Republik hat an Kaiser Wilhelm II. folgendes Tele- gramm gerichtet: „Ich bezeuge Euerer Majestät meinen sehr innigen und tief- gefüh� testen Dank wegen Euerer Majestät aufrichtigen Glück- Wunsches. Mit Gottes Hilfe hoffen wir weiter alles Mögliche ,u thun für die Aufrechlerhaltung der theuer bezahlten Nnab- hängigkeit und die Beständigkeit unserer geliebten Republik . Präsident Krüger. In H o l l a n d feierten zahlreiche Volksversamm. l u n g e n der Burensieg und sandten Glückwünsche an den Präsidenten Krüger ab. �n E n g l a n d hat die Zlnfregung schon nachgelassen, obgleich noch ganz hochtrabende Redensarten geführt werden. Der Kolonialminister Chamberlain telegraphirte an Präsident Krüger, es ginge in London das Gerücht, der Präsident hätte die Erschießung der Gefangenen an- geordnet; er glaube es nicht. Er rechne aus die Großmuth des Präfidenten in der Stunde des SiegeZ und fügte hinzu, Rhode? hätte gedrahtet, das Gerücht, daß eine Streitkraft in Buluwayo zusammengezogen, sei durchaus falsch. Krüger antwortete, er hätte keine Befehle zur Erschießung der Gefangenen ertheilt; deren Fall würde zur gehörigen Zeit in striktem Einklänge mit den lleberliefernngen der Republik ent- schieden werden. Es lvürde über sie keine Strafe v e r h ä ,t g t w e r d e n, d i e n i ch t mit dem Gesetz übereinstimme. Die Gefangenen wären mit größter Rücksicht behandelt worden. Das Vertrauen in Rhades wäre stark erschüttert worden, seine Ableugnung der Vorgänge in Buluwayo sollte mit großer Vorsicht aufgenommen werden. Er hoffe, daß der Einfluß der britischen Regierung >md Sir Hercules Robinson's genügen würden, um weitere Einfälle von Freibeutern zu verhüten. Krüger bittet schließ- lich um Veröffentlichung seines Telegramms. Chamberlain versprach dies und erklärte, er hätte einen Reichsoffizier nach Buluwayo gesandt, der auf Ausführung seiner tChamberlains) Befehle achten würde. Der Präsident dürfe versichert bleiben, daß die britische Regierung alle Ver- pflichtungen der Londoner Konvention von 1884 streng aufrecht erhalten werde. Leider hatte Herr Chamberlain dabei übersehen, daß die Konvention von 1884 thatsächlich von englischer Seite bereits durchbrochen wurde, da es die englische Regierung nicht einmal fertig gebracht hat, ihren„Schutzstaat" gegen einen von langer Hand geplanten Einbruch bewaffneter englischer Söldlinge unter Befehl englischer Beamten zn schützen.— Tas Telegramm des deutschen Kaisers an Prä- fldent Krüger wird von der englischen Presse jetzt zwar ruhiger besprochen als an, ersten Tag, aber doch durchweg ungünstig beurtheilt und als ein Beweis unfreundlicher Gesinnung gegeu das englische Volk betrachtet. Es war dies zu erwarten und es wird nothwendig sein, die Sache vor dem Reichstag zu behandeln. Das Telegramm war un- zweifelhast ein Privatakt des Kaisers; wenn aber Privat- akte des Kaisers die Beziehungen Deutschlands zu fremden Staaten und Völkern beeinflussen, so werden fie that- sächlich zu öffentlichen Angelegenheiten und müssen der öffentlichen Kritik unterliegen. Da diese, bei der Knebelung unserer Presse nicht in Zeitungen und Versammlungen erfolgen kann, so ist die Behandlung im Reichstag doppelt nothwendig. Angesichts der Situation schlagen die englischen „�ingoeS" die lächerlichsten Purzelbäume, welche wiederum unseren Chauvinisten Anlaß zu rohem «enommistischen Geschimpfe auf England geben. Diese Prahlhänse reden schon von deutschen Tnippen, die er- forderlichenfalls den Buren zu Hilfe geschickt werden sollen. Wohl in Luftschiffen? Auf gewöhnlichen Meer- schiffen ginge es nicht an, da diese von den Engländern respektwidrig weggekapert werden könnten. Zur Erklärung der Aufnahme, die das kaiserliche Tele- gramm in England gefunden hat, sei übrigens noch bemerkt, daß England noch eine Gebiets- Oberherrlichkeit(„Suzeränität") über das Transvaalgebiet beansprucht, und diese auch Vertrags- mäßig inne hat— allerdings in ziemlich schattenhafter orm- Da nun das Telegramm die Unabhängigkeit des ransvaal betont, so erscheint dies den Engländern als Angriff auf die englischen Hoheitsrechte.