Sozialer Ausgleich.
�Giehstewoll, wenn sich die Menschen nur entschließe« könnten, a' bißche« plötzlicher zu sterben, dann wär'S mit Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit halb so schlimm!' Entlarvte Agrardemagogie. Or. Heim gegen die bayerischen Vauernkanuneru.
' Die bayerischen Bauerntammern haben kürzlich in offe- ner Form für«men Lieferstreit der Landwirte Stimmung gemacht. Auf einer Tagung der Landesbauerntammer. die in diesen Tagen in München stattfand, wurde eine Ent- schließung angenommen, die sich gleichfalls zu diesem Stand- puntt bekennt. Der Bauerndoktor Heim, der gegen die jüngste Kund- gebung der bayerischen Bauernkammern schon einmal zur Feder gegriffen hatte, nimmt nunmehr im„Bayerischen Kurier iwch einmal das Wort. Unter der Ueberschrift: .Lum Schaden Bayerns und seiner Land- Wirtschaft" macht er die große Rechnung auf über die unoeramworlliche Demonstration dar Bauerntammern. „Fest steht— so sogt Dr. Heim—, doh die Kundgebung der bayerischen Bauernkammcrn sehr viel Geld gekostet hat, das die Bauern aus Steuermitteln aufbringen müssen: denn die Vertreter der Bauernkammern reisen sast alle aus Regiments- Unkosten. Im Jahr« 1826/27 kostete diese Einrichtung, die durch Umlagen aufgebracht wird, dem Bauernstand 2 848 718 M. und heute ist die dritte Million schon überschritten. Wozu Bezirk»- und Kreisbauernkammern? Kein Mensch weih, wozu sie da sinb Auch die Landesbauernkammer ist nicht dos geworden, was ihr seinerzeit zugedacht war. Schließlich sei hier noch bemerkt, daß selbst zuständige Organe nicht wissen, wer diese Tagung veranstaltet hat. Sicher ist ferner, daß diese Tagung mit einer schweren Schädigung des Bauernstandes endet«. Di« Ziisatzresolution droht mit Einstellung der landwirt - schafllichen Arbeiten. Diese Drohung ist wirkungslos
und ihre Durchführung wäre ein schwerer Schaden für die Land» Wirtschaft. Den anderen Tag sind die Grenzen offen. Man darf keine Drohungen aussprechen, wenn man weib, sie werden nie eingelöst und können nicht eingelöst werden, well man dadurch der Landwirtschaft den schlechtesten Dienst erweist. Außer- dem steht«in« unendliche Blamage für Bayern und den bayerischen Bauernstand vor der Oeffentlichkeit. Bor mir liegt«ine ganze Reche von Zeitungsberichten aus dein übrigen Deutschland . Inhaltsangabe: Bajuwarische BauernschÜdel. Hinterwäldler Bauern, Bajuwarische Hirnrlssigkeiten, genagelte Schuhe und vernagelle Köpf«, Bajuwarische, nicht mehr zu über» bietende Dummheiten..... In der ganzen Versammlung und von sämtlichen Anwesenden halle keiner den Mut, diesem Blödsinn entgegen- zutreten, weder der Minister, noch der Borsttzend«, und der Schlußesfell ist: Schaden für die Landwirtschaft und Bayern lächer- lich vor der ganzen Welt. Eine der größten Blamagen, die je erlebt wurde!" Das sind Ausführungen, die sich die bayerischen Bauern- kammern hinter den Spiegel stecken können. Dr. Helm rückt hier in geradezu aufsehenerregender Weise von ihnen ab. Besondere Beachtung verdienen seine Angaben über die Unkosten, die die Kammern verursachen. Sie stellen«ine Parodie auf die angebliche Rot der landwirtschaftlichen Bc- triebe dar. Hoffentlich öffnen die Ausführungen Dr. Heims den maßgebenden Kreisen, insbesondere aber den Landwirten. endlich die Augen.
