Einzelbild herunterladen
 
Lessing  .
,Man muß den Mann schließlich feiern, wo seine Werte in allen KlassikerauSgabeu stehn. Gelesen hat man, gottlob, sowieso nichts von ihm.'
Neue Aussichten für Amanullah  ? Lebt der Rebellenkönig überhaupt noch?- Ein neuer Thronpräiendent taucht aus.
L o» b o«. 21. Januar.(Eigenbericht.) Aus Afghani st an laufe« äußerst wider» sprechende Meldungen ein. so daß es äußerst schwer ist. ei« Bild über die augenbliitliche Lage zu ge» Winne«. Nach Meldungen aus Peschawar   ist in der Person des Sirdars M. Omar Khan ein neuer Krön» Prätendent aufgetreten, der sich der vollen Unter» stützung der Shinwari-Stätntne erfreuen soll. Qmar Khan befindet sich auf dem Marsche auf Kabul   und hofft inner» halb einer Woche im Besitze der Hauptstadt zu sein. Ueber das Schicksal des Emirs Habibullah Khan  , des früheren Rebellenführers Bachai Sago sind die der» schiedenste« Gerüchte verbreitet. Die Meldung von seinem Tode scheint den Tatsachen zu entsprechen.(Wird aller» dings später von Reuter ans amtlicher indischer Quelle dementiert. Red.)
Im übrigen scheint es. daß unter de« Grenzstämmen Afghanistans   die Sympathien für den Exkönig Amanullah   im Wachsen begriffen sind. Der Stau«'» Gilsai hat eine Deputation an den Exkönig gesandt, die ihm die volle Unterstützung des Stammes zusagte. Eine Reihe von Versammlungen indischer M o h a m» medaner in Peschewar und Lahore   haben Resolutionen gefaßt» in denen Amanullah   Unterstützung zugesagt wird. Amanullah   erklärt seine Abdankung für nichtig. Moekau, 21. Januar.  (Telegraphenagentur der Sowjetunion  .) Räch einer Meldung aus Herat   hat Amanullah   im Hin» blick auf die Absetzung Jnajatullahs in Kandahar   die Erklärung ver» öffentlicht, daß er feine Abdankung für nichtig erklärt und die Herrschaft wieder übernimmt.
Ein Ltebertn'tt zur Sozialdemokratie. Die Sozialdemokratie Hort der Einhe.t des Proletariats. Der Redakteur und Herausgeber des linkskommunistischen Dolkswillen� Bartels ist zur Sozialdemokratie übergetreten. Er hat den Verzicht aus sein bisheriges Amt und die Rückkehr zur SPD. in einem längeren Schreibe» an die Reichs. leitung des Lenin  -Bundes begründet, in dem er erklärt, daß die Perspektive des Lenin  -Bundes. die Komintern zu erobern, sich als utopisch herausgestellt habe. Der organisatorische Zustand des Lenin  - Bundes beweise überdies, daß die deutsche Arbeiterschaft der Reu» gründung von Parteien müde sei und die V e r e i n i- g u n g aller auf dem Boden des Marxismus stehender Proletarier in e i n e r großen, geschlossenen, schlagkräftigen Partei verlange, deren Fundament das demokratische Selbstbestimmungs- recht, die sozialistsche Ueberzeugung und die Gesinnungssreiheit der Mitgliedschift bildet. Di« Erfahrungen der letzten Jahre hätten ihn überzeugt, daß die KPD  . nicht die Führerin des Proletariats sei, noch jemals werden würde, sondern lediglich ein Hemmnis für den Zusammenschluß und die Stärkung der deutschen   Arbeiterschaft. Der Schluß der Erklärung lautet: Zwölf Jahre long habe ich die SPD. auf das heftigste be° kämpft, weil ich in ihr eine Partei sah, die nicht die Interessen der Arbeiter vertrete. Aber mein Haß gegen diese Partei wandelte sich, je mehr ich erkannte, welche Kraft die SPD.   in der Pe» riode des Zerfalls der Komintern   darstellt und welche leidenschaftliche Zuneigung die erdrückende Mehrheit der deutschen   organisierten Arbeiter. schaft ihrer alten Partei, der SPD.  , entgegen» brachte, in der sie den Hort der Einheit des Proleta» riate erblickt. Diese Tatsache hat mir Achtung eingeflößt und und gleichzeitig die Augen geöffnet vor den Quellen dieser u n» gebrochenen Anziehungskraft, die in dem Willen der deutschen Arbeiterschaft noch Einheit zu suchen sind. Bor der Entscheidung stehend, ob ich weiterhin einer selbst- gefälligen Sektiererei mein« Kraft opfern oder aber den Weg des Wiederfindens mit den sozialistisch orientierten Arbeitermassen zu gemeinsamer Arbeit für die Befreiung des Proletariats beschreiten soll, zaudere ich nicht, das letzter« zu tun.'
