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IteBet die ArbeitSbedittguugen für die Frauen, welchen in hiesigen G e m e i n d e s ch u l e n die Reinigung der Klassen- zinnner obliegt, werden uns folgende Mittheilungen gemacht: Ter Monatslohn der Reinmachefrauen einer Schule im Südosten der Stadt beträgt 18 M.. mithin wird jeder Arbeitstag mit ca. 75 Pf. bezahlt. Um das Pensum fertig zu stellen, muß eine Frau etwa von morgens 11 Uhr bis abends angestrengt ar< deiten; jeden dritten Tag wird die Aula gereinigt, dann dauert die Arbeitszeit bis 8 Uhr. zuweilen noch länger. Es kommt mithin auf die Stunde schwerer Arbeit ein Geldbetrag von acht Pfennigen an Lohn, dem denn wohl auch der häufige Wechsel der Arbeitskräfte zuzuschreiben ist. Aber der Kastellan. dem die Anstellung der Frauen obliegt, findet immer wieder Personen, die sich gegen den elenden Lohn zur schweren Arbeit hergeben; die Arbeitslosigkeit und das Elend ist groß, und der Hunger thut wehe. Ob es sich aber für die Stadt Berlin   ziemt. die Arbeitskräste so jämmerlich zu bezahlen, wie hier be­richtet wird'i An dem ersten groste» Festtage deö JnbeljahreS Nr. S, dem 13. Januar 1396, sollen die Schulen geschlossen werden; die Lehrer find gehalten, den Kindern die Bedeutung des Tages in einfacher, zum Herzen dringender Weise" vorzuführen. Der 13. Januar ist bekanntlich Gedenktag 1. der preußischen Königs- krönung von 1701, 2. der Errichtung der gegenwärtig bestehenden deutschen Reichsherrlichkeit und 3. der bekannten Thaten, die sich vor nunmehr zwei Jahren am Friedrichshain   abspielten. Der vormalige Herausgeber derLichtstrahlen", Rudolf Harnisch  , ist. wie ein hiesiges Blatt meldet, im Kranken- hause gestorben. Im Oktober 1834 wurde Harnisch wegen eines von ihm vertriebenen älteren Gedichtes, in dem Majestäts- beleidigung und Gotteslästerung erblickt wurde, verhaftet und im Januar vorigen Jahres zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt. Selb   st beschäftig ung wurde dem Berurtheilten im Ge- sängniß Plötzensee nicht gestattet, vielmehr mußte Harnisch D ü t en kleben. Im Juli vorigen Jahres wurde er als unter- leibskrank beurlaubt, er begab sich nach Bethanien, wo er g e st o r b e n ist. IZ Pockenfälle sind in der Zeit vom 19. Oktober bis 10. November vorigen Jahres im städtischen Krankenhaus am Friedrichshain   beobachtet worden. Prof. Fürbringer macht darüber in der neuesten Nummer derDeutsch  , med. Wochenschr." einige wichtige Mittheilungen. Alle 13 Erkrankungen stehen zu einander in Beziehung. Sie lasten sich von einer bei dem drei­jährigen Kinde einer Arbeiterin in der Amalienstraße am l!). Oktober festgestellten Pockenerkrankung herleiten. Auf dieses Kind ist der Ansteckungsstoff von einem aus Rußland Zugereiste» übertragen worden. Das Kind war zweimal ohne Erfolg geimpft worden. Bon diesem Kinde wurde die 3 Monate alte Schwester in der elterlichen Wohnung angesteckt. Auch diese wurde in das Hospital gebracht. Die erste Erkrankung verlief tödtlich; sie war nicht leicht als ein Pockenfall zu bestimmen. Wegen des Verdachts aber hatte man alle Vorkehrungen getroffen, eine Verschleppung des Krankheitsstoffes zu verhindern. Trotzdem kamen lieber tragungen im Krankenhause zu stände. Es erkrankten zunächst eine Viktoriaschwester,«ine Wärterin, eine erwachsene und zwei kindliche Genesende von dem Pavillon für ansteckende Krank heilen, wo die zuerst Erkrankten streng isolirt untergebracht ge- wesen waren. Dazu gesellte sich noch ein wichtiger Pockenfall. Er betraf ein dreijähriges, nicht geimpftes Kind(die Impfung war wegen Kränklichkeit von Jahr zu Jahr hinausgeschoben