gaste von einem Beamten des ZugcS zu dem Billetschaffner de-gleitet, bei dem es dann erst der genauesten Aufklärung bedurfte,ehe er die ganze Schaar ohne Billets vom Bahnsteig hinunter-ließ. Die Betheiligten aber befanden sich infolge dieser Weit-läufigkeiten zum Theil in einer so„animirten" NenjahrSstimmung.daß unterwegs in dem einen Koupee sogar eine kleine Prügeleientstand, die aber plötzlich ein jähes Ende dadurch fand, daß einerder Leute unbemerkt den— Bremshebel herumriß unddarauf der Zug mit einem schrillen Pfiff der Lokomotive mittenauf der Strecke zum Stehen kam. Bei der Untersuchung derKoupees durch das Zugpersonal wurde der Thäter alsbald er-mittelt und wird nun zu all' den übrigen Unannehmlichkeitendieser Neujahrsreise noch eine gehörige Strafe zu gewärtigenhaben.Auf dem Terrain dcö Stettiner Bahnhofs ist die Eisen-bahn-Direktion damit beschäftigt, in der Fluchtlinie der Earten-straße einen Güterschuppen zu errichten, der von der Höhe derJnvalidenstraße bis zum Garienplatz ein einziges lang-gestrecktes Gebäude, mit davor liegender bis zur Liesenstrapsreichenden Mauer darstellt. Durch dieses Gebäude wirdden zahlreichen in der Nachbarschaft wohnenden Beanitenund Arbeitern der direkte Zugang zu dem Bahnhof abgeschnitten;es hat daher ein Komitee von Interessenten an den Ministerder öffentlichen Arbeiten ein Gesuch gerichtet, in welchem derMinister ersucht wird, der Bauverwaltung des Stettiner Bahn-Hofes anzubefehlen, durch das im Bau begriffene Güter-Expeditionsgebäude von der Gartenstraße her einen Zu- undAufgang zum Bahnhof für die Eisenbahn-Bediensteten und einenEingang zur Güter- Abfertigungsstelle und Kasse für die bethei»ligten industriellen Kreise zu schaffe».DaS Terrain der Domäne Dahlem soll in weitestemUmfange öffentlichen Unternehmungen dienstbar gemacht werden.Nachdem bereits 42 Morgen für die Koch'sche» Institute und16 Morgen für daS mit den Instituten in Verbindung zubringende Kreis-Krankenhaus abgesteckt sind, sind nunmehr auchdie Pläne für den neuen Botanischen Garten fertig-gestellt. Der Garten wird sich vom Fichtenberg bei Steglitzan Neu-Lichterfelde vorüber bis etwa IM Meter vordie nach Dahlem führende Kirch-Allee hinziehen, die südwest-liche Grenze wird eine gerade von der Potsdamer Chaussee biszum Dorfe Dahlem führende Linie bilden. Ferner ist für dieSternwarte, die zwischen der Kirch-Allee und dem Dorfe Dahlembelegene Anhöhe in Aussicht genommen, von welcher ans beiklarem Wetter das Observatorium auf dem Brauhausberg beiPotsdam sichtbar ist. Auch verlautet, daß auch die ThierärztlicheHockjschule die Ueberlassung eines Terrains beantragt hat, undendlrch soll auch daS Nother-Stift, das bekanntlich sein Heim inder Belle-Alliancestraße verkaust und vorläufig in der Kreuzberg-straße ein HauS gemiethet hat, hier einen Neubau beabsichtigen.Selbsthilfe der Schorufteinfeger. Auf zwei falscheSchornsteinfeger wurde am Sylvesterabend in der UrbanstraßeJagd gemacht. Die beiden hallen, jeder in ein schwarzesArbeitskostüm gekleidet, eine Gratulationstour durch die Häuseram Kottbuser Damm unternommen und in zahlreichen Fällenauch die üblichen Neujahrsgeschenke erhalten. Als den nacheiniger Zeit kommenden Schornsteinfegern, die dort das Schorn-steinkehren thatsächlich besorgen, hiervon Mittheilung gemachtwurde, begaben sie sich sofort an die Verfolgung der falschenBernfsgenossen, die in einer Destillation betroffen wurden undbeim Anblick ihrer Verfolger wild davonstürmten. Der eine derfalschen Schornsteinfeger entkam nach einem Neubau, von woaus seine Spur nicht weiter aufzufinden war; dem