Unterhaltung unö �Dissen jz*.
Georg Verescscnyi: 9SRMGVM Es war in der Woche vor Weihnachten, daß der lahme Rovo den Schinken gestohlen hat. Der Schinken war draußen im Schuoven gehangen, denn Janas hatte ihn noch am Montag vom Dachboden geruntergebracht, damit er ein wenig von der freien Luft durchzogen werde. Dort mußte ihn Rovo zwischen den Knoblauch- und Paprikakränzen erblickt haben, als sie die Stiefel suchten. Janas lieh nämlich durch Rovo auf den Stiesel einen Fleck fetzen, sie wurden auch handelseins, Rovo nahm die Stiesel gleich mit, am Morgen aber war der Schinken verschwunden. Etwas Bestimmtes ließ sich natürlich nicht behaupten, denn sicher ist nur das, was man mit beiden Augen sieht. „Man sollte es vielleicht doch bei der Gendarmerie anzeigen/ meinte die Frau am Abend, als die Niedertracht des Rovo zur Sprache kam. .„Ich habe mit dem Gericht nicht gern« zu tun/ entgegnete Janas. „Was denn also?../ „Scher' dich nicht darum.../ sagte der Mann, und damit war die Sache erledigt. Am nächsten Tag aber begab sich Janas ans Ende des Dorfes, wo im baufälligen Stadel des Stierstalles, in der mit Lehm oer- klebten windschiefen Hütt«, Rovo, der lahme Flickschuster, wohnte. „Guten Tag/ grüßte Janas und trat in das dumpf« Zimmer. In der einen Ecke, zwischen Lumpen, die aus der Bank gebettet waren, lag Rovos Frau. Rovo und die zwei Kinder erhoben sich sofort vom Tisch und starrten mit weitaufgerissenen Augen den unerwarteten Besuch an. In der Mitte des Tisches, in der großen irdenen Schüssel ruhte wohlriechend, dampfend der— Schinken. „Guten Tag/ murmelt« Rooo und sein aschgrauer wirrer Schnurrbart bewegte sich ganz eigentümlich um seine bebenden Lippen. „Ah../ machte Janas und blinzelte zur Schüssel hinüber, „ich komme ja gerade zurecht!..." Niemand antwortete ihm. Durch das handgroße Fenster des Zimmers drang das bleierne Licht des Wintervormittags herein. Draußen, über die schneebedeckte Gegend zogen Krähenschwärm« in mattem, trägem Flug, und am Rand« der Gänseweid« flehte mit ihren ausgestreckten Armen stumm die Windmühle zur Höhe empor. Janas blickt« durchs Fenster, dann wieder zurück auf die be- troffen dareinschcmcnde Familie. „Ist vielleicht im Hause jemand krank?" fragte er leise. Mit einem tiefen, röchelnden Husten antwortete die Frau, ihr Kopf ruhte ohnmächtig auf dem Kanewas. Di« hungrigen Blicke der beiden ungefähr im schulpflichtigen Alter stehenden Kinder oer- schlangen ungeduldig die aufgetragen« Speise. „Sie hustet.. sprach jetzt Rooo,„sie hustet schon seit dem Frühjahr../ „Das ist aber gar nicht gut/ sagte Jonas mitleidig,„noch ein Glück, daß es wenigstens was zu essen gibt../ „Noch ein Glück.../ wiederholte Rooo die Worte, und er warf seinen Blick unschlüssig hin und her. „Nun, nun/ meinte Janas schlau, J>er Schinken wird der Kranken sicherlich gut tun../ „Auch einem Gesunden.. sagt« da» größere der beiden Kinder. „Ein schöner Schinken/ Janas trat näher zu dem Tisch und betrachtete das rosige Fleischftück.„Auch sehr schön geformt, man sieht e» ihm an, baß ihn nicht irgendein Wurstmacher abgeschnitten hat... nicht wahr, nein?' fragte er dann plötzlich, sich an Rovo wendend. „3ch weiß nicht../ „Da» Ist ein Hausschinken, man merkt e». daß man den Speck an ihm nicht ge'chänt hat... ganz, als hätte ich ihn selbst vom halben Schwein heruntergeschnitten/ Eine gespannte, nervöse Stille herrscht« im Zimmer. Rooo macht« mit seinen Händen unschlüssige Bewegungen, er öffnete mich schon die fahlen Lippen zum Sprechen, um alles zu gestehen und alles zu erzählen. Sein großes, düsteres