Morgenausgabe
Rr. 47
-46. Jahrgang
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Dienstag
29. Januar 1929
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Unruhe in London. - Und der Kellogg Paft?
Condon, 28. Januar. ( Eigenbericht.) Wie aus Washington gemeldet wird, hatte der Vorsitzende der Marinekommiffion des Repräsentantenhauses, Fred Britten, eine Unterredung mit dem neugewählten Präsidenten Hoover, in deren Berlauf sich
schobene Phrase, jedoch nicht auf die Behauptung Brittens, daß Hoover grundfäßlich für den sofortigen& reuzerbau eingetreten sei.
England ratifiziert erst nach den Dominien.
Hoover vorbehaltlos für die beschleunigte Durch In Beantwortung einer Anfrage des Abgeordneten der Arbeiterführung des großen Kreuzerprogramms partei Kennworthy erflärte der britische Außenminister am Montag im Unterhaus, daß der Kellogg - Paft im Unterhaus zur ausgesprochen und erklärt haben soll, er set für eine US2.- Flotte, Ratifizierung vorliegen werde, sobald die gleichzeitige Ratifi„ der teine andere Flotte der Welt an Leistungs- zierung durch die Parlamente der Dominien möglich sein werde. Eine parlamentarische Debatte über den Kellogg Batt jei nach fähigteitnahesteht. Die Mitteilung Brittens hat in Condon Auffassung der Regierung überflüssig, da sich beide Kammern lebhafte Unruhe hervorgerufen. vom ersten Augenblick an für den Patt ausgesprochen hätten. Südafrifa macht den Anfang.
Der Meldung aus Washington folgt einige Stunden später eine andere aus Miami ( Florida ), wo sich Hoover gegenwärtig aufhält, in der erklärt wird, daß Hoover den Ausdruck, Amerika brauche eine Flotte, die feiner anderen nahesteht, nicht gebraucht hat. Das Dementi bezieht sich, wie man sieht, lediglich auf eine Hoover zuge- fiziert.
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Reichshaushalt 1929.
Subventionen nur durch Gesek.-
Der Gozialetat.
Gparmöglichkeiten.
Der Haushaltsplan für das am 1. April beginnende Rechnungsjahr 1929 ist der erste Haushalt, der in Deutschland von einem sozialdemokratischen Reichsfinanzminister aufgestellt ist. Unter welchen fatastrophalen Finanzverhältnissen diese Aufstellung geschehen mußte, ist wiederholt dargelegt worden und bekannt. Der neue Haushaltsplan, der vom Genossen Dr. Hilferding jetzt dem Reichsrat zugeleitet ist, schließt im ordentlichen Haushalt in Einnahme und Ausgabe ab mit 9,9 milliarden. Der außerordentliche Haushalt balanciert in Einnahme und Ausgabe mit 125 Millionen. Zur Bestreitung einmaliger außerordentlicher Ausgaben aus früheren Rechnungsjahren wird der Reichsfinanzminister ermächtigt, die Summe von rund 658 Millionen im Wege der Anleihe flüssig zu machen. Der Reichsfinanzminister wird ferner ermächtigt, zur vorübergehenden Verstärkung der ordentlichen Betriebsmittel der Reichshauptkasse bis zu 500 Millionen Reichsmart im Wege des Kredits aufzunehmen. Diese 500 Millionen Ausgaben nichts zu tun, sondern solcher Kassenmittelbedarf wird benötigt, weil der Eingang der ordentlichen Einnahmen mit der Fälligkeit der ordentlichen Ausgaben nicht immter übereinstimmt, und weil in den rund 4000 Reichsfaffen ein Kassenbestand gehalten werden muß. Schließlich wird dem Reichsfinanzminister noch die Ermächtigung er teilt, zur Förderung des deutschen Außenhandels sowie zur Förderung des Absages von Schlachtvieh und Fleisch Garantien bis zur Höhe von 175 bis 22 Millionen zu übernehmen.
Die Südafrikanische Union hat den Kellogg - Patt rati- haben unmittelbar mit der Deckung der außerordentlichen
Bombay, 28. Januar.
Das afghanische Konsulat in Bombay gibt bekannt, daß auf Bitten der Einwohner von Kandahar und anderen Städten Afghanistans Amanullah sich entschlossen hat, von neuem die Re gierung zu ergreifen und die Königswürde anzunehmen. Kandahar bilde jetzt das Hauptquartier einer großen nationalen Bewegung, die auch in anderen Städten des Landes bereits eingesetzt hat.