anderenwurden die erschwindelten Gratulationsgelder etwas unsanft ab-genommen.Die Nichtbeleuchtung der Treppe» während derMorgenstunden hat, wie man allenthalben hört, in letztererZeit wieder zahlreiche Unfälle verursacht, wenn auch die Folgenmeist verhältnißmäßig leichter Natur gewesen sind. EineAenderung zum besseren wird freilich nicht eher eintreten, alsbis die Hauswirthe auf grund gerichtlicher Entscheidung ver-pflichtet werden könne», auch morgens, wenigstens von 6 Uhrab, die Treppen zu beleuchten. Das Kaiinnergericht hat ausAnlaß eines Spezialfalles jüngst ausgesprochen, daß der Haus-wirth, gleich wie er zum Schließen des Hauses abends 10 Uhrverpflichtet sei, auch für die Oeffnung morgens 6 Uhr zu sorgenhabe. Analog dieser Entscheidung' müßte ihn auch die Ver-pflichtung zweimaliger Beleuchtung treffen.Die Berliner Packetfahrt-Gesellschaft thut in eine», anuns gerichteten Schreiben sehr empört über unseren Vorwurf ge-schäftlicher Unverfrorenheit. Uns dünkt, ohne besonderen'Gruud.Die Thatsache, daß ein Brief angenommen und mit entwertheterMarke als nicht bestellbar zurückgegeben wurde, giebt sie zu, fugtaber bei. daß aus Verlangen stets der Portobetrag zurückbezahltwerde. Wir halten dafür, es sei ihre Aufgabe, gleich-zeitig mit dem Briefe den Betrag zurück»zusenden, und wenn sie für künftig eine solche Anordnungerläßt, wird sie nur thun, was ihre Geschäftskunden zu verlangendas Recht haben. Die Berliner Pserdebahn-Gesellschaft wird sichkein Geschäft zum Muster nehmen, das auf rücksichtsvollen Ver-kehr mit dem Publikum Werth legt.Ei»„Lehrer der Dicbesknnst", der bereits mit Zucht-Haus vorbe st raste„schwarze Karl", der 26 jährige SchlosserKarl Florian ist am Neujahrstage in Haft genommen worden.Der sonst sehr vorsichtige Dieb, welchem unsere Kriminalpolizeinur sehr schwer beikommen kann, wurde am Neujahrstage dabeiabgefaßt, als er einem Drehorgelspieler ein Portemonnaie mit4 M. Inhalt aus der Tasche zog. Der den Burschen nach derPolizeiwache sistirende Kriminalbeamte vernahm plötzlich dasFallen eines Gegenstandes auf dem Bürgersteige und hob—eine goldene Damen-Uhr, die der Gefangene soeben fortgeworfenhatte, auf. Diese Uhr gehörte, wie alsbald ermittelt wurde, demin der Marienstraße wohnenden Heilgehilfen L.. welcher ain29. v. M. bestohlen worden war. Der That verdächtig war der17 jähr. Lehrling des L., der anfänglich jede Schuld bestritt underst vorgestern durch die Festnahme des„schwarzen Karl" überführtwerden konnte. Der junge Mensch, der Sohn achtbarer Eltern,war vor einigen Wochen in eine berüchtigte Kneipe verschlepptworden und hatte dort de»„schwarzen Karl" kennen gelernt.Der Verbrecher halte in dem Lehrling ein seinen Zwecken ge-fügiges Werkzeug gefunden und er überredete den jungen Mannzn einer Diebesthat. Der„schwarze Karl" verabredete nun mitdem Burschen, den Prinzipal zu bestehlen; am 29. v. M. abendswar der Lehrling allein in, Geschäft und nun erschien der Ver-sucher, um unter Beihilf« des von ihin Verführten einen Schrankzu erbrechen, in welchem sich die werthvolle Uhr und IM M.baares Geld befanden. Der junge Mensch erhielt an Ort undStelle seinen Lohn, 75 M., wahrend der„schwarze Karl" es vor-zog, die Uhr zu behalten.