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Morgenausgabe 19 sid is

Nr. 71

A 36

-46. Jahrgang

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Vorwärts

Berliner   Bplesblatt

Dienstag

12. Februar 1929 Groß- Berlin 10 Pi. Auswärts 15 Pf.

Ole etnipe!!! ge onporeezefle fennig. Reflame eile 5.- Reichs. mart. Aleine Anzeigen das eitge brudte Bort 25 Biennig( zulässig zwe fettgedruckte sorte), jedes weitere Bors 2 Bfennig. Stehengefuche das erite Bort 15 Bfennig, jedes meitere Bort 20 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben Arbeitsmart sablen für zwei Worte. Belie 60 Pfennig Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen. snahme im Hauptgeschäft Linden Graße 3, wochentägi, von 81%, bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Vorwärts- Verlag G.m. b. H.

Der Friedensschluß von Rom  .

Auferstehung des Kirchenstaates.

Rom  , 11. Februar.

Am Montag mittag wurde im Papiljaat des apostolischen Lateran  - Polastes der Vertrag zwischen dem Vatikan   und dem italieni­fchen Staat unterzeichnet, ferner das die Beziehungen zwischen Staat und Kirche regelnde konkordat und ein finanzielles Abkommen. Als Bevollmächtigte der Vertragsparteien waren Muffolini und der päpffliche Staatssekretär Sardina! Gasparri erschienen.

Der Vertrag legt die Souveränität und unabhängig. felt des Papstes feft. Das Konkordat bringt den religiösen Orden und Kongregationen weitgehende Freiheiten. Das päpstliche Territorium wird zu einem Miniaturffaat erweitert. Italien   zahlt eine einmalige 2bfindung für das 1870 enteig­nete kirgengut. Ein umfassender Auszug aus den Verträgen ist für Dienstag der Deffentlichkeit angekündigt.

Das allgemeine öfumenische Konzil das seit 1870 nicht getagt hat, dürfte in den nächsten Jahren fortgefeht werden.

Mit diesem Bertragsabschluß rüdt der Batikan wieder in die Reihe der weltlichen Mächte ein Man fann annehmen, daß das Papsttum von den Rechten eines Staates sparsamen Gebrauch machen wird.

Das päpstliche Organ in Rom   rechtfertigt in einer Sonderausgabe die Kleinheit des Kirchenstaates und die Richterlangung eines Korridors zum Meer damit, daß die moralische und juristische Garantie der Sicherheit dieses Staatsbefizes durch seine Erweiterung auch nicht vergrößert

würde.

Der Papst verteidigt das Abkommen.

Rom  , 11. Februar.

Zur Zeit der Unterzeichnung hielt der Pa pst im Batifan eine Rede an die römischen Stadtpfarrer. In diefer Rede führte Pius XI.   u. a. aus, der neue Friedensschluß zwischen Italien   und

dem Heiligen Stuhl garantiere dem Bapst   wahre und volle Souveränität, wie sie seinem Amt gebühre. Das Kontordat mit Stalien regele die Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und

Italien  , bie so lange Zeit im argen gelegen hätten. Einzel­

supo

geteilt werden aus Rücksicht auf den Staat, wie auch darauf. daß sie erst nach der Unterschrift der beiden Souveräne in Kraft treten tönnten. Diejenigen, die geglaubt hätten, der Bapst werde schon morgen nach dem Pontififalhochamt den Apoftolischen Segen urbi et orbi( der Stadt und der Welt) erteilen, seien daher im Irrtum. Der Papst ging dann auf die italienische und aus­ländische Kritik ein, die an seiner Haltung geübt worden sei. Diese Kritif, fo erflärte er, richte sich gegen seine Person, denn er allein fei für das Geschehene verantwortlich. Zuerst fei gefragt worden, ob der Papst nun die anderen Mächte bitten werde, ihre Zustimmung zu erteilen, oder Garantien für die neue Lage zu geben. Hierzu erklärte er, daß er den befreundeten Mäch ten zwar Miteilung von dem Geschehenen gemacht habe, doch ohne eine Zustimmung und ohne Garantien zu verlangen. Diefe Garauflen tönnten dem Heiligen Stuhl eher durch den göttlichen Beistand und durch die loyale Haltung des italienischen Volkes zuteil werden.

