Tlr. 67* 46. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Sonnabend, S. Februar 4919
jer Reichstag setzt« gestern die erst« Beratung des Arbeits- Schutzgesetzes fort. Ein Antrag der Eoziaidemotraten will die Reichs- regierung ersuchen, baldigst folgende Entwürfe zu unterbreiten: Arbeitsschutzgesetz einschließlich des Lergarbeitsschutzes, Seemanns- ordnung und Einbeziehung der seemännischen Arbeiter in die Arbeits- Gerichtsbarkeit, Berufsausbildungsgesetz, Hausgehiisengesetz, Tarifver- tragsgesetz und Arbeitsvertrag-gesetz. Weitere Anträge zum Arbeitsschutzgesetz haben fast alle Parteien eingebracht. Abg. Rädel(Komm.): Der vorliegend« Entwurf des sozial- demokratischen Arbeitsministers ist noch viel schlechter als der Eni- wurf der früheren Bürgerblockregierung, den der ADKB. als einen fiohn auf den Achtstundentag bezeichnet hat. Arbeitsmtmster Wissell Kt hier als ein Anwalt des Unternehmertums gegen die Arbeiter aufgetreten. Di« Schutzbestimmungen des Gesetzes sind ganz un> -ureichend. Das Washingtoner Abkommen ist nur ein Beruhigungsmittel für die internationale Arbeiterschaft ohne großen Wert. Abg. Schnelder-Berlin(Dem.): Die Vorlage ist ein bedeutsamer Fortschritt. Bei dem Versuch, eine einheitliche Arbeitsaussicht zu er- reichen, bleibt der Gesetzentwurf auf halbem Weg« stehen. Es find sehr viele Ausnahmen vom Achtstundentag gemacht worden. Der Schutz der Jugendlichen muß verbessert werden. Abg. Veier-Dresden(Wirtschp.) hält«in« lange Red« gegen jede Erweiterung des Arbeitsschutzes und gegen jede Verkürzung der Arbeitszeit. Abg. Schwarzer(Bayer. Vp.): Da» beste Gesetz ist der frei ver- nnbarte Tarifvertrag. Di« Vorlage ist unzulänglich, weitere Arbeiterschutzgesetz« sind nötig. Kein Arbeiter darf ohne g«s«tz- lichen Arbeiterschutz sein. Die L a n d a r b e i t e r s l u ch t ist viel- lach die Folge der besseren Fürsorge für die Industriearbeiter. Abg Stöhr.(Ratloz.): Der wuchtigen Kritik des Abg. Grahmann an dieser Vorlage haben wir nichts hinzuzusetzen, wenn er auch durch die Gewißheit zu mildem Ton gezwungen wurde, daß im Aus- ichuß nicht viel daran gebessert werden wird: auch dadurch, daß es ja eine Vorlage der Regierung seiner Partei Ist. Die Ausnahmen zugunsten der Zeitungskonzerne, der Bankräuber und Börsengauner paßt zu dieser Geldsackrepublik.(Heilruse der Nationalsozialisten.) Abg. ZScker(Soz.): Graßmann hat schon gesagt, daß uns die Lorlage schwer enttäuscht. Sie behandelt die Landarbeiter durch ihre .löerausnahm« als Arbeiter 2. Klasse. Fast in allen sozialen Gesetzen sind die Landarbeiter durch Sonderreglungen ausgenommen oder wesentlich sch l« ch t e r g e st e l lt. Das Mißtrauen der Landarbeiter r,egen eine Conderreglung Ihres Arbeitsschutzes ist daher nur zu 'ehr berechtigt. Jetzt können noch Kinder vom 12. Jahre an in der Landwirtschaft an Ma.schiTten beschäftigt werdew. �. wie diele- Sinderkrüppel, die anklagend dastehen: find dieser„Frecheit� zu verdanken!