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BERLIN  Montag 14. Januar

1929

Der Abend

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Nr. 22

B11 46. Jahrgang.

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Sachverständiger Morgan.

Ueberraschende Wendung in der Reparationsfrage.

New York  , 14. Januar.

Die bevorstehende Ernennung Morgans zum ame. rifanischen Vertreter im Sachverständigenausschuß wird allgemein auf den Einfluß Parker Gilberts zurückge­führt. Man ist der Ansicht, daß das Ansehen Morgans ausgleichend auf die Meinungsverschiedenheiten des Sach­verständigenausschusses wirken wird. Die amerikanischen  Bankiers haben stärkstes Interesse daran, daß ein Mann wie Morgan den Standpunkt der amerikanischen   Finanz männer bezüglich der Frage der Reparationsbonds tlar. machen werde. Dieser Standpunkt geht dahin, daß der Plan, Reparationsbonds auf den amerikanischen   Markt zu werfen, vorläufig aufgegeben wird. Morgan wird im Sachverständigenausschuß zum Aus. druck bringen, daß die amerikanischen   Bankiers es für die nächste Zeit nicht praktisch und nicht wün­schenswert halten, Reparationsbonds in Amerika   zu ver­Taufen. Morgan werde, so verlautet weiter, verlangen, daß die Höhe der deutschen Jahreszahlungen sowie die Dauer dieser Zahlungen festgelegt werde, damit die Ungewißheit beseitigt sei, die der Unterbringung deutscher Reparationen in Amerika   entgegenstehe. Reparations. bonds könnten nicht auf dem amerikanischen   Markt unter: gebracht werden, bevor nicht die Reparationszahlungen mit anschließendem Transfer einige Jahre weiter und dadurch das notwendige Vertrauen in die Stabilität der Durchführung der Reparationszahlungen hergestellt jet. Die Dawes- Sachverständigen hätten selbst erklärt, dass die Erfahrung lehren müsse, wie weit die Aufhebung des Transferschuhes möglich sei, ohne die deutsche   Währung

zu gefährden.

Heimatbündler im Elsaß   gewählt!

Aussichtsreiche Stichwahl In Kolmar  .

Paris  , 13. Januar. Die Kammererfagwahl im elsässischen Wahlkreise 21ttirch am Sonntag führte zur Wahl des autonomistischen Randi. daten Stürmel, der 7144 Stimmen erhielt gegen den unab­hängig- nationalen Kandidaten und früheren Abgeordneten Silber­mann mit 3650 Stimmen.

Kolmar  , 13. Januar.

Bei der Kammerersagwahl in Kolmar   erhielt der Auto= nomist auß als Kandidat der Vereinigten Elsässer 8690 Stim­men. Der Nationaltatholit Hanjer erhielt 4539 Stimmen, der So­zialist Richard 3589, der Kommunist Mürschel 2835 Stimmen. Hauß wird am nächsten Sonntag in der Stichwahl wahrscheinlich statt Professor Roffé gewählt werden.

Furchtbarer Frost in Polen  .

Bis zu 32 Grad.

Warschau  , 14. Januar.

In Ostpolen hat die Kälte am Freitagmorgen ihren Höhepunkt erreicht. In ganz Oftgalizien wurden durchschnittlich 25 Grad Kälte gemessen, ebenso in Wolhynien  . Der tiefste Thermometer­stand mit minus 32 Grad wurde bei Kolomyja   gemessen.

Sibirische Kätte in Italien  .

Mailand  , 14. Januar.

Italien   wird gegenwärtig von einer Kälte welle heim­gesucht. In der Sonntagnacht fiel das Thermometer in Mailand  auf sieben Grad unter Null. In Barcse und Bergamo  ist die Kälte noch größer. In einigen Ortschaften zählte man fogar 14 Grad unter Null und auf den Höhen oberhalb Bergamos 18 Grad. Auf den Bergen in der Gegend von Trient   zählte man 28 Grad Kälte. In Modena   sank die Temperatur auf 15 Grad unter Null, Seit den legten 50 Jahren ist cine folche Rälte nicht zu verzeichnen gewejen. Im Apennin  schneit es noch immer. Im Sesia- Tal wurden drei Skifahrer von einer Lamine verschüttet, fonnten aber wieder ausgegraben mer­den. 3mei von ihnen sind die Arme und Beine erfroren. Der dritte wurde durch einen Sti schwer verletzt. Selbst bis nach Sizilien   reicht das Gebiet des Frostes. Aus der Umgebung on Syratus wurde jogar ein Schneesturm gemeldet.

Großfeuer in der Lindenstraße.

Lagerfeller unter der Lindenpassage in Flammen.

