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Donnerstag 3. Januar 1929
Unterhaltung unö �Vissen  
Beilage des Vorwärts
Tolkmar 3ro:
Sias Schluchzen
Li-Po hcxkt in der glühenden Mittagshitz« zusammengekauert an seiner Straßenecke im Hafenviertel von Singapor  « und tut, als ob er schlafe. Der alte Po ist ein gelbes Skelett, eine abschreckend häßliche Jammergestalt. Don seinem kahlen Schädel hängt ein dünner Zops wie ein schäbiger Rattenschwanz, leine Arme sind mit gelber Haut überzogene Knochen, seine dürren Beine sind grau von Schmutzkrusten und quer über das runzelige, fahlgelbe Gesicht läuft eine zwei Finger breite, blutrote Narbe. Ein fürchterliches, auf dreißig Schritte schreiendes Mol. Es reicht von einem Ohr zum anderen und ist nur durch den Mund unterbrochen das(Besicht des alten Po gleicht einer der schauerlichen, grell bemalten Götzen- sratzen in den chinesischen Tempeln! Aber Li-Po ist stolz auf dieses entsetzliche Gesicht. Es ist sein Stolz, seine Altersversorgung. Ohne dieses schreiend rote Mal in dem fahlgelben Gesicht wäre er längst verhungert und verscharrt wie Tausende der alten, arbeitsunfähigen Chinesen in Singapore  . Denn als er vor zwei Jahren in der Hiramstreet um den Karren eines gelben Garkochs schlich und mit dem Mut der Derzweiflung nach einem Stück Trockenfisch griff, hatte er schon zwei Tage lang nichts gegcsien. Er konnte nichts mehr oerdienen und kein Mensch kümmert sich in Singapore   um alte Menschen. Sie sind unnützes Knochenzeug und haben den Jungen Platz zu machen. Jede Dschunke speit Ladungen kräftiger Kulis aus der Heimat aus, Unbarmherzig- feil regiert als oberstes Gesetz des Ostens! Po hatte Hunger, mörderischen Hunger und wollte mit dem Stück Trockenfisch verschwinden, aber ein Kuli bemerkte den Diebstahl und winkte dem Gorkoch, doch Po würgte schon an dem Fisch, ließ ihn nicht mcV los, der Koch zeterte, wurde wütend, schlug ihni mit dem glühenden Bratspieß, an dem die kleinen Fleischstücke geröstet werden, ins Gesicht. Po brüllte vor Schmerzen auf, wälzte sich schreiend im Staub. Ein Holländer zwängte sich durch das farbige Rudel, das den heulenden Chinesen wie ein verendendes Tier be- trachtete, warf ihm ein Zehn-Cent-Stück zu, ging weiter. Trotz aller Schmerzen griff Po nach dem Geld, wankte taumelnd in den Stall, den er im Chinesenoiertel mit zwei Schweinen bewohnte. Aber sein Hunger war noch ärger als das Brennen der Wunde. Po kroch au» seinem Reisstrohhaufen auf die Straße, kaufte für die zehn Cent ein Pfund gekochten Reis, schlang ihn hinunter, hockte sich dann in den Rinnstein, hielt sich mit den Händen den Kopf und weinte. Das Weinen war die einzige Medizin, die er sich ohne Geld gegen das schreckliche Brennen verschaffen konnte. Der alte, halb- »erhungerte, ausgemergelte Li-Po schuchzte wie ein kleiner Junge und es wurde ihm dabei leichter ums Herz. Und während ihm die dicken Tränen über die gelbe» Wongen Refen, kam nach dreißig langen Leidensjahren endlich das Glück zu ihm: Eine Kupfermünze klirrte vor ihm auf, bald darauf eine zweite. Dann ein Zwanzig-Cent-Stück. Po schluchzt« noch immer, aber er witterte schon den Zusammenhang der Ding«, hob die Hände gegen das Gewühl der Straße, schluchzte weiter und wurde mft jedem Kupserstück seliger.,.... x Seit jener Nacht ist Po ein restlos glücklicher Mann Cr