Sonntag 10. Februar 1929
Unterhaltung unö ÄVissen
Vellage des VonvSrts
tßattade der Schneeschuhläufer
Der Zug schiebt sich fachend den Hang entlang. Der würzig« ?eergeruch der Schneeschuh« liegt in dem Wagen als dicke Schwad«. An die Fenster klirrt der brausend« Sturm, und hinter den Löchern, die die Menschen in die seltsamen eisigen Bium«nbilder der Scheiben blasen, blinken zuweilen Lichter, blinken mit eigentümlicher Schärfe, die eine kalt« Nacht verrät. Jedesmal, wenn jemand die Tür öffnet, bläst der Wind schalkhaft ein« ganze Wölk« Flocken herein, was itivrner ungeheuren Jubel löst. Aengstlich und staunend zugleich sieht inan manchmal in die hohen angewehten Schneegebirg«, ab«r schließ- Ii h tauchen doch darüber die hellen Bogenlampen des Bahnhofes aus, und erleichtert greift jeder nach seinen Schneeschuhen, um als erster draußen zu sein. Einen Augenblick erstarrt aller Jubel in dem eisigen Wind. Man bläst sich in die Hände und schlägt mit den Armen um sich. Aber schon stehen einig« auf chren Brettern und gleiten stolz vorüber Nun will keiner mehr nachstehen, und bald wird der Bahnhof wie» der einsam in der Winternacht frieren. Ueber die geröteten Wangen wächst ein« eisig« Wand, die Wimpern frieren zusammen, und zu jener Phantasie aus Schnee und Eis gesellen sich Phantasien aus Schnee und Blut. Eingehüllt in weiß« Kutten gleichen die Menschen sagenhaften Pilgern, umwoben von der weichen Melodie der Schneeschuh« verlieren sie sich in der winterversunkenen Gobirgsstadt. Wir wenden uns nach recht», da» Kammdors gu suchen....
Der Wind heult rauh« Lieder. Aus den Augen rinnen Tränen und gefrieren aus den Bocken zu glitzernden Perlen. Der Rauh. reis setzt sich in den zarten Haarslaum de» Gesichtes, und so haben mehic Begleiterinnen und ich weiß« Bärt«. Bon der Straße blendet un» Licht. Schies liegt ei» Autobus im Schnee. Sein mächtiger Kühler ist in einer riesigen Wehe oer» graben. An der dem Mnd zugekehrten Seit« häufen sich schon die u eichen Daunen der Flocken bis zu den Fenstern. Im Wald umsängt uns Still«. Der Wind sitzt tn den mit Rauhreif behangenen Zweigen der Bäume gefangen, und fein leises ttöimmern in den knarrenden Wipfeln untermalt den tiefen Unter- ton der Traurigkeit, der hier spinnt. Der Mond tritt au» stäuben- öon Schneewolken und legt glitzerndes Silber in die schwankenden Bäume. In blauen Wölbungen steigen zu beiden Seiten de» Wege» Schneeberg « an. Nun hört der Wald auf. und vor un« liegt wieder freie, Feld. Wo ist das Kammdors?— E» muß vor uns fein. Irgendwo rufen Srimmen. Man scheint auch dort da» Dorf zu suchen. Plötzlich buchtet Licht au» dem Schnee. Bor un» steigt ein Berg an. Und da ist noch so«in Berg, und dort wieder. Und überall fließt Licht aus diesen Schneebergen. Da» ist da» Dorf und hinter den Bergen wohnen Menschen. Ich stoß« mit meinen Brettern an etwa» Feste». Es entpuppt sich als der Knaus einer Wäschestang«. Münchhausens lübenteuer wird Wahrheit, und wir würden uns nicht mehr wun- d-rn, irgendwo jetzt den Wetterhahn der Kirchhirmspitze heraus- ragen zu sehen. Glücklich landen mir vor der gastlichen Baude, einem wirklichen steinernen Hau«, inmitten von drängenden Menschen.—.Antreten!' Ichallt es uns entgegen.— Antreten?— Ja, Antreten zum Bett fassen. Wir reihen m» geduldig der Schlange an, warten. Plfltzlich ruft ein Stimme:.vi« Betten find vergeben, es ist unmöglich. noch jemand zu beherbergen!' .Ja. aber sollen wir denn im Schnee schlafen?'— Jetzt klingt die Frag« bang. Der Wind meckert: hichichichiii. In den hasten- den Wolken kugelt sich der Mond. Wir beginnen ein« Jagd nach einem Bett... » Noch einer aufregenden Stund« haben wir glücklich jeder ein Lager. Mein« beiden Begleiterinnen schlafen in einem anderen Haus als ich. Beruhigt steigen wir jetzt zu chrem Zimmer. An der Innen- l.'ite der Fenster sitzt der Rauhreif zentimeterdick. Das Thermo- «.üitcr zeigt sechs Grad Kälte. Hier schlafen?