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Reichswehr -Reaktion Republik Was istEntpolitisienmg*. Von Dr. Julias Moses. Die vom sozialdemokratischen Parteioorstand eingesetzte Kommission, die sich mit dem Wehrproblem beschäftigte, hat das Ergebnis ihrer Beratungen inRichtlinien" zu» sammengefaßt, die gegenwärtig den Gegenstand lebhafter Erörterungen in der Presse bilden. Dabei wird in vielen Blättern die irrtümliche BezeichnungWehrprogramm" an- gewandt. Es sei bei dieser Gelegenheit immer wieder darauf hingewiesen, daß die Kommission weniger ein umfassendes sozialistisches Wehrprogramm an sich aufstellen wollte, wie es die Brüsseler Resolution in sich birgt, als vielmehr Nicht- l i n ie n zu der gegenwärtigen W e h r p o l i t i k. Der Unterschied braucht wohl nicht erst eingehend ausein- andergesetzt zu werden. Die Richtlinien der Kommission sind infolgedessen in erster Reihe dazu bestimmt, der jetzigen Wehrpolitik der demokratischen Republik einen den republi- kanischen und demokratischen Geboten entsprechenden InHall zu geben, die Wehrmacht des gegenwärtigen Staates mit demokratischem und republikanischem Geist zu erfüllen. Der von uns aufgestellte Grundsatz:Die Wehrmacht kann ihre Aufgabe nur erfüllen, wenn sie in ihrem Denken und Fühlen mit dem Volke verbunden ist und sich im Gegensatz zu allen militäristischen Tendenzen die auf die Beherrschung des Staates durch das Militär hinauslaufen als dienendes Glied in die demokratische Republik ein- ordnet," wird von der Presie der Reaktion als Versuch be» zeichnet, die Reichswehr zu politisieren: in den einzelnen Forderungen, die die Kommission zur Durch- führung dieses Grundsatzes aufstellte, sieht die Reaktion Mittel,in der Reichswehr das sozialdemokratische Partei- buch zur Herrschaft zu bringen, in der Reichswehr ein Werk- zeug für sozialdemokratische Parteiziele zu erhalten usw." Mit all diesem grotesken Unsinn, der nur ein Beweis dafür ist, wie hilflos die reaktionäre Presse denRichtlinien" gegen- übersteht, will ich mich hier nicht weiter beschäftigen. Wohl aber muß endlich Klarheit darüber geschaffen werden, ob eine Entpolitisierung oder eine Politisie- rung der Reichswehr notwendig ist. Die Reaktion vertritt die Ansicht, die Wehrmacht müsse entpolitisiert bleiben, die sozialdemokrattschen Richtlinien seien zu verwerfen, da sie die Reichswehr politisieren wollen. Was heißt in diesem Falle entpolitisieren und politisieren? Die Reaktion liebt es, mit diesen Begriffen nach Belieben zu jonglieren. Sie versteht unter einer entpolitisierten Reichswehr eine Organisation, die ganz auf der politischen Ideologie des konservativen Bürgertums aufgebaut ist. Die bürgerlich politisierte Reichswehr gilt in ihren Augen als entpolitisiert. Dem reaktionären Bürger- tum steht als Musterbild der entpolitisierten Wehrmacht das alte kaiserliche Heer vor Augen. Ebensounpolitisch" wie die Armee der Monarchie gewesen war. sollte nach seinen Wünschen auch die Wehrmacht der Republik sein. Eine durchaus unehrliche Argumentation. Das alle Heer war die stärkste Stütze des monarchischen Staates. Es war durch und durch monarchistisch politisiert. Deweise hierfür beizubringen, erübrigt sich: Geist und Gesinnung des alten Heeres waren auf die Verteidigung des monarchischen Prin- zips eingestellt. Wurde