Eine Milliarde Kreuzerkosten. Amerikas Kreuzerflotte wird so groß wie die englische. Washingtoa, 7. Februar. Tie vom Senat angenommene Kreu'zervorlage sieht ein Bauprogramm im Werte von 274 Millionen vor. Jeder der neu zu bauenden Kreuzer wird 17 Millionen Dollar kosten; hinzu kommen IS Millionen Dollar für daS Flugzeugmutterschiff. DaS neue Gesetz wird der amerikanischen Marine insgesamt SS moderne Kreuzer mit einer Gesamttonnage von 2SKSSS Tonnen geben. Feder der bewilligten Kreuzer wird eine Wasserverdrän- gung von 1S SSS Tonnen haben. Gs sind die gröftten Kriegsschiffe, die unter dem Washingtoner Flotten- abkommen erlaubt sind. Großbritannien verfügt, einschließlich der bereits bewilligten Schiffe, über KZ Kreuzer mit einer Gesamttonnage von 286 636 Tonnen, während Japan 33 Kreuzer mit einer Gesamttonnagc von 206 413 Tonnen haben wird. Verschiebung des britischen Kreuzerbaus. London , 7. Februar. Der politische Berichterstatter des„Daily Chrouicle" meldet: Ursprünglich waren in dem britischen Bau- Programm für 1S28— 1S2S drei neue Kreuzer vor- gesehen. Auf einen davon wurde im vorigen Jahre Ber - zieht geleistet. Jetzt soll auch der Bau der beiden anderen Kreuzer, mit dem in diesem Jahre begonnen werden sollte, auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Dieser Beschluß wurde gestern im Berlaufe von Kon- ferenze« zwischen Baldwin.(Thamberlain und Churchill auf der einen und Bridgeman und den Seelords auf der anderen Seite erzielt. Cr bedarf noch der Bestätigung durch das Kabinett, doch glaubt man nicht, daß er um- gestoßen werden wird.
Seemannslos.
Sie
Rechte gegen Richter. »Enlgleiwng" des preußischen Vichtervereins.
Seitdem ein Teil der Richterschcift bemüht ist, zu der heutigen Staatsform in ein ehrliches und anständiges Verhältnis zu gc- langen, seitdem ist es mit der Verhätschelung und Liebkosung unserer Richter durch die Rechtsparteien vorbei. Hörte man früher von rechts das Berufsrichtertum als„letzte rayende Säule" eines geord- neten Staatswesens preisen, so konnte vor einigen Monaten der Na- tionalsvzialist Kube dem preußischen Richtertum unter Beifall der Rechten„Verlumpung" vorwerfen. Deutschnationale Parla- mentsredner bezeichneten ihnen mißliebig« Gerichtshöfe als„ge- mischte Gesellschaft zur Niederknüppelung der Gegner", die Urteile gegen die Fememörder wurden von der Rechtspresse als„Schand- justiz" und„Bluturteile" beschimpft. Nun ist wieder etwas passiert, was die Rechtspresse in Zorn bringt: die Stellungnahme des Preußischen Richteroer- eins zur Außerversolgungsctzung des Oberst Düsterberg. d,e wir im Morgenblatt meldeten. Die„Deutsche Zeitung" bezeichnet diese Erklärung als„ganz unbegreiflich", nennt sie eine„Ent- gleisung", die eine den Prenzlauer Richtern zugefügte„schwere öffentliche Beleidigung" in Schutz! nehme. Der„Lokalanzeiger" spricht gleichfalls„tiefstes Bedauern" über den Preußischen Richter- verein aus und hofft„auf die unausbleibliche Kritik in den eigenen Reihen der Richterschoft". Was ist geschehen? Oberst Düsterberg hatte inmitten einer Flut von sonstigen Schimpfereien von der„aus Verrat und Meuterei geborenen Republik " geredet. Amts- und Landgericht hatten ein Einschreiten abgelehnt mit der fadenscheinigen Begründung, daß sich diese Beschimpfung nur auf die Entstehung der Republik be- ziehe!