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BERLIN Sonnabend

2. Februar 1929

Der Abend

Ericheint taglio außer Sonntags. Fugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 m. pro Monat. Redaktion und Erpedition: Berlin SW68, Lindenfir.3

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Nr. 56 B 28

46. Jahrgang.

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Der Kellogg Paft im Reichstag

Stresemann antwortet Poincaré .

Der Reichstag ist heute schon um 11 Uhr zusammengetreten. Zunächst wird der deutsch Litauische Handels- und Schiffahrtspertrag und das deutsch rumänische Abkommen den Ausschüssen überwiesen.

Die Beratung über den infernationalen Kriegsächtungsvertrag ( Kellogg Baft) leitet

Reichsaußenminister Dr. Stresemann.

mit einer längeren Rede ein:

Borgeschichte, Inhalt und Bedeutung des Battes sind oft er­örtert worden und so allgemein bekannt, daß es an sich wohl taum nötig wäre, darüber noch besonders zu sprechen. Es liegt mir aber daran, jetzt, mo der Reichstag die endgültige und förmliche Entscheidung über die Annahme des Baftes durch Deutschland zu treffen hat, noch einmal diejenigen Gesichtspunkte furz zusammen­zufassen, die für die Haltung der Reichsregierung gegenüber diesem internationalen Afte maßgebend maren und noch sind.

Von dem Augenblid an, als befannt wurde, daß der ursprüng. liche Gedanke eines französisch- amerikanischen Friedenspattes durdy den Entschluß der Regierung der Bereinigten Staaten pon Amerita sich umwandelte in den Gedanken eines

allgemeinen Weltfriedenspaktes,

ist sich die Reichsregierung der Tragweite dieses Vorganges bemußt gewesen. Das große Problem der Herstellung einer internatio nalen Friedensordnung murde hier in einer ganz neuen Form engefaßt, unabhängig von allen anderen Friedenssicherungen der Iczten Jahre. Für die Erreichung des Zieles wurde eine elemen­tare umfassende Grundlage geschaffen.

Die beiden großen Ideen des amerikanischen Baktentwurfs, Ausschaltung der Möglichkeit friegerischer Konflikte und friedlicher Ausgleich der Gegensätze zwischen den Staaten, sind auch die Grund­sötze der deutschen Außenpolitik. Und deshalb haben wir nicht ge­zögert, sofort zuzustimmen, zumal der Entwurf mit der Böllerbunds jagung und dem Rheinpaft von Locarno in feinem Widerspruch fland.

Durch unsere rasche Zustimmung haben wir mefentlich zu der Entwicklung beigetragen, die am 27. August 1928 in der

feierlichen Paftunterzeichnung zu Paris

Tatsachen gegen Märchen.

Die Pangermanistischen Propagandafonds".

Da im Reichstag noch nicht die Einführung getroffen ist, daß die Regierung auf eine Anfrage vor der Tagesordnung sofort mündlich antworten fann, und da die Beratung des Kellogg - Paftes dem Reichsaußenminifter nicht geeignet er­schien, auf die geftrige Rede des französischen Ministerpräsi­denten einzugehen, hat Außenminister Dr. Stresemann heute der Preffe folgende Erklärung gegeben: In seiner gestrigen Rammerrede hat der franzöfifche Minister präsident die Fonds, die Deutschland nach dem Etat für Propaganda zwecke zur Verfügung gestellt seien, auf 94-348 720 M., umgerechnet 660 Millionen Franken, angegeben.

Demgegenüber betragen nach dem Etat die Fonds, die zur Auf­rechterhaltung des Deutschtums im Auslande allenfalls zur Ber fügung stehen könnten:

Etat der Reichstanzlei einschließlich der Zentrale für Heimatdienst

Geheimjonds des Auswärtigen Amtes Förderung des Nachrichtenwesens im Ausland im Inland: Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes, die aber für die Pflege kultureller Be= ziehungen mit dem Auslande bestimmt sind und wovon 4% Millionen Mart von vornherein für die Erhaltung deutscher Schulen im Auslande bestimmt sind

822 000 m.

6 000 000

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2 400 000

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4 100 000

"

6 000 000

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Bon all diesen Beträgen tommt überhaupt nichts zur Unters ftüßung irgendwelcher Vereinigungen für pangermanistische Zwecke in Frage.