Gegen Goiieslästerungsparagraphen. Genosse Laadsberg begründet den sozialdemotratifchea Gtreichvngsantrag. In der gestrigen Sitzung des Sllafgesetzausschusses verteidigt« Abg. Dr. Laudsberg(Eoz.) den sozialdemokratischen Antrag auf Streichung des Gotteslästerungsparagraphen: Dieser Antrag habe mit der Trennung von Kirche und Staat nichts zu tun. werde sie doch auch in konfessionellen Kreisen an- gestrebt, und manche Gläubigen seien der Ansicht, daß die Befreiung van Staat und Kirch« diese nur heben könne. Der Streichung»- antrag habe auch nichts mit der Gewissensfreiheit zu tun. die nie- mals das Recht zu grobbeschimpsenden Aeußerungen geben könne. Die soz ia ld em o kr o t i s ch c Fr a kt i o n sei gegen den Gotteslästerungsparagraphen nicht au» R«li> gionsfelndlichkeit. Das sei die sozialdemokratische Fraktion niemals gewesen. Auch ohne Glauben an einen persönlichen Göll sei man ein religiöser Mensch, wenn man sich mit dem Gedanken beschäftige, daß unser Leben zwischen zwei große Wunder, dem der Geburt und dem des Todes, eingebellet sei. Schon Goethe habe gesagt:„Das Erforschliche erforschen und sich vor dem Unerforsch- lichen in Ehrfurcht neigen, das sei doch gewiß ein religiöses Wort." Wenn jemand die religiös« Ausfassung grob beschimpfe, so könne das demjenigen, der diese Auffassung vertrete, nichts antun, denn Schmutz könne an die wirklich religiös« Auffassung eines Menschen nicht herankommen. Wenn das Zentrum sage, nicht Gott, sondern das Religionsgejühl solle geschützt werden, so sei dem entgegen- zuHallen, daß auch andere Gefühl«, die vielen heilig seien, nicht st rafrechtlichgeschütztwerden. Man denke an die rohe Beschimpfung der Ehe. die man nicht sellen in der Oeffentlichkeit hören lönne. Eine Mischehe sei nach der Auffasiung van Zeloten ein Konkubinat. Sogar eine nur standesamtlich ein- gegangene Eh« werde von vielen Eiferern dem Konkubinat gleich- gestellt. In der Oessenilichkell sei schon oft das Institut der Ehe beschimpft worden. Ebensowenig bedürfe das religiöse Gefühl eines besonderen Schutzes. Viele Eiferer sollten sich im össenllichon Leben mehr zurückhalten. Das lönne der Religion nur zugutetammen. Erst die Abwehr solcher Eiferer führe zu Aeußerungen. die auch aus das Amt bezogen werden könnten, das der Eiferer bekleide. In helligen Schriften gebe e» kein schöneres Wort als dos:„Segnet. die euch fluchen!" Der jetzigen Rechtsprechung über den Gollesiästerungs- Paragraphen müsse ein End« gemacht werden. Die sozialdemokra- tische Fraktion halte den Golleslästerungsparagraphen für überflüssig und gefährlich und beantrage deshalb sein« Streichung. Abg. Sktdlhnumn erklärte sich als Theologieprosessor für den den Paragraphen. Abg. Miller(Komm.) begründet« einen kommunistischen Antrag. Er kritisierte kirchliche, namentlich katholische Gebräuche, wi« Pro- Zessionen, Gebete usw. Die Ausführungen riefen Heiterteil hervor und Borsitzender Sohl sah sich veranlaßt, ihn wiederHoll zur Sache zu rufen. Als Miller im selben Sinne weitersprach, entzog der Vorsitzende ihm das Wort. Abg. Megmaan(Z.) trat für die Aufrechterhaltung des Gottes- Msterungsparagraphen ein. indem er darlegte, daß der Staat und fein Vertreter strafrechtlich geschützt seien. Da müßten auch die Religionsgesellschaften geschützt werden. Alsdann vertagte sich der Ausschuß auf den 18. Februar.
