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über ganz Venezuela verzweigten Filialen einerseits, durch die Kredit- Fundirung andererseits, das Handelszentrum Venezuela's in Europa . Ein grobes amerikanisches Hand- lungshans mit einer Anzahl Filialen in Venezuela be- herrscht in Caracas den Handel mit Amerika , während es im übrigen wieder fast ausschließlich deutsche und venezolanische Firmen sind, welche den Handel zwischen Venezuela und Amerika vermitteln�jSine Konkurrenz zwischen Engländern und Amerikanern exislirt ürfthaupt nicht in Caracas ." J** Jr* ß Deutsches Reich . ß- Ueber die Prügelstrafe in Gefängnissen und (»erin Zwangsanstalte» hat sich ein Fachmann, Geheimrath Strohn e folgendermaßen ausgesprochen: ~In Kulturländern, wo e l b st die Thiers gegen Mißhandlung unter strafrechtlichen Schutz gestellt find, und jeder, der seinen Hund oder sein Pferd in der Weise behan- dein wollte, wie es diese Disziplinar- strafe zuläßt, eine Anklage wegen Thier» quälerei gewärtigen müßte, wo Strafe und Straf- Vollzug auf sittliche Grundlage gestellt und die Strafvollzugs- einrichtungen dementsprechend gestattet sind, hat die Prügel st rase eineBerechtigung nicht... Der Zweck der körperlichen Züchtigung soll sein, in hohem Grade abschreckend zu wirken, schon durch die Möglichkeit, ihrer Verhängung von schwerer Auflehnung gegen die Ordnung des Hauses ab- zuhalten und den Widerstand gewaltsamer, ganz besonders«roher Verbrechernaturen" gewallsam zu brechen. Dazu bedarf es der Prügelstrafe nicht. Eine wohlgeordnet« Disziplin, wachsame, tüchtige, kräftige Aussichtsbeamte, die entschlossen und befugt sind, jede gewaltsame Auflehnung mit Gewalt wenn es sein muß mit der Waffe niederzuwerfen, in Verbindung mit den übrigen Disziplinarstrafen reichen dazu vollständig aus. Es ist ei» vollständiges Verkennen derrohen Verbrechernaturen", »renn man glaubt, daß die Aussicht auf eine intensive körper« liche Strafe sie von einem Ausbruch ihrer Bosheit oder Leiden- schaft abhalten würde. Sie haben gewöhnlich in ihrem Leben vo» Kindheit auf schon so viel Prügel bekommen, haben sich in Raushändeln Köpfe und Gliedmaßen dermaßen zerschlagen lassen, daß die Furcht vor einer neuen Tracht Prügel, und wäre sie auch mit blutigen Striemen verbunden, sie nicht abhält oder ihren bösen Willen bricht. Im Zaume hält sie nicht die Furcht vor der nachfolgenden Strafe, sondern die Aussichtslosigkeit jeder Auflehnung. Hat die Auflehnung doch statt- gefunden, so wird der böse Wille nicht gebrochen durch die rasch vorübergehende Tracht Prügel, sondern, durch die einsame Ein- sperrung... Das Alleinsei» mit sich selbst und die ohnmächtige Wuth, niemanden zu haben, an dem der giftige Zorn aus- gelaffen werden kann, auch nicht einmal init Worten, das voll- ständige Nichtbeachtetwerden, das Hinbrüten Tage und Rächte lang, das sind seelische Schmerzen, unter denen gerade die rohesten Naturen am ehesten zusammenbrechen." Geheimrath Krahne schildert dann die Ausführung der Prügel- strafe:Der letzte Funken Ehrgefühl ist heraus- und grimmiger Haß hineingeprügelt. Und die Wirkung auf die Beamten! Auf die Zuschauenden ein unglaublicher Ekel, auf den Hauenden ein Gefühl unwilligen Zornes, daß er dazu verdammt ist, mit kaltem Blute auf das wehrlos vor ihm liegende Menschenkind los zu schlagen. Wird er öfter dazu kommandirt, so sinkt er in der Achtung seiner Kameraden, verroht und verkommt." Ein Renommir-Antisemit. Der Reichstags-> Abgeordnete B i e l h a b e n suchte sich im Reichstage, als bei Gelegenheit der Etatsberathung auch die Thätigkeit der Ham- burger Sozialdemokraten zur Cholerazeit zur Sprache kam, als den muthigen Mann hinzustellen, der