im kaiserlichen Heer ein Republi» kaner geduldet? Durfte der Sozialismus als Weltanschauung von Armeeangehörigen ungestraft öffentlich bekannt werden? War nicht die Erlangung militärischer Würden antt- monarchistischen Vekennern verschlossen? War nicht die kaiserliche Armee nach den Worten ihresObersten Kriegs- Herren" die stärkste Waffe des kaiserlichen Staates gegen den äußeren und inneren Feind? Der innere Feind waren die Sozialisten! DieEntpolitisierung" des alten Heeres war eine fteche Friktion. Kein Teil des Monarchist!- ichen Staatsorganismus war im Sinne des Klassenstaates so streng politisiert wie das alle Heer. Es ist deshalb nur allzu begreiflich, daß gerade die Geg- ner der jetzigen demokratischen Republik den Ruf nach einer Entpolitisierung" der Reichswehr erheben. Ihr Streben ist es, die Reichswehr in dem gleichen Sinne zuentpolitisieren", wie dies beim kaiserlichen Heer der Fall gewesen war. Der antidemokratisch-republikfeindllche Geist des allen Heeres soll auch in die Wehrmacht der Republik übertragen werden. Die Reichswehr soll auch weiterhin die Traditionen der monar- cbistischen- Wehrmacht übernehmen, die Republik soll in ihrer Wehrmacht einen Feind erhalten, mit dessen Hilfe man der- einst die republikanische Verfassung wieder stürzen zu können glaubt. Das versteht die Reaktion unter dem BegriffEnt- Politisierung". Wir aber wollen eine Politisierung der Reichswehr . Wir wollen dasselbe Ziel erringen, das die Organisatoren des alten Heeres vor Augen hatten: wir wollen die Reichswehr im republikanischen Sinn politisieren oder besser gesagt: wir wollen sie im republikanischen Geist ebensoentpolitisieren", wie das kaiserliche Heer einst ent- politisiert war. Was dem einen recht ist, muß dem anderen billig sein. Ebenso wie sich die Monarchie in ihrer Wehr- macht ein zuverlässiges Instrument zur Verteidigung ihrer Verfassung zu schaffen bestrebt war, so wollen auch wir uns in der Reichswehr ein Instrument zur Verteidi- gung der republikanisch-demokratischen S t a a t s f o r m schaffen. Wir wollen verhindern, daß unter der falschen Flagge derEntpolitisierung" der Geist der kaiserlichen Reaktion das republikanische Heer beherrscht. Alle Forderungen, die die Sozialdemokraten zu diesem Zweck aufgestellt haben, sind mit entgegengesetzten Vorzeichen bereits im kaiserlichen Heer verwirklicht gewesen. Wir ver- langen als Republikaner nicht mehr, als was die Monarchisten einst in der allen, angeblich unpolitischen Armee in ihrem Sinn zu obersten Leitsätzen erhoben haben. Nur eine besonders groß- Verlogenheit der Reaktion, die mit der Vergeßlichkeit ihrer Anhänger rechnet, kann die Be- hauptung aufstellen, das alte Heer sei unpolitisch gewesen, das Bestreben der Sozialdemokraten gehe aber nach parteipoliti- scher Durchdringung der Reichswehr . Gewiß, wir wollen die Reichswehr politisieren: aber nicht, wie die reaktionäre Ver- logenhett es hinzustellen beliebt, im parteipolitischen, sondern im staatspolitischen Sinn. Gerade die Leute, die keine Identität zwischen Staat und Verfassung anerkennen, für die die Staatsform eine Frage zweiter Ordnung ist, die zwar der Reichswehr die Pflicht zuerkennen, den Staat zu schützen, aber nichtseineVerfassung: politisieren nach unserer AuLaguys die Reichswehr in ganz einseitiger Weise. Wir