Die Partei der Dreitausend. Aber siezerschmettert" England. London  , 2L Januar.(Eigenbericht.) Am Sonnabend und Sonntag fand in Bermondsey  , einem vororf London  », nach beinahe elneinhalbjShriger pause. wieder ei» Parteitag der britischen kommunistischen   Partei statt. Die Konferenz stand im Zeichen einer tiefen inneren lln- Zufriedenheit, für die insbesondere die Tatsache verantwortlich war. daß der gesamte Alitgliederstand der KP. Groß-Britannien» im Lause de» vergangenen Jahre» ans Z500 Mitglieder gesun- ken ist. Die Führer der Partei versuchten, den Rückgang der Mit- gliedsziffer aufZersplillernngsmaßnahmen und Maßregelungen kommunistischer Arbeiter' zurückzuführen: aus der Debatte ging jedoch hervor, daß die Delegierten mit der Auffassung ihrer Führer nicht übereinstimmten und die Führung der Partei über die all- gemeine Unzufriedenheit zum Ausdruck kam für den Riedergang verantwortlich machten. Angesichts dieser hossnungs- losigkcil über die Zukunft der kommunistischen   Bewegung Groß. Brilaunieus, die sich allenthalben fühlbar machte, wirkte die Be- hanptung des Führers der Kommunistischen Partei Groß- Britanniens, Campbell, daß die KP. Groß-vritannlen»aus- ziehe', um Konseroalive, Liberale und Sozialdemokraten zu zer- schmettern', tragikomisch. Llgllidierung der halbkommun'stischen Labour-Richtung. London  . 21. Januar.(Eigenbericht.) Der Parteitag der Kommunisten Groß» britanniens beschloß am Montag, entgegen den Vorschlägen des Parteioorftandes, die sogenannteLinke Flügelorgani» sation', die seinerzeit ins Leben gerufen worden war, um die Arbeiterpartei kommunistisch zu durchdringen, fallen zu lassen bzw. zu liquidieren. Der Beschluß wurde mit öS zu S2 Stimmen gefällt und stellt«in« logische Folge der vom 0. Plenum in Moskau   beschlossenen neuen Politik für die KP. Großbritanniens  dar. Es war im höchsten Maße bezeichnend, daß die Vertrauens- leute und Angestellte» dieser linken Flügelorganisation selbst diese ehemals so einflußreich« Organisation als einen überflüssigen und im Absterben befindlichen Apparat bezeichneten. Dies« große, seit Monaten im Schöße der KP. Großbritanniens die Gemüter erregende Auseinandersetzung um die gewerk- s ch a f t l i ch organisierten Mitglieder der KP. Großbritanniens, die den sogen, politischen Beitrag der Gewerksckzast zahlen und damit zur indirekten Unterstützung der Arbeiterpartei beitragen sollten, endet« mit einem Sieg der Freunde der Beitragszahlung. Dieler Beschluß dürste mit dem Hintergedanken gefaßt sein, einzelne Wahlkreise der Arbeiterpartei zur Aufstellung von verschleier- ten kommunistischen   Kandidaten für die nächsten Neuwahlen be- legen zu können. Bucharm kaltgestellt. Stalin   dirigiert die kommunistische Internationale. Im Zusammenhang mit dem Streit in der russischen konumi» nistischen Partei um den Ausschluß Brandlers und Thalheimer» wurde berichtet, daß Bucha   rin sich mit der Absicht trage, sein« Aemter niederzulegen, um so gegen diesen Ausschluß zu protestieren. Roch einer Meldung desTemps' aus Moskau   ist Bucharin  zu einem mehrmonatigen Erholungsurlaub nach dem Süden Rußlands   abgereist. In der kommunistischen   Jnter- national« tritt an sein« Stelle ein Dreierkomite« aus Stalin  , Molotoco und Imeral. Damit hätte Stalin   direkt die Leitung der kommunistischen Internationale an sich gerissen.
