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net. Dienstag, 4. Dezember 1928.
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Was weiß die Mutter von ihrem Kind?
Der Einfluß der ,, bürgerlichen" Familie auf die Jugend.
Immer wieder wird die Ansicht ausgesprochen, daß die Familie| Male gerade für die Erziehung der heranwachsenden Jugend unentbehrlich ft. fei. Die Blutsverwandtschaft bedinge eine seelische Nähe, die nicht Serge durch andere Bindungen erzeugt werden könne. Vater und Mutter gewönnen durch ihr inniges Verhältnis zu den Kindern einen Einblick in die jugendliche Seele, wie es niemals einem Fremden mög genlich fei. Go feien also gerade in der Familie die Grundlagen für r. 15 eine erzieherische Beeinflussung gegeben. hefte m Ref
Nun zeigen wieder einmal die Schülerselbstmorde der letzten politi Seit und auch der Verlauf des Husmann- Prozesses, wie wenig mus, diefe Theorien der Wirklichkeit entsprechen. Hätten die jungen Herm Gelbftmörder einen Freund in den Eltern gefunden, der sich in ihre feelische Lage eingefühlt hätte, so wäre es aller Boraussicht nach und nicht zum Freitod der Jugendlichen gekommen. Der Vater Daubes nit muß im Husmann- Brozeß befennen, daß ihm der Sohn fast ganz fern stand. Wenn er etwas über dessen Innenleben erfahren wollte, mußte er sich an seine Frau wenden. Die Mutter glaubte, dem Sohne recht nahe zu stehen. Sie wurde durch die GerichtsSule verhandlung eines anderen belehrt. Die Offenherzigkeit des Sohnes hatte ihre Grenzen, und diese Grenzen fingen anscheinend an, wo das eigentliche Leben begann, z. B. bei der Liebe.
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Man schließt die Augen vor der Wirklichkeit.
Die Mutter mollte, wie es so häufig Mütter hun, den neunzehnjährigen Sohn von Liebesbeziehungen zurückhalten. Bußte sie nicht, daß bei einem normal veranlagten jungen Menschen das Bedürfnis nach Freundschaft und Liebe so start ist, daß seine Befriedigung naturnotwendig ist? Damit soll nicht gefagt fein, daß dieje Beziehungen immer ferueller Ratur sein müssen. Anzüge Es gibt Menschen, die, besonders in der späten Bubertät, Beprigludung darin finden, menn sie mit einem geliebten Menschen ge meinsam nach Vollendung ihres Lebens streben können. 4.11 Tradition und Umwelt spielen bei der erotischen Entwicklung des jungen Menschen eine Rolle. Reinesfalls ist aber immer die Kin Großstadtjugend frühreif; gerade auf dem Lande setzen die jeguellen Beziehungen in vielen Fällen schon nach der Einsegnung Tein,
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Bibeltränzchen? Die dort vermittelten Scheinwerte haben Husmanns Triebleben, obgleich er, wie es scheint, zu religiöser Schwärmerei neigte, faum beeinflußt.
Es fehlten also dieser armen höheren Schuljugend in dieser Kleinstadt Menschen, die kraft ihres Daseins die Jugend beeinflussen tonnten. So sieht man beinahe teine Möglichkeit der Befferung für das Leben dieser Jugend. Jedenfalls müssen die„ bürgerliche Familie und die Schule, wenn sie selbst die Leitung der Jugend Familie und die Schule, wenn sie selbst die Leitung der Jugend nicht übernehmen können, auf die Beeinflussung der jugendlichen Lebensgeftaltung verzichten. Sie werden fie an die von der Jugend Lebensgestaltung verzichten. Sie werden sie an die von der Jugend felbft gewählten Erziehungsmächte, wie sie sich in der Kameradschaft, Freundschaft und sonst im Gruppenleben der Jugend verwirklichen, abgeben müssen. Fast möchte man den Rat geben: Nehmt diese jungen Menschen wenigstens von der Schulbant herunter, schickt sie jungen Menschen wenigstens von der Schulbant herunter, schickt sie ins Leben hinaus! Dann werden sie noch leichter den Weg finden als in der bürgerlichen" Familie, in der lebensfremden Schule und im Bibelkränzchen. Else Hildebrandt.
RUNDFUNK
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Dienstag, 4. Dezember...