während der Unglückszeil mitten im Kampfe mit dem Bazillus gestanden hat. Er rühmte namentlich, verhindert zu haben, daß die im ganzen Reiche ge- sammelten Nothstandsgelder bei der Vertheilung in unrechte Arbeilerhände gcriethen. Jetzt erhält dasHamburger Echo" eine Zuschrift, nach der Herr Bielhabcn einer der ersten war, die vor dem Kommabazillus Reißaus nahmen und Hamburg den Rücken kehrten. Er flüchtete sich mit seiner Familie nach Bremerhaven , wo er unter ärztliche Beobachtung gestellt werden mußte. DieDeutsche Tageszeitung" will es nicht einsehen, daß Vereine der Großgrundbesitzer thatsächlich politische Vereine sind. Aber ist denn irgend etwas heute mehr politischer als das Eintreten für den Antrag Kanitz? Daß wir nicht allein dieser Ansicht sind, dafür liefert den Beweis folgende Notiz, die wir derFreis. Ztg." entnehmen: In derDeutschen Tageeztg." lesen wir, daß inMettmann kürzlich eine Versammlung der Vorstände von fünf landwirth- schastlichen Kasinos stattfand, in welcher eine Resolution für den Aulrag Kanitz angenommen wurde zur Uebersendung an den Vor- stand der Lokalabtheilung und an den Zentralvorstand des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Hier wird also in einem landwirthschaftlichen Verein Politik getrieben, ohne daß die Versammlung vorher polizeilich angemeldet ist. Zugleich liegt hier der Fall vor, wo eine Verbindung mehrerer Vereinigungen zu politischen Zwecke» erfolgt. Wenn gleiches Recht für alle gilt, so müßte hier ebenso strafrechtlich eingeschritten werden, wie jüngst gegenüber den sozialdemokratischen Vereinigungen in Berlin. " Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist nach Wie» gereist, wo er niit den üblichen Preß- Glückwünschen für das Bündniß zwischen Deutschland und Oesterreich empfangen wird. Eine Wiedergabe dieser Kannegießereien können wir uns und unfern Lesern sparen. Alte Herren" als Jnstruktoren über soziale Fragen. Aus Leipzig kommt die sonderbare Nachricht, es habe die Vereinigung alter Burschenschafter, welche un- längst in Leipzig tagte, den Beschluß gefaßt, den aktiven Burschen- schafternüber die unsere Zeit beivegenden sozialen Fragen, mit denen sie sich im späteren Leben so ernst zu beschäftigen haben würden", durch alte Herren Vorträge halten zu lassen. Das ist auch ein Zeichen der Zeit. Allzuviel Verständniß fürsoziale Fragen" werden die aktiven Burschenschafter wohl nicht aus den Vorträgen ihrerallen Herren" gewinnen. Das wird wohl alles im schneidigsten Stumm- Stile hergeschnarrt werden. Aber auch das ist ein Erfolg der Sozialdemokratie, daß man das ängstliche Bedürfniß empfindet, schon die Füchse scharf zu machen" zur Bekämpfung des Umsturzes. I n E s s e n ist derAllg. Beobachter" am Sonnabend, den 14. Dezember, konsiszirt worden. Anlaß zu dieser Maßnahme der Essener Staatsanwallschaft bot ein Artikel desAllg. Beob.", geschrieben von Herrn Schmidt-Duisburg, eine ehemaliger Gewerke. Schmidt hat in einer Artikelserie sehr bekannte Grubenbesitzer de? Ruhrreviers der schwersten Verbrechen geziehen. Er behauptet, die Herren Funke. Grillo, Waldhausen, Liebrecht u. a. m. hätten ihn durch allerhand geschäftliche Betrügereien um sein ganzes Vermögen gebracht. Meineid, Diebstahl, Fälschung, alles ivirft Schmidt in den ersten 4 Artikel» desAllg. Beob." seinen srüheren Geschäftsfreuden vor. Diese Artikel wurden nicht beanstandet, die Blätter nicht konsiszirt. Im fünften Artikel greift Schmidt die Staats» n wallschaft an und»un erfolgte die Beschlagnahme. Hiermit ist die Sache aber nicht abgeschloffen, sondern es steht inis ein Sensations- prozeß ersten Ranges bevor, in dem die berufensten Vertreter von Besitz und Bildung im Ruhrrevier