Sonnabend
19. Januar 1929
Unterhaltung und Wissen
9. Lomakin: Meine Ehe!
Aus dem gegenwärtigen russischen Leben
Ich ärgerte mich über meine Frau deswegen, weil das Essen angebrannt war und es scheint, daß ich sie Gaus oder auch dumm nannte, aber ich erinnere mich nicht mehr. Unbedingt hat ein Mann, der für die Ernährung der Familie sorgt, das Recht, fich zeitweilig über die eigene Familie zu ärgern. Aber meine Frau wurde wütend. Sie behauptete, in der heutigen Zeit dürfte nichts Aehnliches vortommen.
Das machte mich noch wütender.
Was heißt das, in der heutigen Zeit? Eine Frau bleibt für immer ein niedrigeres Wesen. Ich weiß selbst nicht, weshalb ich so sprach. Aber die Antwort fiel nicht nach meinem Geschmack aus. ,, Na warte!" drohte sie.
Ich warte, ich warte, mein Täubchen," antwortete ich und begab mich in den Dienst.
Nach meiner Rückkehr ins Haus fand ich weder das Mittagessen noch die Frau. Man tann sich die rasende Wut eines hungernden, armen Schluders leicht vorstellen. Eine halbe Stunde lang trommelte ich mit den Fingern auf den leeren Tisch, bis ich schließlich eine Tasse zerschlug, die ich meiner Frau zum. Geburtstag geschenkt hatte.
Endlich tehrte sie mit vom Frost geröteten Wangen zurüd. ,, Weshalb beeiltest du dich so," fragte ich ironisch, du könntest ruhig noch ein wenig spazieren gehen."
Ich werde abends noch ein wenig spazieren gehen." ,, Waaas?" Die Untertasse teilte das Los der Tasse. Ich arbeite acht Stunden und du..."
Ich bitte, nicht so zu schreien." sagte sie. Du bist nicht mehr mein Mann."
Und mit völliger Ruhe händigte sie mir ein Papier aus, das unsere Scheidung bestätigte.
Ich fomme nur, um meinen Korb zu holen," sagte sie ,,, denn ich ziehe in das benachbarte Zimmer."
Ich tat, was an meiner Stelle die Mehrzahl der Männer tun
würde: ich ging hin, und betrant mich.
Dann begab ich mich in ihr Zimmer."
,, Wann wird endlich das Mittagessen da sein?"
„ Ich bitte, auf der Stelle mein Zimmer zu verlassen!"
Aber ich wollte nicht fort. Es schien mir, als spreche ich ruhig, sa wie ein Mann zu seiner Frau spricht, mit der er seit zehn Jahren in einem Zimmer wohnt. Indessen rief sie den Portier, die Miliz und den Hausdiener und ließ mich hinauswerfen, ja jogar verhaften.
Und was tat ich denn Böses? Ich zerriß ein ganz flein wenig die Bluse meiner Frau und stieß den Milizbeamten, weil ich der Ansicht war, daß sich die Behörde in meine Familienangelegenheiten nicht einzumischen hat.
Ich laß zwei Wochen im Arreft. Während ich in der Belle fab, dachte ich darüber nach, daß ich meine Frau dennoch liebe und ich ihr das fagen merde, wenn sie mich herauslaffen.
Statt deffen aber fagte ich:,
,, Ratja, laß es mit diesen Dummheiten genug sein. Du hast mich beleidigt, aber ich verzeihe dir. Du fannst wieder in mein Zimmer ziehen.
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Ich sagte Ihnen schon tausendmal, daß sie nicht mehr mein Mann sind!" entgegnete sie. ,, Wie denn? Zehn Jahre lebten wir zusammen und jetzt soll dies alles plötzlich zu Ende sein?" Ja."
,, Nun gut, scher' dich zum Teufel!*
In der Tiefe der Seele glaubte ich aber, daß sie mich noch liebe! Eines Abends hörte ich im Zimmer hinter der Wand die Stimme eines Mannes, der lachte und Tee trant.
,, Was soll das heißen?" dachte ich und flopfte an die Tür. ,, Ich habe keine Zeit," entgegnete sie ,,, ich bin beschäftigt!" Ich flopfte lauter. Bütend trat sie heraus.
Ich bitte, diesen Herrn aus dem Zimmer zu entfernen." ,, Und ich bitte Sie, eine fremde Frau nicht zu belästigen, sofern Sie nicht ins Gefängnis wandern wollen."