Elend, die Qualen der kranken Frau... seine Versuchung dort im Schuppen, als sie die Stiefel suchten. Da ließ aber die Frau ihre Stimme vernehmen. „Ich habe ihn mir gewünscht/ sprach sie keuchend,„... ich sehnte mich nach... einem Schinken.' „Ei« klein« Kostprob«...,' sagte Rovo, jetzt zur Besinnung kommend,„wenn Sie es nicht verschmähen... halten Si« mit uns../ „Ich?' fragte Janas, betroffen zurückfahrend. .La/ redete ihm auch die Frau zu. „Aber wo/ sagte er, die Einladung abweisend, und er machte «inen Schritt zurück. „Ich bitte Sie darum.../ flehte die Kranke weiter..Lulcsa Csanyi, Sie kennen mich doch...' „Ich kenne dich/ brummte Jana, und wendet« den Blick von ihr ab. „Ich kenn« dich, natürlich kenne ich dich,' flüsterte etwas drinnen im Herzen des Janas/ Julcfa Csanyi sollt« ich nicht kennen, die einmal die allerschönst« Rose war?' „Ach/ entrang es sich dann seiner Brust, aber er sprach die in ihm erwachten Gedanken nicht aus... Was frommt auch jetzt schon alles Reden? Einst... ja, damals, als sie noch beide arme Teilschnitter waren... bis das Leben sie voneinander trennte. Janas kam hinüber übers Meer, Julcsa aber zu Rovo. Zehn lange Jahr« waren seicher vergangen und sie hatten gar nicht be- merkt, wie sich das Rad des Schicksals gedreht hat... vergebens wäre da auch schon jede Anstrengung gewesen, dagegen war nichts mehr zu machen. So heiratete denn auch Janas. Mit der Frau bekam er auch ein Stück Feld... und sieh« da, hier dampfte nun der gestohlene Schinken in der Mitte des Tisches. Er betrachtete und betrachtete lange das kranke Weib und«r fühtte irgendein lauwarmes Kribbeln ums Herz herum. „Also gut...,' sagte er und setzte sich auf den angebotenen Stuhl. Er nahm sein Taschenmesser hervor, schnitt von dem Schinken ein Stück ab und auch vom braunen Kornbrot. Sie aßen. Das bleich« Gesicht der Frau strahlte aus dem Polster, die Kinder schmatzten im Winkel. Do warf Janas die Worte hin: „Na, also wie geht es?../ Rooo, der zusammengebrochene elende Mensch schrie auf. Mit einem unerwarteten und aufrichttgen Ausschrei klagte er Janas sein bitteres Los:
„Wir fretten uns... Janas... Ich kann nichts tun... du siehst ja, auch Julcsa... die Kinder... es gibt keinen Der- dienst, was soll ich machen?../ „Ach ja!' sagte Janas mit einem Seufzer, dann fügte er hinzu:„traurige Zeiten das...' „Mein Gott ...' „Auch gestern waren Gendarmen im Orte../ „Gendarmen?...' Rooo horcht« auf. „Sie suchen«inen Dieb... einen Dachbodendieb... Diel« Lebensmittel bekommen in letzter Zeit Füße... Auch mir hat man vorgestern«inen Schinken gestohlen../ Wieder trat Stille ein, Janas erhob sich vom Sessel. „Na. ich werde gehen... und die Stiefel, wenn sie fertig sind, kannst du sie mir hinüberschicken. Ich habe auch jetzt nur des- halb einen Sprung herüber gemocht,»eil ich dachte, sie wären schon fertig../ „Sie sind noch nicht fertig../ „Also, beeil« dich damit../ „Ich werde sie hinüberschicken.' „Na, grüß Gott !' „Grüß Gott...' Der Schinken hielt noch an, der zweite natürlich, den Janas auf die Feiertage vom Boden heruntergebracht hatte. „Na, noch einen Bissen als Nachdruck/ sagte Janas nach dem Essen und begab sich hinüber in die„schöne' Stube, wo auf der mit einem Tischtuch bedeckten Kommode in seinem Fett erstarrt der