(Wonach es wohl künftig auch erlaubt sein wird, einen Gegner„Hundesohn" oder„Hurensohn" zu titulieren!) Sehr zurück- haltend hat der Richteroerein es lediglich abgelehnt, die beteiligten Richter gegen die öfsentliche Kritik zu verteidigen. Weiter nicht-. Wer darüber schon Entrüstung der Rechten, die ihr Schimpsprivileg in Gefahr sehen. Oer bayerische Tiielunfug. Selbst der Bürgerblockregierung war es zu dumm! � Die?zestst«llungsklage des Reichsmimsters des Innern beim Staatsgerichtshof, daß die bayerischen Titeloerleihungen der Reichs- Verfassung widersprechen, ist bereits vor etwa Wochen vom Reichskabinett beschlossen worden, wobei allerdings der Reich-postminister dagegen gestimmt hat. Auch schon die vorige Reichsregierung, der die Deutschnationalen angehörten, hat diese bayerischen Titel- Verleihungen als verfassungswidrig angesehen, wie von unterrichteter Stelle bekanntgegeben wird. Die Klageerhebung hat mit den jüngsten bayerisch-preußischen Auseinandersetzungen nichts zu tun. Sie kann auch für Bayern nicht überraschend sein, denn in den Besprechungen des Reichskanzlers mit dem bayerischen Mi- nisterpräsidenten Dr. Heldt am Jahreswechsel ist diese Klage schon angekündigt worden. Die Bayerische Volkspartei -Korrespondenz hatte den Bericht des �Amtlichen Preußischen Pressedienstes" über die Unterredung des bayerischen Gesandten in Berlin mit dem preußischen Ministerpräsi- denten als unrichtig bezeichnet und dementsprechend hatte die bayerische Volksseele in der dortigen Regierungspresse schon wieder zu kochen begonnen. Dazu erklärt der„Amtliche Preußische Presse- ddenst kurz und klar» daß er feinem Bericht nichts hinzuzu- fügen und nichts daran zu ändern habe.
Alle Macht dem Staatspräsidenten. Verfassuagsreakiion de« pilsudttibiocke«. Warschau , 7. Februar.(Eigenbericht.) Der Reg ierungsb lock hat im Parlament ein Verfassungsprojekt eingebracht, dos aus die Person Pilfudskis und die gegenwärtige Re- gierung zugeschnitten ist. Das Projekt soll de m S t a ats p r äs i- denten große Rechte geben aus Kosten des Porlmnems. . Der Gesetzentwurf beginnt damit, daß die deinokratisch-par- iamentarischc Form beibehalten werde. Der Staatspräsident soll a u f sieben Jahre vom Volk gewählt werden, und zwar werden jeweilig zwei Kandidaten aufgestellt: der eine von dem zurück- treiendsn Staatspräsidenten, der andere vom Parlament. Das aktive Wohlrecht wird aus 24 Lahre heraufgesetzt. Der Staatspräsident 'oll nach dem Entwurf das Recht erholten, dos Parlament 'derzeit aufzulösen. Er hat die Ministerpräsidenten, das ■üne:t, die Richter und die Offiziere zu ernenn«,. Außerdem will n ihm u. a. das Recht g«i>sn, Krieg zu erklären.
Ein Leser unseres Blattes, der aus einer Reise die Be- kanntschast jenes Kapitäns machte, dessen Schiff mit Mann und Maus auf so furchtbare weise im Meerbusen von Oporto unterging, sendet uns die folgenden Zeilen. Der deutsche Dampfer„Deister " lief am Sonntag, dem 2. Februar 1929, in die Mündung des Douro an der portu- giesischen Küste ein. Das Schiff geriet auf ein Riff. Es tonnte sich wieder losmachen, doch wurde es von den Wellen noch- mals auf einen Felsen geworfen. Das Schiff kam noch einmal mit eigener Kraft los, wurde jedoch nochmals bei Leixoes an die Küste geworfen und begann zu sinken. Am Ilser sammelten sich Tausende von Menschen. Die See ging hoch. Schleppdampfer und Rettungs- boote konnten an das Schiff nicht heran. Die meisten Leute der Be- satzung wurden von den Sturzwellen vom Deck gespült. Vier Mann hatten sich ins Takelwerk geflüchtet und ihnen suchte man Hilfe zu bringen. Mit dem Raketenapparat wurden Leinen hinübergeschossen. Aber die Schiffbrüchigen wurden von den über Deck brechenden Wellen gehindert, vom Mast herunterzukommen. Die Wellen setzten ihr Zerstörungswerk fort und rissen einen Mann nach dem anderen in die Tiefe. Bald sank das Schiff. Die Tragödie war zu Cfnde! Schwer legte sich der Inhalt dieser Zeitungsnotiz auf unser Gemüt. Doch noch furchtbarer ist's für denjenigen, dessen Gedgnken oft auf dieses Unglücksschiff, den„Deister ", gerichtet waren. Mich hat diese Nachricht tief erschüttert, denn ich hatte den Kapitän als angenehmen Reisebegleiter kennen gelernt. Am 29. Dezember 1928 befand ich mich auf der Reise nach Antwerpen . In Köln traf ich im Augabteil einen großen, stattlichen, freundlich aussehenden