— Von dem gestohlenen Gelde wurdebei dem Lehrling sowohl wie bei seinem Auftraggeber und Lehrernicht viel gesunden.Vom Kasernenhofe. Wegen Insubordination hat sich derRekrut Beil von der 7. Kompagnie des Kaiser Alexander»Regiments eine schwere Strafe zugezogen. Vor fünf Wochenübten die Rekruten der 7. Kompagnie auf dem KasernenhofeGewehrgriffe. Die Aufsicht führten zwei Offizier« und ein Vize-Feldwebel. Der Gefreite Himmel, der als ausbildender Unter-osfizier Dienst that, ließ den Rekruten Beil einen Griff,den er schlecht gemacht hatte, wiederholen. Beil aberwarf dem Gefreiten sein Gewehr vor die Füße. Himmelwollte den Mann nicht gleich unglücklich machen und rief ihmhalb verweisend halb mahnend zu:„Beil, sind Sie denn blöd-sinnig geworden I" Der Rekrut erwiderte:„Zu Befehl. Herr Ge»sreiter, ich bin beim Militär blödsinnig geworden." Diese Ant-wort hatte der die Aussicht mitsührende Vizeseldwebel gehört.Er trat heran und fragte den Rekruten:„Was habenSie soeben dem Gefreiten gesagt?" Beil wiederholte seineAntwort. Man rief nun den Kompagniechef. Haupt-mann v. Leper. herbei. der den Rekruten auf grundseiner Aeußerung, daß er blödsinnig geworden sei, und seinesVerhaltens gegenüber dem Gefreiten als krank durch zweiMann sofort nach dem Garnison-Lazareth I in der Scharnhorst-straße führen ließ, wo er auf seinen Geisteszustand untersuchtund zugleich als Untersuchungsgefangcner gehalten wurde. DieAerzte erkannten auf grund erncr längeren Beobachtung, daßBeil geistig vollkommen gesund ist. Infolge dessen fand amMontag, den 23. Dezember, gegen den Rekruten die kriegs-gerichtliche Hauptverhandlung statt. Das Kriegsgericht verurtheilteBeil zu einer schweren Festungsgesängnißslrafe. Der Unglücklichewurde am Freitag nach Spandau abgeführt.Bei verschiedenen Truppcntheilcn ist in den letzten Tageneine gründliche Durchsuchung der Spinden, Bettenund K a st e n aller Untcrosfiziere und Mannschaften durch dievorgesetzten Offiziere erfolgt. Es handelt sich bei dieser Durch-suchung lediglich darum, ob die Mannschasten im Besitze ver-bot« i, er iiamentlich aber sozialdemokratischerSchriften, Zeitungen oder ähnlicher Lektüresind. Ob Fälle von Beschlagnahmungen dieser Art vorgekommensind, entzieht sich bis jetzt unserer Kenntniß. Solche Durch.suchungen finden übrigens mehrmals im Jahre statt, da sie»acheiner vermuthlich kriegsministeriellen Verfügung vorgeschrieben.sind. Gewöhnlich geschieht dies wenige Wochen nach Einstellungder Rekruten in das Heer.Tobt wurde am Sylvesterabend gegen 6 Uhr ein unbekannterMann im Thiergarten auf einer Bank am Goldfischteich auf-gefunden. Der Mann hatte sich aus einem Revolver, der, nochmit fünf Patronen geladen, nebe» der Leiche lag. eine Kugel indie linke Schläfe gejagt. Der Todte scheint ein Handwerkergewesen zu sein, zur Feststellung seiner Persönlichkeit fehlt esjedoch vorläufig an jedem Anhalt.Von seiner eigenen Fran ist der in der Rosenstraße znRipdorf wohnhafte Arbeiter Karl Wenzel bei der Polizeiwegen angeblicher Sittlichkeitsverbrechen dcnunzirt worden,worauf W. am Neujahrstage verhaftet und in das Amts-gefängniß eingeliefert wurde. W. bestreitet bisher jede Schuldund will das Opfer eines Racheaktes geworden sein.Ans der Straße gestorben. Am Donnerstag Vormittagbrach die 81 Jahre alte Wittwe Louise Wilhelmine Hersurth.Bergstraße 129 in Rixdorf wohnhaft gewesen, auf der Richard-straße plötzlich todt züsammen. Ein Herzschlag hatte dem Lebender alten Frau ein Ende gemacht.In selbstmörderischer Absicht stürzte sich in der Nachtvom Montag zum Dienstag die 25 Jahre alte Ehefrau desKassenboten G. in Rixdorf aus einem im vierten Stockwerkbelegenen Flurfenster des Hauses Hermannstr. 