Nr. 2.
Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Bterteljährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz band: Deutschland u. DefterreichUngarn 2 M., für das übrige Ausland 3 Mt. pr. Monat. Eingetr. in der Post Bettungs Preislifte für 1896 unter Nr. 7277.
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Vorwärts
13. Jahrg.
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gernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Der englische Eroberungszug nach Transvaal .
Es kann jetzt keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die angeblich auf eine Verfassungsreform gerichtete Bewegung der englischen Ansiedler in Transvaal von englischen Abenteureru inszenirt wurde, um der Eroberung der begehrten Burenrepublik die Wege zu ebneu. Der von uns in der Neujahrsnummer bereits mitgetheilten Depesche, daß ein Dr. Jameson mit einer Bande von 800 bewaffneten Abenteurern von dem westlich gelegenen Betschuanalande aus in das Transvaal eingebrochen sei, reihen sich heute die folgenden Nachrichten an:
Freitag, den 3. Januar 1896.
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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3:
D
von Australiern schlug der Vorsitzende vor, berittene und Jameson habe aber beim Vorrücken die Tele= Fuß- Kompagnien aufzustellen. Bei Schluß der Versammlung graphenlinie unterbrochen. Chamberlain theilt mit, fangen alle Anwesenden das„ God save the Queen " und" Rule daß die britische Süd- Afrita Rompagnie aufgefordert ist, Britannia". Die öffentliche Meinung ist über einige deutsche Jameson's Berhalten au mißbilligen, und daß die Kompagnie Spekulanten(?), welche eine Betition an den Präsidenten erklärt habe, daß sie von dem Vorgehen Jameson's feine Krüger in Umlauf feßten, in der sie ihn ihrer loyalen Unter- tenntniß(!!!) hatte. Auch Sir Cecil Rhodes habe erklärt, stützung versicherten, äußerst erbittert. Die Petition erlangte nur daß Jameson ohne sein Vorwissen gehandelt habe. 20 Unterschriften.
Mit diesen letzteren Behauptungen vergleiche man die obigen Mittheilungen, aus denen hervorgeht, daß bereits anfangs November der Plan des Jameson in Buluwayo ein öffentliches Geheimniß" war.
Diese Mittheilung macht einen um so komischeren Eindruck, da genug Thatsachen vorliegen, die das Treiben der englischen Intriguanten ins Licht stellen. So wird aus London dem Berliner Tageblatt" der Brief eines Belfaster Die Time 3" führt den vorliegenden Depeschen aus Herrn in Buluwayo an seinen Bruder vom 1. November London zufolge noch eine großspurige Sprache, indem fie Satirt, mitgetheilt: behauptet, diese Angelegenheit berühre keinen aus Pretoria , 31. Dezember. Heute Nacht haben weitere Nur eine Beile, da ich mit nächster Post wieder schreibe. wärtigen Staat und müsse zwischen England und 300 Bewaffnete der Chartered- Company die Grenze Du börst jedoch vielleicht von uns vor dem Gin: Transvaal allein geordnet werden. Wenn der überschritten. Die Regierung ist entschlossen, die Frei- treffen dieses Briefes. Man spricht hier davon, daß Präsident Krüger sich an den französischen und an beuter mit Waffengewalt zu vertreiben. Ein Zusammenstoß die Engländer Transvaal nehmen wollen. Die zwischen Buren und der Chartered Company wird morgen er Truppen der Chartered Company find mit geden deutschen Konsul gewendet habe, so habe er damit In Johannesburg ist ein Aufstand ausge beimen. Befehlen nach dem Süden abgerückt. Ich direkt die Konvention von 1884 verlegt." sah sie heute Morgen um 4 Uhr ausrücken, sie führten Das ist mit Verlaub eine Albernheit. Daß die Beutes Pretoria , 1. Januar. Der hiesige britische Agent zehn Geschüße und eine große Anzahl Waggons mit sich, so daß züge englischer Abenteurer nicht die Existenz einer unab telegraphirte an den englischen General die ganze Geschichte verdächtig aussieht. Die Schwarze hängigen Republik gefährden dürfen, ist nicht eine Frage gouverneur im Kaplan de folgendes: Wa che" ist in den letzten Tagen nach Mafeting gegangen. Englands allein. An der Unterdrückung dieses Raubzuges ( Die Schwarze Wache" ist ein reguläres englisches Regiment, haben alle zivilisirten Völker ein Interesse. das sich aus den schottischen Hochlanden rekrutirt.) Da Transvaal nichts dergleichen träumt, wird es eine leichte Beute werden. Aber ich glaube, die Geschichte wird in Europa viel 2ärm machen."
brochen.