als handelnd» Personen auftreten. Vielleicht erfährt die Welt dann noch manches, was dem gutgesinnten Bürgerthum nicht angenehm ist. Ein Wachtposten ist kürzlich von zwei Mar- burger Studenten, wie diePöss. Ztg." berichtet, ohne Beranlaffung beschimpft worden. AlZ der Posten, der Jäger Gläser, auf sie zuging und sie verhaften wollte, habe der eine Student mit dem Stock ans den Posten eingeschlagen, während der andere einen Revolver hervorzog, mit dem er den Jäger nieder- zuschießen drohte, wenn er sich nicht in fein Schilderhaus zurückbegebe. Der Posten habe darauf den einen Studenten gepackt und niedergeschlagen, während der andere Student, der angetrunken war, durch einen Revolver- schuß den Soldaten verwundet und dann die Flucht ergriffen habe. Der Jäger Glaser konnte sich noch bis ins Schilderhaus schleppen, wurde von der Ablösung der Wache blutend vorgefunden und dann gleich ins Lazareth getragen, wo er sich jetzt in ärztlicher Behandlung befindet. Oesterreich. DiePolitikdes GrafenBadeni scheint in der Prager Landstube einer sehr schweren Niederlage entgegen zu gehen. Der polnische Ministerpräsident war dem Jungczechen so sehr entgegengekommen, er zeigte sich ihnen so sehr von der liebenswürdigsten Seite, daß man aus seinem Benehmen auf ge- Heime Abmachungen mit den Jungczechen, ja auf ihren Eintritt in die Regierungspartei schließen mußte. Nun aber der Landtag zusammengetreten ist, zeigt sich, daß alle Liebes Müh umsonst war. Die Jungczechen unterbrachen die Eröffnungsrede des ihnen und anderen Leuten mit Recht verhaßten Statthalters Thun in stürmischer Weise und verließen prolestirend den Saal. Damit hat die Politik des Grafen Badem«inen schweren Schlag erfahren. Es bleiben ihm nur zwei Wege übrig, entweder dem Wunsche der Jungczechen zu entsprechen und den Grafen Thun abzuberufen oder zur feindlichen Stellung des Koalitions- kabinets gegen die Jungczechen zurückzukehren. In jedem der beiden Fälle würde der polnische Gras keine Lorbeeren ernten. Ueber den Inhalt der W a h Ire f o rm-V o r- läge, welche dem Reichsrathe nach seinem Wiederzusammentritte vorgelegt werden soll, weiß ein jungczechisches Blatt zu berichten, daß dieselbe eine Vermehrung der Abgeordneten um zweiund- siebzig enthalten werde. Den Landtagen soll es anheimgestellt werden, zu entscheiden, ob in dem betreffenden Kronlande die Wahlen in der süuften Kurie direkt oder indirekt vor sich gehen iverden, doch wird für Wien und Prag die Vorlage selbst die direkte Wahl unter allen Umständen vorschreiben. Wien , LS. Dezember. Die Landtage von Nieder-Oesterreich. Steiermark , Krain , Mähren , Schlesien , Görz und Gradisca sind in üblicher Weise eröffnet worden. Die Wiener Arbeiter und die Gemeinde- r a t h s w a h l e n. Die Resolution, welche die elf Wiener Volks- versanunlunge» über die bevorstehenden Gemeinderathswahlen gesaßt haben, lautet: Angesichts der neuerlich bevorstehenden Gemeinderathswahlen protestirt die Arbeiterschaft von Wien dagegen, daß mehr als zwei Drittel der Bevölkerung rechtlos sind in derGemeinde, wie sie es im Staate sind. Der zu wählende Gemeinderalh kann nichts anderes sein als die Vertretung einer privilegirten Minorität und wird wie bisher die Gemeindeverwaltung ausschließlich im Interesse der Besitzenden führen. Die Wiener Arbeiterschaft hat mit Genugthuung die endgiltige und unwiderrufliche Be- seitignng des liberalen Gemeinde- Regi­ni e n t s, der Willkürherrschast einer kleinen Klique ge- sehen, aber sie protestirt mit Entschiedenheit dagegen, daß die größere antisemitische Klique, die nun definitiv ans Ruder gelangt ist, sich alsVolk von Wien " aufspiel», ivozu ihr jede Berechtigung mangelt. Das