— Die Frau versichert, daß ihre Betten warm sind. Man friert aber noch, wenn man hinuntersteigt in die warm« Wohnküche. Meine beiden Begleiterinnen drängen dicht aneinander auf die Oienbank. Ich greise zum Rucksack und hole Kochgeschirr und Erbspmrst hervor. Di« Mädchen necken:.Wir kochen?' Ich wink« i znen beruhigend zu und mache mich daran, als braver Mann zu clönzen, indem ich die Erbswurst zerreib«. Unsere Wirtin.füllt dj» Kochgeschirr voll Dosier, ich leg« im Ofen Holz noch, der Wind I>!äst jauchzend hinein. Bald summt dos Wasser, und diese Melodie mischt sich mit dem Jauchzen de« Windes und dem Zitherspiel unseres Wirtes zu anheimelnden Liedern. Der brav« dicke Kachel- ofen schaut traut in das Zimmer, heiter glänzen die wten Kleidchen der beiden kleinen Wirtskinder aus den: tiefbraunen Holz der Wand, und ihre kugelrunden Äugen staunen in das Lampenlicht. Dann steht die Suppe aus dem weiß gescheuerten Tisch, und die beiden Mädchen sehen sich schalthast beim Löffeln an und nennen mich' ebenso schalkhaft einen Engel. Schließlich aber kommen sie wieder aus dos kalt« Zimmer zu sprechen: dort schlafen?— Unsere Wirtsleute lachen, und die Wirtsfrau versichert noch einmal die be- s-ndcr« Wärmkrast ihrer Federbetten. Rein, die Fräulein würden nicht frieren, wenn sie dazu noch jede«inen Stein ins Bett bekämen. Einen Stein ins Bett?— Ratürllch«inen Stein ins Bett. jede einen solchen Ziegelstein ins Bett, der jetzt aus dem Ofen steht. An einem solchen warmen Ziegelstein könnten sie sich die ganze Nacht wärme», ja, sieht er nicht schon schön warm ans, dieser dunkel- rote Ziegelstein? Der Tag dämmert durch mein eisblinnendnrchwobenes Fenster. als ich ausgeschlalen aus meinem Bett springe und frierend in meine durchkälteten Kletder fahre. Ich eil« die Treppe herunter, um meine Begleiterinnen im anderen Haus zu wecken. Als ich aber die Haus- tiir aufreiße, ist sie mit einer Schneemauer versperrt. Scherzend reicht mir mein Wirt eine Schaufel. „Wenn Sie sich nicht hindurchsresien wollen, müsien Sie sich e-ben hindurchgraben.' Ich grabe nnmter-im Schnee, und bald kann ich durch ein Loch b'ii Himmel sehen und nicht lang« danach darüber hinwegschauen. Gegenüber stößt eben auch eln Kopf aus einem Schneeberg und weiter unten noch einer. Mein Ausgang ist frei und ich trete«lig hinaus, um... im Augenblick bis an die Brust im Schnee zu oersinten. Spottend
springen ein paar Dorsjungen auf Brettern hinzu und Helsen mir heraus.— Run bin ich klüger geworden und hole mir auch erst mein« Skier. In dem Zimmer meiner beiden Freundinnen zeigt da» Thermo- meter jetzt zehn Grad Kälte. Sie lachen mir aus ihren warmen Federn zu. wie ich schlotternd mein« Hände reibe. Rasch hole ich ihnen warmes Wasier und rat« ihnen auszustehen, ehe e» gefriert Als die Sonn«, rot angelaufen, über den violetten Höhen empor- kriecht, stellen wir uns wohlig durchwärmt vom Kasfee auf die flinken Hölzer. * Di« Stunden sind durchwoben mit den märchenhaften Ein- drücken des Gebirgswinters: jetzt blicken wir in dos nebelerfüllte Tal, über das sich die weißen Hauben der Berg« wie Inseln er» heben. Hauchdünn verschwimmen ihre blasien Konturen in oem blaßblauen Himmel. In rascher Schlußfahrt geht es, noch um- fangen von diesem feinen Bild, zu Tal. hinein in da» klein« Grenzdors. .Besetzt, antreten,' wieder schollt un» die Melodie de» gestrigen Abends entgegen. Antreten zum Teller fasien, antreten zum Suppe nehmen, antreten zum Zitronenwasier. Wir ergattern un» jeder ein« dampfend« Schüsiel au» dem nächsten Waschkesiel, in dem die Suppe braut und löffeln sie draußen im Stehen. Tin Zitherspieler setzt sich vor die Tür und spielt un» lustige Welsen. Ei« kleine« Mädchen geht mit einer Mütze sammeln. Lochend wirst man ihr Münzen zu, und lochend fängt sie st« aus. Lachend gehen die Menschen in das voll« Gasthaus, und lachend kommen sie wieder heraus. Di« Menschen lachen olle im Erinnern an diese sausende Tal- fahrt. Wr müsien jetzt wieder den Berg hinaus. Aber dann winkt wieder«in« neu« Abfahrt. Und so geht es fort bis zum Abend... Dann drängen die schneebestäubten Echneeschuhläufer in ganzen Kolonnen dem Marktplatz der kleinen Gebirgsstadt mit den knatternden Batterien der Lutobusie, dem viel zu engen Bahnhof mit den endlosen Schlangen der Züge zu. Spät erst taucht die große Stadt auf. Diesmal auch sie im Schnee. So endet die Ballade der SchneefchuhlSufer. Helmut Häntzsch«.