Der kommandirende General hat sichere Nachricht, daß 800 Betschuanaland- Truppen, ausgerüstet mit 6 Maximgeschützen und 4 anderen Kanonen nahe bei Rustenburg mit englischer Fahne auf dem Marsch nach Johannesburg sind. Der Staatspräsident ersucht mich, Ihnen mitzutheilen, daß der Einbruch bewaffneter britischer Unterthanen eine ernste Verlegung der Konvention ist und daß es Seine Exzellenz Wunder nimmt, daß Ihrer Majestät Regierung solche ernste Handlungen zuläßt und sie nicht hindert. Er hofft, daß fie fofort Schritte thun werden, die Eingedrungenen aufzuhalten, weil er es nicht gestatten kann, daß seine, das heißt des Landes Rechte auf diese Weise verlegt werden. Sehr ernste Folgen könnten daraus entstehen, wofür seine Regierung nicht verantwortlich zu machen wäre. Ich erwarte umgehend Ihre Antwort." Die Antwort hierauf lautete:
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Der Lärm in Europa " ist thatsächlich bereits losgegangen ebenso wie der Lärm im Transvaal selbst. Die Ueber das Grubenunglück in Waldenburg sind Kölnische Zeitung " meldet nämlich aus Berlin :" Dem uns zwei Privatmittheilungen zugegangen, die sich gegens Bernehmen nach hat die deutsche Regierung die seitig ergänzen. Ter eine Korrespondent schreibt: Waldenburg i. Schles., 1. Januar. Wie ein Lauffeuer amtliche Anfrage an die englische Re gierung gestellt, welche Schritte sie angesichts des Ein- verbreitete sich in den frühesten Morgenstunden des 31. Debringens bewaffneter Banden aus einem englischen Schutz- zember die Schreckensnachricht, daß auf der 1. Abtheilung des Wrangelschachtes der vereinigten Glückhilf- Friedenshoffnungsgebiete in Transvaal zu ergreifen gedenke, um den durch das Grube in Hermsdorf ein schweres Unglück fich ereignet hätte. Völkerrecht und die internationalen Verträge begründeten Leider erwies sich das Unglück als noch viel schlimmer als man Rechtszustand wieder herzustellen." anfangs glauben wollte. Zehn Minuten vor Beendigung der legten Schicht in diesem Jahre soll angeblich ein Schuß die Ratastrophe herbeigeführt haben. Bis 20 Uhr morgens waren die ersten Todten und Verwundeten ans Tageslicht gezogen und ins hiesige Knappschaftslazareth gebracht. Der Jammer der hunderte von Menschen Angehörigen war herzzerreißend, nmstanden bis in die späte Nacht das Lazareth . Bei jedem neuen Transport Todter oder Verwundeter brachen die Frauen und auch viele Männer in Thränen aus. Bis jetzt sind
" Es ist mir heute ein Gerücht hinterbracht worden, daß Dr. Jameson Jameson mit Polizeitruppen der Chartered- Damit steht es jedenfalls im Zusammenhang, daß aus Company das Gebiet der Republik betreten hat und auf dem Haag der dortige Gesandte des Transvaal , Beelaerts Johannesburg marschirt. Ich babe telegraphisch angefragt, ob es wahr ist. Jedenfalls erkläre ich, daß, wenn van Blokland, am 1. Januar früh nach Berlin abes wahr ist, der Schritt ohne meine Genehmigung oder gereist ist. mein Vorwissen erfolgt ist, und daß ich sofort telegraphisch In England hat der ganze Vorfall einen sehr un meine Mißbilligung dieser Handlungsweise ausgesprochen und angenehmen Eindruck gemacht, obgleich die Presse zunächst angeordnet habe, daß die Truppen unverzüglich zurückkehren sich bemüht, die Schuld des Flibustierhäuptlings Jameson sollen. Theilen Sie das dem Präsidenten mit." zu meldet:
Im Intereſſe der englischen Abenteurer gefärbt ist die
folgende über London aus Johannesburg 30. Dezember datirte Meldung:
angeblich 29 Toote und 14 schwer Verwundete geborgen, Fin