Weiter stehen dem Reichsministerium des Innern 2 Millionen zur Unterstützung besonderer fultureller Aufgaben im Intereffe des Deutschtums zur Verfügung, dem Reichsministerium für die besetzten Gebiete 4 Millionen, wovon 3 Millionen für fulturelle Fürsorge im besegten Gebiet bestimmt find, und schließlich dem Reichswehr ministerium 1 Million Mark.

Alle diese Fonds betragen zusammen 21 630 000 Mart, davon sind aber Millionen, wie schon gesagt, feineswegs für irgend­welche Propaganda bestimmt, sondern für deutsche Schulen im Auslande, und es ist anzunehmen, daß andere Staaten erheblich mehr für Erhaltung nationaler Schulen im Auslande auf­wenden.

Ebenso stehen dem Reichsminifterium des Innern Gelder für Propagandazwecke im Ausland nicht zur Ver­fügung. Es ist unerfindlich, woher der französische Ministerpräsident die Grundlage für eine Zusammenrechnung von 94 Millionen Mark deutscher Reichsfonds zu pangermanistischen Propagandazweden" hergenommen haben könnte. Die Aufwendungen für das besetzte Gebiet tömmen unter feinen Umständen eingerechnet sein, denn das befeite Gebiet gehört zu Deutschland , was dafür ausgegeben wird, geht also nicht ins Ausland.

Flugzeug Berlin - Paris verunglückt

Notlandung 25 Kilometer westlich Paris .

Das ist am Freitag nachmittag infolge dichten Rebels etwa 25 kilometer nördlich von Paris bei einer Roflandung verunglüdt. Das Flug­zeug hatte um 12.40 Uhr Köln verlassen. In der Nähe von Noyon wurde der Nebel so start, daß der Führer den Weg verlor. Etwa gegen 16% Uhr wurde das Flugzeug in der Nähe des Flugplatzes Le Bourget gesichtet, ohne daß der Flugzeugführer den Platz ge­funden hatte. Er flog in der Richtung Saint Denis weiter und fehrte dann zurüd, bis er sich schließlich infolge Benzinmangels gegen 17 Uhr gezwungen fah, eine Notlandung in unmittelbarer Nähe des an der Landstraße Paris- Dünkirchen gelegenen Dörfchens Lucarsches vorzunehmen. Dabei schlug das Flugzeug um und wurde zum Teil zertrümmert. Der Führer wurde ziemlich fchwer verlegt, während der Monteur und Tele­graphist mit geringen Berlegungen davontamen.

Freitag nagmittag infolge digten Nebels etwa 25 Kilometer nörolin Straßenbahnunglück beim Frühverkehr.

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durch 15 Regierungen ihren Höhepunkt fand. Ich kann und muß aber der Auffoffung entgegentreten, daß die der Unterzeichnung vor auts gegangenen diplomatischen Verhandlungen dem Pakt von vorn­herein einen Teil seiner Wirksamkeit genommen hätten. Diese zum Teil schwierigen und verwickelten Erörterungen sind vielmehr letzten Endes nur ein Beweis dafür, daß die beteiligten Regierungen den amerikanischen Vorschlag nicht nur als eine Geste und Demonstra­tion, iondern als einen folgenreichen bindenden Akt auffassen mußten, wenn die in Paris vertretenen 15 Regierungen, und ihnen folgend aller Voraussicht nach auch die überwiegende Mehrzahl aller Regierungen, fich feierlich und bindend verpflichten, auf den Krieg als Instrument der nationalen Bo Titik zu verzichten. Ich kann dieser Bedeutung nicht beffer Aus­drud geben als mit den Worten, die der französische Herr Außen­minister bei dem Aft der Unterzeichnung sprach: Zum ersten Male und vor den Augen der Welt", fo fagte Herr Briand , wird in einem feierlichen, die Ehre großer Rationen verpflichtenden Afte der Krieg als Inftrument der nationalen Polifit ohne Borbehalt verworfen, b. h. der Krieg in seiner eigentlichsten und furchtbarsten Form, der zu egoistischen Zweden gewollte Krieg. Einem solchen Krieg, der früher göttlichen Rechtes war und in der internationalen Ethik als Borrecht der Souveränität gilt, wird jetzt in juristischer Form das genommen, mas feine größte Gefahr darstellte: seine Rechtmäßigkeit. Is rechtswidrig gebrandmartt, wird er für die Zukunft dem vertraglichen Regime einer wirklichen echtung unterworfen, die den Bertragsbrüchigen der sicheren Mißbilligung, der wahrscheinlichen Feindschaft aller Mitkontrahenten