Herrn, dessen Gepäck aus einem Reisekoffer und einem B o g�e l t ä f i g mit Kanarienvogel bestand. Da dies auf einer Reise ein ungewohntes Handgepäck ist, fiel mir dieser Herr sofort auf. Er saß still in der Ecke und war mit einem Kreuzworträtsel beschäftigt. Später kamen wir ins Gespräch und ich erfuhr, daß er Kapitän der„Deister" sei und noch einem sechswöchigen Urlaub von Hamburg nach Antwerpen , fünf Tage vor dem Weihnochtsfeste zurück- gerufen sei, um in See zu gehen. Ich merkte, wie schwer os ihm wurde, kurz vor dem Weihnachtssest von den Lieben daheim fort- zu müssen. Er sagte mir auch, daß es ihm bisher nur einmal oergönirt war. Weihnachten daheim zu feiern. Sofort merkte man dem braven Manne, der so oft auf Leben und Tod mit den rauhen Elementen kämpfen mußte, an. daß ein seiner zarter Kern in chm steckt. Denn mit welcher Liebe er sich des kleinen Kanarienvogels während der Reise annahm, war rührend. Sein Blick war ständig auf den kleinen Käsig gerichtet. Er war besorgt, daß Zugluft entstehen könnt«, wenn die Tür geöffnet wurde. Und plötzlich stellte er den Käfig auf den kleinen Fenstertisch, öffnete die Tür. und das Vögelchen kam zutraulich auf seinen Finger gehüpft. So hielt er. eine ganze Weile Zwiesprache mit seinem Talisman, wie er ihn nannte. Er erzählte mir. daß dieser kleine Freund sein ständiger Begleiter sei, er nimmt ihn auf jeder Seereise mit, fährt mit ihm nach. Bremen , von dort nach Hamburg zur Familie und dann wieder zurück noch Antwerpen , und von dort mit seinein lieben kleinen Freund in See und in den Tod! Nie werde ich diesen lieben Menschen vergessen, der jetzt mit der ganzen Besatzung seines Schiffes und dem kleinen Kanarienvogel auf dem Meeresgrund« ruist. Karl Kneilel, Berlin -Schöneiche .
Strafanträge gegen Immertreu. Gefängnis gegen 5 Angeklagte.
Eine bös« Überraschung wurde dem Verteidiger der„Immer- treu"-Leute. Rechtsainwolt Dr. Frey, am Schluß der gestrigen Sitzung zuteil. Als er seine Sachen aus dem kleinen Anwalts- zimmer, das sich hinter der Anklagebank des Schwurgerichtssaales befindet, herausholen wollte, war sein wertvoller Sealpelz ver- sch wunden. An Stelle dessen war ein schäbiger, abge- tragener Pelz mit einem abgenutzten unechten Kragen zurück- geblieben. Offenbar haben sich Ganoven, die begreiflicherweise großes Interesse an den Gang der Verhandlung hatten und die auch unter der Zuhörerschaft stark vertreten waren, die Gelegenheit zunutze gemacht. Zu Beginn der heutigen Sitzung, die Amtsgerichisrat Sporter kurz noch 10 Uhr eröffnet«, wurden noch die letzten vier Zeugen vernommen. Der Händler Hede, der zunächst auch in Hast genom- men worden war, jetzt ober außer Verfolgung gesetzt ist, bekundete, daß er in das Zunftlokal kam, um dort Aale„austrudeln" zu lassen. In seiner Begleitung war ein Kellner, der gestern schon ver- nommen wurde und der Mitglied des Vereins„Felsenfest" ist. Kaum hatte Hede sein Glas Bier in die Hand genommen,-1s eine Schlägerei im Gang« war, ohne daß er wußte, was vor sich ging. Er bekam von einem Zimmermann einen Hieb mit einem Beil vor die Stirn und wurde dann auch mit einem Stuhlbern bearbeitet, so daß er halb benommen hinaustaumelte. Er hat 14 Tage im Krankenhaus gelegen. Die Spuren der Wunden sind heule noch am Kopfe zu sehen. Sein« Mütze wurde von dem Beilhieb durchschlagen. „Ich hätte an der Hälft« Keil« genug gehabt." Eine weitere Zeugin beobachtet« in der Bresiauer Straß« um 11 Uhr, also bei der ersten Schlägerei, daß ein Mann von einer Anzahl von Zimmerleulen verfolgt und niedergeschlagen wurde. Aus einen Pfiff ver- schwanden die Zimmerleut«. Die Zeugin half dem Mann«, der nicht aufftehen konnte, auf die Bein«. Plötzlich