16.00 Stunde mit Büchern.
ABEND
16,30 London , Liebe zu einer Stadt" von Wolf Zucker. Gelesen vom Autor. 17.00 Unterhaltungsmusik des Capitol- Orchesters Schmidt- Boelcke. 19.00 Rechtsanwalt Dr. Dr. Prey: Recht ist Kampi, alte und neue Prozesse. 19.30 Hans- Bredow- Schule, Geographie. Prof. Dr. Georg Wegener: Die Polarforschung. III.: Die Franklinsuche.
20.00 Abendunterhaltung. Mitwirkende: Dolly Lorenz, Dr. Erich Fortner. Max Kuttner
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21.00 Flöten- Konzert. 1. Job. Seb. Bach: Sonate Es- Dur Nr. 2 für Flöte und Klavier: Allegro moderato Siciliano Allegro( Prof. Emil Prill und Waldemar v. Vultée). 2. Joh. Seb. Bach: Betörte Welt" Arie aus der Kantate Nr. 94 für eine Altstimme mit obl. Flöte( Alice Weiß und Prof. Emil Prill : am Flügel: Waldemar v.. Vultée). 3. Rob. Heraried: Stite für Flöte and. Klavier, op. 34a: Capriccio Lied der Sehnsucht Tanzstück Traurige Weise( Prof. Emil Prill und der Komponist). Am Mikrophon: Hugo Kubsch.
21.30 Der Journalist spricht
-
Ueber alle diese Brobleme scheinen viele„ bürgerlichen Mütter überhaupt nicht unterrichtet zu sein. Man glaubt häufig in dieser Anschließend: Presseumschau des Drahtlosen Dienstes.
Ken gutbürgerlichen" Welt, wenn man die Augen vor der Wirklichkeit
16.
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Königswusterhauses.
Der Abend
Spalausgabe des Vorwäre
„ Stock" disziplin.
Eigenartige Zustände bei der Sowjet- Polizei.
Eigentlich hätte man body glauben sollen, daß, wenn irgendwo, so in Sowjetrußland unter den Polizeibeamten eine freiwillige Disziplin herrscht, und daß hier die unteren Schupoleute von ihrem Borgesezten als Kameraden behandelt werden. Aus einer der legten Rummern der Jsmestia" erfährt man aber das dirette Gegenteil. Es wird da bittere Klage geführt, daß bei der Polizei, insbesondere innerhalb der Mostauischen, eine„ Stod" disziplin herrscht, zu deutsch gesagt, so etwas wie ein Prügelfnftem. So gibt es in dem 36. Polizeirevier einen Leiter, den Genossen Melanitschem, der im Laufe von sieben Monaten 107 Schupoleute 500 Arreststrafen zubittiert hat. Als eines der Somjetblätter dagegen Front machte, erhob der Leiter der gesamten Moskauer Polizei, Lobanoff, gegen diese Stellungnahme des Blattes Einspruch. Und als dieses und die Gewerkschaft die Enthebung des arrestfreundlichen Revierleiters von seinem Poften forderte, erflärte Lobanoff, daß Malanitiches Er siehungssystem den Grundfäßen der Arbeiter. und Bauernmiliz in jeder Hinsicht entspreche. Das Beschwerdebureau der Moskauer Arbeiter und Bauerninfpeftion nahm in schärffter Form gegen Malanitschem Stellung Labanoff legte aber gegen das Beschwerdebureau Beschwerde bei dem Kollegium der Arbeiter und Bauerninspektion ein. Lobanoffs Grundsäge unterscheiden sich nämlich in nichts von denjenigen seines Borgefeßten: fein Etat für die Gefangenenhaltung seiner Schupo leute auf den Bolizeimachen beträgt jährlich 80 000 m.
Es wäre aber ein Irrtum zu glauben, Jagt die Ismestia", daß etwa die Brattiken der Borgesezten in bezug auf ihre Untergebenen innerhalb der Polizei nur in Moskau berartige Blüten zeitigen. Auf einer Konferenz erzählte vor kurzem einer der Delegierten, daß der Polizeileiter einer der größten Industriebezirke feinen Schupobeamten einfach erklärt habe: Cure Bewertschaft ist zu nichts nube, Ich stelle die Leute ohne Ge werffchaft an und merje sie ohne Gemertfchaft raus." Und wie er's fagt, fo tut er's auch. Als ein. Schupobeamter Reisespesen verlangte, wurde er furzerhand aus dem Dienst entlassen und ohne Recht auf Wiedereintritt. Im Beningrader Bezirk murde ein Bolizeibeamter entlassen, weil er auf einer Bersammlung der Polizeibeamten über die niedrige Entlohnung sprach. In dem Entlaffungsbeschluß hieß es: er habe sich erdreistet, bei den Polizeibeamten die Vorstellung zu erweden, daß sie eine zu nie= brige Entlohnung erhalten.