35 in den Hofhinab. Dort wurde sie bald darauf mit gebrochenen Beinen undanderen schweren Verletzungen aufgefunden und nach ihrerWohnung gebracht, wo sie nach ca. 2 Stunden unter entsetzlichenQualen verstarb. Schwermnth soll das Motiv der traurigenThat gewesen sein.WittcrnngSiibcrsicht vom S. JanuarWetter-Prognofe für Freitag, S. Januar 18S6.Etwas gelinderes, vorwiegend trübes Wetter mit Schnee-fällen und schwachen südwestlichen Winden.Berliner Wetterbureau.Evflvv Vevbrntdskttgdvv deutschen Skuckuteure undG�psev in Nussel.Die Verhandlungen begannen am 27. Dezember. Anwesendwaren 19 Delegirte, welche 18 Filialen vertrete», sowie zweiMitglieder des Vorstandes und 1 Mitglied des Ausschusses. DerVorsitzende Odenthal erstattete zunächst den Geschäftsbericht.ebenso der Kassirer den Kassenbericht. In der Generaldiskussionwerden lebhaste Beschwerde» laut, welche sich meist mit der Lau-heit der einzelnen Filialen sowie der Mitglieder beschäftigen.Es folgt die Wahl der Rechnuiigsprüfungs-Kommissio».Nachmittagssitzung. Zum Situationsbericht berichtetzunächst Odenthal über die Lohn- und Arbeitsverhältnisse inKöln. Dieselben sind annähernd zufriedenstellend. ebensodie Organisation. Durch einen im Jahre 1893 ausgebrochenenLohnkampf ist auch das System der Schwitzmeistcr bedeutendciiigeschränkt worden. S i t t e n f e l d legt die Arbeitsverhältnissein Hamburg seit der Cholerazcit klar; die Situation warkeine günstige. Die Arbeitszeit beträgt jetzt im Winter6Vl Stunden. Schäfer-Leipzig führt aus, daß Lohn- undArbeilsverhältnisse ziemlich normale seien; ein statistischer Berichtlegt das nähere klar. Ueber Düsseldorf weiß Odenthalnicht besonders erfreuliche Mitlheilungen zn machen; dasselbegilt von Duisburg u. f. w. H u s z i g e r sagt, inBochum sind die Verhältnisse ungünstig, für die Organi-sation sind keine Vortheile zu erringe», die Hessen-Nassauer kommen im Frühjahr als Preisdrücker. Groll-Essen berichtet, daß die dortigen Verhältnisse besonders in derArbeitszeit skandalöse sind. Die Organisation läßt zu wünschenübrig. S i t t e n f e l d schildert dazu grauenerregende Zustände.Buck-Dresden giebt durch seinen Bericht ein klares Bildüber die Arbeitsverhältnisse, theils ist eine neunstündige Arbeits-zeit eingeführt. Die Löhne sind normal. Der nächste Sommerwird einen Lohnkampf bringen, uin die neunstündige Arbeitszeiteinzuführen rcsp. festzuhalten, zuviel dürfe man nicht wagen, umnicht zu schaden. Ditelins-Nürnberg giebt ein allge-meines Situationsbild, welches sich in nicht glänzendem Lichtezeigt, jedoch eine Besserung mit Bestimmtheit erwarten läßt.Lebensmittel sind theuer. Rappeneker-Freibnrg: DieVerhältnisse waren früher ungünstig; durch Anschluß des Lokal-Vereins a» den Verband sind bessere Lohn- und Arbeitsverhältnisseerzielt. Lehrlingsausbeutnng ist an der Tagesordnung. Odenthalerläutert dazu, daß grade in M.-Gladbach traurige Zuständeherrsche», eine Aufbesserung sei dringend nölhig. Salz er-Duisburg-Mühlhausen-Oberhausen: Die elfstündige Arbeitszeitist vorherrschend. Löhne sind schwach. Die Organisation läßtzu wünschen übrig. Gerhardt- Elberfeld: Es existirt neun-einhalbstündige Arbeitszeit. In einem Geschäft wird 14 Stundengearbeitet. Die übrigen Verhältnisse sind normal. Eine strammeOrganisation der Arbeiter ist hochnöthig. Der Allgemeine Ar-beiterverein hat alle Gewerkschaften vernichtet. Allgemein wirdKlage über die Mißstände im Baugewerbe geführt und Abhilf«dringend dafür verlangt. B u ck stellt hierzu einen bezüglichenAntrag in Aussicht. Steffen entrollt«in trauriges Bild überdie Verhältnisse der Kasseler Stuckateure, eine Besserung istbei der Lauheit der Kollegen nicht vorauszusehen. Odenthalgiebt in ironischer Weise seiner Meinung über das Verhallender Kasseler Stuckateure Ausdruck.V o r m i t t a g s- S i tz u n g v o m 28. D e z e n> b e r. VorEintritt in die Verhandlungen wird