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BERLIN  Dienstag 12. Februar 1929

Der Abend

Erfcheint tågli anfer Sexsteg. Fugleich Abenbausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 m. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin   SW68, Lindenstr. 3

10 Pf.

Nr. 72

B 36 46. Jahrgang.

66 anzeigenpreis: Die einfaltige Nonpareillezetts

Spälausgabe des Vorwärts

80 Vf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Boff& edtoute: Vorwärts- Verlag G. m. b. D., Berlin   Nr. 87536. Fernsprecher: Dönhof 292 bis 297

Schlafwagenzug verunglückt.

D- Bug Berlin  - Stuttgart  . Der Zugführer tot./ Viele Verletzte.

Ein schweres Eisenbahnunglück, das den Schlafwagen-| wih famen binnen 11 Minuten Sanitätsautos mit D- Zug Berlin  - Stuttgart   betraf, hat sich in der Nacht bei Gräfenhainichen  ( Provinz Sachsen  ) er eignet. Getötet wurde dabei der Zugführer des Zuges, schwerverlett vier Reisende. Die Zahl der Leichtverletten beträgt 14.

Das Haltefignal überfahren.

Infolge Ueberfahrens der Haltejignale in der Station Gräfen­ hainichen   fuhr der Schlafmagenzug D 70 Berlin  - München  auf den Schnellzug D 238 Berlin- Friedrichshafen   m der Nähe der Station Burgfemniz auf. Bon beiden Zügen wurden dabei die Packwagen und außerdem vom Schlafwagenzug der vorderste Schlafwagen zertrümmert. Drei Reisende und der Zug führer von D 238 wurden schwer, 14 Reisende bzw. Jugbegleiter leicht verletzt. Beide Hauptgleise waren die Nacht über bis heute in die frühen Morgenstunden hinein gesperrt. Wir erfahren über den Zusammenstoß folgende Einzelheiten:

Der Münchener   Schlafmagenzug D 70 perläßt Berlin  um 21,33 Uhr, also genau eine halbe Stunde nach dem bis Bitter­ feld   vor ihm liegenden Friedrichshafener   Schnellzug D 238, der vom Anhalter Bahnhof   um 21,03 1hr abfährt. Im Zusammenhang mit den zurzeit durch die außerordentliche Kälte entstehenden Berzüge

Der kamo

von

Peter Freuchen Reich illustriert A.Lehnert

Aerzten und Bersonal sowie die Werkfeuerwehr zur Un­glüdsstelle, von Bitterfeld   und Wittenberg   ferner Hilfszüge mit Arzt und Gerätemagen, so daß den Berunglückten, die aus den Trümmern der Bad- und Schlafwagen geborgen wurden, schnelle Hilfe zuteil

werden konnte.

Die Ursache des Unglücks

fiegt zweifelsfrei in der Nichtbeachtung des Haltesignals bei Gräfenhainichen   durch den Lokomotivführer des Münchener  Schlafwagenzuges, der ebenso wie der Heizer unverlegt blieb. Es handelt sich nach Mitteilung der Reichsbahn um einen als sehr zuverlässig befannten Beamten, der eine zehn- bis zwölfftündige Ruhepause hinter sich hatte. Nach seiner Darstellung will er infolge vollständiger Bereifung der Scheiben am Lokomotiv­führerstand das Haltesignal nicht erkannt haben. Seit heute früh 5 Uhr ist der Betrieb auf dieser Strede vorläufig eingleifig wieder aufgenommen worden.

Der Zugführer gestorben

Wie wir auf Anfrage vom Krantenhaus Karlsfeld erfahren, ist der Zugführer August Katz aus Berlin  , der bei dem Zu­janmenstoß im Badwagen des Friedrichshafener   Zuges schwer verlegt wurde, wenige Minuten nach feiner Einlieferung in das Krankenhaus an den Folgen einer schweren Gehirnverlegung ge­storben. Die schwerverletzten Fahrgäste befinden fich dagegen nicht in Lebensgefahr.

Automatische Zugbremse notwendig.

