Nr. 65 46. Jahrgang
2. Beilage des VorwärtsFebruar 1929
Altes Preußen und neue Polizei.
Historisches und Aktuelles im Landtag.
Der Landtag fetzte am Donnerstag die Debatte, über den Etat! des Ministeriums des Innern fort.
Abg. Haas- Köln( Soz.):
Die beiden deutschnationalen Redner haben dem neuen Preußen das alte Preußen als Musterbeispiel entgegengestellt. Das hat mich vom Grafen Garnier nicht gewundert. Denn wenn er auch nach dem gräflichen Taschenbuch sein Geschlecht bis auf 1650 zurückverfolgen kann, so doch nur in Frankreich , aus dem er stammt; auch das eingewanderte Junkertum hat das alte Preußen als seinen Staat angesehen.( Sehr gut! bei den S03.) Der zweite deutschnationale Redner Lindner bezeichnet sich im Handbuch als Vorsitzender eines Arbeiterbundes, und da ist die Lobrede auf das alte Preußen schon wesentlich merkwürdiger Er hat sich über Festessen und Festtrinken ausgelassen. Die Frage, wer am meisten trinkt, die alten oder die neuen Beamten, oder wer am ersten besoffen iſt, Deutschnationale oder Kommunisten oder Sozial demokraten ist wirklich kein Gegenstand der Parlamentserörterung. Um des lieben Friedens willen will ich der Rechten zugeben, daß sie Leute hat, die uns rein erziehungsgemäß im Trinken weit übertreffen.( Heiterfeit und Sehr gut! bei den Soz.)
Zur Charakterisierung des alten Preußens brauchte ich eigent lich nur an das Dreiflassenwahlrecht zu erinnern. Vor dem Umsturz saßen hier 157 Landwirte und Großgrundbefizer, 130 Beamte und 2 Arbeiter. Die Arbeiterklasse war von der Gesezgebung ausgeschlossen, und wenn wir daran denken, was in den Wahlrechtsdebatten, in den Auseinandersetzungen über Koalitionsfreiheit und Freizügigkeit im alten Landtag gesagt wurde, dann follte für einen Arbeitervertreter doch da kein Blaß sein, wo man dieses alte Preußen noch lobt( Sehr gut! bei den Soz.) So hat 1905 Dr. Don Burgsdorff hier im Landtag erklärt, die Arbeitslosenversicherung sei geradezu unmoralisch wegen der angeborenen menschlichen Faulheit.( Hört, hört! Zuruf: Das war die angeborene Junkerfrechheit!) Freiherr von 3edlig hat 1906 darauf hier festgestellt, daß im Kampf gegen die übertriebene Sozialpolitik Preußen im Reich vorangehe. 1889 mußte der Minister Don Boetticher von der Tribüne dieses Hauses feststellen, daß
unzählige Landwirte sich weigerten, ihren Arbeitern am Sonntag etwas zu essen zu geben, weil sie an diesem Tage nicht arbeiteten.
( Hört, hört! bei den So3.) Herr Lindner hat vorbeugend behauptet, die Deutschnationale Partei sei eine junge Partei ohne Tra dition.( Große Heiterkeit.) Aber die Herren Grafen von Garnier, von Gersdorff, von Kries, von Mirbach, von Plehwe, von Rohr, von Stünzner, von Waldthausen und von Winterfeldt haben eine Bergangenheit und können nicht verleugnen, was die Konservativen vor dem Krieg hier im Hause getan haben.( Lebhafte Zustimmung links.) Die Deutschnationalen haben nach den Leistungen der Republik gefragt. Wir leiden schwer unter den Folgen des Krieges. Uber immerhin, fehen Sie sich bitte Koalitionsrecht, Arbeitslojen versicherung, Betriebsräteordnung und Schlichtungsverfahren im alten Breußen und heute an! Wie wurden früher die armen Men schen erniedrigt, die sich die paar Pfennige Armenunter. tübung abholten? Ihr Wahlrecht verloren sie dabei noch oben drein.( Sehr wahr!) Bei der Stellenbesetzung soll heute angeblich
das Parteibuch entscheiden. Aber
Wir haben den Vergleich zwischen dem alten und dem neuen Preußen gern zum Gegenstand der Auseinandersetzungen gemacht. Wer so gearbeitet hat, wie die Republikaner in der Nachrevolutions: zeit, dem gehört die Zukunft, dem folgt das Volk!( Lebhafter Beifall bei den Soz.)
