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Der Abend
Erfdeist talid aster Countess Fugleich Abenbausgabe bes Borwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Vf. pro Woche, 3,60. pro Monat. Redaktion und Erpedition: Berlin SW 68, Lindenstr. 3
66
Spätausgabe des„ Vorwärts
10 Pf.
Rr. 36
B18 46. Jahrgang.
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Reichsarbeitsgericht entscheidet.
Revisionsverhandlung über die Gültigkeit des Ruhrschiedsspruchs.
Unter sehr großem Andrang des Publikums berhandelt das Reichsarbeitsgericht hente die Revision in der Klage des Arbeitgeberberbandes Nord. weit gegen die Metallarbeiterverbände. Die Revision gründet sich im wesentlichen auf folgendes:
Nach Angabe der Revisionskläger sei der Schlichter nicht befugt, allein einen Schiedsspruch im Sinne der Schlichtungsordnung zu erlassen, wie das geschehen ist. Dieser Schiedsspruch sei ein nichtiger Verwaltungsakt.
Das Berufungsgericht stützte seine gegenteilige Ansicht, durch die es den Schiedsspruch für gültig erklärte, auf Paragraph 21 Abja 5 der zweiten Aus. führungsverordnung zur Schlichtungsordnung, wonach hei Nichtzustandekommen einer Einigung die Stimme des Vorsitzenden entscheidet. Die Nordwest. lichen vertreten die Meinung, daß diese entscheidende Stimme des Vorsitzenden eine Mehrheit herstellen müsse. Dieser Meinung war das Berufungsgericht nicht.
Der Paragraph 21 Abjat 5 der zweiten Ausführungsberordnung widerspreche dem in Artikel I Paragraph 5 Abjak 4 der Schlichtungsordnung aufgestellten Grundsak ciner Kammerentscheidung, wenn man ihn dahin auslege, daß zur Fällung des Schiedsspruches nicht die Mehrheit des Kollegiums notwendig sei. Er sei deshalb rechtsunwirkjam. Seine Gültigkeit könne auch nicht etwa daraus hergeleitet werden, daß er zur Durchführung einer Bestimmung des Gesetzes selbst notwendig gewesen sei, weil sonst das Gesek nicht hätte ausgeführt werden können. Ein gültiger Schiedsspruch liege nur vor, wenn die Vorschrift des Paragraphen 5 Absatz 4 der Schlichtungsordnung eingehalten ist, d. h., wenn der Schiedsspruch sich als Kollegialentscheidung darstellt.
Das Reichsarbeitsgericht hat nunmehr endgültig über diese Rechtsfrage zu entscheiden.
113861 mehr!
Eine Glanzleistung der sozialdemokratischen Parteis
organisation.
Am 22. Januar 1929 liegen beim Parteivorstand in Berlin die Quartalsabrechnungen des 4. Quartals 1928 aus allen 33 Parteibezirken von 8916 Ortsgruppen vor.
Der zum 10. März festgesetzte Termin des deutschen Parteitages in Magdeburg bedingte ein schnelles Arbeiten der Ortsgruppen, Unterbezirke und Bezirke einschließlich des Parteivorstandes, um dem Parteitag den Geschäftsbericht des letzten Jahres frühzeitig vorzulegen.
Dem Kieler Parteitag wurde im Jahre 1927 berichtet, daß die Partei 823 520 Mitglieder zählt. Der Bericht am Schlusse des Jahres 1928 spricht von 937 381 Mitgliedern, 738 610 Männern und 198 771 Frauen. Das ist ein
Zuwachs von 113 861 Mitgliedern.
Allein im 4. Quartal 1928( Oktober- November- Dezember) wurden 36 010 Mitglieder gewonnen.
Der Anteil des Parteivorstandes aus den gezahlten Beiträgen der Mitglieder stieg von 1197 929,32 m. im Jahre 1927 auf 1570 799,03 m. im Jahre 1928.
Die Sozialdemokratie marschiert!
Wir freuen uns des Resultats und wollen weiter wirken!
Kommunistischer Panzerschiffschwindel.