Versilbertes ffiadenasser i Die moderne Wissenschaft schafft Märchen, die den orientalischen Verfassern der schönsten Aladinade Ehre machen würden. Ein wenig Silber ins Badewasier, namentlich wenn es sich um groß« Bassins öffentlicher Anstalten handelt— und die gefährlichen Keime über- tragbarer Krankheiten sind getötet. In einem bei Bergmann (Dtünchen) erschienenen Buch behandelt Dr. Georg A. Krause die keimtötend« Wirkung geringer Metallmengen in Lösung. Man kennt die Erscheinung: Wirst man einen Kupferpfcnnig in ein Bassin, worin sich Algen befinden, so werden die,« meist in kurzer Zelt vollständig eingehen. Es handelt sich hierbei um erstaunliche Wirkungen von sehr geringen Mengen, wie sie die(von der Schulmedizin bisher verachtetes Homöopathie immer schon be- hanptet hat. Gewissermaßen so: Die einzelnen Atome des Metalls scheinen«Ine gar nicht von ihrer Mass«(die gering ist) abhängige Wirkung auszuüben, eine Wirkung, die vielleicht im Zusammenhang steht mit der im steien Zustand verdünnter Lösung möglichen heftigen Elettronmwirkung aus dem Gebiet der Metallatomr her- aus..Neu« Wege zur Wassersterillsierung' nennt Krause sein Buch, tn dem er z. B. berichtet, daß sich sehr leicht täglich lü Mil» lionen Keime pro Kubikzentimeter töten lassen durch eine Lösung von 15 Tausendstel Millimeter Silber pro Liter Wasser. Dös be- deutet«inen großen Erfolg. vi« erste vlondine. Bei den Ausgrabungen in Gizeh hatte Dr. Reisner vom Bostoner Museum im Jahre 1926 ein Bild der Königin Hetepheres, einer Tochter de» Pharao Eheops, de» berühmten Erbauer» der berühmten Pyramide, gefunden, das zu seiner Ueberroschung eine Frau mit hellgelben, kurzgeschorenen Haaren darstellt«. Auch die Kleidung beansprucht« deshalb besonderes In- teress« weil das Schulterstück des Obergewondes bis zu den Öhren hinaufreicht«..Es jcheint kaum zweifelhaft,' heißt es in dem von Dr. Reisner herausgegebenen Bericht,.daß die dargestellte Frau blonde» oder rotes Haar hatte und damit unter dem schwarzhaart« gen Dolt de» Zeitalters der Pyramiden einen besonderen Typ oer- körpert«. Möglicherweise hotte sie von ihrer Mutter, die wir nicht kennen, oder von einer noch früheren Ahnsrau das Blut eines frem- den Stammes übernommen.' Dies« Hetepheres II. darf im übrigen nicht mit der Hetegheres I.. der Mutter des Eheops, verwechselt werden, deren Grab und Totenausstattung Dr. Reisner schon früher freigelegt hatte. Die hellfarbige Königin war deren Enkeltochter und darf als die erste geschichtlich beglaubigte Blondine gelten.