Die Berliner afghanische Gesandtschaft bestätigt, daß Amanullah mit dem Siz in Kandahar die Regierung wieder übernommen hat. Gleichzeitig veröffentlicht die Gesandtschaft dieses Telegramm des Außenministers:
Rönig Amanullah, der mit Rücksicht auf das Wohl der Nation auf den Thron zugunsten seines älteren Bruders Inayatullah verzichtete, hat nach Mißerfolg und Abdankung des Bruders Särdar Inayatullah auf das Bitten und Drängen aller Be. völkerungsschichten von Kandahar , Herat , Mezar , Meyma neh, Ghatghan, Bedechschan und der süblichen Gebiete hin die Re gierung zum Schuß der nationalen Interessen wieder in seine Hand genommen. In sämtlichen genannten Gebieten sind organisatorische Arbeiten begonnen worden. Die mächtigen Stämme Hezareh Loger und Werbaf der Provinz Kabul sowie Mahmend und Saffi im östlichen Gebiete haben ihre Treue zu König Amanullah befundet. Für ihre sämtlichen Angelegenheiten ist Kandahar zuständig."
Amanullahs Truppen 20 Kilometer vor Kabul ? Ill. Kairo , den 28. Januar. Nach hier eingetroffenen Meldungen soll sich Habibullah vorbereiten, Rabul zu verlassen und unter Mitnahme des Staatssages in die Berge zu flüchten, um von dort aus den Kampf gegen Amamillah fortzusehen. Die Truppen Amanullahs sollen 20 Kilometer vor Rabul stehen.
3n der Rot wird Habibullah fonftitutionell. Kairo , 28. Januar.
Der neue afghanische Ministerpräsident hat den ausländischen Bertretungen mitgeteilt, daß er vorläufig die Leitung des Außenministeriums übernommen habe. Gleichzeitig erklärte er, daß von einer Rückkehr Amanullahs auf den Thron teine Rede sein tömme. Habibullah habe die Einberufung einer Boltsvertre tung angeordnet, die demnächst in Kabul zusammentreten solle.
Oberst Lawrences Tätigkeit.
Condon, 28. Januar. ( Eigenbericht.) Die rätselhafte Figur des Oberst Lawrence, der als einfacher Mechanifer bei einer britischen Fliegerstaffel in Indien Dienst getan hat und fürzlich beschuldigt wurde, den Aufstand in Afghani stan in Szene gesetzt zu haben, war am Montag Gegenstand einer Anfrage im Unterhaus. In Beantwortung dieser Anfrage des Abg. Thurtle( Arbp.) erklärte der Unterstaatssekretär für Indien , daß
Lawrence am 26. Mai 1928 nach Beschawar versezt worden sei, jedoch während seines Aufenthaltes bei dieser Fliegerabteilung
teinen Urlaub erhalten habe.
Südslawische Strafrechtsreform. Ausnahmegesetz durch Verordnung.
Belgrad , 28. Januar. ( Eigenbericht.) Die Regierung hat auf dem Verordnungswege ein neues Strafgesekbuch in Kraft gesetzt, das außer Strafen auch erzieherische Maßnahmen vorsieht. Das Gesetz be. zweckt vor allem eine Vereinheitlichung der bisherigen Strafbestimmungen und enthält u. a. neben Bestimmungen zur Bekämpfung des Kommunismus und des Anarchismus solche gegen Werleumder des Staates" und Angreifer der Souveränität des König reiches S. H. S.
Der Ministerrat ohne Beschlußkraft.
Belgrad , 28, Januar. Das Amtsblatt veröffentlicht ein Gefeß, wonach die Beffimmungen, nach denen fast in allen wichtigsten Staatsangelegenheiten die Zustimmung des Ministerrats erforderlich war, dahin abgeändert werden, daß ein Reffortminister fünftig der Zustimmung des Ministerrats bei Erlaffen und Berordnungen nicht bedarf, sondern die Juftimmung des Minifter präsidenten vollauf genügt. Nach diesen Beftimmungen ist der Ministerrat von nun an nur ein kollegium ohne besondere Verwaltungskompetenz.
Die tapfere Witwe.