ver­dient. Er verdient mehr als der schnellste Rikschahläufer. An guten Tagen bis zu zwei Silberdollars, an schlechten mindestens einen halben. Er bettelt nicht stumpf vor den großen Hotels, sondern er erzählt schluchzend seine Geschichte: wie er als Kesselheizer auf der Fahrt von Hongkong   nach Singapore   gegen den glühenden Ofen fiel. Er hinkt heulend neben den Matrosen, Schisfsoffzieren, weißen Reisenden und Kaufleuten, erzählt seine Geschichte in englischen, holländischen und malaiischen Brocken, heult dabei zum Erbarmen und vordicnt. Und jeden Morgen reibt er sein Mal gründlich mit grünem Psefser und seinem Sand! Po hockt jetzt in der glühenden Mittagshitze an seiner Straßen- ecke und Mt, als ob er schlase. Aber er schläft nicht. Er beobachtet mit halbgeschlossenen Augen jeden Passanten, sieht den schweiß- triefenden Rikschahläufern nach, die wie gehetzte Tiere gegen die Stadt rasen, berechnet den Verdienst des Dornnttags und wartet auf Kundschaft. Diese stille Geschästszeit um die Mittagsstunde ist herrlich, denn Po kann sich jetzt ungestört mit seinem Lieblingsgedanken beschäftigen: mit seinem Sarg! Wie jeder Gelbe in Singapore   spart er nur für die Rückfahrt nach China   und für seinen Sarg. Er träumt von einem prächtigen, von Goldlack funkelnden Sarg. Er wird ihn in seinem Zimmer aus- stellen und seine Freund« einladen, ihn zu besichtigen. Er wird den Rest seiner Tage rings um diesen schönen, goldenen Sarg verbringen es ist fast zuviel Glück, diese nahe Erfüllung seines Jugend- traumes, aber die Geschäfte sind gut, melleicht»och ein halbes, höchstens ein Jahr. Li-Po hebt den Kopf und horcht. Ein gelber Ohrenputzcr kommt die Straße herauf, ruft sein eintöniges Ai Ai. Po winkt ihm. Der Chinese hockt sich mit einer tiefen Verbeugung neben ihn, holt seine Instrumente aus der zersetzten, blauen Jacke: Kleine Lössel und Stäbchen aus Elfenbein, Watte, ein Fläschchen mit schmutzigem Seifenwasser. Und während der Gelbe das abstehende linke Ohr in die Arbeit nimmt, schließt Po genießerisch die Augen, denn dos Ohrenputzen bedeutet für ihn ein kleines Fest. Er träumt dabei weiter von seinem Sarg und verspürt überdies Hunger. Das Wasser rinnt ihm dabei im Mund zusammen, denn er gedenkt dann eine Doppelportion Haisischflossen zu verzehren. Ein gelinder Stoß des Ohrenputzsrs weckt ihn säh. Er blinzelt eine hagere Engländerin steht drei Schritte vor ihm. zielt mit der Kamera, winkt dem Ohrenputzer, daß er seine Arbeit fortsetze. Po oerzieht seinen großen Mund zu dem demütigsten Lächeln, zeigt dabei seinen einzigen schwarzen Zahn und ist entschlossen, noch der Aufnahme sofort auszustehen und sein Glück zu versuchen. Die Engländerin knipst, dreht die Filmspul«. Und jetzt geschieht das Unbegreifliche, das zweite Wunder im Leben Li-Pos: Sie öffnet ihre Geldbörse, sucht nach Kleingeld. Zögert einen Moment, nimmt«inen Silberdollar heraus, wirft ihn neben Po. Gcht weiter. Po starrt ihr noch, beginnt plötzlich zu schluchzen. Er weiß selbst nicht, warum er heult, denn das Geschäft ist doch schon gemacht aber er muß weinen. Er weint aus Pilichtgefühl, aus Ueberräschung und aus Freude über dies« glücklich« Stund«, in der er beim Ohren- putzen einen Dollar verdient«! Und während«r sanft weiterschluchzt, neigt er den Kopf, damit der Ohrenputzer sein rechtes Ohr in die Arbeit nehme.