Die Tür schloß sich krachend. Fremde Frau?"
Beilage des Vorwärts
H. Leonard: 100 Jahre ,, Faust "
Am 19. Jamuar sind 100 Jahre vergangen, seit Goethes Faust" am Hoftheater in Braunschweig die Uraufführung erlebte.
Während der Straßburger Studentenzeit vertiefte sich Goethe in die Urquellen deutscher Volksgeschichte, Volkslied und Volkssage. 3wei Gestalten traten ihm näher; Göß von Berlidingen und Faust Schon regte sich in ihm der gewaltige Drang, diese Gestalten Helden seiner Dramen zu machen. Aber ihm fehlte noch die Wel erkenntnis, den Faust, wie er sagt, ,, in das handelnde Leben zu stellen". Die Sturm- und Drangjahre, Jahre tiefer Selbsterkenntnis und persönlichen Erlebens ließen ihn die eigene Seele erkennen. Im genialen Wurf gelang es ihm, aus dem tiefen Drang nach der Natur deutscher Vergangenheit im Faust das uralte Problem der Erlösung der Menschheit zu gestalten. Als Goethe am 7. November 1775 in Weimar eintraf, las er nach Ende des Monats seinen halbfertigen" Faust vor. Sein Faust begleitete ihn durch alle Phasen seines Lebensweges. Im Frühjahr 1801 mar der erste Teil der Tragödie beendet. Aber noch sieben Jahre sollten vergehen, bis der Faust 1808 als Buch erschien. Einige Bruchstücke erschienen zur Ostermesse im ,, Cottaschen Morgenblatt".
Aber sie muß mich doch noch lieben! Ich kenne sie schon zehn Bühnendichtung geschrieben. Doch faßte der Generaldirektor des Jahre, ich weiß, daß sie eigensinnig ist.
Am nächsten Morgen beschloß ich, es mit Freundlichkeit zu versuchen. Die Frauen lieben das. Ich sagte also:
Katharina Piotrowna, gestatten Sie, mit Ihnen einige Abende gemeinsam zu vertreiben. Es ist so einsam allein. Vielleicht tönnten mir gemeinsam lesen?"
Bor zehn Jahren hatten ihr solche Worte gefallen. Jetzt nicht. Sie gähnte:
„ Dieses Lesen von Versen ist schon eine altmodische Geschichte. Aber, wenn Sie sich anständig benehmen werden..." Aeußerst gern hätte ich sie verprügelt, aber statt dessen ging ich
abends zu ihr und deflamierte ihr, wie ein Idiot, Verse vor. Aber auch das fand keine Anerkennung:
,, So'n Quatsch! Liebe sieht in Wirklichkeit ganz anders aus. Gehen Sie lieber schlafen."
Natürlich, wenn dieser Kretin Simtow fommt und ihr vom Borteil der Konsumvereine erzählt, lächelt sie süß und spricht:
,, Ach, wie interessant das ist. Kommen Sie recht bald wieder." ,, Ratja," sagte ich ihr schließlich, so geht es nicht weiter." ,, Weshalb? Jezt beginnt es ja gerade intereffant zu werden." ,, Ich bin so einsam, Katja," begann ich. Und ich weiß nicht, wie es tam, aber ich gelangte zu demselben Resultat, das ich vor zehn Jahren in die Frage fleidete:
Möchtest du nicht mit mir den dornigen Lebensweg teilen?" Sie wurde ernst. Denn eine Ehe ist trotz allem eine ernſte Angelegenhelt.
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But! fagte fte, ich bin einverstanden. Aber ich fordere von dir als Frau dieselbe Freundlichkeit, die du mir als der Fremden bewieseft."
Und, beim Teufel, ich behandle sie wie eine Frembe. Ich flopfe an die Tür, wenn sie Gäfte hat und beginne mich daran zu gewöhnen, daß eine Frau vom alten Typ heute absurd ist.