Nach einer längeren Reihe Redner erschöpft sich die Debatte. Es folgt die allgemeine Aussprache über Polizeifragen.
Abg. Marchwald( Soz.):
Die Wut der Deutschnationalen im Hauptausschuß hat mir bewiesen, daß mit der notwendigen Aufräumungsarbeit in der Polizei ezt wenigstens ein Anfang gemacht ist.( Sehr gut! bei den Soz.) Ich darf auch mit Genugtuung feststellen, daß in jedem Fall von Mißhandlung oder Beschimpfung von Polizeiwachtmeistern der Minister rücksichtslos durchgegriffen hat.( Widerspruch bei foalitionsmäßigen Bindungen die Regierung verteidigt, wo sie den Komm.) Ich wäre der letzte Sozialdemokrat, der wegen der Fehler macht. Aber ich habe mich tatsächlich in jedem einzelnen Fall aus den Aften überzeugt, daß Vorwürfe in dieser Beziehung gegen den Minister völlig ungerechtfertigt find.( Lebhafter Beifall bei den Soz.) Ebenso habe ich festgestellt, daß der Berliner Polizeifommandeur, der verdiente Oberst Heimannsberg , nirgends die Koalitionsfreiheit der Offiziere zugunsten des Schrader Verbandes eingeschränkt hat; er verhandelt fachlich und höflich ebenso mit den Beamten wie mit den Offiziersverbänden. Die von den Deutsch nationalen geforderte Ausnahmebehandlung des Rotfrontkämpferbundes hat der deutschnationale Minister von Keudell ja schon un= möglich gemacht, als er den Rotfrontkämpferbund zu seinem Triumph vor dem Staatsgerichtshof verholfen hat. Es ist aber der
Stahlhelm genau so staatsfeindlich wie Rotfront, und ich halte es für eine wahnsinnige Zumutung an die Republit, die Waffen der Republik den Leuten anzuvertrauen, die den Stahlhelmhaß gegen die Republif in ihrem Herzen hegen.
( Lebhafter Beifall links.) Wenn im alten Preußen Herrn Schrader fein Geselligkeitsverein der Polizeibeamten verboten wurde, trotzdem er die Sigungen mit Ergebenheitsfundgebungen für den Kaiser begann, dann braucht die Republik nicht soweit zu gehen, daß sie ihren geschworenen einden die Waffen in die Hand legt, mit denen sie die Republik stürzen wollen. Ich würde mich deshalb sehr freuen, wenn die Entrüstung der Deutschnationalen über den Innenminister bis zur nächsten Etatberatung sich noch sehr steigern würde.
Die Wirtschaftssorgen der Polizeibeamten fönnen ohne Gold nicht behoben werden. Wenn die bürgerlichen Parteien sich gegen ernste Besitzsteuern sträuben, helfen fie den Polizeibeamten auch mit den schönsten Resolutionen nicht. Aber schon mit den vorhandenen Mitteln könnte man
die Kriminalbeamten beffer stellen und an den Pferden für die Reifturniere sparen.
8.
Personalpolitif im AA.
Die hochgeborenen Herren werden bevorzugt.