Bayerische Elektropolitit. Der Staat wird die unbedingte Herrschast über die Krast- werke behaupten. Müncheu, 8. Februar.(Eigenbericht.) Im Zusammenhang mit der Erhöhung des AUientapllals der Bayerischen Großkraftwerke um 38 Millionen Reichsmart machte der Innen- und Finanzminister im Landtag über die Elektro- Politik des Bayerischen Staates bemerkenswerte Mit- > eilungen. Die grundsätzlich- Hallung der bayerischen Rcgienmg geht von der Tatsache aus, daß die„weiße Kohle" das wertvollste Attioum des Bayerischen Staates ist, da mehr als die Hälfte aller in Deutschland vorhandenen und ausbaufähigen Wasserkraftwerke in Bayern liegen. Die bayerische Regierung steht deshalb auf dem Standpunkt, daß der Staat grundsätzlich die un- bedingt« Herrschaft über die elektrischen Kraft- werke behalten muß. Alle Bestrebungen privater Industrie- kreise, vor ollem des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerkes. innerhalb Bayerns Energlewirtschast Fuß zu fasten, werden insolgc- desten unter dem Gestchtspunktc verurtelll. daß eine Konkurrenz mit der Landeselektrizilätsversorgung unter keinen Umständen geduldet werde. Sllle in Bayern anfallenden Energiemengen sollen aus- schließlich durch das Bayernwerk verbreitet werden. Die Ausnützung der bayerischen Wastcrwerk« für die gesamtdeutsche Wirt- schuft wird nur insoweit in Betracht gezogen, als diese mit den Interessen der bayerischen Landeselektrizitätsversorgung vereinbar ist und die Herrschaft des Staates über die Kraftwerke dauernd gesichert bleibt.
Heraus mit der Gesetzlichkeit! Aber die O.ktatur muß bleiben. Die bolschewistische Presse tritt mit einer nichts wenig«? als neuen Losung auf: heraus mit der revolutionären Gesetzlichkeil!" Diese etwas unerwartete Sehnsucht nach der Gesetzlichkeit(was für ein bürgerliches Borurtell!) erklärt sich ganz einfach. Di«„Prawdo" (Rr. 27) muß selbst zugeben, daß„iie revolutionäre Gesetzlichkeit Gebot der wirtschaftlichen Notwendigkeit ist". Insbesondere könne man nicht das Getreiderproblem mit Erfolg lösen, wenn bei dem kleinen Produzenten(d. h. Bauern) keine fest« Gewißheit besteh«, daß die Regierungsverordnungen und Gesetze gehallen und nicht durch die unteren Sowsetorgane übertreten und verletzt werden. Die„Prawda " führt eine Reihe von Einzelfällen als Illustra- tion für ihre Forderung an. So schreibt z. B. ein« Verordnung im Aaluga-Gouvernenrent vor.„binnen Monatsfrist alle Strohdächer abzureißen". Ein« Sowjetoerordnung im Smolenst-Gouoernement ordnet an,. daß„bis zur Bezahlung der Landwirtschafts st euer die Bauern nicht hei> raten dürfen". In Kuprianow-Wolosty ist allen Bürgern über dreißig Jahre verboten, die Teehöuser zu besuchen! Das Leniner Dorfexekutivkomite« hat eine GebührfürdüsEis Ängeführt, das die Lauern aus dem Fluß beschaffen, um ihre El?» teller für den Sommer zu füffen. Pahei nimmt die Zahl de» Beschwerden über die ungesetzlichen Verordnungen und Handlungen der Ortsbehörden von Jahr zu Jahr zu. Die Kaluga -Staatsanwall- schaft hat z. B. im ersten Halbsahr 1828 8839 Beschwerden erhalten (Äer 60 Prag, der Bauern). In 81,7 Proz. oller Fäll« haben sich die Beschwerden als hegründei und richtig erwiesen. Besonder, oft Handell e» sich um Steuerfragen. Die„Prawda" hebt mit Entrüstung hervor, daß in vielen Fällen die ungesetzlichen Der- Ordnungen der unteren Sowjetorgane einen„anekdotischen Charakter*
tragen und eine„unerträgliche Einmischung in das Privatleben" darstellen. Der Kampf um die„revolutionäre Gesetzlichkeit" wird aber laut „Prawda" durch das schlechte Menschenmaterlol in den unteren Sowjet- und Parteiorganen ungemein erschwert. Viele Dorskommu- nisten haben sich in.Kulaken " oerwondell. Ein Teil der Sowjet- arbeite?„ist mit den kapitalistischen Elementen des flachen Landes verwachsen". Der technische Sowsetapparat im Dorfe ist„mit fremden, mitunter sogar feindlichen Elementen verstopft" usw. Die Bauern scheinen keinen Unterschied zwischen der zaristischen und der sowjetistischen Gesetzlichkeit zu sehen. Sie fordern tatsächliche Gesetz. lichkeit, ohne die kein gesundes Wirtschaftsleben zu gedeihen vermag. Aber die„Prawda" begnügt sich damit, daß sie den Sllndenbock nur unter den Dorskommunlsten und unteren Sowjetbeamtcn sucht. Sie scheint die einfache Wahrheit zu vergessen, daß Gesetzlichtelt und Diktatur ebenso unvereinbar sind wie Feuer»nd Wasser.