Nach der Geburtstagsfeier.

Henn ine weigerte sich, mit Wilhelme Verwandt«, die sie nicht für voll ansehe«, an der Seburtstagstafel zu sitzen nud ließ sichkrantschreiden".

Wilhelm:Hermine, kannst retnkommen! Die andern find gegangen. polnisches Miranensvolum abgelehnt. Die Sozialisten lehnen Kührung durch die Rechte ab.

Warschau , 28. Januar. (Eigenbericht.) Im Sejm stand ein Mißtrauensantrag der Rechten gegen den Justi,zminist«r zur Debatte. Vor der Aussprache erklärte Minister- Präsident Bortet, daß die Regierung sich mit dem Iustyminister im Falle der Annahme des Mißtrauensantrages solidarisch zeigen werde. Im Namen der Sozialisten äußert« Rjedialkowsti, der in Form eines Mißtrauensantrages von der Rechten herauf- beschworene KoirftrÖ. mit der Regierung sei völlig nebensächlich. Di« Sozialistische Partei werde sich bei der Wstimmung der Stimm« enthalten, da sie nicht wünsche, den Kampf zwischen

dem Parlament und der Regierung unter Führung der Rechten geraten zu lassen. Die Opposition der Sozialistischen Porte! unterscheid« sich von derjenigen der Notionaldemokraten voll­kommen. Di« Sozialisten würden ihre oppsitionelle Haltung bei der Budgetberatung begründen. Das Mißtrauensvotum wurde schließlich mit 96 Stimmen des Regierungsblocks gegen 84 Stimmen der Rechten und eines Teiles der Minderheiten bei zahlreichen Enthaltungen abgelehnt. Auch die deutsche Fraktion hat sich aus den gleichen Gründen enthalten wie die PPS. Der Schwerpunkt des latenten Kow> fltttes ist somit in die Debatte über den Haushall verschoben.

aber wollen die Forderung stellen: Der Republik eine republikanische Wehrmacht! Es besteht leider kein Zweifel, daß es der Reaktion ge- lungen ist, in den ersten Iahren der Republik die Reichswehr der republikanischen, staatstreuen Bevölkerung zu entfremden. Ungestraft durfte die Reichswehr in den Tradttionen und Grundsätzen des alten kaiserlichen Heeres weiter entwickelt werden. Jeder Versuch, der Republik zu geben, was ihr ge- bührt, wird mit pharisäerhaftem Geschrei alsVersuch zur Politisierung" bezeichnet. Die Sozialdemokratie ist nicht mehr gewillt, dieses Gaukelspiel weiter zu dulden. Sie will das entpolstisierte" Heer republikanisch politisieren! Oder, wenn man mit Worten spielen will, wie dies die Re- aktion beliebt: Sie will die Reichswehr im republtanischen Sinn nicht anders politisieren, als wie die Reaktion im kaiser- lichen Staat das kaiserliche Heer polllisiert hat. Rennt es ent- politisieren, nennt es polllisieren! es ist«in Spiel mit Worten. Die Reichswehr ist in ihrem jetzigen Geist, in ihrer jetzigen Zusammensetzung noch nicht jene starke Waffe, die die Republik im Kampfe gegen ihre Feinde(Wilhelminische Terminologie) benötigt. Der Republikanisierung der republikanischen Reichswehr dienen in erster Reihe die Richt- linien. Wenn die Reaktion glaubt, es siege eine Politisierung darin, daß man Monarchisten den Zutritt in die Reichswehr sperrt, so hat sie nicht unrecht. Die Republik begeht einen selbstverständlichen Akt der Selbsterhaltung, wenn sie ihren inneren Gegnern die Aufnahme in ihre Wehrmacht ver- weigert. Das gleiche tat ja auch die Monarchie. Damals fanden es die Herren Reaktionäre selbstverständlich, heute unter umgekehrten Verhältnissen entdecken sie ihre staats- bürgerliche Freiheitsliebe. Leider bedarf es eines mächtigen Kraftaufwandes, um die Reichswehr der Umklammerung der Reaktion zu entreißen. Die Rekrutierung nimmt den Nach- wuchs noch immer zu einem großen Teil aus den Kreisen der reaktionären Wehrverbände, junge Leute, deren Familien republikanischer Gesinnung verdächtig sind, werden vielfach zu- rückgewiesen. Bei Gelegenheiten, bei denen es sich um die Huldigung für die kaiserliche Vergangenheit und um eine De- monstration gegen die republikanische Gegenwart handelt, kann man Reichswehrleute anwesend sehen. Das traditionelle Band zwischen kaiserlichem Heer und Reichswehr darf nicht zerschnitten werden im Interesse der Republikfeinde. Wir zweifeln nicht daran, daß der gegenwärtige Reichswehr - minister vom besten Willen beseelt ist, die Reichswehr von allen diesen Uebelständen zu befreien, aber es liegt an dem System, am Geist, daß dem heute noch nicht so ist. Eine durch- greifende Aenderung kann nur erfolgen, wenn das geschieht, was wir mit unseren Richtlinien anstreben: Eine republikanische Politisierung. Oder, wenn es besser klingt: eineEntpolitisierung von der Reaktion". Die Herren Tartüffes auf der Rechten mögen sich nach Belieben bedienen. Ein neues Opfer der Krau Hanau. Selbstmorddrama an der Riviera. Poris, 28. Januar.(Eigenbericht.) Im Skandal derGazette du Franc" ist am Sonntag ein blutiger Zwischenfall zu verzeichnen. Der Gatt« der in. ttmften Freundin der Frau Hanau , der Kaufmann Josef, hat am Soimtsg t» itum H*i«l i» Seibjjtmori» oerübt.