SClaws Oberg er: OtOUGVe II IIIIII 01* SEu seinem 50. Todestag
Die französische Revolution von 1789 bringt da» Bürgertum polltisch zur Macht. Da» folgend» 19. Jahrhundert ist davp» erfüllt, auch dem kulturellen Leben neu« Prägung aufzuerlegen. Di« bildend« Kunst findet nicht bloß anderen Inhalt, auch dle Formen und Dar. stellungsmittel wandeln sich. Da» bürgerlich« Porträt und die romantische Landschaft gehen voran. Die Erfindung des lithogra- phischen Druckverfahren» kommt hinzu, um die Erzeugnisse der Graphik leicht und billig verbreiten zu können. Kein Wunder, daß diese„demokratische' Kunstart Zeitereignisse und Zeitgestallen tn chren Kreis«inbezieht. Das politisch bewegte Jahrhundert, da» in seiner ersten Hülst« in Frankreich vier Regierungssormen an sich vor- überziehen sah, schafft« auch die politisch« Kunstform: die Karikatur. Da» war Daumier , der an die Stelle eintöniger Figuren«nt- täuschter nopoleonischer Soldaten, tausendmal abgewandelter Genre- szenen nun den zeitgemäßen Bourgeois setzte und in Reinkultur vor- stellte, ihm sein« selbststchere Pose raubte und nachsah, was übrig blieb. Longe bevor der Kapitalismus sich voll entsallet hatte, begriff Daumier , einer der größten Künstler seines Jahrhunderts, dessen Geist mit all seinen Manifestationen und hielt ihn in seinen Blättern und Bildern fest. In seiner Formensprache hat er den Impressionis- mus und selbst den Expressionismus vorweggenommen. Zu dem Schlage der sarkastischen Südsranzosen gehört er: 1810 kam er als Sohn eines kleinen Handwerkers, eines Glasers, in Marseille zur Welt. Die Röte einer harten und mittellosen Jugend lernt« er zur Genüge kennen.— Die korrumpierten Zustände unter dem Regime des Bürgerkönig» Louis Philipp«, Speichelleckerei. Niedertracht und Cliquenwirtschaft hatten auch die Gegner diese» Systems die Dolkssreund« auf den Plan gerufen, die sich um die satirisch« Zeitschrist„Li Caricature* sammelten. Hier trat auch der 22jährige Daumier mit seinen Zeichnungen hervor und macht« sich schnell einen bekannten Namen. Aus diesen Arbeiten für den Tag und die Stunde erstanden die unsterblichen Figuren Daumiers, die noch heut« in nichts an Lebendigkeit verloren haben.(Eine wohl- feil« und in der Wiedergab« hervorragend« Neuausgab« in fünf Bänden veranstaltete der Paul-List-Berlag, Leipzig .) Hier tritt der König selbst auf als Harlekin, als Seillänzer, chinesischer Götze oder als gefräßiger Papagei; unverkennbar sind die feisten Züge seine» Bankiergesichtes. Daran reihen sich die Minister, die Deputierten. die unbekümmert verfressenen Richter und die ganz« Galerie der Zeitgenossen, die das Volk aussaugen. Di« Zensur griss bald ein. verbot die Zeitschrift, und der „Cbarivari*, der an ihr« Stell« trat, mußt« die Form seiner An- klagen mäßigen, erhalten blieb jedoch ihre Tendenz. Statt dieser und jener Machthaber, deren Züge jeder kannte, trat nun der Typus des Bourgeois auf, der in den verschiedensten Situationen als Rechts- anwalt, als Journalist, Geldoerleiher, Wahlkandidat usw. vorgeführt wurde. Am bekanntesten ist die erfundene Gestalt des Robert Macaire geworden jener unsterbliche Betrüger van dem es in dem Text zu Daumlers. Lithographien heißt:„er ist dle Verkörperung unseres selbstsüchtigen, geizigen, lügnerischen, prahlerischen und. sagen wir es nur ruhig, auf Schwindel eingestellten Zeit.' Damit bekam Daumiers Kunst etwas Allgemeingültiges. Der Bürgerkönig und die Figuren von 1835 vergingen, die eben zitierte Selbstcharakteri- sierung der Epoche paßt auch auf manche andere. Daumiers Blätter werden zünden und verstanden werden, so- lange es ein benachteiligtes, in seiner Lebensentsaltung gehemmtes Volk gibt, das dos gewissenlose Treiben der faulen und besitzenden Schichten täglich mitansehen muß. Aber da, allein würde noch nicht ihren künstlerischen Wert begründen. Der lieAt w dem genialen Strich des Meisters: ein« verdutzt« Miene,»ine wegwerfende oder heuchlerisch-leer« Gest « der Hand als Form herausgerissen, über» deutlich dem Eichwarz-Weiß der Fläche»ingesögt, und von diesem Grundzug« aus da» Ganze rhythmisch belebt, sa daß«an bis ta