Sir.£eo Jloszclla: AtiSdVUChS&VMlUl
Die Menge der Ausdrücke, über die der Mensch oerfügt, wächst von der Kindheit bis ins späte Alter, wenn bereits geistige Ent- wicklung und Ausbildung beendet sind. Das Anwachsen der Zahl der Ausdrücke geht in der Kindheit cun raschesten, aber nicht gleichmäßig, denn es unterliegt dem Gesund heitsMstand des Kindes wie auch seiner Lebenserfahrung. In der ersten Zeit der Kindessprache ist es leicht, die Aus- drücke, die es gebraucht, zu wählen, später schon sehr schwer, da sich die Sprechsähigkcit mit oft erstaunlicher Raschheit entwickelt. Man hat in verschiedenen Ländern, vor allem in Amerika   und Schweden  , entsprechende Untersuchungen angestellt und statistisch festgelegt natürlich auf individueller Basis. Ein amenkonisches, unter diesem Gesichtspunkt sehr sorgfältig beobachtetes Kind, besaß im zehnten Lebensmonat in seinem Wörterbuch drei Ausdrücke, im elften 12, im zwölften 24, im drei­zehnten 38, im vierzehnten 48, im fünfzehnten 106, im sechzehnten 199 und im siebzehnten 232 Ausdrücke. Als dasselbe Kind das 6. Lebenswahr beendet hatte, stellte man eine neue Untersuchung in der Art an, daß man auf alle Möbel im ganzen Hause Zettel und Bleistifte verteilte und alles aufschrieb, was das Kind sagt«. Nach zwei oder drei.Togen sammelte man die Kärtchen und ordnete die Ausdrücke alphabetisch. Uird wiederum verteilte man Zettel und Bleistifte, damit die Hausinsassen sofort alle Ausdrücke, die das Kind ungezwungen von sich gab, notierten. Unabhängig davon imterhielt man sich mit ihm über verschieden« Stoffe, um ihm die Möglichkeit zu geben, alle Zlusdrücke zu gebrauchen, die es vorher erworben hatte. Aus diese Weis« stellte man nach einer einen Monat währenden Untersuchung ein vollständiges Wörterbuch der Ausdrücke dieses Kindes im 6. Lebensjahr zusammen und veräffent- lichte es. Es enthält 2688 Ausdrücke neben Eigennamen mrd Zahlworten. Der bekannte dänisch  « Sprachforscher Otto Jespersen  , der darüber schreibt, behauptet, daß jenes sechs Jahre alt« Kind ohne Zweifel über ein« noch größere Menge von Aufrücken verfügte, da man trotz der sorgfältigen Untersuchung nur die Ausdrücke zählt«, die das Kind im Lauf« des ersten Monats des 7. Lebensjahres an- wendete, ohne die Ausdrücke zu zählen, die es verstand und anzu- wenden vermocht«. Es ist ollgemein bekannt, daß passive Sprach- kenntnis hinsichtlich der Ausdrücke imd Ausdrucksweise bedeutend breiter und reicher ist als die produktive. Ueberhaupt bezweifelt Jespersen ernsthaft die Bedeutung der Statistik der Ausdrücke in der menschlichen Sprache und empfiehlt vielmehr Untersuchungen, wstostl Ausdrücke das Kinh oder der Erwachsene nicht versteht Di« Lehrer fallen im allgemeinen in den Fehler, daß sie einzig und allein darauf achten, ob das Kind ein Frsmd- oder Lehnwort nicht versteht, während sie vergessen, daß Kinder häufig viele Ausdrücke der eigene'n Sprache nicht verstehen, obwohl sie sie vom Lesen und Hören kennen. Ferner ist bekannt, daß es in jeder Sprache Wort« gibt, die viele Bedeutungen besitzen, den Sätzen entsprechend, m denen sie gebraucht werden. Der bekannte Spvochförscher Prof. Vendryes führt mit Recht aus, daß man i,n Wörterbuch solche Ausdrücke mit einfacher Bedeutung nicht äls«m-und denselben Ausdruck bs-
