föetlage Dienstag, 11. Dezember 1928.
BprfötmD rT/n f f i ifn sfoi l�u>txWi
Die meinem
kreuzten
Begegnungen und Erinnerungen von Luise Kautsby.
Viktor, der groß« Me-ster in der Menschenbehandlung, oer- Ichmähte es nicht, mit der m Parteldingen gänzlich Unerfahrenen so SU verkehren, als traute er ihr Verständnis für ernste Fragen zu. Ulid ich werde die Freundlichkeit, die er mir bei unsern ersten Begeg- Uungen erwies, nie vergessen. So oft ich später aus Deutschland nach �en zuruekkom galt mein erster Weg ihm. und stets hat er mich u>u der gleichen Wärme und lherzlichkeil empfangen und sich von mir »Uisuhrlich über die deutsche Bruderpanei berichten laflen. Und pj /Zr* S'fasU'i/Co ,�tv- d J?—*—»t- August Bebel»n Luise KautsVy. welch«« Zuhörer Viktor Adler war, das weiß jeder, der das Glück bitte, in näheren Verkehr mit ihm treten zu dürfen. Di« zweite große Gestalt aus der Partei, die mir entgegentrat. war August Bebel . � Schon in meiner Kindheit hatte ich seine» Namen im elterlichen Ü�use nennen hören, wo man allerdings nur mst Abscheu von ihm Iprach, atz von einem Sitten- und Zügellosen, der die frei« Liebe wedigte, die. Ehe abschassen, die Frauen von Herd und Haus weg in Politik locken wolle, und der sogar imstande gewesen. 1870 sein Saterland zu verraten.'. Wie also sollte ich mir diesen dämnniichen Volksveriührer vor. stellen? Nicht ohne Bangen sah ich ihm entgegen, al» er sich al» ®aft in meiner neugegründeten Häuslichkeit in Stuttgart ankündigte, wo er ein« Versammlung abzuhalten hatte. « Ich weiß noch, wie mir das Herz klopfte, als Bebel feine klaren, durchdringenden Augen forschend aus mir ruhen ließ. Weiß aber ouch noch, wie rasch dieses Gefühl der Bangigkeit schwand, kaum baß er das Wort an mich gerichtet halte. Neben der Güte und einfachen Natürlichkeit muß es der tief« sittliche Ernst, die unbeirrbare Wahrhaftigkeit und die inner« Reinheit gewesen sein, die von seinem Wesen ausstrahlte, die aus den einzelnen Gesinnungsgenossen wie aus die weitesten Nolkskreis« und selbst auf seine zahlreichen politischen Gegner, also auf Freund und Feind gleich Mächtig wirkten. Man fühlte genau, daß bei aller Zartheit, oller freundlichen Liebenswürdigkeit, mit der er gleichmäßig jedermann begegnet«, ein �ern von unbeugsamer Kraft und Energie in diesem Mann« steckt«. 55ie groß sein persönlicher Mut. wie unerschürterlich dies« Energie war. das hat er in seinem Leben oft zu beweisen Gelegenheit gehabt. '�ur Zeit des grausamen Sozialistengeseßes. wo jeder Sozialdemokrat ilreiwild war, so daß viele von der Partei abfielen, hat er nie den �opi verloren und allen Verfolgungen mutig getrotzt. Wiederholte ?isängnisstrasen und langdauernde Festungshaft haben den körper» üch zwar Zarten, aber geistig Unbeugsamen nicht zu brechen vermocht. Bei jener ersten Begegnung schon freundeten wir uns an und b'ese innige Freundschaft hat bis zu seinem Tode angedauert. Sobald wir m Berlin wohnten, kam er fast allsonntäglich zu uns und nach f'Nem gemeinsamen weiten Spaziergang verbracht« er den Abend unserem Kreise. War er einmal verhindert, so meldete er sich gewissenhaft und weist in launiger Form ab. Dem scharfen Kämpen saß überhaupt hie und da der Schalk im Zacken, dafür legt die abgedruckte Karte Zeugnis ab. Unser ganzes Haus, vom Patersamilias angefangen bis zum ftingsien. war ihm in liebevollster Freundschaft zugetan, und er iahlie unsere Zuneigung mit gleicher Münze heim. So schrieb er �ll ans Zürich :„Den ersten Brief im neuen Jahr erhallen Sie, �ebe Freundin Luise.. Und im März 1918:„ß. L.l Sie schreiben mir da einen Oster. �ief, daß mir altem Kerl beinah« das Wasser in die Augen getreten '""'rc,.' Sogar ein Gedicht Hot der Einundsiebzigjährige mir einmal ge- -widmet, als ich ihm durch einen unserer Iungens ein Körbchen frischer Abbeeren an die»ahn schickte. Er schrieb mir zuerst kurz aus ««klar:„Liebe Frau Luise! Erdbeeren trafen sehr überraschend «>n kamen aber sehr angenehm, haben mich zu einer Dichtung be« Visiert, die ich Ihnen eventuell mal zeige...