(Sehr richtig! links.) Der Kreis- ichulinspektor in Bartenstein , Ostpreußen , berichtet, daß viele Kinder ZI) bis 30 Proz. ihrer Schulzelt versäumen mußten, um zu arbeiten. Gutsbesitzer drohen Lehrern mit Entziehung von Wohnung und anderen Bezügen, wenn sie die Kinder nicht bereit- willig zur Arbeit beurlauben. Frauen arbeiten bis zur Niederkunst. und mir sind Fälle bekannt, wo Totgeburten die Folge solcher langen Arbest-- schwere Stein« tragen— war. Sind diese Gefahren so cering. daß sie eines besonderen Schutzes nicht bedürfen? Di« Un- fälle in der Landarbeit find seit 1921 um rund 1<X> Proz., auf «8 000 gestiegen, die Zahl der durch Unfälle Erblindeten sogar um ZOO Proz. Und durch die Statistik sind nur die entschädigten Unfälle erfaßt. Di« Landarbetter müssen einen geradezu niederschmetternden Eindruck empfangen, wenn man ihnen die Gleichberechtigung auch im Arbeiterschutz versagt. In drei Jahren sind aus Ostpreußen , Schlesien und Pommern 29 200 Landarbeiter abgewandert. Wir for. dern di« Anstellung von Londinspektoren. Die Zeit, wo die Land» arbeiter als Arbeiter 2. Klasie behandelt wurden, muß der Der- gangenheit angehören.(Lebhafter Beifall der Sozialdemokraten.) Abg. Tantzen(Dem.): Di« Vorlage ist vom Standpunkt des ge- werblichen und kaufmännischen Mittelstandes aus nicht ohneBe- denken. Die Beschränkung der Arbeitszeit ist kaum«rträg- l i ch für die Handwerksbetriebe, die unmittelbar mit der Landwirt- ichaft arbeiten. Die Gärtnereien müssen ebenso wie die Landwirt- schast au» dem Gesetz herausgenommen werden. Vo» den Nationalsozialisten wird im Reichstag genau das Gegenteil dessen gesagt, was sie draußen den Dauern sagen. Damit schließt die Debatte, die Vorlage wird dem Sozialpoli- tischen Ausschuß überwiesen. Das Haus tritt dann in die Beratung der Anträge über die
Erwerbsloseufürforge
ein.
Abg. Frau Teusch(Z.): Dir fragen die Regierung, wie sie den Ausschußbeschluh ausführen will, di« Krisenfürsorge auf alle Berufe auszudehnen und sie erheblich zu verlängern. Die große Finonznot der Gemeinden fällt schwer ins Gewicht, ihre Wohlfahrts- ausgaben sind auf das Dreifache gestiegen. Der Vorwurf des ,.A 6 e n d*- B e r i ch t s aus dem Haushaltsausschub gegen uns ist unberechtigt. Wir haben, als hier di« Ausdehnung der Krisenunter- stützung aus alle Berufe von den Sozialdemokraten beantragt wurde, uns berest gefunden, dafür zu stimmen, denn wir nahmen an, daß die beiden sozialdemokratischen Minister für Finanz und Wirtschaft der größten neben uns in der Regierung vertretenen Partei die Zu- sicherung gegeben hätten, die Mittel dafür feien da. Das Finanz- Ministerium hat min zwar gesagt, es gehe, aber die Auswirkung pro Monat nicht dargelegt. Und der Vertreter de» Arbeitsministeriums hat die Ausgaben auf 1 Million für den Monat geschätzt. Dos sind die— laut„Abend"—„entsprechenden Erklärungen�. Erst heute im HaushaltsaUsschuß hat man uns die Kosten auf e,9 Millionen im M mal. bei nur grundsätzlicher Ausführung auf 2,9 Mit- lionen angegeben. Wir sind gewillt, sachliche Arbelt zu leisten(helkerkeil aus allen Seiten.) Gegen den Antrag der Sozialdemokraten haben aber ihre eigenen Minister Bedenken gehabt. Wir haben uns daher heute Im Haushalts- ausschuß der Stimme enthalten, denn die Auslegung des sozialdemokratischen Antrages ist zweifelhaft, nämlich ob seine Aus- führung 2L oder«,9 Millionen kostet. Wir wollen nicht Dersprechun- gen machen,«he nicht die Deckung gesichert ist. Darum unsere Fragen an' di« Reichsregierung. Abg. Slöcker(Komm.) beantragt Herbeirusung de, Finanz- Ministers, damit man Klarheit erlangt, wie ,chie Regierung" den Antrag zu sabotieren gedenkt. Während einer kurzen Debatte darüber nimmt Reichsfinanz» minister Dr. H i l f e r d i n a seinen Platz ein,«a» einige kindische Kmmnunisten mit Händeklatsch«» begrüße».