Die S2 Geldschränke der Frau Hanau  . Es ist aber wenig drin. Paris  . 21. Januar.(Eigenbericht.) An die Stelle sensationeller Verhörungen im Skandal der Gazette du Franc' ist zurzeit die still««lein arbeit ge- treten. Es gilt nicht weniger als 32 Geldschränke der Frau Hanau   auf ihren Inhalt zu untersuchen. Seit dem Beginn der Untersuchung sind sechs geöffnet worden. In einem dieser Schränke ist«ine groß» Anzahl Wertpapiere in sehr geringer Stückzahl ent­halten, die Frau Hanau  die einzelnen Handschuhe' nannte. Es handelte sich vor allem um Einlagen der kleinen Sparer. Am Montag find die letzten Möbel der Frau Hanau   versteigert worden.
Opiumschmuggel wird enihülti. Zusammenstöße auf der Genfer   Konferenz. Gens. 21. Januar.(Eigenbericht.) Di« Lerhandkungen der Opiumlommission des Völ- kerbundes gleichen immer mehr dramatischen Aden» teuererzählungen. Am Montag behandelte die Kommission die Rauschmitbelsituation in Genf  . Es kam zu einem sehr scharfen frianzösifch-englischen Zusammenstoß, da der Eng- länder die französische   Koloniaiverwpltung von Hintennidien für den Opiumschmuggel nach Britisch-Indien ver- antwortlich machte. Im Jahre 192h konnten die Engländer Ks Kolli Opium und im vorigen Jahr« 110 Kilogramm Opium hinter- indische» Ursprungs abfassen. Die Polizei rechnet damit, daß sie im allgemeinen nur«in Zehntel der Schmuggler er- wischt. Der Franzose mußte zugeben, daß in einer einzigen hinterindischen Hafenstadt nicht weniger als 310 Engros-Händler Konzessionen auf Opiumhandel haben und daß es den französischen  Behörden unmöglich ist, die Geschäfte dieser Leute genau zu kontrollieren. Roch rätselhafter war eine Geschichte von 40 Kilo- gramm Opium, die m P o r t u g i« s is ch- Indien gefunden wur- den. Der portugiesisch« Vertreter teilte mit, daß sie einem indischen Konzessionär gehört hätten, der nach großen Betrügereien nach Hongkong   gegangen sei und später dort ermordet wurde, lchn« vorher der portugiesischen Regierung zu verraten, w o er sein Opium gelassen habe. Auch in Holländisch  . Indien   herrschten dieselben Zustände. Der holländische Vertreter erzählt ein« Geschichte von verschiedenen Buchten und der felsigen Küste Holländisch  . Jichiens, die eine wirksam« Bekämpfung des Rauschmittelschmuggels unmöglich machten._ Kafchistenparfumeur Coiy gegen alle. Er siegt in erster Instanz vor dem Handelsgericht. Paris  , 21. Januar. Das Handelsgericht von Paris   hat heute sein« Eni» scheidung In den verschiedenen Prozessen gefällt, die von dem Parfümfabrikanten Eoty oder gegen diesen angestrengt worden waren. Eoty hatte mit dem Direktor einer großen Prcssedruckerei S i m a r t einen Vertrag für die Drucklegung des saschistischen A m i du P e u p l e' abgeschlossen und«inen weiteren Vertrag mit denM e s s a g e r i e s Hochette' für den Vertrieb des Ami du Peuple  ". Dann aber hatten Simart und dieMessa- gerles Hachett« ihre Verträge mit Eoty gekündigt, worauf Eoty einen Prozeß wegen Vertragsbruchs anstrengt«. Simart ist nunmehr vom Gericht zu 200 000 Franken und dieMessageries Hachette' zu 500 000 Franken Schadenersatz verurteilt worden. Außerdem hatte das Syndikat der französischen  Zeitung- b« sitzer«ine Klage gegen Eoty wegen un» lauteren Wettbewerb»«ingereicht, wsil derAmi du Peuple  ' für zehn Centimes(1,6 Pf.) verkauft wurde, während der gewöhnliche Verkaufspreis der übrigen französischen   Zeltum>en 25 oder 30 Centimes beträgt. Das Gericht hatte dieie Klage schon vor einiger Zeit abgelehnt, worauf Eoty einen Gegenprozeß gegen da» Synditat wegen Verleumdung und Geschäftsschädigung anstrengte. Do» Gericht hat ebenfalls heute das Syndikat zu 1 200 000 Franken Schadenersatz oerurteilt, außerdem zu den Prozeßkosten. Di« Abendausgab« desAmi du Peuple  ', die heute dies« Meldung als einzige Zeitung veröffentlicht, frohlockt und schreibt.
der Versuch der großen Presse, ein unabhängiges(in Wirksichteit von Mussolini   subventioniertes. Red.) Organ totzumachen, sei klag- lich fehlgeschlagen.