* Man wird begreisen, daß ich auf die„Dichtung'. gespannt war. und wirklich überreicht««r Ii« mir nach seiner Rückkehr mit einer Miene von Verschämtheit, die dem silberhaarigen Siebziger rührend wirkte. Am 13. August 1913 schloß August Bebel die Augen für immer. war schon dahingegangen, als noch ein liebevoller Gruß von ihm w» uns eintraf, datiert aus Passugg vom IS. August. Der Tod hatte « gu, mit ihm gemeint. Im Schlaf Halle er ihn überrascht und dem Spieren Kämpfer war ein friedliches Ende beschieden gewesen. » . In die Zell meines Stuttgarter Aufenthalls fällt noch manche Begegnung mst Heroorragenden Parteigenossen. In ständigem Der- Uhr war ich dort mit Heinrich Dietz. dem verdienstvollen Verleger
sozialistischer Literatur, der bis heute keinen würdigen Nachfolger in unserer Partei gefunden hat. Er war ein ausgezeichneter Fachmann auf seinem Gebiet, hatte jahrelang als Setzer in Rußland gearbeitet und erzählte voll Srolz, daß Tschernischewsky selbst seine Arbeit gelobt und geriihmi Halle. Den allen Wllhelm Liebknecht durften wir dort als unseren Gast begrüßen, den Mann, der ein Stück Freiheitsgeschichte in seiner Person verkörperte und der so fein und geistreich zu plaudern wußte w«e ein Franzose Georg von Vollmar war bei uns. der„ungekrönte König von Bayern' dessen mächtige Gestalt, obgleich im Feldzug 1879/71 schwer beschädigt, immer noch imposam wirkte, und Ignaz Auer , der Mann mit der scharfen Zunge und dem weichen Herzen, das nur für die Partei und ihre Einheft schlug, und der buchstäblich Qualen litr, wenn alte Genossen untereinander sich bekämpften, mochten sie nun Lässalleaner und E'senacher oder Radikale und Revisionisten heißen, 1892 unternahm ich mit meinem Mann einen Ausflug nach Zürich , um seine dortigen Freunde kennenzulernen, mft denen ihn die schönsten Erinnerungen an die Ansänge der Bewegung verband, vor allem Eduard Bernstein und Paul Axelrod. Zwischen. Kautsky und Bernstein herrschte damals noch vollst«
Ideengemeinschaft. Erst etwa ein Jahrzehnt später stellten sich tief- gehende theoretische Differenzen zwischen den beiden ein: zu jener Zeit ober trübt« kein Schatten unseren freundschaftlichen Berkehr. Der witzige immer gutgelaunte Ede , in dessen Person mir zum ersten Male ein echter Berliner entgegentrat, wurde mir bald ei» ebenso vertäuter Freund, wie er meinem Manne einer war. Und allen Stürmen, die daran rüttelten, zum Trotz, hat die damals ge- schlostene Freundschaft sich im Lause der Jahrzehnte immer noch mehr gefestigt. Jüngere Parteigenossen, die vom Leben und Wirken Bernsteins nichts wissen, sollten sein kürzlich im Bücherkreis erschienenes Buch „Sozialistische Lehrjahre' lesen: sie werden daraus nicht nur ein großes Stück Parteigeschichte, sondern in dem greisen Autor einen der liebenswertesten, bescheidensten und verdientesten Porteigenossen kennenlernen. Ganz anders, als die Begegnung mft Ed«, wirkte das Bekannt« werden ml, Paul Axelrvd. Sein Haus in Zürich war der Sammel- punkt der dortigen großen russischen sozialistischen Kolonie. Zum ersten Male erfuhr ich dort am eigenen Leibe, was ich bisher nur aus der russischen Literatur gekannt hatte: echte russische Gast» freundschoft.(Fortsetzung folgt.»