nahten wieder Zimmer- leut« und es ertönte der Ruf:„Wo sind die Hunde, schlagt sie tot!" Die Zeugin versteckte den Mann hinter sich. Als dann Bierseidel aus dem Lokal flogen, sei sie weggelaufen und sie wisse nicht, wo der Mann geblieben sei. Die Zeugin erkennt den.Angeklagten Los als diesen wieder. Amtsgerichtsrat Sponer schloß darauf die Beweis- aufnahm« und erteilte dem Staatsanwalt das Wort zur Ber- tretung der Anklage. Das Plädoyer des Staatsanwalts. Bei Beginn meiner Ausführungen kann ich nicht unterlassen, die Schmierigkeiten der Stellung der Staatsanwalischaft zu unterstreichen. Sie war in der schweren Lay«, sich zu entscheiden, gegen wen sie vor- gehen mußte. Die Oeffentlichkeit hatte mit Empörung von den Vor- gängen am Schlefischen Bahnhof Kenntnis genommen und sie ver- langt mit vollem Recht vollkommene Austlärung. Die Staatsanwaltschaft mußte auf diese Stimme hören. Sie kann ihre Aufgabe nicht erfüllen, werni sie nicht getragen wurde von der öffentlichen Meinung. Wir haben hier im Saal« alles getan, um Ausklärung zu schaffen über das, was geschehen ist. Die Ereignisse am Schlefischen Bahnhof hatten ein Vorspiel am Abend vorher im Klosterkeller. Dort war der Zimmergeselle Schulnies, damals noch ein 17jähriger Mann, und hatte offenbar heftig dem Alkohol zugesprochen. Ich verkenne nicht, daß sein Verhalten nicht so war, wie es sein sollre. Er skan- datierte und randalierte. Er ist den Gästen, den Herren vom Berein „Norden" schwer auf die Nerven gefallen. Die aber haben in ihrer Art mit Tätlichkeiten geantwortet. Schulnies flüchrete. Es gelang ihm aber nicht, zu entkommen. Er wurde gepackt, festgehalten und geschlagen. Er hat in seiner Angst zum Messer gegriffen. Die Folgen waren nicht unerhebliche. Nicht nur der jetzt leider verstorbene Malchin ist ein Opfer der Vorfälle geworden, auch die Gegenseite hat ein Todesopfer zu be- klagen, und wenn wir den verstorbenen Sorge hinzurechnen, sind es sogar zwei Opfer, die in Anknüpfung an die Vorgänge im „Älosterkeller" zu beklagen sind. Dieses Lorspiel gab den Anlaß zu der S t r a f ex p e d i t i o n von„Immert reu". Ich stehe nicht auf dem Standpunkt, daß es nur darauf ankam, die Person des Messerstechers festzustellen und den Schadenersatz zu erlangen. Der Zeuge Bach, der sich mit den Leuten vom Berein„Norden" auf den Weg machte, um Schulnies zu ermitteln, hat aus der Schule ge- plaudert, indem er von einer Interessengemeinschaft sprach. Die Herren von„Immertreu" wollten sich nicht nur darauf beschränken, die Persönlichkeit festzustellen, um Schadenersatz zu erlangen. Auch hier hat der„Älosterkeller"«Wirt Bach aus der Schule geplaudert. Er sprach von einer Wurteilung, also einem Standgericht. Die Herren von„Immertreu" taten in dem Zunftlokal zunächst sehr freundlich, um den Täter zu ermitteln Man hat ihn dann umringt und niedergeschlagen. Wer ihn geschlagen hat, steht nicht ohne weiteres fest. Draußen standen die Leute, die das weiter« Straf- gericht an ihm vollzogen. Nicht lange danach wurde er blutüber-
strömt wieder hereingetragen. Aber die Znnmergesellen sind nicht die Männer, die sich ohne weiteres gefallen lassen, daß einer der ihren derart behandelt wird. Sie gingen in die Verteidigung über und so kam es zur ersten Schlägerei. Die Zimmerleute hatten die Oberhand und„Immertreu" mußte abziehen. Aber sie ließen es nicht an Drohungen fehlen.