Reichsarbeitsmimster Wissell: Die Fragen der Abg. Teusch will ich sosort beantworten. Der Vertreter des Arbeitsministeriums hat gestern im Sozialpolitischen Ausschuß den Betrgg von 1 Million Mark nicht in bezug aus den hier zur Debatte stehenden Antrag genannt, sondern zu einem ande- ren Punkt, während für den uns jetzt' beschäftigenden Antrag die von ihm genannte höhere Summ« gilt. Die Regierung hat, wie ich mein«, gestern im Sozialpolitischen Ausschuß und jedenfalls heute im Haus- Hallsausschuß erklärt, daß sie grundsätzlich bereit ist, die Krisensürforge auf alle Berufe auszudehnen und die Landesardeits- ämter entsprechend zu ermächtigen. Wird die Regierung durch einen Beschluß des Reichstages ersucht, etwas zu tun. dann kann nur ge- meint sein, im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisi«. Run schreibt das Gesetz vor, daß bei andauernd besonders ungünstiger Arbeitsmarktlage die Krifeniürsorge ausgedehnt werden kann. Wird die Regierung darum ersucht, so kann dos nur heißen, imRahmendiesesGe- s e tz c s, und durch ein solches Ersuchen wird die Regierung nicht ermächtigt, das erste im Dezember beschlossen« Gesetz über die Son- derregelung der Saison- Arbeitslosigkeit als ausgehoben zu betrachten. Mit dieser Einschränkung ist die Regierung bereik, dem vorgeschlagenen Ersuchen des Reich,- iages zu enlsprechen. Wie ich schon vorgestern gesagt Hab«, erfordert die Arbeitsmarktlage in gewissen Berufen die Ausdehnung der Krisenfürsorg« erfreulicher- weise noch nicht, so z. B. die K a l i industrie und i�ich die ch e m i s ch e Industrie, soweit nicht einige Fabrikbetriebe in Petracht gezogen werden. Die Erweiterung der Krisenfürsorge ist nicht eine Mehr- belastuna der Gemeinden, sondern ein« Entlastung, denn sie nimmt sehr viele Ledürftiqe au, der Wohlfahrtspflege heraus, deren Kosten die Gemeinden ganz allein zu tragen haben. Die betreffenden Gemeindeausgaben verringern sich dadurch rund um vier Fünftel. Immerhin gibt«s Gemeinden, besonders in den Grenzgebieten, die einer weiteren Entlastung dringend bedürfen: dazu sind die Länder infolg« des Finanzausgleichs in der Lage, und ich werde die Länder auf die Notlage der Gemeinden aufmerksam machen und sie um A b- h i l f e bitten.(Beifall, links.) Abg. Sckjulh-Bromberg(Dnat.): Die Regierung Hot im Ausschuß zu verstehen gegeben, daß der sozialdemokratische Antrag an- genommen werden soll«, sie werde ihn in geringerem Umfang aus- führen. Reichsorbetksmlnlster wssfell: Nichts dergleichen hat die Re- gierung getan, sondern klipp und klar ausgesprochen, daß sie Entschließungen des Reichstags im Rahmen der Gesetze ausführen wird. Abg. Aufhäuser(Soz): Wenn.wir..da» Pertrauen hahen, daß di? Entschließung aus-. geführt wikiJCw!«.sie hier erläutert worden sst, so kommt dop daher,. daß diese.Regierung frühere Entschließungen, zuguusten der Erwerbs- losen bis zum. letzten Work a u s g e f ü h r t.chat. So. war es mit der Entschließung, die Unterstützung auf 39 Wochen auszudehnen. Die Rechte hatte dagegen Widerstand geleistet. Wir wissen, daß die sozial- demokratischen Minister gewillt sein werden, auch diesmal durchzu- führen, was sie dem Reichstag zusagen.