In der Donnerstagsigung des Ausschusses für den Reichshaushalt wurde die Beratung des Personaletats des Aus: wärtigen Amtes für 1928 und 1929 begonnen. Dr. Strefe= mann hatte gebeten, sein Ausbleiben wegen sehr dringender Geschäfte zu entschuldigen. Referenten für den Etat sind die Abgeord neten Dr. Hoesch( Dnat.) und Genosse Dr. Breitscheid. Beide brachten in eingehenden Darlegungen eine Reihe von Einzelfragen zur Sprache. Es wurde u. a. betont, daß das Netz des diplomatisch- konsularischen Dienstes reichlich groß sei. Wenn auch einzelne Stellen nicht ausreichend beschäftigt seien, wären auf der anderen Seite eine Reihe unserer Auslandsvertretungen völlig überlastet, und zwar gerade an den wichtigsten Knotenpunkten des Welthandels. Die Vertretungen würden gewissermaßen als Agenten der Wirtschaft betrachtet. Es sei zu überlegen, ob diese Beamten nicht wieder mehr auf ihr eigentliches Tätigkeitsgebiet zu beschränken feien. Mit großer Schärfe wandte sich Dr. Hoeßsch gegen den Sammeltitel von 21% Millionen Mart, aus dem die 836 Stellen
Nach seiner Meinung sei die Zeit gekommen, wieder auf die Ordnung unserer Gesandtschaften, Vertretungen und Konsulate bezahlt würden. von 1913 zurückzukehren. Er würde beantragen, bis das Auswärtige Amt ein flares übersichtliches Bild wie 1913 über die Auslandsvertretungen vorlegen könne, bei jedem einzelnen Posten die etatsrechtliche Prüfung vorzunehmen, um auf das Auswärtige Amt den entsprechenden Druck auszuüben. Die Genehmigung der Zahlungen durch den Reichsfinanzminister genüge ihm nicht; er verlange die gleichberechtigte Mitwirkung des Ausihm nicht; er verlange die gleichberechtigte Mitwirkung des Ausschusses für den Reichshaushalt.
In der Besprechung brachte der demokratische Abgeordnete Bernhard die Art und Weise zur Sprache, wie die Ersparnis Don 600 000 Mart, die der Reichstag im vorigen Jahre beim Auslandsdienst beschlossen habe, durchgeführt worden sei. Man habe Kürzungen in erster Linie bei den jüngeren Legationsräten vorgenommen, und so ist es 3. B. mitunter gefommen, daß zur gleichen Zeit, als der Legationssekretär féin verfürztes Gehalt ausgezahlt betam, der Gesandte ein er höhtes erhielt. Für die Arbeit der mittleren Auslandsbeamten scheine ihm im Auswärtigen Amt nicht das nötige Verständnis z11 herrschen. Anerkennung fände doch nur die Arbeit der hohen Beamten.
Bei der Zulassung zum Auswärtigen Dienst müsse natürlich die Tüchtigteit und Eignung die erste Rolle spielen, man müsse aber unter allen Umständen verlangen, daß jeder dieser Anwärter den heutigen Staat energisch und freudig bejahe. Es fei aber merkwürdig und nicht zu bestreiten, daß gewisse reife schneller und besser Beförderung erlangten, als Beamte, die etwa den Demokraten oder selbst der Boltspartei zugehörten, die einen avancierten bei den Botschaften und Gesandtschaften, die übrigen würden dauernd in den Konsulaten herumgeschoben. Warum läßt. man die hochgeborenen Herren nicht einmal ein paar Jahre im Konsulatsdienst wirtschaftliche Dinge lernen? Ein ihm genau betannter Weltreisender habe ihm neulich erzählt, daß im Deutschen Hause in Batavia über einer 3 ammertür die Inschrift stehe: Nur für Korpsstudenten. Ganz besonders müßte man sich einmal die Herren Honorartonfuln ansehen, die zwar den Titel von der Republik nehmen und damit gute Geschafte machten, aber gar nicht Derhehlen, daß fie die deutsche Republif verachten und befämpfen. Abg. Dr. Schreiber( 3tr.) wies darauf hin, daß das Auswärtige Amt vor dem Kriege 19 Millionen gekostet habe, heute 67. Er bemängelt die Ungleichheit der Kosten der einzelnen Auslandsstellen und die zum Teil außerordentlichen Erhöhungen. Die Auffassung Sprachanforderungen an diese Beamten feien so große, daß das Bedes Abg. Bernhard bezüglich der Attachés teile er vollkommen. Die stehen der Prüfungen schließlich davon abhänge, ob der Betreffende in der Kindheit eine französische oder englische Bonne gehabt habe. Er werde die Durchprüfung der Auslandsorganisation und der Auslandsbezüge durch den Sparkommissar beantragen. Die Beratung soll morgen fortgesetzt werden.