die letzten Strich« hinein die Erregung spürt. Das macht auch die geheimnisvolle Wirkung seiner gemalten Bilder aus, für die die Zeilgenossen kein Auge hatten, weil er ihnen um fast ein halbes Jahrhundert vorauseilte. Weil er an der nüchternen gegenständ- lichen Abbüdung sich nicht genügen konnte, sondern im-' Zusammen- und Gegeneinanderspiel von Farben und Formen ebenso starken Ausdruck und Aufruf weckte wie in den Lithographien, in denen das Inhaltlich« naturgemäß stärker hervortritt. Eins dieser erstaunlichen Bilder heißt„Die Revolte'. Da leuchtet au» einer Gruppe vorwärtsdrängender Menschen, nur die Oberkörper sichtbar, ein Mann im gelben Kittel heraus, der de» edlen Kopf mit dem entschlossenen Gesicht zu seinen Mitkämpfern zurückwendet, sie sammelnd und überschauend. Vorwärts weist sein beleuchteter Arm mit der ausgebreiteten Hand, an der alle Finger wie Zacken in das unklare Grau, was davorliegt, hineingreifen. Dieser Arm mit seiner durchdringenden Diagonale gibt der ganzen Komposition Richtung und Haltung. Hier spürt man Kraft und Stoß aller derer, die das Auge mehr ahnt als erkennt, die vom Dunkeln ins Helle wollen, die die Welt umwälzen. Dieser Daumier ist eigenttich erst in unserem Jahrhundert eni- deckt worden von Malern und Liebhabern, die der Kunst nicht mehr bloß die Abbildungen der gegenständlichen Welt zuteilten, vielmehr ihr« innere Ordnung und Organisierung dargestellt wissen wollten. So erlebten Goya , Daumier und oan Gogh ihre Auferstehung, diese verkannten großen Außenseiter von Anfang, Mitte und Ende des vorigen Jahrhunderts. Daß sie inhaltlich Und gesinnungsmäßig „links' standen und Volkstümliches malten, läßt ihr« Aktualität nur stärker spüren. Zu ihren Zeiten waren sie alle drei in ihrer Wirkung geschmälert, Daumier so sehr, daß er noch in reifen Iahren und hohem Alter von bitteren materiellen Sorgen gequält wurde. Als der stet» aufrechte Mann am 11. Februar 1879 noch nzehr- sähriger Blindheit starb, folgten kaum zehn Personen seinem Sarg«. der im Armenbegröbnis beigesetzt würde. Niemand entsann sich he» Vater» der politischen Karikatur, die namentlich in Frankreich einen wichtigen Faktor des öffentlichen Lebens darstellt«, niemand de» Mannes, der die verspielte Kunst mit der Wirklichkeit wieder zu- sammengeführt hatte, niemand des gewaltigen Malers, der die künstlerischen Wege für das nächste Jahrhundert norauswies, nie- wand des großen Menfchendeuters, der den Bürger durchschaut hatte und Künftiges, Bessere» darüber hinaus sah. Qrenmen der&orschung Die kürzesten Wellen, von denen man Kenntnis hat, sind die bekannten Kohlhörsterschen Weltraumstrahlen, die kürzer als die Gammastrahlen und als die Röntgenstrahlen sind, nämlich etwa hundert Millionstel Millimeter. Die längsten Wellen sind die au» der Elektrizität bekannten, für Funkgroßstationen verwendeten von rund 39 000 Metern Länge. Das sichtbare Gebiet der Lichtstrahlen umfaßt hierin die Wellen von etwa 4 bis 8 Zehntausendstel Milli- meter. das ganze optische Gebiet enthält etwa 18 solcher Oktaven. das ganze uns bekannte Wellengebiet rund 59 Oktanen. Aber was umfaßt ein Wellenbereich von 599 Oktaven— 5999 Oktaven? Wir kennen die ganze außerhalb der genannten Grenzen gelegene Welt nicht, können auf keine Weise bisher direkt oder indirekt etwas daraus nachweisen. Und doch ist dort, bei den hyperkurzen Wellen. wahrscheinlich die Antwort auf eine alte wisienschnftliche Frag» zu finden: Woher kommt die Schwerkraft? Denn da man Im Gebiet der optischen und elektrischen Wellen reinen Anhaltspunkt für die Verursachung der Schwere gefunden hat, so besteht die Möglichkeit. daß Schwer« und Trägheit durch«ine noch unbekannte, äußerst kurzwellige hart« Weltraumstrahlung hervovgernse, find.