(Abg. Schulh-Bromberg: Obwohl sie kein Geld haben!) Auch wenn das Geld knapp ist, so haben unsere Freunde iu der Regierung bewiesen, daß es ausreichen muß. um die Rol der Erwerbslosen zu liudern. (Beifall bei den Soz.) Es ist versucht worden, den sozialdemokrati- schen Antrag, der die Grundlage der ganzen Beratuna gebildet Hot, in Gegensatz zu bringen zu den Anträgen des Ausschusses. Unser Antrag wollte die Erweiterung auf di« übrigen Berufe, die Er- Weiterung des Personenkreises und Verlängerung der Unterstützungs- dauer. Wer will behaupten, daß diese Forderungen in der Ausschuß- vorläge nicht berücksichtigt wären? Ausdehnung aus alle Berufe heißt natürlich Fortführung der Entwicklung, die auch unter dem Arbeitsmimster Brauns große Fortschritte aufzuweisen hatte. Die Formulierung„Ausdehnung der Krisensürforge auf alle Berufe" hat dieser Reichstag schon fünfmal angewendet, und jedesmal find weiter« Berufe einbezogen worden. Diese Beschlüsse hatte das Zentrum mit uns gefaßt, und Minister Brauns hatte ste aus- geführt. Es ist doch kein Verrat an der Krisensürforge, wenn man durch solche Belchlüfse allmählich zur Erfassung aller Berufe gelangt. Der heutige Reichslagsbeschluß wird ebenso erfolgreich sein wie die früheren. Meine Fraktion würde es ablehnen, eine weitere Aus- fchallung der Bergarbeiter zuzulassen und auch hie der chemischen Industrie erscheint unerträglich. Die Regierung hat im Ausschuß die Einbeziehung der M u s i k« r und anderer Berufe in Aussicht gestellt. wir haben keine Ursache, die bisber erreichten Erfolge verkleiner» zu lassen, nur weil sich inzwischen die Zusammensetzung der Reichsregie ruag geändert hat. (Sehr gut! links.) Natürlich hoben wir keinen Anlaß, zu verkangen, daß ein gut befchäftigter Beruf sofort«inbezogen wird, es genügt uns die Versicherung der Regierung, daß dies bei einer Verschlechte- rung der Arbeitsmarktlage geschehen wird. Zu unserem ersten Antrag, Ausdehnung auf S2 Wochen, Hot die Regierung im Ausschuß erklärt, daß sie dies nicht ausführen könnte, auch wenn die Ausfchußmehrheit es beschließ«.(Schimpfrufe der Kommunisten.) Sie können mich nicht beleidigen!(Sehr gut! links.) Wir haben deshalb die Verlängerung auf 62 Wochen zurückgestellt, denn wir lehnen es ab den Arbelldofen durch einen Beschluß vor- zotäuschen, daß diese Forderung erfüllt werden könnte. Wir haben aber Ersatz b i s z u m 4. M a i die gestellte ausgedehnt wird und daß die Ausgesteuerten wieder einbezogen werden. Hätten wir auf unserem ursprünglichen Antrag bestanden, so wäre zwar eine Mehrheit dafür gewefen, aber die Möglichkeit zur Ausfuhrung hätte gefehlt.(Zu- ruf E f f« r(Z.) Sie hätten doch die Umbildung der Wehrheilsverhältnstfe so lange zurück st ctleu können! bi, die wünsche der Er- werbsloscn erfüllt sind. Sie haben aber vorher die Regierungsmehrheit gesprengt! (Lebhaft« Zustimmung links.) Es ist durchaus glaubhast, daß die Regierung im Mai ein« bessere Usbersicht über die Kossen- und Finanzoerhältniffe haben wird. Wenn dns Zentrum wirtlich die Verlängerung auf 62 Wochen möglichst rasch herbeiführen will, dann sorge es dafür, daß dem Reich die nötigen Mittel bewilligt werden.(Sehr gut! links.) Als größte Partei mußten wir vorher wissen, was die Regierung zu erfüllen bereit ist. Wir haben daher unsere Minister gefragt, und es find Regierungserklärun- gen im Ausschuß abgegeben worden. Di« Zentrwnspartet wird