Märchen aus dem Kabinett
Die„ Rote Fahne " will bei ihren Lesern den Anschein erweden, als ob sie bei den Verhandlungen des Reichskabinetts einen Berichterstatter hätte. Sie erzählt ihnen, es hätte dort eine besondere Abstimmung über die zweite Rate des Panzerschiffs A stattgefunden und alle vier Minister hätten sich ausdrücklich für sie erklärt. In Wirklichkeit hat es eine solche Abstimmung nicht gegeben, die ganze Geschichte ist erfunden. Daß im Reichsetat die zweite Rate steht, machdem der Reichstag die Einstellung des Baues ausdrücklich abgelehnt hat, ist selbstverständlich
Die Kirche als Tribunal.
Der Sonnenburger Beamtenprozeß findet in der Zuchthauskirche statt. Die Abbildung läßt das Getäfel der Kirche deutlich erkennen.
Ein Mörder hatte die Schlüffel.
Enthüllungen im Sonnenburger Zuchthausprozeß.
Sonnenburg, 22. Januar.
Zu Beginn der heutigen Berhandlung im Sonnenburger Prozeß beantragte der Verteidiger der angeklagten Beamten zu der bevor stehenden Ladung der als Belastungszeugen auftreten den Schwerverbrecher die Heranziehung der betreffenden Personal- und Hausaften, damit danach die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen beurteilt werden könne. Das Gericht gab diesem Antrag statt und fuhr dann in der Vernehmung der Angeklagten fort.
Dem Oberwachtmeister Köppen hielt der Vorsitzende vor, daß er sich außer rechtmäßig erworbenen Ausrüstungsgegenständen auch nebenher beim Verladen auf dem Bahnhof von Sträffingen habe Sachen geben lassen, und zwar für belegte Brote, Rauchtabat und Zigaretten. Die Belastung geht von einem inzwischen entlassenen Strafgefangenen aus. Der Angeklagte bestritt ebenso wie gestern feine Kameraden jede Schuld. Vors: Sie sollen wiederholt bei Revisionen in den Arbeitsfälen Tabat beschlagnahmt haben Diese Tatsache soll für einen anderen Wachtmeister der Anlaß gewesen sein, Ihnen zu sagen:
Wenn du immer den Tabak beschlagnahmst, dann darfst du dich auch nicht wundern, wenn du keine Hosen friegst."
Angeti.: Köppen: Das ist alles nicht richtig, ich habe meine Sachen rechtmäßig erworben und hatte nicht nötig etwas zu nehmen.
Strafanträge im Richter- Prozek Brandstiffer aus Verzweiflung
Berichte 3. Seite m
Welchen Umfang die Durchstechereien mit Lebens und Genußmitteln im Zuchthaus Sonnenburg angenommen hatten, ging aus den weiteren Vernehmungen hervor. Bei einem einzigen Gefangenen wurden einmal 17 Pakete Tabak beschlagnahmt, bei einem anderen ganze Batete von Schmalz. Butter und Sped. Der Staatsanwalt betonte hierzu, daß nach Bekundungen von Sträflingen diefe Durchstechereien von Bes amten selbst verübt worden seien, und zwar in der Hauptsache für die in der Schneiderstube tätigen Gefangenen. Bei den Beschlagnahmungen dieser Genußmittel sei es dann durchaus nicht immer glatt abgegangen. Dem Hauptwachtmeister Gnädig, der sich auch unter den Angeklagten befindet, soll ein Strafgefangener damit gedroht haben:„ Wenn du nicht still bist, dann wirst du ausgequetscht wie eine Zitrone," womit seine angeblichen Berfehlungen bei dem Bezug von Sachen aus der Altverwertungsstelle gemeint waren. Merkwürdig berührte mich die Mitteilung, daß
dem Strafgefangenen Paasch, einem Mörder, bei Einleitung der Untersuchung wegen der Unterschlagungen nicht weniger als 12 Schlüffel zu allen möglichen Türen und Portalen des Zuchthauses abgenommen wurden,
die er von dem Werkmeister Grafunder der Firma Schwarzschild erhalten habe!
Zu einem 3 wischenfall tam es bei der Vernehmung des Angeklagten Oberwachtmeister Länger, der schon vorher sichtliche Zeichen von Unruhe gegeben hatte und, als mun an ihn die Reihe mit der Vernehmung fam, nur wenige Worte stammeln konnte, sich dann ans Herz griff und unter Tränen auf der Ane flagebant zusammenbrach. Sein Verr mußte unterbrochen werden, da es längere Zeit dauerte, bis er sich einigermaßen mieber beruhigt hatte,