3u all dem bemerkt die Ismestia" melancholisch: menn man den Bolizeibeamten megen ber Kritik perfolgt, die er übt, jo mirb er selbstverständlich auch den Bürger verfolgen, der Kritif übt. Und ftedt man die Polizeibeamten wegen jeder Richtigkeit in Haft, fo wird selbstrebend auch der Polizeibeamte den Bürger megen jeder Kleinigkeit verhaften. Es sei bereits manches geschehen, um die Lebensbedingungen der Polizeibeamten zu verbessern, nichts fet
verschließt, set sie nicht vorhanden. Wie fönnte sonst eine Mutter berfuchen, ihren Sohn von der Liebe zu einem förperlich und geistig 16.00 Dr. Karl Privat: Die pädagogische Provinz in der deutschen Dichtung aber gefchehen, um die Erziehungsmethoden inner
gut entwickelten Mädchen zurückzuhalten? Müßte sie sich nicht viel 3.50 mehr wohl befinden bei dem Gedanken, daß ihr Sohn ein solches Mädchen gefunden hat? Bird nicht gerade durch eine glückliche Beziehung zu dem anderen Geschlecht die Gefahr behoben, daß die r 1.25 Segualität zum eigenen Geschlecht abgedrängt wird, eine Gefahr, die häufig nicht aus einer Beranlagung heraus entsteht, sondern meil die Befriedigung des normalen Trieblebens zu sehr erschwert & wurde.
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Die Zuneigung zum eignen Geschlecht.
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Die Mütter wissen vielfach nichts von seelischen Konflikten, nichts von homofeguellen Beziehungen unter der Jugend. Direttor einer höheren Knabenschule in Norddeutschland, der in mirklich freundschaftlichen Beziehungen zu seinen Jungen steht, äußerte vor einiger Zeit seine Erfahrungen:„ Auf dem feruellen Gebiet gibt es für meine Oberprimaner nur ein Problem der Homosexualität." Etmas Aehnliches bekannte ein Student, der ein Gymnasium im Berliner Besten besucht hatte. Allerdings darf man diese Aeußerungen nicht verallgemeinern. So erzählt ein Führe in der Jugendbewegung, der heute Mitte der 3wanzig ist, Daß er von feruellen Beziehungen zum eigenen Geschlecht erst lange nach Absolvierung der Schule gehört habe.
Die schmärmerische Zuneigung zum eigenen Geschlecht gehört febody im bestimmten Lebensalter, besonders in der Bubertät, durch. jedoch aus noch zur normalen Lebensäußerung. Deshalb find auch Eiferjuchtsausbrüche auf der Grundlage dieser Liebe durchaus nicht ungewöhnlich und widersprechen nicht einem normalen Triebleben, Allerdings schämt man sich jetzt vielfach in der Jugend dieser Gefühle aus einem anderen Grunde. Man hält den Beweggrund da zu, nämlich das Streben, die geiebte Person ganz für sich zu befihen, mit der Freiheit der Persönlichkeit nicht vereinbar.
leber alle diese Beziehungen sollten doch gerade die Eltern erwachsener Rinder nachdenken. Wäre die. Klarheit darüber nicht die Grundlage dafür, daß sie das Bertrouen ihrer Kinder ge wönnen? In der guten, alten bürgerlichen" Familie glaubt man jedoch im allgemeinen, genug getan zu haben, wenn man der Jugend Hemmungen sette. Nicht auf die Hemmungen tommt es aber an, sondern darauf, der Jugend Bege zu zeigen, Richtungen zu weisen; diese dürfen aber nicht im Gegensatz zu ihrer natürlichen Entwicklung stehen, sondern müssen der Jugend die Möglichkeit zur Entfaltung ihrer Kräfte geben. Eltern, die das vermögen, müssen Don Borurteilen sein, in freudigem Schaffen sich auswirken, Don Liebe erfüllt und Liebe ausströmend.
Schickt die Jugend ins Leben hinaus!