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Nicht lange nach Sonnenuntergang, noch während der hellen Dämmerung, fehen wir jetzt am südwestlichen Himmel den herrlichen Abendstern aufleuchten, deffen Ganz desto heller und prächtiger wird, je mehr die Dunkelheit zunimmt. Da er der Sonne nach folgt, geht er auch nicht lange nach ihr unter; allerdings nimmt feine Elongation oder Entfernung von der Sonne am Himmel gegenwärtig zu, so daß wir ihn zu Ende des Monats immerhin fast vier Stunden lang leuchten sehen und verfolgen tönnen. Dieser Blanet, der den Namen Benus erhalten hat, fommt auf seiner Bahn um die Sonne von allen großen Weltkörpern der Erde am nächsten, er fann sich ihr bis auf 40 Millionen Kilometer nähern, also be. trächtlich mehr als der rötlich strahlende Mars , der es mur auf 55 Millionen Kilometer zu bringen vermag. Troytem sind die Oberfläche und die sonstigen Verhältnisse dieses roten Kriegsplaneten die Sterngläubigen hielten und halten ihn für ein Unheil verkünden. des Gestirn bedeutend besser erforscht, als es bei der nach der lieblichen Liebesgöttin benannten Venus der Fall ist. Für die Beobachtung eines Planeten spielt seine Entfernung natürlich eine erheb'iche Rolle; je näher er sich an der Erde befindet, um so genauer laffen fich Einzelheiten auf seiner Oberfläche feftstellen. Wenn wir trotzdem von der Oberflächengestaltung der Venus so gut wie gar nichts wissen, während wir vom Mars geradezu geographische Karten befißen, so liegt das daran, daß die Atmosphäre oder gasige Hülle des Mars äußerst dünn ist und stets eine gute Durchsicht auf den Körper des Planeten selbst gestattet, während die Hülle der Benus so dicht und dunstig ist, daß die eigentfiche Oberfläche des Gestirns niemals erblickt werden kann. Daher fann auch die Umdrehungszeit bei dem ersteren sehr genau bestimmt werden, sie beträgt 24 Stunden 37 Minuten 23 Sekunden. etwa so viel wie bei der Erde, während über die Umdrehungszeit der Benus unter den Himmel: forschern die größte Unflarheit herrstt. Es liegt das daran, daß dieser Planet im Fernrohr immer nur furze Zeit bei vorgeschrittener Dämmerung beobachtbar ist, bet Tage und bei heller Dämmerung verwischt die leuchtende Lufthülle der Erde die zarten hellen und dunklen Flecke, die er bei größerer Dunkelheit zeigt, wo er aber schon tief in der Nähe des Horizonts steht. Zuerst erblickte vor etwas mehr als 200 Jahren Cassini solche Flecken immer fast an derselben Stelle, woraus er auf eine derjenigen der Erde faft gleiche Umdrehungszeit von 24 Stunden schloß. Aber vor 50 Jahren machte der berühmte italienische Astronom und Marsforscher Schiaparelli darauf aufmerksam, daß die beobachteten Erscheinungen sich ebensogut erklären laffen, wenn der Planet der Sonne stets dieselbe Seite zufehrt, wie es auch beim Mond der Erde gegenüber der Fall ist, daß a'so Umdrehungszeit und Um'aufszeit zusammenfallen, das heißt, daß die Benug volle 225 Tage zu einer Umdrehung um ihre Are braucht. Bis zum heutigen Tage sind die Meinungen darüber geteilt, ganz hervor ragende Beobachter trefen für eine furze Umdrehungszeit ein, wobei allerdings nicht an 24 Stunden festgehalten wird, die Angaben
schwanken vielmehr zwischen zwei Tagen und acht Tagen, aber ebenso hervorragende und sorgsame Forscher haften an der 225tägigen Umdrehungszeit fest..
In neuester Zeit sind nun von dem amerikanischen Astronomen Frant E. Roß( nach der Zeitschrift„ Das Weltall") photographische Frank E. Roß( nach der Zeitschrift„ Das Weltall") photographische Aufnahmen der Venus in verschiedenartigem Licht gemacht wor den, wobei die Aufnahmen in ultraviolettem Licht am besten die Einzelheiten hervortreten lassen. Wäre es möglich, solche Aufnahmen über etwa acht Stunden ununterbrochen auszudehnen, so würde man vermutlich das Rätsel der Umdrehungszeit der Benus sehr bald durch das Studium solcher fortgesetzten Aufnahmen gelöst haben. Aber weil sie immer nur furze Zeit hintereinander gemacht und erst nach 24 Stunden wiederholt werden können, kann die Frage noch. nicht als entschieden gelten. Immerhin haben diese Aufnahmen manche Schlüsse über die Vorgänge in der Bemusatmosphäre gestattet, in der weit heftigere Stürme als in unserer irdischen Lufthülle zu herrschen scheinen. Diese lebhaften meteorologischen Vorgänge in der Venushülle sind mit einer sehr langsamen Umdrehung von 225 Tagen nicht gut zu vereinigen, während spektroskopische Beobachtungen gegen eine sehr kurze Umdrehungszeit sprechen. Roß schließt aus seinen Ergebnissen auf eine Umdrehungszeit von etwa schließt aus seinen Ergebnissen auf eine Umdrehungszeit von etwa 30 Tagen, die er auch mit allen sonstigen Beobachtungen für ver
Völlig ist das Rätsel der Umdrehungszeit der Benus allerdings auch jetzt noch nicht gelöst, doch ist zu hoffen, daß es in naher Zukunft der Fall sein wird, wenn die photographischen Beobachtungen nach der Methode von Roß gleichzeitig in Amerifa und in Europa in den nächsten Jahren fortgesetzt werden.