— diesen Heros des kapitalistischen UnternehmerthumS.„Der Eoldateuberuf ist nicht für einen Millionär geschaffen", riefen ihm wieder und wieder seine Freunde zu,„mit SOO Tausend Franks kaufst Du die Anshebungs-Kommifston, die Dich dem rast» und ruhelosen Trubel unseres Amüsements zurückgeben wird." Aber die öffentliche Meinung faßte die Sache anders auf. Di«„Kleine Zuckerdose" hatte sich zu geräuschvoll auf- geführt, alS daß die radikalen Blätter sick für seine militärische Zukunft nicht hätten interessiren müssen; sie verlangten mit Un« gestüm feine Einziehung. Max begann darauf Zeitungen zu kaufen und machte sich daran, die unbequemen Journalisten zum Schweigen zu bringen. Dennoch wurde er daS Opfer der Hauptschreier in der Presse, die ihm mit Kasernenbrei drohten, wenn er ihnen nicht die Mäuler mit Gold vollstopfen würde. en seiner Antwort auf die Interpellation Berry's bemerkte der riegsminister, daß sich bei den militärischen Akten betreffend Lebaudy Briese eineS Individuum? befänden, welche? die Aus- hebungi-Kommission mit Anzeige bedrohte, wenn sie Lebaudy zurückweisen wurde, während das nämliche Individuum vorher alles aufgeboten hatte, um ihn vom Militärdienst zu befreien. Wahrscheinlich glaubte er sich noch nicht hinreichend belohnt für seine ruhrende Fürsorglichkeit. Die Millionen rächen sich manchmal. Ein Dante der Boule- vardS beschreibt in seiner„Hölle", wie Rothschild verdammt ist. zwei Milliarden zu zählen und immer wieder von vorn au- zufangen wegen eines Versehens von 5 Centimes. Die Millionen der„Kleinen Zuckerdose" waren die Veranlassung einer furchtbaren Nemesis. Doch man findet sich schließlich mit dem Militär wie mit dem Himmel ab. Lebaudy erfuhr unter der Fahne«ine bevor- zugte Behandlung; er blieb von den Plagen deS Soldatenlebens verschont. Er erhielt wiederholt Urlaub, um den Rennen bei- zuwohnen, auf denen seine Pferde liefen. Er fraternisirte mit dem General Zurlinden, dem späteren Kriegsininistcr und leitete seine Wetten. Ihn zu entlassen, war indeß unmöglich, es hätte zu viel böses Blut gemacht; man begnügt« sich damit, ihn ws Hospital aufzunehmen und ertheilt ihm die Er- laubniß, täglich ausgehen zu dürfen, sodaß er sein Schwelgen- leben fortsehen konnte: und nur indem er sich seiner Radfahr- passion hingab und in einem Zuge 40 und öv Kilometer zurück« legte, zerrüttete er schließlich seine sehr kräftige Körperkonftitution und befähigte seinen entnervten und durch die Ausschweifungen entkräfteten Organismus zur Aufnahme von Typhuskeimen. Die Millionen hatten ihn so gründlich abgestltmpst, daß nur die raffinirtesten Vergnügungen ihn noch zu reizen vermochten. In einem seiner letzten Briese schrieb er betrübt:„Meine Lazareth- Kainerade» haben mehr Freude an ihrem Sou, den sie als Lohn bekommen, als ich an meinen Millionen." Seine Pariser Freunde erfuhren seinen Tod am Weihnachts - abend während eines bacchanalischen Schinauses; die Nachricht wirkte niederschmetternd auf sie, doch faßten sie sich rasch Gin englisches Chanbinisteublatt. Die hiesige Tele-� graphenagentur„Central- News of Germany" versendet ein Londoner Telegramm, in dem blutrünstige chauvinistische Aeuße- rungen eines englischen Wochenblattes über Deutschland zur Kenntniß der Redaltionen gebracht werden. Wir würden den Wisch nicht erörtern, wenn nicht das fragliche Blatt„Reynold'S NewS- paper" für ein„bekanntes Organ der englischen Sozialdemokraten" ausgesehen ivürde. Das ist eine Albernheit, die von einer ebenso gründlichen Unkenntniß der politischen Stellung von„Reynold'S Newspaper", wie die gelieferten Uebersetzungsproben von Un- kenntniß der englischen Sprache zeugen.