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tien irdischer Mächte zu bedeuten hätten. Weiter befprach der Bapst Die heutige geographische Karte beweise, wie wenig die Garan den Entwurf, daß er zu viel oder zu wenig verlangt hätte, und jagte, er habe ablichtlich so wenig verlangt, um dadurch zu zeigen, daß der Vater mit seinen Kindern unterhandle und um ihnen die Prüfung leicht zu machen. Ferner habe er die Besorg nije megen einer größeren Gebietsabtretung herein entfräften wollen. Dadurch habe er auch bewiesen, daß ihn hintanhalten und Klagen gegen dieses Abkommnen von vorn­fein weltlicher Herrschaftsruhm geleitet

habe, sondern, daß er sich mit dem erforderlichen Mindest maß für seine geistliche Unabhängigkeit begnüge. Zudem müßte man fich bewußt sein, daß dieses kleine Gebiet unendliche Kunst. icha te bewahre und besonders auch den Leib des Heiligen Petrus, wodurch das Gebiet überaus foftbar werde. Gegenüber den Kritiken wegen der zu zahlenden Geld entschädigung sei zu bemerken, daß auch die geistliche Mission zu ihrer Erhaltung des Geldes bedürfe. Es sei daher ganz am Blaze, daß er auch bei diefer Gelegenheit die Spenden zum Peterspfennig entgegen

heiten über die beiden Dokumente tönnten aber nicht mit nehme.

Beginn der Pariser   Konferenz.

Nochmals Schweigeverpflichtung.

Paris  , 11. Februar.( Eigenbericht.)

Am Montagnachmittag trat die Sachverständigenkonferenz zu ihrer ersten ordentlichen Sihung zufammen und zwar im Hotel König Georg V., da fich die Räume im Hotel Astoria als nicht ausreichend erwiefen.

Die Sihung begann um 2 Uhr unter dem Magnesiumlicht der Kinooperofeure und Preffephotographen. Die Sachverständigen mit den Erfahmännern traten hierauf unter Ausschluß der Deffentlich feit in ihre Beratung ein. Das Komitee hat die mehrfach vorge fchlagene Bildung eines Generalsekretariats, deffen Leiter der frühere Generalsekretär der Reparationsfommiffion, Smith, fein follte, a b- gelehnt Der Amerikaner Bate, Sekretär des Präsidenten Boung, wird zugleich Sekretär des Komitees fein. Das Komitee befaßte sich zuerst mit der Frage, ob die vierzehn Hilfsdelegierten regelmäßig an den Beratungen teilnehmen sollen.

Die Sachverständigen verpflichteten sich am Montag nochmals, Die Sachverständigen verpflichteten sich am Montag nochmals, über die Verhandlungen das strengste Stillschweigen zu wahren.

Der amtliche Bericht.  

Paris, 11. Februar.

Das über die erste Sigung ausgegebene Kommuniqué berichtet u. a.: Auf einen vom Gouverneur Moreau gestellten, von Dr. Schacht unterstüßten einstimmig angenommenen Antrag be schloß der Ausschuß folgende

Drahtung an General Dawes

abgehen zu laffen: Der zweite Sachverständigenausschuß übermittelt zu Beginn seiner ersten in   Paris abgehaltenen Sigung General Dames den Ausdrud seiner Hochschätzung und Berehrung und verleiht der Hoffnung Ausdrud, ebenso erfprießliche Arbeit leiften zu können wie die, die im Jahre 1924 unter dem Borsiz des Generals

Dawes vollbracht worden ist.

Die Räume im Hotel George V, wurden zum offiziellen Haupt. quartier und ständigen Berhandlungsort des Ausschusses bestimmt.