Dr. Bruno Borchardt.
Wetterprophet in Tibet ein gefährlicher Beruf. ngafpas", so schreibt der bekannte Tibetforscher Charles Bell in seinem unter dem Titel The People of Tibet" fürzlich erschienenen Buch, heißen die tibetanischen Magier, denen man außer anderen überfinnlichen Eigenschaften auch die besondere Macht nachrühmt, das Hagelwetter zu bannen. Deshalb hat auch die tibetanische Regierung zwei dieser Zauberer angestellt, die dafür zu sorgen haben, daß Lhassa und die Ebene bei der Hauptstadt vom Hagel verschont bleiben. Als Entlohnung ihrer Dienste gewährt man diesen im staatlichen Wetterdienst beschäftigten Beamten fleine Landparzellen zu eigener Bewirtschaftung. Auch die Bauern sichern sich die Dienste eines Ngakpas, um das Hagelwetter von ihren Feldern fernzuhalten; sie zahlen ihm dafür einen Jahrestribut in Gestalt eines geringen Anteils an der Getreideernte. Kommt trotzdem der Hagel so wird dieser Anteil von den getäuschten Bauern einbehalten. Will es aber das Unglück, daß die Hageltörner gar auf die Residenz des Dalai Lama auf dem Berge Botala in Lhassa , auf das bei der Hauptstadt gelegene, als Juwelenpark" bekannte Landhaus des buddhistischen Oberpriesters oder den großen Tempel in Chassa, den Tsuk La Kang, nieder falfen, so haben die für Lhaffa und Umgegend verantwortlichen fallen, so haben die für Lhassa und Umgegend verantwortlichen beiden Ngalpas strenge Bestrafung zu erwarten."
Wieder sollten 21 Jahre vergehen, bis die gewaltige Tragödie über die Bühne ging. Goethe selbst hatte den Faust nicht als Braunschweiger Hoftheaters, August Klingemann , den Plan, den Faust für die Bühne zu bearbeiten. Goethe selbst hat der Aufführung nahe gestanden, aber die Aufführung nicht begünstigt, wie er au Klingemann schreibt: ,, Meine Werke sind im Druck erschienen und Gemeingut des Publitums geworden. Ich füge hinzu, daß ich mich feit langer Zeit nicht mehr um das Theater befümmere, machen Sie daher mit meinem Faust, was Sie wollen."
Schon November 1928 waren die Vorarbeiten in vollem Gange. Am 19. Januar 1829 ging die Uraufführung vor sich. Klingemann hatte den Faust in sechs Abteilungen gegliedert. Klingemann strich die Vorspiele, die Walpurgisnacht, die Sturmizene und Gretchen am Spinnrade, um das lyrische Intermezzo als undramatisch auszuschalten. Dem Monolog der Osternacht fehlte der Chor der Jünger und der Engel; der Gesang der Geister in der Paktszene war durch einen Tanz erfeßt. Die Haupt- wie Nebenrollen waren mit den besten Kräften besetzt. Den Faust spielte Schütz, den Mephisto Marr, Margarete Madame Berger, Balentin Kettel, die Martha Klingemanns Battin.