In der Handelsstätte Belle- Alliance" ent-| bekannt. Eine starte Menschenmenge hatte sich in der stand heute mittag in einem großen Lagerteller der belebten Verkehrsstraße angesammelt, so daß eine Hundertschaft Maschinenfabrik von Stenzel Feuer, das in furzer Zeit große Schupo eingesetzt werden mußte, die umfangreiche Absperrungen Dimensionen annahm. vornahmen.

Die Handelsstätte Belle- Alliance" in der Lindenstraße, die durch eine Passage mit der Friedrichstraße   in Verbindung steht, beherbergt in ihren Mauern zahlreiche Maschinen- und Buchdrucke reibetriebe. In dem rechten Flügel, etwa in der Mitte der Passage, find die Lagerfeller der Maschinenfabrik der Firma Stenzel. Gegen 12 Uhr bemerkte ein Lagerarbeiter starten Brandgeruch. Aus einem verschlossenen Lagerfeller, in dem verpadte Maschinenteile, Badmaterialien und Holztiften aufgestapelt waren, drangen dichte Rauchschwaden hervor. Die Feuerwehr wurde alarmiert und rückte zunächst mit zwei Löschzügen an, Inzwischen hatten die Flammen jedoch auf die angrenzenden Keller übergegriffen,

Als die Feuerwehr an der Brandstelle eintraf, waren sämtliche Keller von mehreren hundert Meter Ausdehnung derart verqualmt, daß zunächst nicht zu erkennen war, wo der Hauptbrandherd lag. Aus allen Kellerfenstern, aus den Kellerzugängen in der Mitte der Bassage, quollen ungeheure Rauchmassen hervor. Wegen des ge­waltigen Umfanges der Brandstelle mußte fünfter Alarm, das heißt Großfeuer, an die Hauptfeuerwache weitergegeben werden und drei weitere Löschzüge, sowie zwei Rettungswagen rückten an. Mehrere im Parterregeschoß gelegene Betriebe waren bald so stark ver­qualmt, daß fie auf Anordnung der Feuerwehr von den Beleg schaften geräumt werden mußten. Neben der starken Berqualmung erschwerte die Sigeentwidlung die Löschaktion. Die Feuer­mehrleute, die nur mit Sauerstoffapparaten ausgerüstet in den brennenden Keller eindringen fonnten, mußten alle zehn Minuten von neuen Mannschaften abgelöst werden.

Bei Schluß des Blattes sind die Arbeiten noch voll im Gange. Der genaue Umfang des Feuers und der Schaden ist noch un­

Auf der Flucht erschossen. Trotzki   von der Schönleinstraße.

Berichte 2. Seite

Tragödie eines Greisenpaares.

3n ihrer Wohnung 2nflamer Straße 30 wurde heute mittag die 72jährige Witwe Karoline Quast und ihr 83jähriger Untermieter, der Rentenempfänger Mar Hasse in den Belten liegend tot aufgefunden. Das Zimmer war völlig mit Gas an­gefüllt. Der Hahn der Lampe   stand weit offen, der Schlauch vom Gastocher war entfernt worden.

Wie aus hinterlassenen Briefen hervorgeht, ist das Greifen­paar wegen wirtschaftlichen Sorgen gemeinsam in den Tod gegangen.

Eine zwölfjährige Heldin?

Wien  , 14. Januar.

In der Ortschaft Perchau   im Bezirk Surau in Steiera den Tod fanden. In einem fleinen Arbeiterhaus war während mart ereignete sich eine furchtbare Tragödie, bei der drei Kinder der Abwesenheit der Eltern eine Benzinkanne explodiert und setzte im Nu sämtliche Möbel des Zimmers in

Brand. Das zwölfjährige Töchterchen des Arbeiters und ihre fünf Geschwister erlitten durch die Explosion schwere Brandwunden. Während die jüngeren Geschwister vor Schmerzen bewußtlos liegen blieben, versuchte das zwölfjährige Mädchen troß furchtbarer Brand­munden ihre Geschwister zu retten. Der Reihe nach schleppte fie alle fünf ins Freie, dann brach sie selbst bewußtlos zu­fammen. Zwei der Geschwister, ein drei- und ein sechsjähriger Bruder, starben sofort an den erlittenen Brandwunden. Auch das heldenmütige Mädchen erlag ihren schweren Verletzungen.

Die tanadijche Regierung hat den ehemaligen Abgeordneten für Montreal  , Herbert Walter, zum kanadischen Gesandten in Tokio  . ernannt.

Winter bei Berlin  

Ein Sonntagsbild vom Wannsee  , dessen gefrorene Fläche wie zum Segelschlittensport

so auch zum Eislauf einladet.