worden), da? einen Stock höher als die zuerst Erkrankte untev gebracht war. Der Pockenstoff muß hier eine beträchtliche Wanderung gemacht haben; er hat von allen Insassen des Geschosses nur da? eine nicht geimpfte Kind pockenkrank gemacht. Weiterhin aber erkrankten noch fünf Personen, die nicht im Krankenhause wohnen, dort aber beruflich zu thun hatten; drei Kandidaten der Medizin, die bei der Sektion der zuerst Ev krankten mit beschäftigt waren, ein Pavillondiener, der den Wäschetransport besorgt, und em Tapezirer. Bei den St» direnden war die Erkrankung leicht, bei dem einen so leicht, daß er bis zur Feststellung der Pockenerkrankung noch das Kolleg besucht hatte und dem Vergnügen nachging. Alle Erkrankten, außer dem ersten Falle, blieben nur ganz kurze Zeit im Krankenhause am Friedrichshain  . Sie wurden unverzüglich nach der Sicherung der Diagnose dem Institut für Jnseklionskrankheiten bei der Charitee zugewiesen. Bildung und Wissenschaft heben mit Muth und Kraft ihr Haupt empor. In einem hiesigen Lokalblatt steht zu lesen: Das Doktordiplom ist den« Kriegsminister General der Jufanterie Bronsart von Schellendorf   noch zum Jahresschluß durch den derzeitigen Dekan der juristischen Fakultät der Universität Greisswald Professor Dr. Störk und den Prosessor Dr. Pescatore überbracht worden. AuS diesem Anlaß fand bei dem Kriegsminister ein Doktorschmauß statt, zu dem außer den Vertretern der Universität Greifswald sämmtliche Mitglieder des Ministerlollegiums und einige höhere Offiziere de? Kriegsministeriums geladen waren." Bei dein Doktorschmaus soll namentlich der wissenschaftlichen Höhe, auf der beim Dr. Kriegsminister die Bekämpfung der Sozial demokratie steht, ehrenvoll gedacht worden sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ethische Kultur schreibt uns: Am 1. Januar konnte die von der Deutschen Gesell» schaft für Ethische Kultur begründete erste öffentliche Lesehalle auf ein Jahr ibreS Bestehens zurückblicken. Während dieses Zeitraumes wurde sie von 49 625 Personen besucht; entliehen wurden 21482 Bücher. Dabei kommt in betracht, daß nur an Ort und Stelle gelesen werden konnte. Solche Zahlen beweisen, wenn der Beweis erst noch geführt zu«erden braucht«, daß in allen Schichten des BolkeS ein großes Verlangen besteht, sich weiterzubilden, und daß derartige Einrichtungen wie die Lesehallen für Berlin   durchaus unentbehrlich find. Eine fiir den Droschkenbetriet wichtige Polizeiverordnung ist soeben erlassen worden, wonach der§ 17 des Droschken- Polizeireglements vom 20. Januar 1373 wie folgt abgeändert wird: Werden Vorherbestellungen auf Droschken zu Frühfahrten, welche vor 8 Uhr morgens auszufahren sind, bei dem Konzessions« inhaber oder dessen von ihm zur Annahm« solcher Bestellungen ausdrücklich bevollmächtigten Kutscher gemacht, so müssen solche, falls sie angenommen worden, pünktlich ausgeführt werden. Die Annahm« einer solchen Bestellung seitens eines hierzu von seinem Dienstherrn nicht ausdrücklich bevollmächtigten Kutschers ist un» zulässig und straffällig, sofern die Bestellung nicht pünktlich zur Ausführung kommt. Die schmutzigste Straffe i« Berlin   ist die vielgerühmte Unter den Linden  ." Jeder, der vom Kastanienwäldchen hinüber nach dem Durchgang neben dem Schloß die Straße zu kreuzen hat, muß sich bei regnerischem Wetter durch eine Reihe von Pfützen und Schmutzhanfen hindurcharbeiten, waS zum theil auf das in jämmerlichem Zustand befindlichen Holz­pflaster zurückzuführen rst. Im gestrigen Thauwetter warenDie Linden" fast unpassirbar; der halbgeschmolzene Schnee bildete einen nassen Brei, der über den Stieseln zu» sammenschliig. Der