„Reynold'S Newspaper" ist ein radikal geiärbtes Klatschblatt, das mit der Eozialdemo- kratie nichts zu thun hat, aber von jeher durch wüsten Chauvi- niSmus— oder wie man in England sagt, Jingoismus— und durch ekelhaftes Geschimpfe aus Deutschland sich ausgezeichnet hat.— KanzelsozialistischeS. Herr Pfarrer Naumann stellt in der Neujahrsnummer seiner„Hilfe" folgendes Programm auf: Er unterscheidet für sich und die Seinen eine politisch« und eine religiöse Aufgabe. Als politische Aufgabe bezeichnet er eS. einen regierungsfähigen Sozialismus vorzu- bereiten. Bei dem weiteren Wachsen der sozialistischen Gesin- nu na im deutschen Volke werde ein Punkt kommen müssen, mo die Regierung ohne große Aenderung nicht weiter regieren könne, wo das Kaiserlbum entweder die Verfassung des Reichs brechen oder seinen Frieden mit dem Sozialismus machen müsse. Sie werde wahrscheinlich das letztere thun und dann zeigen, daß die Monarchie leichter den Kultnraufgaben genügen kann als Republiken. Geschehe das nicht, so sei die politische Arbeit der Cbristlich- Sozialen vergeblich, dann aber auch die nationale Zukunft Deutschlands verloren, denn eine soziale Republik auf deutschem Boden sei unmöglich. Für den Fall der sozialen Wen- dung aber müsse dafür gesorgt werden, daß eine Partei vor- banden sei, die im stände ist, den Kompromiß zwischen Arbeit und Monarchie anzunehmen. 1890 bei den kaiserlichen Erlaffen habe keine arbeitsfähige, politische Gruppe bestanden, die diese Erlasse zu ihrer Fahne machen konnte. In fünf Sätzen spricht Naumann seine sozialen und politische» Wünsche aus: 1. Schuh des Vaterlands als Vaterland fleißiger Arbeit; 2. Ehrung des Kaisers, weil er ein Kaiser der thätigen Stände sein werde; 3. Vertretung jeder Reform, die der Arbeit im Kampf gegen ZinS und Rente helfen kann: 4. Gemeinsamkeit der Jnter- essen der Arbeit in Stadt und Land; b. Förderung jeder frei- willigen Berufsorganisation.— Als religiöse Aufgabe bezeichnet er es. das evangelische Christenthum als die beste Religion für Gegenwart und Zukunft zu erweisen. Herr Naumann hat vergessen auseinander zu setzen, warum in Deutschland eine soziale Republik unmöglich ist.— Chronik der Majestätsbeleidigungs- Prozesse. n Schneidemühl vcrurtheilte die Strafkammer den i s ch le r m e i st er und Gemeindeschöffen Thomas S k a p S k i ans Lubasz wegen Majestätsbeleidigung zu sechs Monaten Gefängniß und zum Verlust der bekleideten öffentlichen Acmter, sowie der ans öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte. Ein MajestätSbeleidigungS-Verfahren niedergeschlagen. Mitte Oktober hielt Genosse Herr- mann in Mainhardt eine Versammlung ab, in welcher er über das Thema„Volksstaat und Klaffenstaat" sprach. Diese Versammlung war vom dortigen Landjäger überwacht. Aus seinem Bericht entnahm die vorgesetzte Behörde, daß terrmann sich beleidigende Aeußerungen über den deutschen aiser habe zn schulden kommen lassen. Es wurde denn auch von der Staatsanwaltschaft Hcilbronn eine Unter- suchung eingeleitet und eine größere Anzahl Theilnehmer an jener Versammlung gerichtlich vernommen. Die Aus- sagen derselben waren aber derart widersprechend, daß das Verfahren gegen Herrmann durch Gerichtsbeschluß eingestellt worden ist. So geschehen in Württemberg . Es wäre zn wünschen, daß auch in anderen deutschen Ländern die Ge- richte mit der nämlichen Vorficht an Majestätsbeleidigungs- Prozesse herangingen.