trachten darf, sondern als verfchiedRi« mit eürsn abweichendem, psychischen, intellektuellen oder auch nur Gemütsbewegungsinhokt. Deshalb besitzen wir auch mehr oder weniger gor keine genauen Berechnungen der in der Sprache gebräuchlichen Ausdrück«. Di« gewöhnlichen Wörterbücher können sie nicht geben, da sie auch solche Ausdrücke bringen, die heute niemand mehr versteht, abgesehen davon, daß sie niemand mehr gebraucht, und serner Ausdrücke, die nur lokal oder von besonderen Kategorien von Menschen gebraucht werden(Technische Ausdrücke). Aber auch diese Zählversuche, die bis jetzt angestellt wurden. sind interessant. So gab der berühmte, heute nicht mehr lebend« Sprachforscher Max Müller  , auf der Basis angeblicher Berechnungen eines Pfarrers der anglikanischen Hochkirche an, daß ein englischer Bauer im höheren Alter einen Sprachschatz besaß, der sich nur aus 300 Ausdrücken zusammensetzte. Jespersen nennt das eine Erzlüg«, obwohl es durch ein« Autvri- tat in der Psychologie wie Prof. Wundt wiederholt wurde. Wenn jeder ausländische Junge auf der Schulbank mit Leichtigkeit im ersten Jahre englischen Sprachunterrichts 700 englische Ausdrücke erlernen kann, wie kann man dann annehmen, daß ein erwachsener Engländer, und sei es auch«in«infacher Bauer, über einen kleinere» Wortschatz verfügte. Das Beispiel des oben zitierten amerikanischen Jungen, der im ersten Monat des siebenten Lebensjahres bereits über fast 3000 Ausdrücke verfügte, beweist am besten, welchen Fehler Mar Müller in seiner Gutgläubigkeit und nach ihm Wundt  machten. Jespersen gibt seinerseits auf Grund der Angaben eines änderen schwedischen Dialektsorschers, der sehr genaue Untersuchungen über den Sprachschatz eines schwedischen Bauern anstellte, an, daß jener über 26000 Ausdrück« oerfügte. Roch interessanter ist, daß dieses Resultat durch die Forschungen anderer schwedischer Sprachforscher bestärkt wurde. Man kann also im allgemeinen sagen, daß Erwachsene über 16000 Ausdrücke oerfügen. Dies« Behauptung kann nicht durch Spezialwörterbücher gewisser Autoren umgeworfen werden, die in ihren Schriften eine bedeutend geringere Wortzahl gebrauchen. Man berechnete zum Beispiel, daß Shakespeare   in seinen dramatischen Werken und GÄnchten 24 000 Ausdrücke gebrauchte, darunter sehr viele von mehrfacher Bedeutung, Dickens 12 000, Milton 8000 Aus­drücke. Die englische Bibel enthält mrr 6000 Ausdrücke. Kaim man aber daraus folgern, daß Shakespeare   nur 24 000 Ausdrücke gebrauchte? Nein. Es beweist nur, daß er für seine dichterischen Zwecke diese Zahl an' Ausdrücken im Wortschatz zur Verfügung hatte, den er überhaupt besaß, und der ohne Zweifel grüßer ge- wesen sein muß, denn außerhalb der dichterischen hotte Shakespeare auch andere Zwecke. Jespersen gcht sogar soweit, zu behaupten, daß zum Beispiel Schriftsteller, wie Zola, Kipling oder Jack London   in ihren reo listischen Prosawerken ein« bedeutend größere Wortmenge ge- brauchten als Shakespeare, weil sie weniger- sorgfältig die Ausdrücke aus dem Wörterbuch wählten, über das sie in der lebendigen Sprache oder im Geiste verfügten.