Schnee, den man überall sonst entfernt hatte, war hier unbegreiflicherweise konservirt worden. Man spricht von Potizeibefehlen. welche die Erhaltung einer Schlittenbahn zun» Ziveck gehabt hätten. Ist das möglich? Kann dem Vergnügen einzelner der Komfort von Hunderttausenden geopfert werden? Von einem crfreulicheu Wirken der Behörde, das darauf hinausgeht, die H a u S b e f i tz e r an ihre Verficherungs- pflicht zu gunften der bei ihnen angestellten Portiers jc. zu er­innern, wird uns neuerdings berichtet. Es soll bei den an- gestellten Recherchen auch die Frage zur Erörterung gekommen sein, ob ein Portier oder Hausreiniger, der bereits in einem anderen Arbeitsverhältniß versicherungspflichtig und thatsächlich versichert ist. etwa noch besonders in seiner Hausbediensteten- Stellung zu versichern wäre. Die Beamten gingen der Erörterung dieser Frage aus dem Wege und richteten i» solchen Fällen ihre Ermittelunge» darauf, von wem thatsächlich die Haus- reinigung besorgt werde. Hierbei wurden sogar peinliche Er- Hebungen darüber angestellt, iver z. B. das Schauern der Treppen und Flur« besorgt, und da dies von den Portiers gewöhnlich den Frauen überlassen zu werden pflegt, so forderten die Be- amten, daß die Hausbesitzer in solchen Fällen auch in bezug auf die Frauen der Portiers ihrer Versicherungspflicht nachkommen sollen. Das neue Spezialitätenprogramm des Apollotheater» steht nicht auf der artistischen Höhe, die man sonst in diesem Hause gewohnt war. Es waren gute Durchschnitts- leistungen, die gestern geboten wurden, aber es fehlte an den Schlagern, ohne die eine Spezialitätenbühne nun einmal nicht auskommen kann. Allerdings ist der Gaumen des Publikums, das Schaustellungen dieser Art besucht, verwöhnt und überreizt, und das Bestreben, immernoch nie Dagewesenes" zu bieten, setzt so einen armen Direktor gewiß oft in die schrecklichste Ver- legenheit. Die komischen Turner Stelling und Revell   andere als Exzentric-Küustler gelten in diesem Fache überhaupt nichts mehr brachten außer ihrer eigentlichen Kunst nur die alten Mätzchen mit, an die man sich bald genug satt sieht; nicht viel besseres läßt sich von den musikalischen KlownS Brothers Forest sagen. An die Güte alter Zeiten erinnerte das Steirische Jodlerpaar Werner und Rieder, das mit allerdings prächtiger Stimme Lieder vortrug, welche zeigen, daß auch die salon-alpine Dichb kunst seit den Tagen der Zillerthaler sehr herunter gekommen ist. Das Bestreben der deutschen Kostümsoubrette Türk Dare, moderne französische   Borbilder nachzuahmen, muß als verfehlt bezeichnet werden. Die Dame war in ihren Kouplets lang- weilig; sehr verdacht wurde ihr überdies, daß sie nur zwei Kleider anzuziehen hatte. Boll echt südländischem Feuer war das spanische Tanz-Trio Bean- Malaga; in alter Schönheit klangen auch die Stimmen des schwedischen Damen- Quintetts Düring wieder. Lebhaften Beifall errang sich der Gesangs­humorist Zimmermann durch seine Kapellmeister- Parodirnngen. Erwähnung verdient noch der schwarze Sergeant Siinms durch die Exerzitien, die er mit seiner aus 12 Negerknaben bestehenden Kolomal-Kompagnie außerordentlich behende ausführte. Die Spekulation der Inhaber von Balllokaleu auf die Dummheit und Zahlungssähigkett der Jünglinge und Lebegreise von Bildung und Besitz hat so weite» Umfang angenommen. daß sich die Folgen einer starken Ueberproduktion geltend niachen Die Konkurrenz auf diesem Gebiete ist in den letzten Jahren ein« so große geworden, daß nur die Lokalitäten noch floriren die den Fremden, der das Berliner   Nachtleben kennen lernen will, durch ihren rasfinirten Luxus verblüffen