Weiter wurde einstimmig beschlossen, daß keine Sigungs. protototie geführt, sondern daß nur die Beschlüsse hriftlich niedergelegt werden sollen.

Da in der ersten Sizung lediglich eine vorläufige allgemeine Aussprache über die fünftigen Arbeiten geführt wurden, nahmen an der Sigung die stellvertretenden. Delegierten nicht teil. Nach Festlegung der formalen Fragen   leyte Gouverneur Moreau den franzöfifchen Standpunkt hinsichtlich der bevorstehenden Arbeiten in Kürze dar. Anschließend äußerten sich die übrigen Delegationen, und zwar Sir Josiah   Stamp für die   britische Delegation,   Pirelli für die italienische, Francqui für die belgische, Mori für die japanische, Morgan für die   amerikanische und Dr. Schacht für die deutsche Delagation. Daran schloß eine weitere Besprechung unter Heraus. arbeitung einzelner Punkte, die auf der nächsten Sigung zu be: handeln sein würden. Das Komitee vertagte sich sodann auf Diens­täglich um 11 Uhr vormittags und um 3 Uhr nachmittags tag 11 Uhr vormittags und beabsichtigt, bis auf weiteres wochen

Sihungen abzuhalten.

Die Rämpfe in Bombay.

Rach rubigerem Gonntag neu entbrannt.  

London, 11. Februar.( Eigenbericht.) Die in Bombah am Sonnabend verkündeten Aus­nahmebestimmungen haben zu einer vorübergehen den Entspannung geführt. Am Montag kam es jedoch wieder zu neuen Zusammenstößen, bei denen zahl reiche Personen getötet und verletzt wurden. Die Gesamtzahl der Toten ich auf 123, die der Schwer verlegten auf 759 gestiegen. Zahlreiche Personen ver­laffen fluchtartig Bombay, so dah Sonderzüge ein gelegt werden mußten.

Bostichedlonto:   Berlin 37 536.

Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wafftt. 65 Diskonto- Gesellschaft, Depofitentafie Lindenste. 3  

Moskaus Außenpolitik.

Auf den Wegen der internationalen Sozialdemokratie.

Im Auswärtigen   Amt in   Moskau versammelte der amtierende Volkskommissar   Litwinow am Sonnabend die ,, Herren Minister und Bevollmächtigten der Republiken Est­  land,   Lettland und   Polen sowie des Königreiches Rumänien" um sich, um mit ihnen gemeinschaftlich das Protokoll über das sofortige Infrafttreten des Kriegsverzichtvertrages zu unterzeichnen. winow begrüßte seine Gäfte mit großem Bergnügen", wie Lite er sagte und die amtliche Nachrichtenagentur alsbald in die Welt hinaustelegraphierte. Jeder, der an der Entwicklung des Kriegsverzichtgedankens im vergangenen Jahr teil­nahm, wird die freudige Genugtuung des bolschewistischen Staatsmannes teilen. Ist es doch seiner Initiative gelungen, auf den goldenen Tafeln der neuesten Weltgeschichte in die gleiche Beile seinen Namen einzumeißeln, auf der die übrigen Bäter des Kriegsverzichtes:   Stresemann, Zalesti,  Briand und   Kellogg geschrieben stehen.