Das Sicherheitsproblem in der Fliegerei,
3n Anbetracht der bevorstehenden Etatberakungen lm Reichstag, in denen auch die Reichssubventionen für die Fliegerei behandelt werden, sind die solgendcn Ausführungen sicher von Interesse. Der Vorsitzende des haushaUsausscknisses des Reichstags, der sozialdemokratische Abgeordnete Hugo Heimann . hat. im„Vorwärts' schon früher daraus hingewiesen, wie wichtig das Sicherheit». Problem in der Fliegerei ist. Das Sicherheitsproblem ist bei allen Verkehrsmitteln von allergrößter Bedeutung. Darum ist'es sehr bedauerlich, wenn sich Fachleute des Luftverkehrs gefunden haben, die da meinen, daß durch das Voranstellen der Sicherheit die Entwicklung in der Flie- gerei gehemmt werden kimirte. Dabei.darf mmt sagen: Je größer die Sicherheit, um so größer die Aussichten für die Entwicklung der Fliegerei. Wenn in der Fliegerei von heute alle die technischen Errungenschaften angewandt werden, die bereits vorhanden sind, so ist m der Fliegerei jetzt schon ein Höchstmoh von Sicherheit zu er. keichen. Wenn serner darauf geachtet wird, daß die Flugzeug-
Vogelschutz im Winter. Nach den Ausführungen von Berlepsch, staatliche Vogelschutz- station Schloß Seebach i. Th. , in seinem Buch„Der gesamte Vogel- schütz' erwächst unseren überwinternden Singvögeln durch das mild» tätige Füttern der Menschen eine große Gefahr. Das Futter an unzureichenden Fullerstellen, also auf Ballonen, in falschen Füller- Häuschen usw. wird den Vögeln meist dann nicht zugänglich, wenn sie es am nötigsten brauchen, d. h-, wenn es durch Schnee oerweht wird, durch Regen und darauf folgenden Frost durchnäßt und ge
froren wird. Die Vögel müssen, an die Fullerstellen gewöhnt, dann unbedingt zugrunde gehen. Unser Bild zeigt ein Fullerhäuschsn, das diesen Fehler vermeidet. Man sieht es schon vielsach in öffent- lichen Parkanlagen ausgestellt. Das Fullerbrell befindet sich unter einem schützenden Regendach in gleicher Höhe mit den ringsum ab- schließenden Glaswänden, so daß kein Regen und Schnee von ob«n und an den Seiten dazu gelangen kann, auch kann es nicht vom Wind verweht werden. Der Vogel fliegt das Füller von unten an. Ll» Lockmittel dient das Futter auf dem unteren Brett.