Das Zugunglüd, das nur durch Ueberfahren eines Haltefignales verursacht worden ist, beweist aufs neue die Notwendigteit der automatischen Zugbeeinflussung zur Sicherung des Eisenbahnverfehrs. Bisher sind von dem 53 000 Kilometer um fassenden Stredenneß der Reichsbahn 2900 Silometer mit diefer Zugficherung ausgerüstet, die das leberfahren von Haltefignalen sofort auf der Lokomotive anzeigt und den Führer auf seinen Irr tum aufmerksam macht. Nach der Statistik der Reichsbahn werden

lm Jahr auf den deutschen   Bahnen Insgesamt 600 Millionen Zug­filometer zurückgelegt und dabei, da durchschnittlich alle 550 Meter ein Signat steht, insgesamt rund 1,1 Milliarden Sig­nalbeobachtungen von Lokomotivführern vorgenommen. Die Zahl der falschen Beobachtungen beträgt nach den lezten Feststellungen im Jahre durchschnittlich 20, während sie vor dem Kriege rund 40 betrug.

Die Schwerverletzten.

Drei Insassen des Schlafwagens und der Zugführer des D 238, der sich im Badwegen aufhielt, waren so schwer verleßt, daß sie in den Krantenautos sofort in das Krantenhaus Karlsfeld  übergeführt werden mußten. Es handelt sich dabei um fol­gende Personen:

Dr. Frizz Bölde, München  ( Unterschentelbruch und Kopf­verlegung);

Direktor Mag Pohl, Berlin- Friedenau( Rippenbrüche); ein Amerikaner Albert Zöllner aus Chikago( beide Beine gebrochen);

Zugführer Katz( beide Beine gebrochen und innere Ver­legungen.

Die Namen der 14 Leichtverletzten,

die nach Anlegung von Notverbänden größtenteils die Reise fort­feßen fonnten, sind: Postassistent Mag Kuhlmey, Berlin  ; Kaufmann Jakob Luftgarten, Berlin  ; Kaufmann Ignaz Gott helf, Berlin  ; Frau Bach, Berlin  - Stegliz  ; Dr. Riehl, Berlin­Grunewald; Fabrifdirektor Richard Möbius  , Triest  ; Kaufmann Sopp, Berlin- Steglitz; Kaufmann Mag Krenzler, Berlin  ; Hutmacher   Willy Hofmann  , Ulm  ; Fabritbesiger Gustav G10­ber, Berlin  ; Frau Andrea Rosa Salva, Berlin  ; Schlafwagen­fchaffner Hans Klingert, Berlin  ; Packmeister Bachs, Berlin­Neukölln; Oberschaffner Hermann Hain, Berlin- Schöneberg.

Beide Hauptgleise waren bis heute früh gesperrt, so daß in beiden Richtungen Zugumleitungen vorgenommen werden mußten, was erhebliche Verspätungen im Verkehr zur Folge hatte.

beginnt, Katholizismus als Staatsreligion.

Donnerstag.

rungen in der Zugabfertigung hatte der Friedrichshafener  Schnellzug Verspätung, so daß hinter Wittenberg   die

Rom   als Doppelhauptstadt.

Rom  , 12. Februar.