Schließlich leitet die Polizeiobteilung ein Minifteriafdirettor und fein Zirkusdirektor.( Große Heiterfeit.) Wir treiben feine Hezze gegen die Polizeioffiziere; wir haben unter ihnen sehr viele gute Freunde. Die Bolizeioffiziere; wir haben unter ihnen er sie lateren dit überflüffig; manches könnte auch an der Bewaffnung gespart werden, 3. B. an den unzweckmäßigen Hirsch fängern, und den Polizeibeamten anderweit zugute fommen. Man soll die Polizeibeamten auch nicht triezen, te uere Billetts zu Wohltätigkeitsveranstal: tungen zu kaufen, die man den Kommandeuren unentgelt lich zusendet. Die Schutzpolizeibeamten sind auch keine Tanzhusaren. Was soll da ein Kommandobefehl in Berlin von An fang November, wonach der Vaterländische Frauenverein im Hotel Esplanade einen Wohltätigkeitsball veranstaltet und junge, tanzfreudige Offiziere" zur Teilnahme der Gruppe zu melden find?! ( Große Heiterkeit.) Erfreulicherweise regt sich in den Polizeibeamten der Widerstand gegen derartige Mißbräuche. Wir danken Den besten Auftakt zur Verwaltungsreform hat die Auflösung den Beamtengewerkschaften, daß sie die Beamten zum Selbstbewußtdeshalb benutze man Ex epäng". Gibt grauen Haaren die Jugendder Gutsbezirke gebildet, die 30 Proz. der Fläche Preußen sjein, erziehen und sind überzeugt, daß die so erzogenen Beamten mit farbe weder. Färbt nach und nach. Vollständig unschädlich. Seit 30 Jahren einnahmen. Von den neuen Kommunalgesehen wünschen wir den den Arbeitern gegen den Kapitalismus fämpfen Weltruf. Von tausenden Aerzten, Professoren usw gebraucht und empfohlen. Preis M. 7,-. Für schwarze Haare„ Extra stark" M. 12. Erhältl ch in Gemeinden vor allem die wirtschaftliche Freiheit zu er- werden.( Lebhafter Beifall bei den Soz.) Parfümerien, Friseurgeschäften, Drogerien usw., wo nicht, zu haben halten, die der Kern der Selbstverwaltung ist. Beiterberatung Freitag 11 Uhr. Parfümeriefabrik Exlepäng", Berlin SO. 90, Muskauer Straße 9.
von 414 Candräten in Preußen find jeht ganze 54 Sozialdemokraten. Die Arbeiter im Bande werfen mit Recht der Regierung vor, daß fie noch lange nicht genug tut, um den früher entrechteten Arbeitern bei der Besetzung der politischen Stellen zu ihrem Recht zu verhelfen( Lebhafte Zustimmung bei den S03.) Im alten Preußen fonnte ein Sozialdemokrat nicht einmal Nachtwächter sein. 1907 ist hier im Hause noch festgestellt worden, daß organisierte Bauarbeiter nicht einmal aushilfsweise in den staatlichen Forsten beschäftigt wurden( Hört. hört! bei den Soz.)
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