und immer neue Ueberraschungen" bieten. Ein Theil der Nachtlokale hat das Nennen schon aufgegeben, eines der bekanntesten, der Krystall valast in der Prinzenstraße, hat vor kurzem seine Pforten eben- falls geschlossen. Der Besitzer hatte vergeblich versucht, das Lokal dadurch zu halten, daß er das Eintrittsgeld ermäßigte und denWeinzwang" abschaffte. Ein Theil des Personals hat noch rückständigen Lohn zu fordern und ist deshalb klagbar geworden. Eine merkwürdige Illustration der berühmten Berliner  Sicherheitszustände erhalten wir in einem Bericht aus der Linienstraße. Danach nimmt das Strolchlhum dort und zwar zwischen Neue Königsstraße und Rosenthalerstraße in er- schreckender Weise überhand. Nicht nur Zuhälter und Dirnen veranlassen dort während der Dunkelstunden arge Szenen, sondern auch Diebsgesindel aller Art findet sich in jener Gegend ein. In der vergangenen Nacht wurde dem armen alten Manne, der an der Ecke der Linien- und Prenzlauerstraße warme Würste feil- hält, eine ganze Anzahl Knobländer aus dem Kessel geraubt. Dem verwegenen Dieb gelang es zu entkommen. Die Haustrerinnen erzählen, daß ihnen von den Strolchen die Waaren auf der Straße fortgerissen werden. Vielleicht sind diese zahlreichen kleinen Diebstähle aber auch nichts anderes alZ   Folgen der tiefsten Roth in diesem Winter. Abermals eine Millionen-Erbschaft. Ein Berichterstatter meldet, daß dem in der Neuen Königftraße wohnenden Handels mann K., ein in recht bescheidenen Verhältnissen lebender Mann, der sieben Kinder zu ernähren habe. aus New- Jork die Mib theilung von einer großen Erbschaft geworden sei. Ein dort lebender Bruder habe 7 Millionen Mark hinterlassen, von denen auch ihm, wie daS amerikanische   Konsulat gemeldet habe, 766 000 Mark zufallen würden. Der leidige Ausfall der Rix- dorfer Millionen- Erbschaft mahnt wohl, diese Meldung mit einiger Vorsicht aufzunehinen. Wie ei» Proletarier zur Welt kommt. Von einem Knaben wurde am Sylvesterabend in einem Wagen vierter Klasse des vom Lehrter Bahnhof   um 2 Uhr 20 Minuten nach Hannover   gehenden Fernzuges ein junges Mädchen entbunden, das bisher in Berlin   gelebt hatte und nun zum neuen Jahre die Ehe in Hannover   eingehen wollte. Auf der Station Groß» Behnitz trat das Ereigniß ein, bei dem eine zufällig anwesende Hebamme Hilfe leistete. Mutter und Kind wurden alsdann noch bis Rathenow   niitgenonnnen und dort ins Krankenhaus befördert. Die Wöchnerin hatte noch ein kleines Kind, das noch nicht ein Jahr alt war, bei sich. Beim Schlittschuhlaufen ist der 23 jährig« Handlungs- diener Alfred Knoll ans der Feilnerstraße am 2. Weihnachtstage um? Leben gekommen. Seine Leiche wurde gestern in der Krummen Lanke aufgefunden. Dödtlich verunglückt ist beim Spielen am Sylveftertag der zehnjährige Knabe Emil Schwarzmichel, der Sohn eines Tischlers aus der Kaiser Friedrichstr. 72 zu Pankow  . Der Knabe spielte mit einem Altersgenossen auf dem Hofe des Grundstücks Schön- hauser Allee 94. Beide kletterten auf die Balken einer Scheune, die dort steht, und Schwarzmichel hatte daS Unglück, hinabzu­fallen. Mit gebrochenem Schädel wurde er, nachdem er einen Nothverband erhalten hatte, in das LazaruS-Krankenhaus ge- bracht. Hier ist er an den Folgen der Verletzung gestorben. Witterungsübersicht vom S. Januar tSSS. nvereer-Prognoze für«sonnaocno,». �anuar Borwiegsud trübes Wetter mit geringen Niederschlägen und mäßigen westlichen Winden; Temperalur wenig verändert. Berliner   Netterburea«. Erheblich verbrannt ist durch die Explosion einer Petroleum- lampe die Kaufmannssrau Stenger in der Eldenaerstr. 