ein Begrüßungs-Telcgrammverlesen. Zur Tagesordnung steht Organisation und Agitation.S i t t e n f e l d kann sich mit Ausbringung der Mittel durchMarken nicht einverstanden erklären. Gerhardt spricht fürAufstellung von Agitationsbezirken. Ditelius erläutertdie Schwierigkeiten der Agitation in Süddeutschland.B n ck ist gegen daS System der Agitationsmarken. ZurBetreibung der Agitation seien nicht immer weitläufigeKommissionen nöthtg. Odenthal konstatirt, daß der Haupt-Vorstand die AgilationSkommissionen des öfteren mit Mittelnuuterstützen müßte. Man müsse den Ehrgeiz der Kollegen zurEntnahme von Marken zu wecken suchen. Sittenfeldbittet, die Agitationskommission in Köln wegen der dort an»sässigen fähigen Kollegen zu belassen.— Nach längerer Diskussiongelangt folgend» Resolution zur einstimmige» Annahme:„Dererste Verbandstag der Stuckateure u. f. w. erklärt sich im Prinzipmit der Schaffung von Agitationskommissione» einverstanden undhält es für nolhwendig, daß überall dort Agitationskommissionengegründet werden, wo durch das Zusammenliegen von Städtenund Orten, in denen Kollegen beschäftigt sind, ein Erfolg für dieOrganisation zu erwarten ist. Er�verpflichtet aber die organi-sirten Kollegen in allen Städten, daß mit den Kollegen inden nächstliegende» Orten Verbindungen angeknüpft werdenzwecks Ausdehnung des Verbandes."— Ein Antrag: den Vor-stand zu beauftragen, zu geeigneter Zeit zwecks Betreibung vonAgitation mit dem Verband der Maurer einen Kartellvertragabzuschließen, findet einstimmige Annahme. Hierauf wird in dieSlatutenberathung eingetreten, und findet über die gestellten An-tröge zunächst eine Generaldiskussion statt, welche sich nament-lich mit dem Unterstützungswescn beschäftigt. Zur Frage derArbeitslosen-Unter stütz un g bemerkt Odenthal,daß in Köln ein städtischer Arbeitsnachweis ein-geführt sei, welcher eine ArbeitSlosen-Unter-stützung einführen will, zu welcher ei» Großindustrieller19 009 M. gestiftet habe.— Eine Resolution, welche Stellungzur Arbeitslosen-Unterstützung»immt und hierzu die Ausnahmeeiner weitergehenden Berufsstatistik fordert, findet einstimniigeAnnahm«.GevWikA-Teilung.Die erste„Jnristin" in Berlin. Ende deS abgelaufenenJahres ist Frau Dr. zur. Emilie Kempin, Privatdozentin fürenglisches und amerikanisches Recht an der Universität Zürich,in Berlin vor dem Amtsgericht I als Sachkundige für Ueber-tragung der englischen Rechtssprache ins Deutsche und umgekehrtfür sämmtliche Gerichte der Mark Brandenburg vereidigt worden.Die Genannte, welche früher Dozentin der Rechte an derUniversität der Stadt New-Zork und dort mehrere Jahreals Advokatin thätig war, hat sich in Berlin nieder-gelassen und Unter den Linden 40 ein englisch-amerikanischesRechtsbureau für Auskunst über Fragen des englischen Rechts,Instruktion bei Prozessen in den Vereinigten Staaten undStachlaßregulirungen eröffnet.Wie sehr sich die Frage: ob Kassenärzte oder freieArztwahl? unter den Belheingte» zugespitzt hat, zeigt eine An-klage wegen Beleidigung, die gestern den Dr. meä. KarlW o l l h e i m vor die 9. Strafkammer des Landgerichts l fübrte.Der Angeklagte, der früher fest angestellter Kassenarzt war, er-ließ im Sommer v. I. ei» Flugblatt„An die Delegirtender Orts-Krankenkasse der Maschinenbauer",durch welches die jetzigen Vorstandsmitglieder der Orts-Kranken»lasse beleidigt sein solle». In dem Flugblatt wurde ausgeführt,daß unter dem neuen System der freien Arztwahl die früherso gut sundirte Kasse in vollem Niedergang begriffen sei, inzwei Jahren etwa 400 000 M. eingebüßt habe und bald aufdem Standpunkte eines bankrotten