Nach privaten Informationen besteht der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und Italien   aus einem Vorwort und 27 Artikeln. Diese Artikel bestimmen, daß die katholische Religion gemäß der Berfassung Staatsreligion ist. Der Heilige Stuhl   erhält die volle und absolute Souveränität im Vatikan   in seinem jeßigen Umfang. Der neue vatikanische Staat wird ausschließlich vom Heiligen Stuhl ohne Einmischung der italienischen Regierung verwaltet. Die italienische Regierung richtet in der vatikanischen Stadt alle öffentlichen Verkehrsmittel ein, darunter eme beiden züge ziemlich dicht hintereinander lagen. Infolgedessen Eisenbahnstation, sowie direkte Berbindungen mit der übrigen Weit murde für den Münchener Schlafwagenzug in der Ausfahrt aus der durch Telegraph, Radio, Telephon und Bost. Ein besonderes Ab Station Gräfenhainichen   das Signal auf Halt gelegt, da D 238 die kommen wird abgeschlossen über die vatikanischen Verkehrsmittel zu folgende Station Burgfemnitz, die 5 Kilometer entfernt ist, noch Lande und in der Luft über italienisches Gebiet. Ueber die in der nicht passiert hatte. Zum Entfehen des Stationspersonals von patikanischen Stadt wohnenden Personen übt der Heilige Stuhl die Gräfenhainichen   fuhr aber der Schlafwagenzug 70 mit voller vollen Hoheitsrechte aus. Besondere Vorrechte werden allen firch Geschwindigkeit durch den Bahnhof an dem deutlich rotes Lichtlichen Würdenträgern gewährt, auch wenn sie nicht in der vati­zeigenden Haftfignal vorbei, und wenige Augenblide später, um tanischen Stadt mahnen, ebenso den Mitgliedern des päpstlichen 23,10 Uhr war das Unglück geschehen: Der Münchener Zug fuhr Hofes und denjenigen Beamten, die der Heilige Stuhl für unab: auf den in ziemlich langsamer Fahrt unmittelbar vor der Station fömmlich erklärt. Die Erterritorialität wird den patriarchalischen Ba Burglemniz befindlichen Friedrichshafener   Zug auf. Wenn auch der filifen verliehen sowie einigen Gebäuden und Balästen außerhalb Anprall dadurch vermindert wurde, daß beide Züge in Fahrt waren der vatikanischen Stadt, in denen der Heilige Stuhl die päpstlichen und daß der Lokomotivführer des D 70 im letzten Moment, als er Aemter und erforderlichen Bureaus für seine Berwaltung unterhält. die roten Schlußlichter des vor ihm liegenden Zuges erkannte, die Stalien anerkennt das Recht Gesandtschaften zu schicken und Bremsen zog, fo war der Zusammenstoß doch noch folgenschwer zu erhalten. genug. Die Maschine des Münchener   Zurges drückte den am Schluß laufenden Badwagen von D 238 zusammen, während sich bei T 70 der hinter der Maschine laufende Badwagen mit dem folgenden ersten Schlafmagen ineinanderschoben. Aus den Wagentrümmern schollen gellende Hilferufe, als das Ber­sonal der beiden Züge zu Hilfe eilte. Auf den Alarm der Station Burgfennig fetten darn auch in fürzester Zeit die Rettungsmaß nahmen ein. Bon dem in der Nähe befindlichen Wert 3ichorne

Italien   errichtet beim Heiligen Stuhl eine Botschaft, und der Heilige Stuhl beim italienischen Hofe eine nuntiatur,

Dieser Nuntius mird der Doyen( Aelteste) des diplomatischen Korps. beim Quirinal   sein. Die Sehenswürdigkeiten und Kunst­denkmäler im Vatikan   und im Lateran   werden weiter dem Publi­fum zugänglich sein. Die Verbrechen, die in der vatikanischen Stadt begangen werden, werden vor den italienijgen Be

| hörden auf Grund einer Delegation( Bevollmächtigung) des Helli­gen Stuhls abgeurteilt. Diese Delegation fann von Fall zu Fall erteilt werden oder ein für allemal. Die vatikanische Autorität wird diejenigen Flüchtlinge, die sich Vergehen schuldig gemacht haben, bie nach der Gesetzgebung beider Staaten verfolgt werden, au 3= liefern. Der Heilige Stuhl   erklärt, daß er nicht beabsichtigt und daß er

nicht teilnehmen wird an internationalen Konferenzen. die zu solchen Zweden einberufen werden, es sei denn, daß seine Vermittlung von den interessierten Mächten angerufen wird. Aber

der Heilige Stuhl   behält sich vor, seine moralische und geistige Macht in die Wagschale zu werfen in allen solchen Fragen. Die patikanische Stadt wird infolgedessen stets und ewig

als neutrales und unverlegbares Gebiet zu betrachten sein. Der Vertrag schließt mit den Worten: Der Heilige Stuhl   er­flärt, daß mit diesem heutigen Vertrag alles gegeben worden ist, um in pollkommener Unabhängigkeit und Freiheit der freien Seel­jorge von Rom   und der Weltkirche zu genügen. Deswegen erklärt

ter Heilige Stuhl

endgültig die römische Frage für erledigt und anerkennt den italienischen Staat unter der Regierung des Hauses Savoyen   mit Rom   als Hauptstadt.

Italien   seinerseits anerkennt den Staat der vatikanischen Stadt unter der Souveränität des Heiligen Baters und anerkennt, daß

Die Kältewelle bleibt. Sabotierte Sowjelindustric.

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