Auf die Einheitlichteit bes Lebens tommt es an. Nur von der Ganzheit des Lebens aus tann ich bas Bild eines Menschen formen. Diese Anschauung müßte die Eltern bei ihrer Erziehung leiten. Bas liegt daran, ob der Junge einmal einen anderen berb verprügelt hat, ob er einmal gelogen hat, ob er höf lich oder unhöflich ist. Wichtig ist vielmehr, welche Bedeutung diese pielen Einzelheiten für das Wesen des Menschen befizen. Aber bas mird nicht durch Summierung der Teile erschlossen, besonders mcht bei einem Menschen in der Bubertät. dessen Leben an und für sich widerspruchsvoll ist, da er den Sinn des Lebens erst allmählich finden fann.
Die Eltern sind also häufig nicht imftanbe, ben jungen Menschen bie Richtung ihres Lebens zu weisen. Wer tann diese Führerrolle übernehmen? Wer hat sie in Blabbed unternommen? Etma das
von Herder bis Llanhard( I.).
16:30 Uebertragung des Nachmittagskonzertes Leipzig .
17230 Georg Förster: Philosophisch- geisteswissenschaftliche Bücherstande. 18.00 Dichterstunde: Max Brod .
18.30 Lektor Claude Grander, Gertrud van Eyseren: Französisch für Anfänger. 18.55 Dr. Elias Hurwicz : Die russische Welt( IV.). 19.20 Priv.- Dozent Dr. Paul Günther: Gay Lussac zum 150. Todestag. Ab 20.00 Uebertragung von Berlin . 22.4523.15 Bildiunkversuche.
halb der Polizeibeamten auf eine höhere Stufe zu brin gen, um die Stocdisziplin" zu beseitigen. Im elften Jahre der Sowjetregierung wäre das schon an der Zeit.
Also so sieht es bei der Somjetpolizei aus. Es märe gut, mennt die Rote Fahne" sich ein menig hierum fümmerte. Man stelle sich nur vor, welche Gefahr es bedeuten würde, wenn das Somjet beispiel in Deutschland Nachahmung finde und ähnliche Verhältnisse bei der deutschen Polizei Fuß faßten.
Die autoritätslose Schule.
Wer sich eines Lehrers aus seinen Snobenjahren erinnert, der gar tein Lehrer mar, sondern ein hartgefottener, autoritätswilder Raufer, und wer an dieser schwarzen Jugenderinnerung, sofern fie Raufer, und wer an dieser schwarzen Jugenderinnering, fofern fie noch lebt, eine nachträgliche Rache zu nehmen begehrt, der locke: fie mir List oder entführe sie mit Gewalt in die Aufbauschule am Raiser Friedrich Gymnasium zu Neukölln, die unter Leitung des Rektors Karsen steht und den Geist päda gogischer Reuorientierung wohl am intensivsten und wagnis freudigsten unter allen städtischen und staatlichen Schulen Deutsch lands pflegt. Es stößt für Interessenten praktisch auf teinerlei Schwierigkeiten, am Unterricht teilzunehmen. Zu gewissen Zeiten find in gewissen Klassen mehr Hospitanten als Schüler vorzufinden und das Bild, das sich diesen Hospitanten bietet, ist neuartig genug. Schon äußerlich ist hier Wesentliches anders als in den normalen Schulen. Das Ratheder, finnfälliges Wahrzeichen eines Distanzierungebestrebens des Unterrichtenden, ist abgeschafft. Auch die meifigigen Klassenbanke find verschwunden. Die Schüler fizen an Tischen, die manhmal in Hufeisen und manchmal in Rechteckform aufgestellt sind, und der Lehrer sitzt mitten unter ihnen und ist, vor allem in den oberen Klassen, aus der Schar der Lernenden gar nicht so leicht herauszufinden. Die Leitung des Unterrichts hat nicht er, sondern ein von der Klaffe gemählter Wortführer inne, der, ganz nach parlamentarischem Brauch, seinen Mitschülern und auch dem Lehrer in der Reihenfolge der Meldungen das Wort erteilt. Der Lehrer ist keine Respettsperson mehr, fein Souverän: er ist fachlicher Berater. Während des Unterrichts zu sprechen ist hier feine mit Strafarbeiten zu ahndende Todsünde mehr wie zu unserer eigenen Schulzeit: es ist durchaus erlaubt, und in den unteren Klassen wird von dieser Erlaubnis auch ein reichlicher, wenn auch fein übertriebener Gebrauch gemacht.