— Deutsches Reich. — Die Antirevolutions-Artikel der„Nordd. Allg. Ztg." nehmen ibren fröhlichen Fortgang, trotzdem doch bereits auf anderem offiziösen Wege sie ihrer unsäglichen Albern- heit halber dementirt wurden. In der neuesten Leistung erklärt daS Pindterblatt: wieder und setzten ihre Orgien fort, als ob nur ein schmarotzendes Insekt sein Leben verloren hätte. Am nächste» Morgen aber, als sie zur Besinnung gekommen waren, gaben sie ihrer Verzweiflung über das Unglück, das ihnen eine Goldmine ge- raubt hatte, die sie so vergnüglich hatten ausbeuten können. lärmenden Ausdruck. Wenn auch daS plötzliche Verschwinden der„Kleinen Zucker- dose" von den Sozialisten nicht gerade beweint worden rst, so haben sie doch Grund genug, es zu bedauern. Dieser /unnütze und berühmte Schmarotzer verkörperte, den andere» Menschen ebenso schädlich wie sich selbst, in sich die brutale und rohe Majestät des Ka p i t a l s..Er war einer der ausgeprägiesten Typen der Kapitalistenklasse. Die Spartaner machten die Heloten trunken, um Ekel vor der Völlerei zu erregen: die Max Lebaudy und der fiammerftein flößen Abscheu ein vorder kapita- i st i s chje n Zivilisation. EaUus. Gvtxrv. Bühnenspiel von Gerhardt Hauptmann. Die große soziale Bauernerhebung ist niedergebrochen. Die Ritter sind wieder obenauf. Im Schloß des Herrn v. Grumbach feiert man ein Gelage. Einen Trupp flüchtiger Bauern hat man eingefangen. Man hat ihnen die Nestel aus den Hosen gethan, damit sie nicht davon laufen können, und die Adeligen treiben ihre Kurzweil mit den angsterfüllten. armen Gesellen. Sie hauen mit der Hetzpeitsche auf die Gefangenen ein und spotten ihrer Bauernartikel und fragen höhnisch: Wieviel Thürm« und Häufer darf der Edelmann haben? So viel er will, müssen die Bauern antworten, die mehr todt sind als lebendig. Der betrunkene Ritter Schertlin spricht die Schmalzbettler, daS kein- nntzige Lauszeug an: Ihr wisset, was der Luther gesagt und ? eschrieben. Wer Mitleid mit diesen schwarzen bäuerischen Teufeln at, mit dem ha» Gott kein Mitleid. Ihr seid niedergelegt aus der Gnade Gottes und Eurer an 00 000 zu Tode geschlagen. Nachdem sie herzhaft die Reitknute geschwungen und da? wüste Spiel zur Erschöpfung getrieben hatten, so meint Herr Schertlin zn seinen Standesgenoffen:„Wohlan, fromme Gesellen, so lastet uns nach der Arbeit ein wenig„Deutsch-Herren" spielen!" Und Herr v. d. Mühlen antwortete: „Kleider aus und Kleider an, Essen, trinken, schlafen gahn, Das ist die Arbeit, so die Deutsch -Herren han!" Das ist der Verlauf jener Szene im Schlußakt des„Florian Geyer ",»ni derentwillen sich am Sonnabend ,m Deutschen Theater so viel Lärmen erhob. Der Tumult wiederholte sich am Sonntag nicht, nur schrie jemand, wahrscheinlich durch schöngeistiges ZeitungSgeschwätz verführt, von der Galerie herab:„Das ist eine Verhöhnung der Kunst". Der Weichlingskunst gewiß! Als „Man darf vielleicht sagen, baß die Revolution unb napoleo» Nische Folgezeit auch für Preußen das Gesetz der Trägheit ,n einzelnen Stücken überwanden, hemmende Kräfte beseitigten, langst vorhandene Ideen in regeren Fluß brachten und die Aus- gestaltung halbfertiger Gebilde beschleunigten, aber von der Aneignung irgend eines neuen Inhalte? politischer oder sozialer Natur durch unser« Gesetzgebung kann nach den Ergcbnisien ernsthafter und gründlicher Geschichts- forschung keine Rede mehr