führ er, die auch nur Menschen sind, nicht durch rücksichtslose Ausnutzung chrer Arbeitskraft in ihrer Spannkraft nachlassen müssen, die sie für ihren sehr schweren Beruf unter allen Umständen brauchen. so ist ein weiterer Faktor der Sicherheit vorhanden, dem die größte Beachtung zu schenken ist. Leider hört man des öfteren, daß auch mit der Arbeitskraft der Flugzeugführer Raubbau getrieben wird, und es ist nicht besonders glücklich, daß sich die Höhe ihrer Bezüge noch den.Flugkilometern' richtet. Wir haben ja schon er- leben müssen, wozu es führt, wenn Lokomotivführer über- mäßig lange auf der Masästne stehen und ermüden müssen! Die heutige Flugzeugindustrie ist in der Lage, bei dem Bau von Ftugzeugen das best« Material zu verwenden. Auf alle Fälla ist<- zu haben, so daß ein Materialschaden nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen sein könnt«. Allerdings weiß man nicht, ob der Flugzeugbau schon heute nach dem Grundsatz arbeitet: Bestes Material, beste Sicherheit! Aber es müßt« noch diesem Grundsatz gearbeitet werden. Das Reich kann für feine Subventionen wirtlich das Beste verlangen. Wenn ein« offiziell« M ä t« ri a l k o n t r o l l e i m Flugzeugbau ein- geführt werden könnt«, so würde das ebenfalls nur im Interesse her Sicherheit liegen. Während des Krieges stand dem Flugzeugbau allerdings nicht das beste Material zur Verfügung und es hat sich gerade hier ge» zeigt, welche Folgen eintreten können, wenn nicht genügend gutes Material verwendet wird. Besonders während der letzten beiden Kriegsjahve, in denen der Mangel an gutem Material sich immer mehr bemerkbar macht«, waren bei der Ausbildung von Flugzeugführern und auch bei Flügen erprobter Flieger, Abstürze und Un- fälle zu ve.rzeichnen, die bestimmt auf das schlechte Material zurückzuführen waren. Manche Brüche in der Lust manche Zerreißungen mangelhafter Spanndrähte, manche schlechte Trogflächenbespannung, ja, selbst schlecht geleimtes Sperrholz verursachten den Tod vieler zuverlässi- ger Flugschüler und Flugzeugführer. Aus diesen Erfahrungen der Äriegsfliegerei muß d!« Friedensfliegerei unbedingt lernen. Heute kann man ja wieder das beste Material für den Flugzeugbau verwenden, und es muß die dringende Forderung erhoben werden, dnß dies auch tatsächlich geschieht. Die Güte des Materiols, des Benzins und Oeles stehen bei der Frag« der Sicherheit im Flugverkehr mit an erster Stell«. Wenn man auch nicht sogen kann, daß diese Dinge in unserer Lustfahrt .vernachlässigt werden, so würde es bestimmt der Erhöhung des Sicherheitsgefühls dienen, wenn den Flugzeugführern selbst durch vielleicht von ihnen zu bestimmenden Vertretern das Recht einge- räumt würde, die erforderliche Materialkontrolli: durchzuführen. Heute ist der Flugzeugführer zwar berechtigt, die neuen Flugzeuge einzufliegen und abzunehmen, er ist aber nicht in der Lage, eine ernsthafte Kontrolle auszuüben. Diese Kontrolle könnte ausgeübt werden, ohne daß die Entwicklung der Fliegerei und der Bau von Flugzeugen irgendwie gehemmt zu werden brauchte. Auch in der Flugzeugindustrie wird nach k a p i t a l i st i» sch« n Grundsätzen gearbeitet und man hat durchaus nicht die Ge- währ, daß nicht auch hier der Profit und nicht die Sicherheit an er st er Stelle steht. Der Flugzeugführer hat einen äußerst anstrengenden Dienst und van dem geistigen und körperlichen Befund eines Fliegers, von seiner Spannkrast und Energie hängt der gute Verlauf eines Fluges mehr ab, als der Laie anzunehmen geneigt ist. Darum ist es erforderlich. daß durch ein« ausreichende materielle Sicherstellung der F'ugzeug- führer auch die b e st e n Kräfte für die Fliegersache interessiert werden. Was die Frage der Bezahlung der Flugzeugführer an- betrifft, so waren lsider bis in die letzte Zell Klagen zu hören. Hier dürste eigentlich nicht gespart werden, und betrachtet man noch das Gefährenmoment, dos der Flugzeugführerberuf mit sich bringt, so müßte die Bezahlung bei der großen Verantwortung, die die Führer gegenüber Menschen und Maschinen haben, viel besser sein. Welche Bedeutung selbst das Milltär diesen Fragen beigelegt hat. geht daraus hervor, daß der Fiskus jedem Flugschüler und Flugzeugführer eine Gefahrenzu'age von fünf Mark pro Tag während des Krieges zahlt«. Wenn die zuständigen Stellen aus den Erfahrungen der Kriegs- fliegerei lernen, dann wird die Sicherheit im allgemeinen stark er- höht werden können. Es muß möglich sein, die Fliegerei im In- teresse des Friedens ohne große Opfer wefter zu entwickeln. Die besten Flugzeugführer und das best« Material sind hierzu die besten Doraussetzungtn.; v J. M.