Massenkampf im Sowjetstaat. Kleinbauern-werden erschlagen. Moskau . 7. Februar.(Ost-Expreß.) Aus allen Teilen der Sowjetunion treffen Meldungen über Mordtaten. Brandstiftungen u. dergl. ein. die in der Wahlkampagne von den Großbauern u. dergl. ein. die in der freu�iliche Dorfbewohner verübt werden. Besonders haben es die Großbauern auf die Kollektivwirtschaften ärmerer Bauern abgesehen, die in vielen Gegenden des Sowjetstaates Brandstiitungen zum Opfer fallen. Am schärfsten wütet der Kampf zwischen den Großbauern und den ärmeren Bauernschichten imWolgagebiet und w den mittelasiatischen Republilen, wo der Föderalismus noch auf vielen Gebieten herrscht.
Kriegsschauplatz Bombay. 67 Tote, 1600 Verwundete! Coodon, 8. Februar.(Eigenbericht.) Di« Kämpf« zwischen Hindus und Mohammedanern in Bombay dauerten auch am Freitag an. wober zwei Hindus getötet und 20 Personen verletzt wurden. Di« Gesamtzahl der in dielen Straßenkämpsen tödlich verlegten Perjonen ist 67. während 820 Personen in Spiialbehandlung sind und weitere 800 leichter» Der-
s letzungen erlitten haben. Die Straßen Bombays bieten das Bild des Belagerungszustandes. Ponzerautos mit Maschinen- gewehren besahren ständig die Hauptstraßen und außerdem wird«in regelmäßiger militärischer Patroulllendienst in den Vororten aufrechterhalten.
Bertrauen für Zaleski. Keine außenpolitische Aussprache im Sejm . Warschau , 8. Februar. Im polnischen Sejm sollte heute laut Geschäftsordnung die Einzelaussprache über den 5iaushall des Ministeriums des Aeußeren stattfinden. Der Vorsitzende der außenpolitischen Kommission, Fürst Radziwill , erklärte im Namen sämtlicher Sejmparteien. daß der Sejm auf die Einzelausspracht über den Haushalt des Außen- Ministeriums verzichtet. Dies« Erklärung bedeutet, daß der Sejm In seiner Gesamtheit die gegenwärtige Richtung der polnischen Außenpolitik gutheißt uno dem Außenminister Zaleskt sein Vertrauen ausspricht.
Karl Schurz , der berühmte Deutsch-Amerikaner, soll nach ement Antrag des demokratischen Senators Wagner(New Bork) am 2. März eine Stunde Senatssitzung gewidmet werden. zz der besten mextkauischeu Heeresflieger sind nach Ialiscv. Gucmajuato und Michcocan berufen worden, um die Aufständischen zu bewerfen. tüdslawlen hat die Grenzsperre gegen Bulgarien a u f g e- hoben: sie war nach einer Serie Mordtaten auf südslawisch-maze- don schem Boden durch aus Bulgarien Gekommen«, oerhängt worden. Zu Ctseustadt, der künftigen Hauptstadt de« Burgenlandes. jetzt schon S'tz f>«s Landtags, haben die SoziakdempkriAsn hei der Gk- meindewa'?! ihre knappe Mehrheit verloren. Man hatte nämlich die sozialistischen Wehrmanner aus der Garnison abkommandiert und durch Tbristllchsoziale ersetzt. Die Syldaten haben in DeutschSsterreich da» Wahlrecht. Ein Bombenanschlag in Dunt» betras«rne italiemsch-saschistisckr Zeitung. Di- Bombe war hinter dem Wasserzähler oerborgen. Sluä licherweise sielen der Explosion Menschenleben nicht zum Opfer. Es wurden nur Risi« m den Mauern vcrurstjcht und einige Fensterscheiben zertrümmert.