Die Stadt, die ich meine, ist das alte Prag . Als ich vor 45 Iahren aus dem nebligen Hamburg , vom Lotsen Schicksal in diese seltsame Stadt geführt, schon am ersten Tag eine lange Wände- rung durch die mir unbekannten Straßen unternahm, da blendete mich eine helle Sonne, die in sengender Glut über den altertümlichen Häusern brütete. Schon damals, als ich über die uralle Steinerne Brücke schritt, die hinüberführt über die ruhevoll fließende Moldau zum Hradschin mit seinem den finsteren Hochmut.alter Habsburg-Geschlechter aus- hauchenden Schloß, das bekränzt ist von Zinnen und Türmen, da befiel mich ein unerklärliches, tiefes Grauen, für das ich kein« Er- klärung wußte. Jene Bangigkeit hat mich seit diesem Tag nicht einen Augenblick verlassen, solange ich—«in Menschenalter hindurch— in Prag lebte, der Stadt mit dem heimlichen Herzschlag. Sie ist nie mehr ganz von mir gewichen; sie senkt sich heute noch auf mich herab wie Föhndruck. wenn ich an Prag zurückdenke oder nachts von ihm. träume, was mir in merkwürdig regelmäßigen Zeit- abschnitten geschieht, als schlüge in meiner Brust eine unsichtbar ver- borgene Uhr nach einem unbekannten Rhythmus, der nichts zu tun hat mit Erdenzeit, üllles, was ich je erlebt, kann ich vor das innere Aug« rufen, als stünde es lebenstrotzend da... banne ich jedoch Prag vor meinen Blick, so wird es deutlicher wie alles andere— so deutlich, daß es nicht mehr wirklich, sondern gefpenstifch scheint Jeder Mensch, den ich dort gekannt, gerinnt zum Gespenst und zum Bewichner eines Reiches, das Tod nicht kennt. Marionetten sterben nicht, wenn sie von der Bühne oerschwin, den; und Marionetten sind alle Wesen, die die Stadt mit dem heimlichen Herzschlag zusammenhält. Andere Städte, so alt sie auch sein mögen, muten mich an wie unter der Gewalt ihrer Menschen stehend; wie desinfiziert von keimtötenden Säuren— Prag gestaltet und bewegt, wie ein Marionettenspieler, sein« Bewohner von chrem ersten bis zu ihrem letzten Atemzug. Wie Dulkane Glut aus der Erde speien, so speit dies« unheimliche Stadt Kriege und Ausruhr in die Welt: Auf ihrem Altstädter Ring ist am Rathaus eine große, sagenumwobene astronomische Uhr mit den Tierkreiszeichen an- gebracht, darin öffnet sich Schlag Mittag ein Türchen, und heraus treten, einer nach dem anderen, die zwölf Apostel; stumm, als hätten sie sich überzeugt, daß die Zeit, auf die sie geduldig warten, noch nicht gekommen sei, verschwinden sie wieder, verdrängt von einer dreizehnten Gestalt, dem Tod mit Hippe und Sandglas. Auch er geht, und über ihm kräht der Hahn der fernen Auferstehung wie eine Prophezeiung der Apokalypse. Er gibt das Zeichen, daß die hundert Türme der Stadt heulend einfallen, um das höhnisch« Kikeriki zu ersttcken, das das ferne Zerbrechen aller Menschenzeit wahrhaben will. Ob dem längst zu Staub gewordenen Erbauer der Uhr solche Verkündigung vorgeschwebt hat? Er soll wahnsinnig gewesen sein. Vielleicht stehen Wahnsinnig« den letzten Dingen näher als solche mit„gesundem' Menschenverstand. Und wahn- sinnig— ganz heimlich und versteckt wahnsinnig— sind irgendwie die meisten Marionetten in Prag . Oder besessen von irgendeiner kuriosen Idee. Eines Tages nahm mich«in älterer Mann, den ich als überaus nüchtern seinerzeit kannte, aus der Straße am Arm und flüsterte mir geheimnisvoll, auf einen des Weges kommenden vor- nehmen Herrn deutend, ins Ohr:„Sie wissen doch, er hat vor- gestern seine Frau vergiftet, um sie zu beerben?' Dann, als der Herr an uns vorüberschritt, zog er tief, den Hut und grüßte laut:
'Der Sehneider von Htm Die Geschichte der Luftschiffahrt hat neben ihren tragischen auch ihre tragikomischen Gestalten. Zu diesen gehört Ludwig Albrecht Berblinger , der„Schneider von Ulm ', der es durch seinen miß- glückten Flugversuch zu einer kurzen lustigen Berühmtheit brachte und dann ganz vergessen am 28. Januar 1829 starb. Der geflügelte Schneider, der am Ulmer Münster sein Denkmal erhalten hat, erfuhr ein« spät« Ehrenrettung durch den Roman des Dichter-Jngenieurs Max von Eyth , der den ernsten Kern dieses jo arg verspotteten Wagnisses hervorgehoben hat. Dem Schneider Berblinger war die Flugbegeisterung zu Kops gestiegen, die um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts die Menschhell ergriffen hatte. Als die Dallonflüge Blanchards und seiner Nachfolger Aus- sehen erregten, beschloh er, ein Flugzeug zu bauen, für das er sich — wie so mancher andere Erfinder— den Vogel zum Vorbild nahm. Er machte sich also ein Stahlgestell, das mit Seide überzogen war; schnallte er sich dieses um den Leib, dann breiteten sich rechts und links Flügel aus, die er mit den Annen in Bewegung setzt«. Auf diese Weif« hoffte er sich in der Lust zu«rhalten. Als König Friedrich von Württemberg im M« 1811 Ulm besucht«, glaubte
gekochte Schinken prangt«. Er schnitt von der speckigen Seite««* Stück ab und setzte sich wieder zurück auf die Ofenbank. Es war ein gewöhnlicher Wochentag, voll grauer Sorgen, denn es nahte der Frühling, die Arbeit, das Pflügen und Säen. Draußen schmolz bereits der Schnee und feuchte Düfte drangen durch die halbgeöffnete Tür ins Zimmet. „Sobald es trocken wird, werde ich den Vachecker pflügen,' sagte Janas und kaute mit langsamer Bequemlichkeit die Dissen. Von seinem scharfen Taschenmesser tropfte das Fett auf den Fuß- boden, der zum Schutz mit großen Papieren bedeckt war. „Ich habe ihr etwas hingetragen.. ,' sprach jetzt die Frau. „Wem?... Was?' fragte der in Gedanken vertiefte Mann. „Nun dorthin... ein wenig Suppe../ Der Mann nickt«. „Ach so/ „Mit der Armen geht es schon zu Eni*../ „Ich konnte es nicht mitanfehen, sie sind so hilflos... Der Doktor hat gesagt, ihr sei nicht zu helfen... die Schwindsucht. Arme Julcsa...' Sie schwiegen wieder... Ja, das ist das bittere, unbarm» herzige Leben, gegen welches sich der arme, kämpfende Mensch auch vergebens auflehnen wollte. Man kann nur seufzen, aus tiefem Herzen seufzen, aber dcknn wird man weiter micqerissen, mit derselben düsteren und gleichgültigen Kälte, wie die Schneewolken dort draußen, die der Wind über das gefrorene Ackerland wr sich her treibt.,(Schluß folgt.)
„Meine Verehrung, Herr Doktor!'... Da mußte ich unwillkürlich an das Vipernnest denken, das grellen Sonnenschein in Giftglanz zu verwandeln vermag! Die verborgene Wirklichkeit Prags wurzelt so tief, daß Namen verdunsten wie Atemhauch auf Edelgestein.— Stundenlang bin ich oft und oft in hellen Mondscheinnächten auf der Kleinseite—dem Stadtviertel jenseits der Moldau, der Herzkammer Prags — umher- gewandelt, und jedesmal habe ich mich verirrt. Ein uraltes Palais. vor dem man fühlt: unmöglich kann darin stit Jahrzehnten ein Mensch gewohnt haben, so dicht ist der grünspanüberzogene Tür- knauf mit aschigem Staub bedeckt: daneben ein Barockgebäud« mit opalisierenden Fenstern, die schimmern wie das Glas antiker römischer Tränenkrüge: dann wieder eine sich in die Unendlichkeit sich hinziehende dreimannshoh« Mauer mit zerbröckelndem Bewurf, darein die Geisterhand der Stadt phantastisch« Tierköps« und starrende Gesichter gezeichnet hat, die unbeweglich scheinen und doch jedesmal den Ausdruck wechseln, so oft man hinblickt. Ein betäubender Vlütenhauch nach Jasmin oder Holunder fällt herab aus der Luft» und man ahnt: Irgendwo sind da Gärten, ungeheure Parte, vor- steckt, die vielleicht seit Menschengedenken kein Fuß betreten hat. Die Vermutung schleicht sich ins Herz, es möchte dadrinnen in einem verfallenden