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Die Agentur Hapas" berichtet nom Flugplatz Le Bourget noch folgende Einzelheiten über die Landung des deutschen Berkehrsflug. zeuges bei Epinay- sur- Seine : Das Flugzeug wurde von dem Piloten Went de gesteuert, der bei der Bandung verlegt wurde und sich im Schloß von Epinan in ärztlicher Behandlung befindet. Der Bord monteur und der Funkentelegraphift haben nur leichte Hautabschür fungen erlitten. Bis Noyon , das der Apparat um 3,20 Uhr überflog, war die Sicht ausreichend, dann wurde sie außerordentlich schwierig und der Pilot fonnte den Flughafen Le Bourget nicht erkennen. Er flog über ihn hinaus und beschrieb dann eine Schleife nördlich von Baris, um nach St. Denis zurückzukommen. Auch diesmal fonnte er die Leuchtfeuer und die Leuchtfugeln, die vom Flugplatz Le Bourget abgefchoffen wurden, nichtertennen. Das Flugzeug flog weiter nach Norden und landete dann unter schwie­rigen Umständen bei Epinay. Infolge des Rebels ist nicht ein ein­Deutschland hat keinen Anlaß und fein Interesse, die Bedeuziges Flugzeug auf dem Flugplatz Le Bourget angekommen; es ist tung des Baftes geringer einzuschätzen. Wir würden sonst nur auch feines abgeflogen. etwaigen Strömungen Nahrung geben, die aus diesem oder jenem politischen Grunde an einer solchen Geringschätzung ein Interesse haben könnten. Wenn die Deffentlichkeit, die in den Jahren nach dem Kriege die Reihe der friedensbeteuernden Regierungen ständig hat vergrößern sehen, dem nicht immer mit steigendem Enthusias­mus, sondern vielfach mit einer gemissen Stepsis gefolgt ist, so ift Bortfegung auf ber 2, Seite)

auslegt."

Knacker in der Ortskrankenkasse Die Kälte in Berlin

Berichte 2. Seite

15 Fahrgäste leicht verlegt.

Ein Straßenbahnunglüd, das glücklicherweise von nicht allzu ernsten Folgen begleitet war, ereignete sich heute in den frühen Morgenstunden am Stralauer Tor.

In der Warschauer Straße fuhr gegen% 7 Uhr an der Haltestelle Stralauer Tor ein Straßenbahnzug der Linie 4 E, be­ftehend aus Triebwagen und zwei Anhängern, auf einen haltenden Zug der Linie 9 E, der ebenfalls drei Wagen umfaßte, von hinten auf. Die Borderplattform des auffahrenden Zuges fowie die Hinterplattform des haltenden Zuges wurden beschädigt, ämtliche Scheiben der beiden Züge gingen in Trümmer. Ungefähr 15 Personen erlitten Verlegungen, größtenteils durch Glassplitter. Die Feuermehr, die einige Berleßte an Ort und Stelle verband, brachte acht Personen in die beiden in der Nähe liegenden Rettungs­stellen. Die Ursache des Unfalls ist bisher noch nicht aufgeklärt. Die Leitung der Straßenbahn hat eine Untersuchung eingeleitet. Der Fahrer des auffahrenden Zuges gibt an, der Sandstreuer, den er bei der Glätte zur Unterstützung der Bremsen verwenden wollte, habe versagt. Die Verkehrsstörung fonnte nach ungefähr 40 Minuten behoben werden. Beide Züge mußter ab­geschleppt werden.

Ein Fahrgast, der Angestellte Gustav Ruhnte aus der Gabriel- Max- Straße, mußte mit ernsteren Verlegungen ins Kranken­haus am Friedrichshain gebracht merden.

In der Berliner Straße in Neukölln ereignete sich in de vergangenen Nacht ein schwerer Straßenunfall. Dorf wurden beim Ueberschreiten des Fahrdammes der 42jährige Schuhmacher Willi Kunz und der 73jährige Tischler Herbert Oswald aus der Weserstraße 65 von einem Motorradfahrer angefahren und zu Boden geschleudert. Kunz erlitt einen schmeren Schädelbruch, on effen Folgen er im Urban- Krantenhaus gestorben ist. Die ngen des alten Mannes find nicht sehr schwerer Natur.