Mann soll noch vermißt werden. Dieses ist das größte Unglück, Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain welches bisher auf schlesischen Gruben passirt ist. veröffentlichte heute Nachmittag eine offizielle Mittheilung Am Sylvester waren hier und in Hermsdorf alle öffentlichen Die öffentliche Meinung ist hier start erregt durch das Er- des Kolonial Amts, in welcher angekündigt wird, daß Luftbarkeiten untersagt. Bei Beginn des neuen Jahres war es scheinen zahlreicher Buren, welche in den Straßen umberreiten. Chamberlain seit gestern beständig bemüht ist, die Konsequenzen fast still auf der Straßen. Es herrscht eine ordentliche Panik Am Sonnabend spielte während einer Vorstellung des Othello" des außergewöhnlichen Vorgebens Dr. Jameson's abzuwenden. unter den Einwohnern. im Standard- Theater" vor start besuchtem Hause die Musik das Sir Hercules Robinson( der Gouverneur des Kaplandes) habe durch Das ist das Loos des Bergmanns, der alle Tage Volkslied", die Nationalhymne von Transvaal . Fortgesettes eine Proflamation Jameson's Handlungsweise gemißwilligt und die für die lumpigen paar Groschen sein Leben aufs Spiel Gehen und Lärm übertönten jedoch die Musik, bis das britischen Unterthanen aufgefordert, dem Gesetz zu gehorchen und sich sehen muß. So mancher wackere Rämpfer für die Befreiung der Orchester das„ God save the queen" spielte. Beim Ertönen ruhig zu verhalten. Jameson und die Beamten seiner Begleitung haben arbeitenden Klassen ist ein Opfer dieses gräßlichen Unglücks gedieses Liedes erhob sich das ganze Haus und brach in lauten den Auftrag erhalten, sich zurückzuziehen, und es ist zugleich die worden, so mancher Familienvater ist seinen Theuren entrissen Beifall aus. Auf einer hier stattgehabten Maffenversammlung Hoffnung ausgesprochen, daß ein Zusammenstoß vermieden werde. worden und welches Elend ist über die Hinterbliebenen hereins
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Clotilde. ( Nachdruck verboten.) Roman aus der Gegenwart von
H. W. M. von Walthausen.
" Ich wehrte dem Hausburschen ab und betrachtete den Kranten. Er war in außergewöhnlicher Verfassung. Nach einem vergeblichen Versuche zu sprechen, sant er zurück und starb in wenigen Sekunden. Die Umstände und Erscheinungen bei diesem Sterben waren sehr auffällig und dem gewöhnlichen Verlaufe entgegen."
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Ach, Sie glauben nicht," begann Georgine im Then- Unsere weiteren Feststellungen, sowie die Obduktion der nahme erweckenden Tone, wie tief mich die Nachricht von Leiche wurden verschoben, einestheils weil Dr. Haller als dem Tode des Majors durch Hanne erschüttert hat. Wer zweiter Arzt nicht kam, anderntheils, weil der Bürgermeister hätte das ahnen können, da wir noch heute Morgen mit ein Schreiben schickte. ihm gesprochen. Er fannte meinen seligen Vater, ich ver- Der Bürgermeister?" fragte Brambach. liere an ihm nicht nur einen langjährigen, gütigen Freund, Ja. Es heißt darin: Die Leiche müsse sofort aus er war uns auch ein lieber, treuer Hausgenosse," war uns auch ein lieber, treuer Hausgenosse," und der Stadt geschafft werden, da der plötzlich Verstorbene Georgine meinte einige aufrichtige Thränen. von einem Schiffe komme, das in Quarantäne gelegen, " Ich versteh' vollständig Jhren Schmerz zu würdigen, weil es aus einem von der Cholera heimgesuchten verehrte Frau Kommerzienräthin," sagte der Assessor Orte kam." Händrich. " Ja, das sagte der Major auch uns," fügte Brambach Georgine hörte mit gespannter Aufmerksamkeit zu. " Ich begreife nur zu gut das Peinliche Ihrer Lage, hinzu, und es ist immerhin