um die Bagger, die wie auf dem Rüden liegende Elefanten anmuten; bazwischen wimmeln die Menschen wie Ameisen, Infelgruppen heben sich aus den Baffer fluten, teilweise find fie bewohnt, ftabile Wohnhäuser, Baraden, wischendurch grüne Flächen, ein Zeichen, daß das Neuland der Mutter Erde zurüdgewonnen wurde. Bir überfliegen den Ab­schlußbeich, ber eine Länge von 30 Kilometer bekommen soll. Mein liebenswürdiger Führer erflärte mir: Wenn diese Inselgruppen untereinander verbunden sind, haben wir an der füblichen Ober­fläche 360 000 Seftar, wovon ungefähr 232 000 Sefter trocken ge­legt werden, das heißt, daß Holland   beinahe um 14 Proz. größer werden wird. Auf meine Frage, wie lange sich die endgültige Fertigstellung hinziehen wird, erklärte mir der Ingenieur: Das

See.

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Lageplan zur Trockenlegung der Zuidersee.

Bücher der Technik.

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Dr. Mag Naphtali: Die Kohle und ihre Wandlungen. lag: Ulstein, Berlin  . Band 95 der. Sammlung Wege zum Wissen". 137 Seiten. Zahlreiche Abbildungen im Tert. Preis 85 Pf. Auf kleinem Raum wird erstaunlich viel über die Kohle, ihre Entstehung, ihre Eigenschaften und die Möglichkeiten ihrer Bermer­tung gefagt. Der Leser lernt den Kohlenstoff fennen als den Allerweltförper. Wer nach tem Durcharbeiten dieses Buches ein wird in ihm das Symbol unseres Zeitalters fehen tönnen, deffen unscheinbares, schwarzes aber braunes Stüdchen Kohle betrachtet, Kultur und Technik so innig mit dem Dasein der Kohle per wachsen ist.

Felig Linke: Das Rateten Weltraumschiff, Wanderung zum Mond und anderen Planeten. Berlag: Hamburger Buchdruckerei und Berlagsanstalt Auer u. Co., Hamburg   36. 100 Seiten und viele Abbildungen. Preis geheftet 1,50 m.

Dieses kleine handliche und sehr populär geschriebene Buch unseres Mitarbeiters Felix Linke führt ein in technische Zukunfts­träume. Die Raketenjahrt ist ja in unseren Tagen aftuell ge worden. Sie ist durch die Arbeiten von Oberth  , v. Hoeft, Balier, Opel  , Sander, Goddard, v. Hohmann und anderen zu einer An­gelegenheit geworden, die von der Theorie aus die ersten zag­

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haften Schritte in die Praris hinaus gewagt hat. Wenn auch die Fahrt in den Weltenraum noch lange Zeit hinaus unmöglich fein wird, so ist es immer so gewesen, daß das zukünftige Biel  wenigstens in Bedanken erreicht würde. Linfes Arbeit zeigt, wie weit die theoretische Borbereitung gediehen ift. Er zeigt aber auch, troß seines großen und wahrscheinlich auch berechtigten Op­timismus, die großen Schwierigkeiten der Weltraumfahrt. aktuelles, lesenswertes Buch.

Ein

Licht und Beleuchtung. Lichttechnische Fragen unter Berüc fichtigung der Bedürfnisse der Architektur. Herausgegeben von Wilhelm Loz unter Mitwirkung von E. R. Haberfeld, G. Laue, Ernst May  , Walter Riegler,