Sias hleinsle Cjchirn Der Riesen-Ameisenfresser von Südamerika  , der sich in dem dichten Urwaldgürtel an den Ostabhängen der Anden findet, ist jetzt zum erstenmal in einen amerikanischen   Zoo übergeführt und dort vm> den Gelehrten genauer studiert worden Dabei hat sich herausgestellt, daß dieses merkwürdige und seltene Tier dos»er- hältnismößig kleinste Gehirn unter ollen bekannten Lebewesen hat. Ein Beweis für die Dummheit dieses Geschöpfes war die Tat- fache daß es selbst durch feinen Hunger nicht dazu gebracht werden konnte, Nahrung in der Gefangenschaft zu nehmen Ein Reisender, der von den Eingeborenen einen solchen südamerikanischen Ameisen- jresser kaufte, ließ sofort ein Ameisennest aus dem Wald holen und bot dem gefangenen Tier unterdessen Eier, Milch und Honig an Der Ameisenfresser berührte aber nichts, und als man ihm dann das Ameisennest in den Käfig legte, blieb er vollkommen gleichgültig, ob- wohl er dos Nest in Freiheit sofort ergriffe» hätte. Es gibt sehr viele Arten von Ameisenfressern: die größten wer- den auch Ameisenbären genannt. Die südamerikanische Art ist besonders groß und erreicht eine Größe bis zu sieben Fuß. Das Tier hat einen langen Hals und einen winzigen Kopf, der eigenllich nur aus einem langen rüsselartigen Maul besteht: für das Gehirn ist also mir sehr wenig Platz es hat einen buschigen, reich mit Haaren be- wachsenen langen Schwanz, den es nach den Angaben der Einge- borenen bei nassem Wetter als eine Art Rcgenschinn benutzen soll. Es legt dann den diclsten Schwanz über den ganzen 5lörper. um dos feuchte Element abzuhalten. Der Ameisenfresser hat keine Zähne; inil der kleinen runden Oeffnung an der Spitze seiner Schnauze saugt er Ameisen und andere Insekten in großen Mengen auf. In den tropischen Gegenden von Süd- und Mittelamerika   haust dieses Tier in den Wäldern und Sümpfen an den Flüssen. Es öffnet mit seinen scharfen Klauen an den Vorderfüßen die Nester der Termiten und Amcisen. und wenn dann die aufgeregten In- selten all« nach dem zerstörten Teil ihrer Wohnung eilen, dann schlürft es. sie in großen Mengen herunter. Der Ameisenfresser ist ein stumpfes und daher auch ganz harmloses Tier, wie es bei seiner Dummheit nicht anders zu erwarten ist.