möglich, daß er einen AnDer Doktor fuhr fort: Alle Anzeichen legten die Ver- daß so etwas in Ihrem Hause an einem solchen Tage steckungsstoff dort eingesogen hat. muthung nahe, daß hier eine gewaltsame Todesart vorlag. paffiren mußte. Aber beruhigen Sie sich, es wird Ihrem Meine vorläufigen Untersuchungen bestärkten mich darin, Hause Genugthuung widerfahren," nahm der Doftor wieder sie ergaben: Tod durch Vergiftung. Ob der Patient selbst das Wort, der Herr Assessor, den ich antraf und der mir Gift genommen, oder ob hier ein Verbrechen vorliegt, wird bereitwillig folgte-" der Gang der Untersuchung feststellen. Meine Pflicht als Arzt gebot mir, den Thatbestand sofort gerichtlich feststellen zu laffen an Ort und Stelle. Ich sagte zu dem Hausburschen: Friedrich, kommen Sie und indem ich das Zimmer verschloß und den Schlüssel zu mir steckte gehen Sie zum Doktor Haller an der Apotheke, ich lasse ihn bitten, hierher zu kommen. Ich selbst eilte zum Herrn Assessor Händrich."
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Georginen wurde die Erzählung peinlich.
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Brambach blickte erblaßt und starr vor sich hin. Ihnen, Herr Kommerzienrath , Mittheilung zu machen und den Schlüssel zu überbringen, hielt ich nicht für angezeigt. Sie waren bei einem frohen Feste und hatten feine Ahnung davon, daß sich hier ein so trauriger Vorfall ereignen könnte."
Da haben Sie recht", sagte Brambach, wer hätte das
gedacht!"
Pflichtschuldigst", schaltete der Assessor ein.
Dr. Langenberg erwiderte:" Die Krankheitsäußerungen bei der Cholera find allerdings denen bei der Arsenikvergiftung ganz ähnlich. Es treten dieselben Symptome auf. Ich will daher meine Diagnose auf Vergiftung nicht als unfehlbar aufstellen. Ich werde indeß um so mehr auf die
hat schon einige wichtige Verdachtsmomente, die eine Ber - nachträgliche Obduktion der Leiche dringen. Für jetzt ist sie giftung konstatiren, entdeckt."
" Und diese sind?" unterbrach ihn Brambach.
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ja aus dem Hause und das wird gewiß zu Ihrer Beruhigung beitragen." Die Reiseapotheke des Majors. Es wurde eines der Dabei erhob sich Langenberg. Mit ihm der Assessor. Fläschchen darin vermißt, und an dem Plaze, wo es fehlt, Etwas wird es uns beruhigen," sagte aufstehend Bramsteht: Arsenit. An den Fläschchen, wie an den Behältern bach. Herr Assessor, Sie haben doch die Nachlassenschaft befinden sich Etiquetten, gerade dieses Fläschchen fehlt." des Majors besichtigt?" Georgine fühlte plöglich einen Stich in ihrem Innern." Ift bereits alles aufgezeichnet," erwiderte der Assessor. " Dann hatte das Glas, aus welchem bei meinem Ein- War auch die Veranlassung eine betrübende, so wurde sie tritte der Hausbursche Friedrich den Kranken trinken für mich zur erfreulichen, denn sie bot mir Gelegenheit, ließ, eigenthümlichen Geruch. Es war zwar Wein in dem das, wie der König es öffentlich aussprach Muster aller Glase, wie Friedrich behauptete: Festwein, aber der Geruch Bürger und seine stattliche Gemahlin kennen zu lernen. des Giftes überwog den des Weines. Auch schien es mir, Hoffentlich habe ich noch oft die Ehre, Sie zu sehen und als wäre das Glas daffelbe buntblumige Glas, welches ges Ihnen nüßlich zu sein. Die weise Vorsicht des Bürgerfüllt mit Wasser, ich/ Hanne dem Major bringen sah." meisters hat Sie ja aller Besorgniß enthoben, wenn ein Georgine blickte wieder freier auf. Cholerafall vorliegt. Sollte es etwas anderes sein, dann
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