wirkliche Volk von Wien , die Ausgebeuteten aller Art und jeden Grades, wird die kommenden Gemeinderaths-Wahlen dazu ausnützen, uni laut und deutlich sein Recht zu ver- langen. Die Arbeiter wollen in der Gemeinde, deren Lasten sie zu tragen haben und deren Größe ihr Werk ist, als heimaths- berechtigte Vollbürger den ihnen gebührenden Antheil an der Verwaltung durch Beseitigung der Wahllörper und Gewährung des Wahlrechtes für jeden in Wien wohnenden Inländer. Sie verlangen, daß die Gemeinde für eine gerechte und vernünftige Reform des Hei mathsgesetzes eintrete; daß die G e w e r b e p o l i z e i. die Gefundheils- und Wohnungspolizei der Kommune im Interesse der Gesamnithett gründ- lich umgestaltet werde, daß für die Darbietung von billigen und unverfälschten Nahrungsmitteln gesorgt, daß ins­besondere bei Brot und Fleisch der Wucher ausgeschlossen werde. Die Arbeiterschaft verlangt, daß die Kommune die Wiener Bevölkerung als Konsumenten schütze, daß sie aber auch, wo sie Arbeiter direkt oder indirekt als Produzenten be- schästigt, ihnen anständigen Lohn und ver- »ünftige Arbeitsbedingungen sichere. Wir ver- langen weiter die Entlastung der arbeitenden Bevölkerung durch Beseitigung der Verzehrungsstenern auf die unentbehrlichen Lebensmittel und durch Aufhebung der Gemeindezuschläge zur Hauszins st euer und der Zinskreuzer für dre kleinen Woh- n u n g e n. Die Bedürfniffe der Gemeinde sind durch ein« progressive Einkommen- und Vermögenssteuer zu decken. Angesichts der Nichtbestätigung eines vom Gemeinde- ralhe gewählten Bürgenneislers fordern wir vor allem: Er- Weiterung der Gemeinde-Autonomie nach der Richtung, daß alle gesetzlichen Bestimmungen aufgehoben >» erden, die die Giltigkeit der Wahl der Gemeindefunktionäre einschränken und von der kaiserlichen Bestätigung und dem Wohlwollen der Regierung ab­hängig niachen. Die Arbeiterschaft Wiens protestirt euer- gisch gegen die Verschleppung der Wahlreform und wird auch anläßlich der Gemeinderathswahlen ihre Forde- rung nach dem allgemeine», gleichen und direkten Wahlrecht er- heben, nach der Beseitigung zedes Wahlnnrcchts in Reich, Land und Gemeinde. Frankreich . Der Etat wurde nie so schnell durchberathen wie diesmal unter dem radikalen Kabinet Bourgeois. Die Kon« servativen und Opportnnisten im Senat, die über diesen und die anderen Erfolge des Kabinets Bourgeois erbittert sind, haben durch Ablehnung und Aenderung einiger Etatsposten die Er- ledigung des Etats verzögert, derselbe muß deshalb der Depu- tirtenkammer nochmals vorgelegt werden. Paris , 27. Dezember. In der Budgetkommission sprachen heute der Kriegsminiiter, der Kolonialminister und der Finanz- minister über die Nachtragskredite von 17 Millionen Franks für die Madagaskarexpedition und die Ausgaben für die Okkupation bis zum 30. Juni 1896. Die Kommission beschloß, die Kredite zu bewilligen, jedoch nur für die Zeit bis zum 30. April 1896. Die Minister des Krieges, der Kolonien und der Finanzen er- klärten im parlamentarischen Ausschuß, daß auf Madagaskar demnächst französische Gerichtshöfe eingeführt werden sollen. Der Panama -Sumpf treibt imnier neue Blasen. Das Pariser BlattFrance " begann gestern mit der Vcröffent- lichung der Liste der 104 Panama- Cheque- Empfänger und er- bietet sich, eventuell vor Gericht den Beweis der Echtheit zu er- bringen. Die Liste weist hauptsächlich die Namen von Radikalen, so von Floquet, Boissy d'Anglas, Tony Rövillon, Maret. Camille Dreyfus, Anlide Boyer und andere auf; dieselbe ent- stammt angeblich einer Aufzeichnung von Cornelius Herz, wird aber vielfach für apokryph angesehen. Die in der Liste nanihaft gemachten Deputirten gedachten zuerst, die Angelegenheit