Die Lessing  -Feier der Kunstakademie. EinMusikalisches Opfer'(von Johann Sebastian Bach  ), dos heiterste und kunstvollste Werk verschlungener und wieder befreiter Harmonien, wurde am Montagabend in der preußischen Kunst- akaidemie für Lessing   dargebracht. Es spielten die Kammermusiker Georg Schumann  , Williy Heß und Emil Prill  . Es sprach Max Liebermann  , der Präsident der Akademie, wenige Worte. der Bescheidenheit, um für die eigentlichen Festredner, für den Berliner  Literaturhistoriker Julius Petersen   und Thomo» Mann, Zeit und Gehör zu schaffen. Der Gelehrte und der Dichter, sie wollten beide nicht oberstäch- lich begeistern, sie wollten nur tiefsinnig erklären. Das Feuer der Teilnahme wurde vorausgesetzt. Alle Feierl ichkeii hatte sich nur im Inneren der Akademiker und ihrer Damen zu begeben, die neugierig waren, wie man sie zu dem verloschenen Ingenium zurückführen würde, damit sie ihre eigenen Ideen mit der Vergangenheit ver­knüpften. In diesem nüchternen Dersammlungssaale der Akademie wirkten die wohlabgewogenen Sätze besonders kalt. Alles wurde distanziert. Die Literaturgeschichte, die Professor Petersen vortrug,»er- schüttete beinah« das einstmals so lebendige Genie. Wir wurden auf Entwicklungen und Lobsprüche der Nachwell aufmerksam gemacht. Die drei großen L Luther Leibniz Lessing wurden ausgezählt. Der Gelehrte balsamierte Lessing   mit hoher Würde für die Unsterblichkeit ein. Aber der Dichter Thomas Mann   wickelte die Mumientücher wieder auf. Es entstand von neuem das Genie Lessing  , das viele Flammen geworfen hatte. Der redende Schriftsteller im Frack, der keine Silbe seines umfangreichen Manuskripts beim Ablesen ändert«, hatte tief in den geistigen Vorfahren hineingeblickt. Er zeigte, wie aus Vernunft Dichtung wurde. Das ist kein widernatür- sicher Vorgang. Der Dichter, der die Well beherrscht, soll auch die Gesetze der Erkenntnis beherrschen. Und Lefsing schwamm nicht nur im Chaos der Propheten. Er prüfte, er gliedert», er unter» suchte und gestaltete, er kritisiert«, und nachdem er sich von de» Selbstenttäuschungen des Gefühls befreit hatte, formt« er die Klar- heit und sogar die Menschengüt«. Thomas Mann   erläutert« das Moralische der Lessingschen Polemik. Das Scheltwort verwandelte sich in das schmelzend« Psalmenwort der Toleranz. Gerade deshalb, weil Lessing sich in die eigensinnige Individualität einsperrte, alle? aber fortstieß, was ihn an Krusten des Vorurteils hätte einpanzern können, wächst seine Persönlichkeit in die Sphäre des Allgemein- gültigen. Ein Deutscher wird zum Weltbürger. Lessing   lebte in der Vergangenheit Die Methode seiner geistigen Emanzipation ist trotzdem immer noch brauchbar, wenn auch da», wa» er entdeckte, nicht mehr den geräumigeren Grund unserer heutigen Erkenntnisse ausfüllt. Thomas Mann   brauchte dos Wort vom Faschismus, dem Lefsing entrann. Wenn Faschismus romantische Eigenbrötelei ist und Hinnehmen gewaltsam geschriebener Dogmen, die nicht an- getastet werden sollen, dann ist Lessing   der Antifaschist, der Geist gegen den Uggeist und den Antigeist. Das rhetorische und musikalische Opfer, das ihm die Akadsmi« darbrachte, weihte daher wirklich die Erinnerung an einen Unoer- gänglichen in der Well der vollkommen befreiten Geister.' M. H.