Frau Josef war anfänglich an den Unternehmungen der Frau Hanau mit einer Million beteiligt, hatte sich dann aber mit ihr überwarfen und ihre Einlage zurückgezoll erhallen. Beim Ausbruch des Skan­dals stellte sie den Betrag dem Untersuchungsrichter sofort zur Per- fügung, da sie, wie si« erklärt«, an dem Unglück der Opfer der Gazette" den gleichen Anteil haben wollte. Zlllgenscheinlich ist ihr diese Zahlung aber nicht leicht gefallen, denn ihr Gatte tonnte in Mentone seine Hotelrechnung mehrfach nicht bezahlen. Als er nun mit feinem Hotelier Streit erhidt, griff er in dessen An­wesenheit zum Revolver und schoß sich eine Kugel durch den Kops. Wo ist der Zucker? Paris , 28. Januar. (Eigenbericht.) Am Montag fand das erst« Verhör de , verhafteten Professor» Polier, des Direktors der Zuckerfirma, statt, die sich aus Grund des Raturallieferungsverfahrens etwa �8 0 Millionen zu er- schwindeln wußte. Man hofft, noch einen Teil des beiseite- geschafften Zuckers retten zu können. Außerdem wird behauptet, daß Polier noch einen Scheck auf 12 Millionen besitzt, der sich in einem der Safes befinden soll, die nicht geöffnet werden konnten. weil Pakier angeblich die Schlüssel vergessen hatte.

Hungersnot in Kaukafien. Zusuhnvege tief verschneit. Angara, 28. Januar. (Eigenbericht.) DerDschümhurjet" meldet aus Kaukasien, daß dort infolge des strengen Winters eine schwere Hungersnot ausgebrochen ist. Zahl- reiche Menschen sind aus Nahrungsmangel bereits gestorben. Eine von der Sowjetregierung eingeleitete Hilfsaktion hat mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, da die Zufuhr von Lebens» Mitteln aus den verschneiten Bergwegen fast unmög« lich ist. lNäuniungskonflikt im fernen Osten. Die Zapaner in Schantung. Schanghai , 28. Januar. (Bom WTB.-Sonderberichterstatter.) Obwohl die Gerüchte über vollkommenen Stillstand oder Ab. brach der chiiresijch-japanischen Verhandlungen noch verfrüht er» scheinen, wird der Ausgang dieser Verhandlungen im zunehmenden Maße pessimistisch beurteilt. Man ist der Ansicht, die letzt« Entwicklung bestätige die früher aufgetauchte Vermutung daß die Entsendung des japamjchen Gesandten in Peking Boschisawa nach Hankau hauptsächlich aus Rücksichten der japanischen inneren Politik erfolgt sei, unr über die Parlamentssession hinwegzukommen. Japan hall, wie man glaubt, an der Forderung fest, daß China sich wegen des Zwischenfalls von Tstnanfu entschuldigen und Schaden» «rsatz leisten müsse. Es weigere sich ferner, für die endgültig« Räumung Schantungs ein Datum sestzufetzen. Dagegen sei die früher von Japan ausgestellte Forderung, daß China für die Sicherheit des japanischen Lebens und Eigentum» in Schantung die notwendigen Garantien bieten müsse, bereits durch eine Erklärung des chinesischen Außenministers und ein« ähnliche, allerdings in- offizielle Erklärung des Kriegsmmisters erfüllt. Die Nanking» Regierung soll weiter an dem Standpunkt feschallen, daß sie kein« formellen Verhandlungen führen kann, so lang« Japan kein feste« Datum für die Räumen» von Schmitt«» festsetzt.