Kaufnianns angelangt seinwerde, während die Verwaltung nicht gedarbt habe, die Ver-waltungskosten vielmehr erheblich gestiegen seien. Der An-geklagte erklärte, daß er mit dem Flugblatte nicht nur sein»eigenen, sondern auch die Interessen der Orts-Krankenkasse habewahrnehmen wollen und daß die in dem Flugblatte angeführtenthalsächlichen Verhältnisse der Wahrheit entsprechen. Rechts-anwalt Dr. G. Becker beantragte, den Vertreter der Gewerbe-deputation. Magistratsassessor Dr. B l a n k e n st e i n zu laden,um durch diesen die Behauptungen des Flugblattes bestätigen zulassen. Der Gerichtshos entsprach diesem Antrage und vertagtedie Verhandlung.Die Moral in den durch„Bildung und Besitz" maß«gebenden Gesellschaftsschichten wird durch zwei in voriger Wochevor dem Kammergericht verhandelte Prozesse, über welche die„Volks-Zeitung" berichtet, recht niedlich illustrirt.Dtc Thatbestand in dem einen dieser Prozesse bietet vieleAnklänge an die Vorgänge, die jüngst im Prozeß Sank« zurSprache kamen. Auch hier handelte es sich um die hartnäckige Ver-folgung eines hiesigen Arztes durch seine frühere Geliebte.Dem Verhältniß der Beide» war«in Kind entsprosse». BeiLösung des Verhältnisses kam in bezug hierauf ein schriftlicherVertrag zu stände, wonach der Arzt als Abfindung3000 Mark zahlen sollte, während das Mädchen sich verpflichtete(wörtlich!):„sich jeder Belästigung des Doktorsdurch Eindringen in dessen Wohnräunie,durch Auflauern und Nachlaufen auf derStraße und durch Nachschreien bei Bern, eidungeiner Strafe von hundert Mark für jedenFall der Zuwiderhandlung zu enthalten."Der Doktor, welcher sich einige Zeit darauf verheirathete,erfüllte seine kontraktliche Verpflichtung, nicht aber seine Gegen-kontrahentin, welche forlgesetzt gerade das that, was sie nicht znthun sich verpflichtet Halle. Nach der Darstellung des Doktorshatte er sich vor den Verfolgungen derselben oft kaum mehr zuretten gewußt. Zeigte er oder seine Gattin sich am Fenster,siehe, da stand auch sie schon unten, stierte auffällig hinaus undnickte höhnisch mit dem Kopse. Ging er allein oder mit seinerFrau aus, flugs war auch die ewig auf der Lauer Stehendehinter her und macht« sich durch allerlei Bemerkungen recht unan-genehm bemerkbar. Sie verfolgte das Ehepaar mit unheimlicheinFixiren bis in Vergnügungslokale, Pferdebahnwagen, Bahnhöfe.wohin es sich vor ihr hatte retten wollen, und drang sogar indas Geschäftszimmer des Doktors ein, wo sie ihn in Gegenwartzweier seiner Kollegen beschimpfte. Er strengte hierauf ausgrund des erwähnte» Vertrages die Zivilklage gegen siemit dem Antrag an, sie zu verurtheilen, sich jederweiteren Belästigung bei Vermeidung einer Strafe von 100 M.für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu enthalten.— DasLandgericht I erkannte nach dem Klage-Antrage.Aus den Vertrag komme es gar nicht an, da Kläger auch ohnedenselben aus allgemeinen Rechtsgründen verlangen könne,daß niemand ihn in irgend einer Weise durch Eindringen indie Wohnungsräume, durch Auflauern und Nachlausen auf derStraße oder durch Nachschreien belästige. Die Entscheidungwurde rechtskräftig, aber die Verklagte ließ sich durch sienicht von weiteren Belästigungen abhalten. weshalb siedann zweimal zu der erwähnten Geldstrafe, welche übrigens vonihr nicht beizutreiben war, verurtheilt wurde. Anläßlichweiterer Fälle erkannte nunmehr das Landgericht I gegen sieauf ein« Haftstrafe von 10 Tagen, wogegen siemit der Behauptung Berufung einlegte, daß sich die Vor-gänge, auf grund deren sie zuletzt verurtheilt worden,nicht m der vom Vorderrichter zu ihren Ungunsten