H. R. Rose. Berlag: Hermann Reckendorf G. m. b. 5., Berlin  23. 35. 79 Seiten. Zahlreiche Bilder auf Kunstbrudpapier. Preis 5, M. Das Buch erschien zur Berliner   Lichtmache. Es ist dazu bestimmt, die Kenntnis über zweck­mäßige Beleuchtung und zwed mäßige Form der Leuchten zu ver breiten. Diplomingenieur G. Laue erläutert die Grundlagen der Lichttechnit. Er behandelt zu= nächst die Lichtquellen und ihren Nuzeffekt, zeigt, wie Lichtquellen zu beurteilen sind und schildert vor allem, welche praktischen Anforde rungen an eine richtige Beleuch tungsanlage zu stellen sind. Im An schluß hieran zieht er die sich dar­aus ergebenden Schlußfolgerungen, Wilhelm Lo schreibt sehr an ziehend über die formung der Leuchten. Er begründet bie Zier formen früherer Leuchten und tritt dann mit Recht sehr energisch für Die 3medform bei modernen Leuch ten ein. Er befämpft alles Mant­rierte, feden überflüssigen Ballast Die Bilberauswahl am Schluß des Buches zeigt, wie sehr er mit seinen Ansichten auf dem richtigen Wege ift. Ueber Licht und Archi­teftur schreibt Dr. Walter Riegler: Ein wahrer Taumel des Dichtes, dem fein erträumter Glanz aus alten Märchen gleich­| kommt, wird die Großstadt der Zukunft erhellen." In dieser Großstadt wird sich das Bauwerk selbst in den Dienst des Lichtes stellen, während früher ihm das Licht nur bescheidene Dienste zu leisten vermochte. Endlich sind nicht weniger als drei Bei­träge der Werbung durch Licht gewidmet. Stadtbau­rat May( Frankfurt am Main  ) behandelt Städtebau und Lichtreflame, Eugen R. Haberfeld die Lichtwer  bung und ihre Technik und Werbeorganisator Hans Kurt Rose Werbung durch Licht. Entsprechend dem Textteil ist der Bilberteil gestaltet, der allein 79 Seiten einnimmt. Der erste Teil bringt die verschiedensten Leuchten, der zweite Teil ist ber Innenbeleuchtung, der dritte der Reklamebeleuchtung gewidmet, Das Werk ist gerade durch seine Beschränkung auf das Wesentliche zu einer übersichtlichen, einheitlichen Arbeit geworden.

Seine Länge beträgt 30 km. 25 mächtige Schleusen, die der Schiffahrt und unter Ausnutzung von Ebbe und Flut auch der Entwässerung dienen sollen, werden diesen Damm unterbrechen. Der Damm selbst soll auch dem Eisenbahnverkehr dienen.

Hermann Noordung  : Das Problem der Befahrung des Weltenraums der Raketenmotor. Berlag: Richard Karl Schmidt und Co., Berlin   SW. 62. 188 Seiten. 100 zum Teil farbige Ab bildungen.

Diplomingenieur Hermann Noordung   hat fein Wert, das das gleiche Thema wie das von Ingenieur Felig Linke behandelt, wesentlich umfangreicher gestaltet. Er geht auf Einzelprobleme ein, die in dem anderen Wert nur gestreift wurden. Die beigegebenen Bilder sind sehr sauber und anschaulich gezeichnet. Aber das Wesentliche ist, daß auch hier ein Techniker sich für die Lösbarkeit des schwierigen Problems einseßt. Es kommt zunächst gar nicht darauf an, ob die theoretischen Ueberlegungen durch den Versuch bewiesen werden. Die Hauptsache ist, daß diese Dinge überhaupt ernsthaft technisch durchdacht werden, so daß Grundlagen für die Braris entstehen. Alle diese Bücher tragen dazu bei, die Kenntnisse über das schier Unmögliche und Utopische in alle Bollskreise zu tragen und so für das große Werf zu werben. Noordungs Schrift wird dabei in der vordersten Reihe stehen.

Dipl.- Ing. H. Stoh: Die Technik der Weltverpflegung, Verlag Diec u. Co., Stuttgart  . Mit 15 Bildern. Preis geb. 2,50 Mart, geh. 1,80 Mart.

Dieses Buch behandelt in anziehender Weise auf engem Raum

die vielgestaltige und komplizierte Technik der Weltverpflegung, in einer Art, die das Lesen zur Freude macht. Wir sind heute ge­werden. Das ist zur Alltäglichkeit geworden. Wie sehr aber die möhnt, daß uns Nahrungsmittel aus allen Weltteilen geliefert Technik bazu beigetragen hat, dieses große Wunder zu verwirt­lichen, zeigt das Studium dieses Buches. Dipl.- Ing. Stop be handelt die Grundlagen der Weltverpflegung, er geht ein auf die Förder- und Berkehrsmittel, die Kühlung, landwirtschaftliche Ma schinen und schildert das intereffante Gebiet der Berpadungstechnit. Dann erfahren wir näheres über die Behandlung der einzelnen Nahrungsmittel. Schließlich geht der Berfaffer auf die Zukunfts­möglichkeiten der Weltverpflegung ein und rundet so das Bild der gewaltigen Arbeit, die zur Ernährung von Millionen Erdbewohnern nötig iſt.

( Die Bücher find durch die Buchhandlung J. 5. W. Dieß, Ber  lin SW. 68, Lindenstr. 2, zu beziehen.)