12, welche, nachdem ihr von dem Handwerker Götz die erste Hilfe geleistet war, schleunigst in ein Krankenhaus befördert werden mußte. Zu einem heftigen Znsammenstoff kam es am Donnerstag Nachmittag gegen 3 Uhr in der Friedrichstraße zwischen zwei Fuhrwerken. In dem Putzgeschäfle von Cohn in der Friedrich- straße 168 war Feuer ausgebrochen. Als die Feuerwehr zum Löschen herangesahren kam, schleuderte in der Nähe der Passage ein Mannschaftswagen auf dem glatten Pflaster gegen ein Koupee und warf es an den Bürgerstcig. Der Kutscher des Koupees flog infolge deS heftigen Ruckes vom Bock herab, kam aber an» scheinend ohne Verletzung davon. Das leichte Gefährt wurde von dem schweren Feuerwehrwagen stark beschädigt; es erlitt auch«inen Federbruch und war daher augenblicklich unbrauchbar. DUmPk und MissenMufks Für die erste Aufführung von Gerhart Hanptmann's Florian Geyer  ", welche heute imDeutschen Theater" statt- findet, ist der Beginn auf 7 Uhr festgesetzt. Die Wiederholungen beginnen um 7Va Uhr.'_ GevMzks�DeikunA. Wegen Nachdrucks stand gestern der Buchhändler Rosa» lowski vor der Vit. Sirafkammer des Landgerichts I  . Er ist der Herausgeber desBerliner Verkehrsbuches", welches auf verschie- denen Eisenbahnstationen an die nach Berlin   reisende» Personen unentgeltlich vertheilt wird. Das Buch ist u. a. mit einem Plan von Berlin  , einem Plan der Stadt» und Ringbahn und einer Zonenverkehrs-Karte ausgestattet. Die letztere soll der unbefugte Nachdruck einer von Elivin Staude herausgegebenen gleicharligen Karte sein. Der Angeklagte ist deshalb bereits im Juli einmal wegen Nachdrucks zu 100 M. Geldstrafe verurtheilt worden. In einer späteren Monatsausgabe war aber dieselbe Karte wiederum zu finden und es wurde deshalb abermals Anklage erhoben. Das Urtheil lautete diesmal auf ISO M. Geldstrafe und eine an den Nebenkläger Staude   zu zahlende Buße von 50 M. Eine Ausschreitung im Amte, die ein Rixdorfer Amts- diener begangen halte, beschäftigte gestern schon wieder einmal die zweite Strafkammer am Landgericht II, nachdem erst vor 14 Tagen ein anderer Rixdorfer Amtsdiener wegen desselben Vergehens zu zwei Jahren Gefängniß verurtheilt worden ist. Am Abend des letzten Sedantnges 2. September brach in Rixdorf Feuer aus, welches zahlreiche müßige Zuschauer her- betlockle, so daß es den Polizei- Organen schwer wurde, die erforderlichen Absperrungs- Maßregeln durchzuführen. Unler anderen kam auch der Lehrer F ö l l m e r des Weges, der sich bis in die vorderste Reihe der Zuschauer vorschob. Ein Gendarm forderte ihn auf, weiter zurückzutreten, das»hat er wohl, doch nicht weit genug, weshalb ihn der Gendarm zurückschob. In demselben Augenblick erhielt er mehrere Schläge auf den Kopf, so daß ihm der Kneifer von der Nase flog und ans dem Pflaster in Stücke ging. Der also miß- handelte Lehrer hat gar nicht gesehen, wer ihn geschlagen hat, verschiedene andere Zeugen bekundeten dagegen mtt mehr oder weniger Bestimmtheit, daß es der Angeklagte gewesen sei. Der An» geklagte selbst stellte die Sache so dar, daß während der Gendarm den Lehrer zurückschob, aus der Menge höhnische Zurufe ertönt seien, weshalb er beide Arme ausgebreitet habe, um die Menschen zurückzudrängen. Diese Bewegung hätten wohl die Zeugen m-iff- verstanden und so gedeutet, als habe er schlagen wollen oder gar geschlagen. Staatsanwalt Schäffer berücksichtigte die schwierige Stellung der Sicherheilsorgane in Rixdorf im allgemeinen und die Situation, in der sich der Angeklagte befand, im besonderen, und beantragte mildernde Umstände und eine Geldstrafe von 50 M. Der Bertheidiger Rechtsanwalt Abraham plädirte für gänzliche Freisprechung, eZ sei dem Angeklagten