sein. Diese Legende spukt nur noch in den Köpfen halbgebildeter Leute oder in den politischen ABC-Büchern der Demokratie umher." Diesen Beweis gänzlicher geschichtliche, Unkenntniß trumpfte die„Vosische Zeitung" durch ein Zitat auS einer Eingabe ab, die tardenberg am 12. September 1807 von Riga aus an t e i n ergehen ließ. Er zollt darin der sranzöfischen Revolution volle Anerkennung und fügt hinzu: „Der Wahn, daß man der Revolution am sichersten durch Festhalten am Allen und durch strenge Verfolgung der durch solche geltend gemachten Grundsätze«ntgegenlreten könne, hat besonders dazu geführt, die Revolution zu defördern und derselben eine stets wachsende Ausdehnung zu geben. Die Gewalt dieser Grundsätze ist so groß, sie sind so allgemein anerkannt und verbreitet, daß der Staat, der sie nichtannimmt, entweder seinem Unter gange oder der erzwungenen An« nähme derselben entgegensehen muß." WaS sagen dazu Pindter's Nachfolger? — DaS Treiben deS Freiherr» v. Stumm wird in dem Prozeh näher beleuchtet werden, der gegen den Pastor K ö tz s ch k e- Sangerhausen angestrengt wurde. Dem „Volk" wird„aus dem Königreich Stumm" geschrieben: Nach dem, waS über die Zeugenaussagen hier bekanntgeworden. wird voraussichtlich folgender Thatbestand gerichtlich erhärtet werden, mag der Prozeß sonst ausfallen wie er will. Es handelt sich im wesentlichen um die Steuern, die Stumm an die Ge- meinden Neunkirchen und Niederneunkirchen zu zahlen hat. Stumm's Eisenwerk liegt zum größten Theile in Niederneunkirchen und zahlt den Haupttheil seiner Gemeindesteuern an diese Ge- meinde. Nun aber wohnt der größte Theil seiner aktiven und penstonirten Arbeiter in Neuniirchen, so daß dieser Gemeinde, zu deren Budget Stumm nur den kleinslen Theil zahlt, enorme Ausgaben besonders für Schul- und Armenlasten erwachsen. Ein Beispiel für viele: Die Schulausgaben betragen für beide Gemeinden ungefähr jährlich 220 000 M. Davon trägt nach dem Etat Niederneunkirchen, d. h. das Gebiet, wo Stumm fast allein als Steuerzahler in betracht kommt, 2l/j pCt., also 5400 M. Nun wohnen in der Nachbargemeii.oe ca. 1400 Kinder von den Stumm'schen Arbeitern. Nach dem Etat betragen die Schullasten pro Kopf des Kindes jährlich 45,50 M. Tie Mehr- ausgäbe für Kinder Stumm'scher Arbeiter beträgt danach 45,50 M. X>400— 02 700 M. Davon muß man in Abzug bringen, was Stumm für den Theil seines Werkes, der auf dem Banne von Nennkirchen liegt, an Gemeindesteuern oder vielmehr an Schul- lasten zahlt; der Betrag ist mir unbekannt: hochgegriffen werden davon auf die Schullaften etwa 20 000 M. kommen. Daraus folgt, daß die Gemeinde Neunkirchen für Stumm'S Arbeiter- linder etwa 40 000 M. bezahlt; andererseits spart also Stumm infolge der Trennung beider Gemeinden ungefähr 40 000 M. an Gemeindesteuern, die er b i l l i g e r w e i s e zahlen müßte. Wir legen Nachdruck auf das Wort billigerweise. Denn recht- l i ch ist alle? in bester Ordnung. Aber Freiherr v. Stumm legt überall großen Werth darauf, daß seine Handlungsweise vom ri st lich- siltlichen Standpunkt auS beurtheilt wird. Wir ehe« mit ihm auf demselben Bode». Nach dem Maßstab der christlichen Liebe oder auch nur der Billigkeit sollte man vom Werke der Gebrüder Stumm erwarten, daß eS freiwillig die 40 000 M. an die Gemeinde Neunkirchen zahlte, wozu eS rechtlich einstweilen nicht herangezogen werde» kann. Wir wissen, daß Stumm persönlich wirklich viel freiwillig an die Gemeinde Neunkirchen zahlt und auch in Zukunft zu zahlen gedenkt. Ob jedoch diese Wohlthaten die Summe von 40 000 M. jährlich er- reichen, müffen wir billig bezweifeln. Außerdem erscheinen uns diese Wohlthaten