Auch das übrige, daß   Litwinow namens der Regierung der USSR. feinen Gästen noch sonst amtlich zu sagen hatte, entstammt dem Geist der Friedenspolitik, wie sie sich allmäh­halb der zivilisierten Menschheit durchsetzt. Die Einladung folgen und aus der Angst vor einem neuen Weltkrieg inner­lich im Laufe der letzten Jahre unter dem Drud der Kriegs­der Sowjetregierung an ihre wesentlichen Nachbarstaaten, das allgemeine Infrafttreten des Kriegsverzichtvertrages nicht abzuwarten, sondern ihn sogleich durch die Unterzeich nung des nach feinem Urheber jogenannten   Litwinow- Bro­tofolis zugleich in Kraft zu sehen, ist deshalb in eriter Zinie  Sowjetunion zu betrachten". Litwinem bediente sich damit als Kundgebung des Friedens willens der des Jargons der in   Washington,   London.   Paris,   Berlin und dann hinzufügte, daß jede solche Abmachung von effektiver  Warschau zur Herrschaft gekommenen Ideologie. Benn er Bedeutung ist, sofern sie zur Berwirklichung des Abrüstungs­gedankens beiträgt", so war das ein Say, wie ihn die Welt aus den Noten und Reden Dr. Stresemanns jenes von den   deutschen Kommunisten als Imperialisten gescholtenen Staatsmannes her tennt, und wenn er gar erklärte, daß er für die ernsthafteste Friedensgarantie die Abrüstung hält, Verpflichtungen zur Wahrung des Friedens ift." fo lieft sich die eine wirkliche Garantie der moralischen und formellen das wie Säße aus den Beschlüffen der sozialistischen Inter­nationale, oder gar, um das schlimmste zu sagen. aus einem Leitartikel des Berwärts". In der Tat find die Staats­männer   Moskaus drauf und dran, von ihren eigenen An­hängern in den Ländern, wo die Demokratie ihnen die Frei­heit des Wortes verstattet, als Handlanger der Bourgeoisie verdächtigt zu werden.

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Es ist kein Zufall, daß in derselben Zeit, in der durch die Inangriffnahme der Reparationsendlösung für Deutschleud die Periode der Nachkriegszeit zu Ende geht, auch die Sowjet­  union Anschluß on die herrschenden nolitifchen Tendenzen der übrigen Welt findet. Die bolschewistische Revolution wollte zwar einmal diese ganze Welt auf den Kopf stellen, indem sie die Demokratien durch die Kommunistische   Partei umzu­stürzen versuchte und hier und da noch versucht. Die demo­fratisch organisierten Staaten reagierten vielfach damit, daß sie die politischen Beziehungen zur   Sowjetunion noch nicht wieder aufnahmen.( Tichechoslowakei, Belaien.   Holland und ganz   Amerika) oder sie auch wieder aufgaben( England,  China). Der Bolschewismus war auf die Dauer so wenig imstande. die Demokratien zu stürzen, wie die Demokratien, dem Bolschewismus den Garaus zu machen. So ist ein politisches Gleichgewicht zwischen diesen beiden Systemen eingetreten. Mehr und mehr gehen sie dazu über, fich ihre gegenseitige Achtung zu bezeugen.   Amerikanische Journalisten sigen seit Jahren in   Moskau. Der Sowjetbank­präsident wird nicht mehr als Juwelendieb und Safe­ist als Ehrengast in rad und weißer Meste bei den einbrecher betrachtet und in Sing Sing festaejekt, sondern Banketten, die ihm die New- Yorker gute Gesellschaft" gibt und toastet auf die geschäftlichen Beziehungen zwischen den beiden großen zukunftsreichen Ländern. Da kann selbst der alte Reichtum Englands nicht zurückbleiben. Er überwindet fein Schaudern vor den Zerstörern des Privateigentums. Der Reichsverband der   britischen Industrie entsendet in eini­gen Tagen eine Delegation, um die Absatz- und Anlagever­hältniffe in der   Sowjetunion zu studieren.

Die prinzipiellen politischen Gegensätze zwischen Boische­mismus und Demokratie treten jo mehr und mehr zurüd. Die wirtschaftlichen Gefeße des internationalen Lebens beginnen sich allmählich durchzuleken. Die Sowjet­  union sieht ökonomisch feinen anderen Weg. als den, den alle tapitalsarmen Länder gegangen sind: sich von den fa­vitalsreichen befruchten zu laffen Und während die beutsche Arbeiterbewegung Schritt für Schritt den Volksstaat er­und in Reich. Ländern und kommunen die Alleinherr­schaft des Kapitalismus zu brechen vermag, hat in Ruß­