wohl zu glaube». daß er nicht habe schlagen, sondern nur energisch habe vorgehe» wolle». Dem Beamte» sei manche energische Handlung gegenüber einer renitenten Maffe erlaubt, die beim Ziviliste» straf- bar sei!! Der Staatsanwalt verwahrte sich energisch dagegen, daß einem Beamten auch nur der Schein eines Züch- tigungsrechtes gegenüber dem Publikum im Sinne des Vertheidigers zustehe, eine solche Auffassung könne zn den s ch l i m m st e n K o n s e q u e n z e n führen. Der Gerichishof hielt eine unmotivirte Ausschreitung seitens des Angeklagten für vorliegend, bewilligte aber mildernde Umstände und erkannte da der Angeklagte Familie und nur bescheidenes Einkommen hat nur auf 20 M. Geldstrafe. Teistler und Genoffe«. Bor der IX. Strafkammer von» Landgericht I   wird heute die Hauptverhandlung gegen die Buch- Händler Teistler, Brandt- Wilhelmshagen und den Inhaber der Rubenow  'schen Buchhandlung, W. Rubenow, statlsinden. Dia genannten sind wegenAufreizung verschiedener Bevöl- kerungs- Klassen", begangen durch den Vertrieb einer BroschüreProletarisches Manifest" von Wichers von Gogh an» geklagt. Die Verhandlung dürfte insofern von Interesse sein, als der Mitangeklagte Buchhändler Rubenow   nachweisen will. daß er weder Sozialdemokrat noch Anarchist sei und in seinem Verlage neben freidenkerischen Schriften ebenso gut Gebetbücher, Haussegen, Neue Testamente und andere religiöse Schriften zu haben seien. Rubenow   ist langjähriges Mitglied der Fort- schritts-, jetzigen freisinnigen Volkspartei;. er bekleidet verschiedene städtische Ehrenämter. Ei« Artikel derGermania  ", welcher eine Schilderung der Verhältnisse i» den Reihe» des Protestantismus aus der Deutschen Evangelischen Kirchen- Zeitung" wiedergab und das darin entworfene Bild dieser Verhältnisse als einJammerbild des Protestantismus" bezeichnete, stand dieser Tage in der Revisionsinstanz vor dem Reichsgericht in Leipzig   zur endgiltigen Aburtheilung. Redakteur Dr. Ritter war in erster Instanz, wie seinerzeit berichtet, von der Strafkammer des Land- gerichts l Berlin   wegen dieses Artikels, speziell wegen des Aus- drucksJammerbild", in dem eine Beschimpfung der evange- tischen Landeskirche gefunden wurde(§ 166 D. R.-Str.-G.-B.), zu einer Woche Gefängniß verurtheilt. Diese Berurtheilung ist jetzt, wie derGermania  " aus Leipzig   berichtet wird, vom Reichsgericht bestätigt und die dagegen eingelegt« Revision veu werfen worden. Vevntifrhkes. Ackerbau mit Dynamit. DerVossischen Zeitung" wird aus Paris   geschrieben: In der Crau, dieser Sahara der Provence  , die sich von Arles   nach Salon und dem Meer erstreckt/ sollen nächstens Ver- suche der Urbarmachung mit Dynamit angestellt werden. Die Crau ist 73 000 Hektar groß; ihr Boden besteht an der Ober» fläche aus leichter röthlicher Erve, die stark mit Kieselsteinen durchsetzt ist. Ein bis zwei Fuß uuter der Oberfläche findet sich eine Kruste, die aus zusammengebackenen Steinen be- steht und undurchdringlich, dabei fünf bis sechs Fuß dick ist. Darunter findet sich leichter, durchläsflger Bode». der eine gute Ackerkruuie bilden könnte. Es sollen nun in einigen Metern Entfernung von einander Löcher gebohrt werde«, die bis in diesen gulen Untergrund gehen. Jndeß wird mit 300 bis 400 Gramm Dynamit geladen, und dann werde» 25 bis 30 dieser Ladungen mit einem Schlage mittels Elektrizität entzündet. Da- durch wird die bisher undurchdringliche Kruste zerbrochen und zerrissen werden. Die Wurzeln der Pflanzen, besonders von Luzerne und Bäumen, werden dann in die Tiefe dringen und die Sprengung der Kruste vollenden, wobei das Wasser ein ichrigei» thun wird.