danach nicht mehr als besondere Beweise christ- licher Liebesthätigkeit, sondern einfach als Werke des Billigkeit;- sinneS. den wir dem Freiherrn nicht absprechen wollen. Endlich steigt uns noch die Frage aus: wer muß die 40 000 M.. die Ge- brüder Stumm billigerweise in Neunkirchen zu wenig de- zahlen, decken? Doch wohl zum großen Theil die Arbeiter und Beamten von Gebr. Stumm, die in Neunkirchen »vohnen. Sollte da die Gesetzgebung nicht eingreifen? — Eine besondere Polizeiverordnung soll demnächst über die Anlage, den Bau und die Einrichtung von öffentlichen wiePriat-Kranlen-, EntbindungS- und Jrren-Anstalten erlassen werden. Wie der Re- ob eS je in den Tragödien der Einzelwesen und Bölkerschaften ohne rauhe Bitterniß und ohne Grausamkeit abgegangen wäre. Diese Szene mit ihrem ingrimmigen Humor ist hier zunächst hervorgehoben, weil sie darthnt, w»s aus dem„Florian Geyer " hätte werden können und was nicht daraus geworden ist. In diesem Auftritt lernt man von der Bühne her mit künstlerisch- lebendiger Anschaulichkeit begreifen, worin die Nothwendigkeit der Bauernbewegung wurzelte und woher ihr die elementare Gewalt erwuchs, daß sie verschiedenartige Bauern- stürme von den österreichischen Alpen bis zum Waldgebirge Thüringens erfaßte. Hier bricht die Wirkung unmittelbar her- vor; hier erkenne ich den Dichter der„Weber" wieder, der mit leiderfüllter Seele klarzulegen verfleht, wie aus der Bedrängniß und Roth der Massen auch die flammende Massenerhebung sich losringt. ES ist ein soziales Moment in die Tragödie gekommen. die nicht bloS den Heroismus des Einzel-JndividuumS kennt, sondern auch den Heroismus, der in der Menge wirkt und zu leidenfchastlichen Ausbrüchen drängt. Es liegt nicht in dem Wesen Gerhard Hauptmann '?, Zukunft?- Perspektiven zu eröffnen. Seine sozialen Tragödien enden pessimistisch. Er läßt eS sich genügen. die Nothwendigkeit vulkanischer Ausbrüche der BolkSseele zu erklären. Ist der Aus- bruch vorüber, so folgt der Gegenschlag trostlos, grausam, wie jetzt im„Florian Geycr". Die deutschen Herren begimleu ihr alte? Lotterleben; geioltert und gemordet sind die Bauer» und von einem hundsföttischen Landsknecht erschlagen bricht der edle Bauernführer, der Geyer, nieder. Wer sich diesen Verzicht HauptmrfNN'S auf jede Zukunfis- perspektive vor Augen hält und wer sich dessen bewußt ist, wie tief-optimistisch die Sozialdemokratie im Grunde ihres WeseuZ ist, der wird über di, naive oder geheuchelt« Anschauung derer lachen, di« in Gerhard Hauptmann gleichsam einen sozialdemo- kratischen Parteipoeten sehen. Dem großen, sozialen Alhem, der durch unsere Tage zieht, kann dabei freilich der Dichter der „Weber" sich nicht verschließen. Ungleich weniger als die„Weber" ist der„Florian Geyer " von ihm durchweht. Hauplmann's Hang zu minutiöser Klein- Malerei war ihm verderblich. Gegenüber den Vorgängen in den„Webern " erreichen di« wichtigen Vorgänge der Bauernkriege ein Rirsenmaß. Die Methode, bei Einzelheiten treu und liebevoll zu verweilen, bat in den„Webern " reiche Früchte getragen, im„Florian Geyer " hat sie zur Hälfte einen trockenen Ton verschuldet. In den Hintergrund gedrängt ist die mächtige Bauerntragödie; nicht mit erregten Pulsen folgt ihr der Hörer, weil fie nicht kraftvoll farbig, sondern wie im blassen Dämmerlicht erscheint; und statt ihrer erfährt er eine sorgsame, in Einzelheiten geistvolle, aber schließlich ermüdende Schilderung der Lage der Ritter während de» sieghasten Vordringens deZ Bmi-T.bundes und der Vorgänge und Jntrignen i:, de» Lagern der Bauer nsührer, der Feldhauptieute
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