Belgrad , 28. Januar. An Stelle des vom Minifterium des Innern verbotenen gramer Blattes„ Narodni Bal"(" Der Kampf der Nation") hat die Witwe von Stephan Raditsch, Maria Rabitsch, ein neues Organ Slobodni Glas"(„ Stimme der Freiheit") herausgegeben.
40 Poftbeamte verunglückt.
Mit dem Ballon abgestürzt.
Nach einem Feftmahl aus Anlaß der Einweihung eines Krieger. denkmals in Turin begaben sich etwa 40 Postbeamte, die der Feier beigewohnt hatten, auf den Balton des Hauses. Diefer stürzte unter der Caft der auf ihn befindlichen Menschen in die Tiefe Sämtliche 40 perfonen wurden mehr oder minder schwer verlett
Dagegen fällt zum erstenmal die seit Kriegsbeginn dem Reichsfinanzminister regelmäßig erteilte Ermächtigung: Zur Befriedigung unabweisbarer Bedürfnisse", oder, wie es seit dem Vorjahre formuliert wurde, zur endgültigen Beseitigung eines vorübergehenden Notstandes aus zwingenden Gründen des Staatswohls" Garantien zu übernehmen. Diese Garantieermächtigung gab den früheren Regierungen und den bürgerlichen Parteien die Handhabe, unter Umgehung des Plenums des Reichstages den Haushaltsaus schuß mit Subventionsvorlagen für die Privat wirtschaft zu überschütten. Durch die Bemühungen der Sozialdemokratie wurde schließlich im Borjahre die bis dahin geltende weitmaschige Ermächtigungsformel enger und schärfer gefaßt. Aber die oft wiederholten Anträge der Sozialdemokratie auf gänzliche Streichung wurden stets abgelehnt. Jezt ist nun durch den sozialdemokratischen Reichsfinanz minister endlich der verfassungsmäßige Zustand hergestellt, daß nämlich Geldmittel im Wege des Kredits nur bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken beschafft werden dürfen, und daß eine solche Beschaffung sowie die Uebernahme einer Sicherheitsleistung zu Lasten des Reichs nur ist in Zukunft also ausgefchloffen, irgendwelche Subauf Grund eines Reichsgesetzes erfolgen darf. Es ventionswünsche hinter den verschlossenen Türen des Haushaltsausschusses zu verhandeln, und es unterliegt feinem Zweifel, daß die öffentliche Beratung im Reichstagsplenum heilsam dämpfend auf das Begehren der Privatindustrie mirten wird, in Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs das Reich wiederum zum gefälligen und billigen Bankier zu machen.
Was die Einzelheiten des neuen Haushalts betrifft, so ist der erwartete Sturm der vereinigten Untergegen die Hilferdingschen nehmerschaft Dedungsvorschläge, die nicht mehr einseitig die Massenbelastung steigern, nunmehr losgebrochen. Man proteftiert gegen jede Steuererhöhung und fordert den Ausgleich des Reichshaushalts ausschließlich durch) weitere Beschränkung der Ausgaben. Mit dieser populären Forderung spekulieren die Unternehmer auf die in weiten Boltstreisen noch herrschende Unkenntnis der Etatsverhältnisse. Bei einem Haushalt von 10 milliarden müsse doch. so wird im Publikum vielfach gelionen zu streichen sein; neue Steuern seien überflüssig. Nun urteilt, mit Leichtigkeit ein Betrag von noch 300 bis 400 Milsoll und kann bis zur genauen Durcharbeitung aller Einzeletats fein Urteil darüber abgeben merden, ob in der Tat die Streichungsmaßnahmen des Reichsfinanzministeriums bis an die äußerste Grenze des Möglichen und Notwendigen gehen. Aber immer wieder muß, um falsche Auffassungen auszuräumen, betont werden, daß der bei weitem größte Teil des 10- milliarden- Etats zwangsläufig ist.
Die Milliardenbeträge der Reparationslasten lönnen durch den Reichstag überhaupt nicht geändert werden. Bon den verbleibenden Ausgaben besteht der überwiegende Teil aus den materiellen Auswirkungen der zahlreichen Spezialgefeße, die vom Reichstag im Laufe der Jahre befchloffen werden. Diese auf Spezialgesehen beruhenden Ausgaben sind in ihrer Geltungsdauer nicht an das Etatsjahr gebunden, sondern laufen fort und müssen in