Zimmer des Hauses in einem längst vermoderten Bett eine zu Staub zerfallene Tote liegen, deren Dasein hier schon zu ihren Lebzeiten in Vergessenheit geriet. Der Gedanke läßt einen nicht los und man kehrt um an der Laterne, die plötzlich im Mondes- glast in irisierender Aureole vor dem Blick aus der Erde taucht: man will wieder zurück zu der grauen Mauer. Sie ist nicht mehr zu finden! War's eine Täuschung? Und sucht man sie am hellen Tag— vergebens: sie ist nicht mehr dort. Statt dessen ist eine Gasse da. ein Haus, dreistöckig, am Ende: man blickt zum Dach empor und sieht: ein zweites Haus steht auf dem ersten! Eine Sinnestäuschung? Nein, die Gasse biegt scharf im Winkel um wie ein im Ellenbogen angerissener Arm, steigt steil empor, und auf der Höhe ragt das zweite Gebäude. Ein merk- würdiger Mensch wohnt darin, der mit hoher Frauenstimme spricht, klein, bartlos, und aussieht wie Napoleon und Besuchern aus einem riesigen, in lzebräischen Buchstaben geschriebenen Folianten wahrsagt oder die Vergangenheit schildert, daß pinem bisweilen die Haut schaudert. Einmal habe ich ihn aus Neugier aufgesucht, da hörte ich, als ich über die Schwelle seines Zimmers trat, wie er zu einem Fremden, der ihn gerade verließ, in gebrochenem Deutsch sagte:„Das Tram- mein, das Sie in der Nacht vor der Mauer zur Letzten Latent' gehört haben, kommt nicht von den Soldaten; es kommt von der Trommel des toten Ziska, der, bevor er starb, befahl, daß man ihm die Haut abzöge, und aus eine Trommel spanne, damit man ihn hören könne, als wenn er gestorben sei.'—„Was haben Sie damit gemeint?' fragte ich. als wir allein waren. Er tat erstaunt, öder war es wirklich, und leugnete, solches gesagt zu haben. Später erfuhr ich. er vergäße alles sofort, kaum, daß er es ausgesprochen hätte. Er sei mondsüchtig— auch am hellichten Tag. Später, als der Krieg ausbrach, mußte ich an die Trommel Ziskas, des Gin- äugigen denken. Mir war. als begrifte ich dumpf eine Art schatten- haften Zusammenhangs. Oder war es Zufall? Ich glaube es nicht; die Stadt mit dem heimlichen Herzschlag hat eine seltsame An. durch den Mund ihrer Marionetten zu reden!
Berblinger den rechten Augenblick gekommen zu sehen, um seinen Flug zu veranstalten. Zunächst wollte er von der Spitze des Münsters aus über die Stadt fliegen, zog aber dann doch die Adler- bastci am Donaustranb« vor. Der cr|W Versuch nützlang. da der Apparat wicht in Ovdwuwg war. Bei dum zweiten Versuch aber am 30. Mai 1811, zu dem sich der König und ein« viellauseichtöpfig« Menge eittgesuirden hatten, erschien er kühn aus der Brüstung d «r Bafleimcruer, schlug erst lustig mit seinen Flügeln um sich, schwang sich dann empor und flog durch die Lüfte. Doch die allgemeine Spannung löst« sich bald in ein mächtiges Gelächter auf. denn schon lag der brave Meister in der Donau , aus der ihn einige Schiffer auffischten, die mit ihren Booten vorsorglich zur Stelle waren. Der König nahm die Sache als einen Spaß auf und ließ dem fliegenden Schneider 20 Dukaten als Geschenk über- reichen. Aber vor der Allgemeinheit war er blamiert, Spottbilder erschienen, die seinen Unglücksfall drastisch darstellten, und man sang Spottverse aus ihn, wie etwa:„Der Schneider pott Ulm hat'» flieg« Probien, da hat'n der Teufel in d' Donau nein g'sührt/ Er macht« zwar noch einmal einen Versuch, doch als auch dieser mißlang, gab er das Fliegen endgültig auf. In der Geschichte der Flugkunst aber lebt er fon als einer der ersten, der das Vorbild des Vogelflu-?-' dazu benutzte, um ein Segelflugzeug zu erbauen.
eusLtneyrink: SlC IIMllölllllldlÖ