von der Tribüne der Kammer aus zur Sprache zu bringen, standen aber davon ab und beschlossen, gegen daS Blatt die Klage wegen Ver- leumdung zu erheben. Di« meisten Pariser Blätter erklären, die Lifte der 104 nicht ernst nehmen zu können; sie hielten die Veröffentlichung der- selben für eine Mystifikatkon. Di« Blätter veröffentlichen neu» Protesterklärungen der beschuldigten Deputirten, deren größerer Theil die gerichtliche Verfolgung derFrance " einleitet. Anderer- seits erklärt der Chefredakteur derFrance ", er besitze genügende Dokumente, um den Beweis für die Richtigkeit seiner Beschuldi- gungen beizubringen. Infolge der bei der Staatsanwaltschaft eingebrachten Klagen wurde heute Vormittag in den Geschäftsräumen der Zeitung La France " eine Hanssuchung abgehalten, die aber zu keinem Ergebniß führte. O, diese Franzoseni In Frankreich starb vor einigen Tagen ein zwanzigfacher Millionär im Militär» Hospital. Der Aermste hatte das Unglück gehabt, den reichsten Mann und größten Spitzbuben Frankreichs (neben Casimir- Perier ), den Zuckcrsieder L e b a u d y zum Vater zu haben, der seinen Erben die Kleinigkeit von 226 Millionen hinterließ. Einer der Söhne, Max, beim Tod des Vaters 18 Jahre.alt, erhielt sofort 26 Millionen Franks. Schlecht erzogen die Eltern hatten in dieser Muster-Ehe von Muster-Bourgeois wie Hund und Katze gelebt fiel der junge Max Lüdrianen, Schwindlern und Dirnen in die Hände und hauste so toll daraus los, daß man ihn unter Kuratel stellte, waS jedoch nicht hinderte, daß er nun toll daraus los Schulden machte. Als er 21 Jahre alt war, sollte er als Soldat dienen. Er erklärte sich für körperlich untauglich die Militärärzte nahmen chn aber an. Der Dienst war für den entnervten Schwächling zu hart Lebaudy meldete sich krank, allein die Aerzte betrachteten ihn alS Simulant, bis er schließlich in einem Militär-Hofpital starb. Der Todte war keine Simulation. Und nun warfen die Blätter der Rechten den Militärbehörden Grausamkeit vor, und zwar Grausamkeit aus Feigheit. Man habe gefürchtet, parteilich für den reichen jungen Mann zu erscheinen. Diesen Vorwurf, der zum Gegenstand einer Interpellation in der Kammer gemacht wurde, wies der Kriegsminister Cavaignac gestern als gänzlich unbegründet zurück. Daß die Behörden und gar Militärbehörden in den Verdacht kommen können, reiche Leute aus Furcht vor der öffentlichen Meinung schlechter zu behandeln als arme, daS ist auch nur bei diesen verkommenen Franzosen möglich! Die Arbeiter-Glashütte vonCarmaux ist nicht Gegenstand von Streitigkeiten geworden, wie die Bourgeoisblätter behauptet hatten. In bezng auf Einzelheiten, der Anlage und Einrichtung walten allerdings verschiedene Anschauungen ob, dies kann jedoch nicht hemmend wirken, weil man sich dahin geeinigt hat, jede Differenz von einem bereits ernannten Schiedsmann, dessen Spruch bindend ist, schlichten zu lassen. Die gesammte sozialistische Kammerfraktion also Vertreter aller sozialistischen Gruppen Frankreichs haben einen ge- meinsamen Aufruf für die Arbeiter-Glashütte erlassen. Und statt sich zu zanken, sammeln die französischen Sozialisten Geld für das neue Unternehmen, zu dessen Ausführung 300 000 Franks nothwendig sind. Der Bauplatz, um den ein gewaltiger Kamps entbrannt sein sollte, ist bereits erworben. Ueber die Art, wie das Geld aufgebracht wird, schreibt man uns: Nunmehr sind auch dieTicketS" der Franzose bedient sich in diesem Falle, wie in so vielen anderen, hier veS Fremd- worts für die Arbeiterglashütte in C a r m a u x in Umlauf gesetzt worden. Dieselben wurden in Heften von 26 Stück ä 20 Cts. ausgegeben und berechtigen zum freien Eintritt in die Versamm- lungen und die zu gunsten