„Die erste Wucht bekamen wir, die zweite bekommt ihr, bald sind 199 Leute hier und dann sollt ihr mal sehen!" Mit diesen Redensarten zogen die„Jmmertreu"-Leule ab. Auch der verwundete Las schwor Rache. Den Augenblick, als die Maurer nicht ins Lokal tonnten, benutzten die„Immertreu"- Leute und stürzten sich aus den Rauhutschen Lokal auf sie. Ein Wüten begann dort, bei dem vier Maurerleute nach kurzer Zeit blutüberströmt am Boden lagen; einer starb bald nach seiner Ein- lieferung ms Kronkenhaus. Wo waren die Schuldigen zu suchen? Auf feiten der ,�mmertreu"-Anhänger oder auf seiten der Zunftleute? Es konnte kein Zweifel fein, daß die Angreifer am 29. Dezember, abends, die„Immertreu". Leute waren, lind daß die Zunftleute lediglich Verteidiger waren und sich zur Wehr setzen mußten vor dem Wüten und schwerer Angriffen der anderen. Wir haben jetzt 29 Gestalten der Zunftleute in der Verhandlung gesehen. Sie gehen in Berlin in ihrer kleidsamen Tracht: ihr Wesen mag kalt sein, aber es liegt an ihrem Beruf, auf den sie stolz und dessen„Kluft" sie mit Stolz tragen. Jeder wird hier den Eindruck gewonnen hoben, daß diese jungen Menschen, außer Schulnies, der einen etwas anderen Eindruck macht, vorzüglich ge- wirkt haben. Ich habe bedauert, daß sie hier in«in mörderisches Kreuzverhör genommen wurden. Einige haben nicht standgehalten, man darf keinen Stein aus sie werfen: ober andere haben es getan, und zwar so, daß keiner einen Zweifel an der Richtigkeit ihrer Be- kundungen haben kann. Run zu den„Immertreu"- Leuten. Die sind doch aus ganz anderem Holze geschnitzt. Es sind die Leute in„Schmocking", in Zylinderhut und Pelz. Der Kommissar Bern- dorff hat sie richtig eingruppiert. Die ,Lmmertreu"-Leute, die wir heute auf der Anklagebank haben, gehören nun mal einer anderen Schicht an. Das zeigen auch ihre Strafregffterauszügc. Und wenn hier der erst« und der zweite Vorsitzende von „Immertreu" ein Loblied aus die Ziele ihres Vereins gesungen haben, muß jeder von uns gelächelt haben. Das mag in ihren Satzungen stehen, dos eigentliche Wesen ihres Vereins werden sie uns hier nicht verraten. Der Berein wurde hier als einer zur Besse- rung entlassener Strafgefangener oder zur Abhaltung feierlicher Be- gräbnisse geschildert; das ist ja einfach lächerlich. Mit diesen Schilde- rungen können die Leute keinen Eindruck machen. Als einen idealen Berein, wie es Rechtsanwalt Alsberg tut, kann ich ihn wirklich nicht bezeichnen. Meiner Ansicht nach ver stößt er gegen die Zwecke des Strafgesetzes. Wenn ich die Wahl hätte zwischen„Immcrtreu" und der Zunft, dann würde ich mich wirklich den braven Handwerkern anschließen. Wenn man so berücksichtigt, was vorgefallen war und welche Parteien eine Rolle spielten, so mußte die Entscheidung gegen„Immertreu" fallen. Am Schluß seiner Ausführungen betantragte der Staats- anmalt: Gegen Leib wegen schweren Landsriedensbruchs und Raushandel» unter Berücksichtigung seiner Vorstrafen 1 Zahr 6 Monate Gefängnis und 5 Jahre Ehroerlust, wegen einfachen Landsriedensbruchs gegen v i e l r z a k und Las je 6 Monate, gegen Franke S Monate, gegen Schulz 4 Monate Gefängnis und gegen den unbestraften höhne, dessen Zugend hier berücksichtigt werden muß. 4 Wochen Gefängnis. Nach diesen Ausführungen de- Staatsanwalts wurde eine Mit- tagspause bis?41 Uhr eingelegt.
Kaiholifches Kino in Berlin . Ka'hoiifche Aktion auf der Filmleinewand. Die katholische Delegatur läßt zurzeit in der Nieder- wallstraße ein Kino für 3K9 Personen erbauen, um dort katholische„Kulturfilme" aufführen zu lassen. Die Bestrebungen katholischer Kreise, ein Kinotheater für Auf- klärungsfilme in ihrem Sinne zu schaffen, geht schon bis in die Bortricgszeit zurück. Damals wurde das spätere Ufa-Theater am Nollendorsplatz von einem italienischen Unternehmer errichtet, hinter dem der Vatikan storch. Bei Ausbruch des Krieges mußte dann das Theater verkauft werden und ging schließlich in den Besitz der Hugenbergschen Ufa über. Jetzt will die katholische Kirche ihr alles Projetzt zu Ende führen und ein Aufklärungskino in ihrer Art schaffen. Der Berliner hat also in Zukunft die Wahl zwischen Hugenbergscher oder päpstlicher Aufkläruirg durch deu Film.