�Deutsche   Rechtschreibung DerDuden* ist heute bei uns zu einem.Haushaltswort* ge- worden, denn jeder von uns nimmt immer wieder dasOrthographi- jche Wörterbuch* zur Hand, das uns den sicheren Weg durch das Labyrinth unserer Rechtschreibung weist. So ist der Nonv des be- scheidenen Schulmannes Konrad Duden  , dessen Geburtstag sich heute zum hundertsten Male jährt, unsterblich geworden. Er ist gleichsam der Schutzpatron der deutschen Rechtschreibung, und in seinen Büchern lebt der Geist der Orthographie fort, den er verkörpert«. Wir müssen diesem Regelbuch, dos uns auf keine Frage die Antwort schuldig bleibt, besonders dankbar sein, wenn wir uns vergegenwärtigen, welche heillosen Zustände auf diesem Gebiet im 19. Jahrhunoert herrschten. Damals schrieb jeder, wi« er wollt«, und niemand wußte
/ genau, welche Schreibart die richtige und welche die falsche sei. Ein I braunschweigischer Beamter, der 1863 eine Schriftüber die Um- bildung der deutschen Recht schrechung* erscheinen ließ, klagt be- wegllch über die damaligen Zustände. Er hatte sich diehistorische Orthographie* zum Muster genommen, für die damals Jakob Grimm  kämpfte. Wer in seinem Berus konnte er diese seltsame Recht­schreibung nicht anwenden und mußte sich daher in seinen amtliche» Aktenstücken zu einer anderen Schreibung bequemen.Danebeil aber,* berichtet er,muß ich noch verschiedene andere Rechtschreibun- gen lernen, um meinen Kindern bei ihren Schularbeiten nachhelfen zu können. Die Nachhilfe ist dann zugleich mit. der Warnung ver- Kunden, ja nicht so zu schreiben, wie Papa schreibt, sondern lediglich, wie es der derzeitige Lehrer will!* Diese Unsicherheit brachte eine allgemeine orthographische Bewegung in Fluß, in her die Germa- nisten als Borkämpfer einer Rechtschreibung nach historischer Grund- läge mit den Pädagogen in Streit standen, die forderten, man solle möglichst nach dem Klange schreiben. Aus der Berliner   Konferenz von 1876 prallen die Gegensätze aufeinander; an ihr nahm auch Konrad Duden   teil, der als Gymnasialdirektor in Hersfeld   wirkte, und er vertrat eine mittlere Richtung, deren Vorschläge dann im wesentlichen in der sogenannten Puttkamerschen Rechtschreibung zur Geltung kamen. Duden verfocht seine Änschauunge» in einem Buch Die Zukunftsorthographie*, das in jenen Tagen des Kampfes um die Wagnersch« Zukunftsmusik nicht wenig verspottet wurde. Aber diese Zukunftsorthographie Dudens ist dann doch im wesentlichen zur Gegenwartsorthographie geworden, da die'einheitliche Rechtschrci- bung, die durch die Konferenz von 1901 festgelegt wurde, seine An- regungen ausnahm. Duden hat verschiedeneWegweiser* für die Rechtschreibung verösfentlicht, uuter denen seinOrthographisches Wörterbuch* allgemeine Anerkennung fand und in immer neuen Auf- logen bis auf den heutigen Tag richtunggebend geblieben ist. Motel TTaldorf Astoria erledigt Wohl das berühmteste Hotel Amerikas  , das W a l d o r>- Astoria in New Park, verschwindet von der 5. Avenue und wird durch ein fünfstöckiges Buroouhaus ersetzt. Das Hotel sowie das daneben gelegene Astor-Court-Gebäude sind für den Preis von 20 Millionen Dollar verkauft worden. Der Grund für die Nieder- reißung des schönen Bauwerks, in dem die berühmtesten Persönlich- keilen des Landes und die bedeutendsten Besucher aus dem Ausland gewohnt haben, ist darin zu suchen, daß der Grund und Boden, auf dem-es steht, für Hote'zwecke zu kostbar geworden ist. Die weiten Korridore, darunter die berühmtePfauen-Galerie*, und die großen Räume nehmen viel mehr Raum in Anspruch als an Geld herausgewirtschostet werden kann. Die Waldorf, Astoria be- steht eigentlich, wie schon der Name zeigt, aus zwei Gebäuden. Das Waldorf. Gebäude wurde zwischen 1890 und 1893 von dem Millio- när William Waldorf Astor   auf dem Platz seiner Residenz an der Nordwestecke der 5. Avenue und der 33.«traße errichtet. Das Astoria* wurde 1897 von dem Dollarkönig John- IaeN) Astor eröffnet, der diesen Bau an Stelle seiner Residenz an.der 34. Straß« schuf. Diese VerbindungWaldorf-Astoria" bedeutete vor einem Biertelsohrhundert den höchsten Grad der Vornehmheit.«Luxus  » artikel, auch Zigaretten, wurden danach genannt.