tz geschossen durch den Befchluß, daß zunächst die iWsenunterftützung für Arbelier und An-
doch auch ihr« Minister vor solchen Entscheidungen immer gefragt haben! Bei den Schwankungen der Konjunktur kann die Regierung sichere Zahlen für di« nächsten Monate nicht angeben, wie das Ftau Teusch verlangt. Wenn die 2,9 Millionen nicht reichen, muß der Betrag erhöht werden, wie da» bisher auch schon geschehen ist..Dir hoffen aber, daß«ine Besserung des Arbeitsmarktes vorher eintritt Fron Teusch wird ja demnächst im Ausschuß Gelegenheit haben, mit an» für die Verbesserung der Sozialversicherung einzutreten. (Auf«inen Zuruf der Kommunisten): Ich habe gar nichts dagegen einzuwenden, daß die Gelder der Angestelltenve/fich�rüng statt wie bisher den deutsck>nationalen Landwirten, produktivts dem Reich zur Verfügung gestellt werden, um einer vorübergehenden. Not- log« abzuhelfen.(Zuruf der Kommunisten: Sie wollen ja Beit-vg?- erhöhung!) wenn Sie nosere Anträge gelesen hätten, müßten Sie wissen, daß wir eine Seilragrerhöbung der Angestelltenoersicherung für überflüssig halten, weil dort Alittel genug vorhanden sind, die heute freilich den deusschnalionalen Landwirten zur Verfügung gestellt werden, wenn Sie(zu den Kommunisten) das ver teidiven wollen— bitte! (Heiterer Beifall bei den Sozialdemokraten.) Trotz all der Krttit hat keiner der Kritiker im Ausschuß gewagt, gegen diese Antrag« zu stimmen.(Zurufe der Kommunisten.) Bon den Forderungen, die Sie draußen bei den Erwerbslosen vertreten, haben Sie im Ausschuß einen großen Teil bereits vergessen! Keine Partei hier im Plenum wird so arbeiterfeindlich erscheinen wollen, um die Befchlüsse auf sofortige Hilfe für die Erwerbslosen nicht anzunehmen. Bon Ihren (zu den Kommunisten) Phrafen werden di« Erwerbslosen und die Ausgesteuerten nicht satt! Die Sozialdemokratische Partei hat sowohl in der Opposition wie als Regierungspartei stets die Fürsorge für di« Erwerbslosen zu verbessern gestrebt. Die Not und das Elend der Arbeitslosen sollten doch so"hoch eingeschätzt werden, daß die Abhilfe dagegen über alle Schwankungen und Mehrheitsbildungen und über die Tagespolitik hinausgehoben wird. Wir wissen, welche Gegensätze zwischen unserer grundsätzlichen Auii-k"-ng und der der bürgerlichen Parteien bestehen. Die Slrbeitslosen können nicht warten bis zur Austragung dieser grundsätzlichen Entscheidung:n, und daher muß die Hilfe für die Opfer der heutigen Wirlschafks- und Ge- sellschasleordnunq herausgehoben werden über den Kleinkampf der Parteien. Den Arbeilslofen zu helfen Ist die Pflicht aller Parteien, und zwar ausreichend und gleichzeitig schnell. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Ersing(Z.): Wir haben uns im Haushaltsausschuß da- gegen gewandt, daß Hoffnungen geweckt werden, die nicht erfüllt werden können. Kollege Aushäuser hat uns aus dem Herzen ge- sprachen damit, daß man die sozialen Fragen aus dem Parteikampf herausheben müsse. Abg. Stöhr(Natsoz.): Der sozialdemokratische Antrag �wnr nicht ernst gemeint. Die Sozialdemokraten sind pleite mit hrer Regierung, ihrem System und ihrer Republik . Abg. Lemmer(Dem.) verwahrt sich gegen den Vorwurf Ersings, daß die demokratische Fraktion in sozialpolitischen Dingen rücksänstt- lich sei. . Abg.. Esser(Z.)