Eines fällt unter allen Umständen vorteilhaft auf? Die Schüler bringen dem Lehrer teine Spur jener verhaltenen Feindselig. teit entgegen, durch die häufig in der Autoritätsschule das Ber. hältnis von Lernenden zu Unterrichtenden bestimmt ist. Niemand tommt hier auf die Idee, hinter dem Rüden des Lehrers Fragen zu schneiden oder ihm haßvolle Spignamen anzuhängen. Der Lehrer ist Kamerad, ein Erster unter Gleichen, und zumeilen spricht man ihn mit dem vertraulichen Du an. Ertemporalia gibt es nicht. In der Regel merben, etma für die Deutsch - und Geographie stunden, am Anfang des Halbjahres bestimmte Themen an die Schüler verteilt, die dann ein Referat darüber ausarbeiten, das zur Debatte gestellt wird. In manchen Klassen existiert eine Band zeitung. Sie hat ihren Rebatteur und vornehmlich werben attuelle politische Probleme auf ihr abgehandelt, nicht immer, mie das nicht anbers fein fann, mit viel Biffen und Sachverständnis, aber immer
mit dem schönen und eifrigen Ernst junger Menschen, denen eine Unterhaltung etwa über den Panzerfreuzer stärkeres Herzensbedürf nis als die Klärung von Toilettefragen ist.
In einigen Klassen werden Jungen und Mädchen gemeinsam unterrichtet. Es bedeutet zweifellos ein gewiffes Experiment, die beiden Geschlechter im Stadium ihrer Pubertät dauernd in enge räumliche Berührung miteinander zu bringen, aber bislang sind noch keinerlei bedenkliche Erfahrungen mit der koedukation gemacht worden, als deren Voraussetzung allerdings wohl geradezu eine so freie und unautoritäre Unterrichtsform bezeichnet werden muß, wie sie hier herrsch: denn die Komplete, die unter einem System der Bestrafungen und der Appelle an den Ehrgeiz fich ein ftellen würden, find faum auszudenken..
Es existiert so etwas wie ein Beschwerdebuch für Schüler. Ber etwas auf dem Herzen hat, fann es hier von sich geben. Jeder fann es nachschlagen. Die O II a ftellt den Antrag, bei so schlechtem Wetter, wie es vor einigen Tagen geherrscht habe, den Schulhof, pi fchließen. Die U 11b ftellt fest, daß es mit der Toilette ,, bald nicht mehr zum Aushalten" sei. Die O I tonunt ironisch. Sie beantragt, fünftig nur Jünglingen Eintragungen machen zu lassen, die mit der deutschen Grammatif vertraut sind". Die 3ensuren werden halbjährlich, aber nur inoffiziell verteilt. Es wird fein feierliches Formular darüber ausgefüllt. Der Lehrer verliest fie und man fann fte sich aufnotieren. Auch ein Sigen bleiben gibt es im eigent lichen Sinne nicht. Dafür müssen die Eltern sich aber bei der( übrigens nicht nom Bestehen einer Aufnahmeprüfung abhängig gemachten) Ueberweisung ihrer Kinder an die Schule bindend verpflichten, fie mieder fortzunehmen, wenn nach Auffassung des Lehrerfollegiums ihre Fortschritte ungenügend find.
Gemiß nicht das einzige, aber doch ein wichtiges Kriterium der Tauglichteit dieses Systems ist der Ausfall der von der obersten Schulbehörde abgenommenen Abschlußprüfung. Bergangene Oftern haben erstmalig, nach sechsjährigem Bestehen der Schule, Oberprimaner die Anstalt verlassen, und die Leitung kann darauf verweisen, daß alle 28 Abiturienten ihr Examen bestanden haben. In manchem scheut eine gewiffe Reserve am Plaze. Es ist beispielsweise denn doch fraglich, ob, wie ich das erlebte, die Geschichtsftunbe einer Untertertia ausschließlich mit der Erörterung politischer Tagesfragen ausgefüllt werden soll. Aber das find Nebensächlichkeiten und gewiß sind die Selbsterziehungs- und Rameradschaftsideale, die für die Aufbauschule am Kaiser- FriedrichGyninafuum verbindlich sind, geeigneter, den neuen, freieren, natürlicheren, norausfegungsloseren Menschentyp heranzubilden, auf den es uns antommt, als die auf Kadaverdisziplin und Baukerautorität abgestimmten Schulmethoden.
Hans Bauer.