der Glasbläser bon den Arbeitervereinen, die Anhänger der?lrbeiterglashütte sind, veranstalteten Festlich. leiten. Sie sind in Alan auf weißes Papier gedruckt und weisen ein« bebaute Landschaft mit Schornsteinen im Hintergrunde auf. Im Vordergrunde steht ein Landmann und ein Hüttenarbeiter. die sich die Hand reichen, während sich an beide eine Frauen- gestall die sozialistische Republik anlehnt. Belgien . Eine Rekonstruktion de? Ministeriums steht bevor. Der Gesundheitszustand des Ministerprästdeuten läßt seinen Rücktritt unabänderlich erscheinen. Eine Reihe anderer Minister, so vor allem der Kriegsminister, werden jedenfalls auch zurücktreten. Holland . Haag, LS. Dezember. Die erste Kammer genehmigte den Gesehentwurf, betreffend die Konvertirung der SVe prozentigen Staatsschuld in eine Sprozentige. Italien . Rom , 27. Dezember. Nach Meldungen derAgenzia Stefani" aus Massauah vom heutigen Tage sind bis jetzt von den 1320 regulären Soldaten außer de» irregulären Truppen, welche am Kampfe von Amba Aladii theilgenomme» haben, ein­schließlich der Verwundeten 673 zurückgekehrt. Eine gehörige Heimzahluug an Crispi. CriSpi halte im Senat gesagt, daß der sozialistische Deputirte vo» Reggio , Salsi, welcher schon infolge der Ausnahmegesetze zu Zwangsvomizil vernrtheilt war, die Kruzifixe vor der Schul- jngeud tanzeu ließ, um zu zeigen, daß die Gottheit durchaus keine Macht aus den Mensche» ausübt. Salst veröffentlicht jetzt de» folgenden offenen Brief an den Ministerpräsidenten: Herr Crispi! Ich erfahre aus den Zeitungen die unverschämte Verleun» dung, welche Sie hinterlistiger Weise den Schluß der Kammer benutzend, gegen mich im Senate geschleudert haben. Da ich erst bei Wiedereröffnung des Parlaments im stände sein»verde, diese freche Lüge zu ersticken, so sage ich inzwischen laut in Gegenwart ganz Italiens , daß, wenn Sie dieselbe nicht zurück- ziehen, Sie der gemeinste Verleumder sind." Rußland. Kolportageverbote. Die stets zunehmende Ver- breitung von kleinere» Werken der beliebtesten russischen Schrift- steller unter den russischen Bauern und Arbeitern hat daS Ministerium des Innern veranlaßt, das Hallen in öffentlichen Bibliotheken und den Verlaus aus Straßen und öffentlichen Plätzen einiger Schriften von Garschin(Der Feigling, Vier Tage auf dem Schlachtfelde, und Aus dem Tagebuche des Sol- baten Iwanow) und von Tolstoi (Gehl im Lichte, Die Religion und die Moral, Drei Briefe Madzini's über die Unsterblichkeit. Das Kaffeehans von Surat, Karma, Fransvise, Drei Parabel») zu verbieten. Da diesen Schriften somit der neue Reiz einer verbotenen Frucht verliehen wird, so ist zu hoffen, daß sie jetzt erst recht einen großen Leserkreis finden und die Wirkimg aus denselben nicht verfehlen werden. Bulgarien . Sofia , 27. Dezember. Gelegentlich der Budgetdebatte in der Sobranje verlangten mehrere Redner die Ablehnung des Kredites für den Tribut an dieTürkei sürOst- r u m e l i e n. Die Redner der Majorität erklärten zwar die Abschaffung desselben für wünschenswerlh. meinten aber, der Tribut müsse bis zur Erreichung einer Verständigung bezahlt werden. Kuba . Vom Ausstandsgebiet wird beute bestätigt, daß dieRebellen" 30 englische Meilen, also nicht ganz 60 Kilometer weit von Havannah die Spanier unter Martinez Campos geschlagen haben und auf die schwach de- festigte Hauptstadt Havannah losmarschiren. Dieses Treffen, in welchem 11 000 Anfständische mit 6 Kanonen kämpften, wird von den spanischen Behörde» als Sieg ausposaunt. Allein da auch nach der spanischen Meldung Martinez Campos die an- geblich aufs Haupt Geschlagenen gar nicht verfolgte, so kann kein Zweifel bestehen, daß die Spanier den Kürzeren gezogen haben.