Ueber die Aufführung, die vier Stunden dauerte, liegen einige Berichte vor. Die damals in Braunschweig erscheinende ,, Mitternachtszeitung für gebildete Stände" nennt den Erfolg der Aufführung sehr gut". In der Dresdener ,, Abendzeitung" vom 29. Januar 1829 schreibt der Kritiker von einem gedrängt vollem Hause und von glänzenden Erfolgen". Schütz als Faust habe seine schwere Aufgabe ,, mit Meisterschaft gelöst. Unerschöpflich blieb seine Kraft bis zum Schlusse". Marr als Mephisto hat seinen bedeutenden Ruf glänzend gerechtfertigt Das Gretchen der Madaine Berger nennt er ein liebliches Gebilde von Anmut und Innigfelt, und Madame. Klinges mann spielt aus ,, Achtung nor dem Meisterstück die Rolle der alten Nachbarin und sie habe diese Rolle ergöglich im Sinne des Dichters gegeben". Der Kritifer prophezeit wie unrichtig die Behauptung, eine Aufführung des Gedichtes sei unmöglich, wir prophezeien mit voller Ueberzeugung, daß Goethes Meisterwert noch viele hundert Darstellungen erleben wird". Klingemann erstattete am 28. Januar 1829 dem Dichter einen Bericht über die Braunschweiger Aufführung, besonders über Marrs.weltmännische Auffassung des Mephistopheles . Die Klingemannsche Bühneneinrichtung wurde von den größten Bühnen benutzt. Die nächste Aufführung fand am 8. Juni 1829 in Hannover statt, dann folgte Stuttgart . Unter Ludwig Tiecks Leitung wurde Faust in Dresden am 29. August und in Leipzig am 28. August 1829 aufgeführt. Die Baterstadt Goethes, Frankfurt a. M., und Weimar brachten die Aufführung in acht Abteilungen, verwendeten aber Klingemanns Einrichtung.
Hundert Jahre sind verflossen, seit diese größte deutsche Geistesschöpfung und Menschheitsdichtung sich die Bühne eroberte. Dankbar wird die Kulturwelt sich der Tat Klingemanns erinnern und der Aufführung gedenken.
Auf Robinsons Eiland
Die Insel, auf der Defoes unsterbliche Geschichte von Robinson Crusoe
spielt, hat die Sehnsucht unzähliger Leser erweckt, die sich
fern von der Unrast unseres Lebens nach einem einsamen Erden
fleck hinträumten, wo der Mensch in einem glücklichen Klima, nur auf sich selbst angewiesen, reiche Nahrung findet und so gleichfam den Weg der Menschheit von neuem beginnen kann.
Dieses Eiland Robinsons befindet sich noch heute ungefähr in dem Zustand, in dem es war, als das Urbild des berühmten Romans, der Matrose Alexander Selkirk dahin verschlagen wurde. Freilich, ganz so abgeschlossen von der zivilisierten Welt ist die Infel Mas- a- Tierra nicht mehr, die größte unter den drei Insein der Juan Fernandes- Gruppe, in der man heute mit Sicherheit den Schauplatz der Robinson- Geschichte steht.
Ein deutscher Gelehrter, Dr. W. Schmitt, hat sich jetzt längere Zeit auf der Insel aufgehalten, um das überaus reiche und noch taum erforschte Tierleben in den Gewässern um die Inseln zu studieren. Bon seinen Beobachtungen erzählt er in einer Londoner Wochenschrift. Defoe war von den Abenteuern Selkirks, der vier Jahre und vier Monate auf der Insel verbrachte, durch Briefe und Aufzeichnungen des Matrosen unterrichtet, aber seine geographisd; en Angaben, find nicht ganz genau, und bisweilen nahm er seine Phantafie zu Hilfe. So gab es z. B. feinen Mann namens Freitag auf der Insel, und niemals haben Menschenfresser das Eiland während Selfirts Aufenthalt besucht. Im übrigen aber lachen dort noch dieselben grünen, reich bewaldeten Täser, die sich an lieblichen Flüffen entlang ziehen. Die Gewäffer liefern eine Unmenge von Fischen, der Küchengarten spendet alle nur erdenklichen wohl fchmeckenden Pflanzen, und die wilden Ziegen bieten nicht nur einen föstlichen Braten, sondern man kann sie auch zähmen und von ihnen Milch, Butter und Käse erhalten.
,, Die wenigen Einwohner, die die Insel heute hat, wohnen an der Ostseite der Infel zwischen den hohen Bergen und dem Meer. Sie sind fast alle Fischer, und die riesigen Hummern, die sie fangen, sind ein Leckerbissen ersten Ranges. Aber sie sind sofort bereit, ihren gangen Fang dem Kapitän eines Echoners gegen einige Nahrungs. konserven auszuhändigen, da sie dieser Genüsse überbrüssig sind. Das Leben verfließt in idrister Stille, und der kleine Laden des Dorfes ist nur zweimal die Woche geöffnet. Die Hauptsprache unter den Bewohnern der Insel ist spanisch. Der Rundfunk hat jezt auch an ihnen seinen Weg gefunden."