(p?rsänlich): Wir, Hoden den sozialdemokratischen Ankratz als st a? ks I l loy a li i äi aufgefaßt, und zwar deshalb, - weil wir die Zusaninlendrteit für urifruchibat halten, wenn jede . Partei die Freiheit hat, A g i t-a l t o n s a n tr üg e zu stellen.. Noch als Regierungspartei haben wir beschlossen, für den Antrag zu stimmen und vieler Methode ein Ende zu machen. Abg. Aushäuser(Soz.): Frau Teusch hat für die Zustimmung des Zentrums zu unserem Antrag sachlich« Gründe angeführt, Herr Esser gibt nun selbst agitatorische Gründe an. Bor der Austimmung erklären die D e u t s ch n a t i o na l e n, an ihr überhaupt nicht teilzunehmen. Die A u s i ch u ß b« s ch l ü s s e. deren Inhalt au» der bereits erfolgten Veröfsentlichung, wie aus den vorstehenden Reden bekannt ist, werden angenommen! Kommunistisch« Anträge werden in namentlicher Abstimmung mit 274 gegen 80 Stimmen bei 60 Enthaltungen(Dnat.) bzw. mit 221 gegen 33 Stimmen bei 104 Ent- Haltungen abgelehnt.\ Die Kommunisten brechen bei der Verkündigung des Ad- stiinmungsergebnisses in Pfui-Rufe aus. in der ersten Sitzreihe der allgemeinen ZuhSrertr'büne sieht ein ZNann auf und halt eine lange kommunistische Agitationsrede Mit heftigen Beschimpfungen, die er direkt an die fozialdeinvkratischen Abgeordneten, den Reichsinnenminister Severing usw. richtet, wobei er sich vorbeugt und auf die sozialdemokratische Fraktion zeig t. Di« kommunistischen Abgeordneten begleiten diese Rede mit Beifallsrufen und Händeklatschen, sie und einige Tribünenbesucher stimmen In ein „Hoch" ein, das der Tribünenbesucher zuletzt ausbringt. Ironisch« Hoch-Ruf« von Abgeordneten anderer Parteien hatten bereits seine letzten Sätze begleitet. Der amtierende Vizepräsident v. Kor- d o» f f war bereits vorher von seinem Platz verschwunden, wodurch dle Sitzung unterbrochen war. Lediglich der fitl«. Reichstags- beamt«, der ständig aus der Tribüne Dienst macht, hatte versucht, den Redner oben zu erreichen, war aber von seinen Begleiter» nicht durchgelassen worden. Erheblich später erschiene» eilig Kriminalbeamte in Zivil, die nicht geringe Mühe halten, sich durch die Schulzgarde de» Tribünen-edners durchzukämpfen: sie packten schließlich ihn und auch einige der anderen Demonstranten. die sich aber gegen ihre Hinausschassuna mit aller Kraft wehrt«.:. Schließlich gelang es den Polizisten, bi« Ruhestörer zu entfernen. In bei weiteren Pause beschimpsten die Kommunisten wüst die Sozialdemokraten, die daraus aber nicht antworteten. Nach geraumer Zeit eröffnete Vizepräsident v. K a r d o r s f die Sitzung wieder, ohne auch nur mit einem Wort aus da« Vor- gegangene einzugehen, sondern den Rest der Tagesordnung ab- zuwickeln, was ohne Debatte schnell erfolgt Um 147 Uhr vertagt sich das Haus aus Montag, den 18. Februar,. 3 Uhr: Kleinrentnerfürsorge.— Der Präsident wird er- mächtigt, weitere Gegenstände aus die Tagesordnung zu stellen.
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Sozialistische Arbeiterjugend Groß- Verlin »ti>(t»din>»ra I4r Heft Zt-dNt nmt m t*4 SuotS'irrttoWt ?«U» SD«. CHtSoflniW 3
SeBta>ng«A**: tzevt«, Eonnabeat, trtl.ittliclj tS Uhr, Ueben für Mazd«» Sutj i* de- Sch-laula Danziger L!r. Ä. We müssen sich b«ttlllg-n. Heute. Sonnabend. 9. Aebruar. 19� Uhr: tiyf«Uto viertel, Schule Vrangelstr. 128. Vortrag: �Bolkstan� oder ws- berner