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Beilage

Mittwoch, 13. Februar 1929

Tragödie der Neger

Spaziergang durch die Zivilisation in Afrika

Auf der Höhe von Dakar , an der Westküste Afritas, erhielten wir den Anruf eines Normegers: ,, Nehmt Kranken im nächsten Hafen!" Radiorückfrage: Ist Krankheit ansteckend?" Einige Sefunden, und wir haben die Antwort: Unfall!" Kutswechsel. Und einige Stunden hatten mir den verunglückten Heizer, dem ein niedersausender eiserner Kohlen­forb den Oberschenkel zermalmt hatte, an Bord. Fortschritt der Technik als Lebensretter. Aber mie wäre es gewesen, menn fein Schiff in der Nähe gemesen märe? Die Seefahrtsgesetze gestatten, deß Frachtschiffe bis zu 44 Mann ohne Schiffsarzt fahren, und und selbst unser Passagierschiff, das 90 Inder von Lvanda nach Free: town bringt, ist ohne ärztliche Hilfe. Zivilisation, Kultur, Hy­giene? Schon auf den Meeren beginnt es zu hapern, wenn der Geldbeutel zu flingeln aufhört. Und Afrika ! Hier im dunklen Weltteil sieht es traurig aus. Wir wollen nach Accra : der Hafen von Accra ist wegen drei Stun den Fieber" gesperrt. Drei Stunden Fieber?" Der Arzt des Militärhospitals erzählt: Ursache dieser alles dahinraffenden Seuche bie allgemeine Unsauberkeit der Eingeborenen, die Nähe der Sümpfe.... Aber, mein Gott, wie steht es mit dem Kampf gegen die Krankheit, wo ihr herd, was tut der Europäer, um sie einzu schränken? Der Arzt zuckt die Achseln. Mon dien, der Europäer leidet wenig unter diesem Fieber, ist fast immun, und wo nicht gerade ein schwarzer Diener diese Krankheit einschleppt aber die hält man sich ja in Afrika im allgemeinen zehn Schritt vom Leibe. Weshalb also die Aufregung? Man kann es nun einmal nicht än­dern, daß der Schwarze so anfällig ist.

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Ja ja, der Schwarze! Was schiert es den Bringer der Zivili­sation, wenn eine Fieberepidemie 18 000 Neger dahinrafft. Ein Chefarzt in Dafar gab mir Gelegenheit, das staatliche Kranken­haus zu besuchen, das unter militärischer Oberleitung steht. Der Generaloberstabsarzt erging fich gerade in dem herrlichen Balmen garten, der das Krankenhaus umfränzt. Die Krankenzimmer für je eine Person peinlich sauber, mit Linoleum ausgeschlagen, fließendes Wasser, große breite Fenster. Operationsfäle, Konzert­saal, Lesesaal, Riesenfüche, Wäscherei und Desinfektion, Hühner­farm, Ställe für Kleintier, Gemüsegarten.... Wenn ich das alles gehabt hätte, als ich im Kriege mit Lungenschuß in die Heimat fam! Ich blickte um mich und staunte. Doch plötzlich:

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,, Lieber Herr Dottor, wo find denn eigentlich die Patienten?" ,, Haben momentan nicht viel zu tun."

,, Aber ich bitte Sie, was man in der Stadt so sieht... ,, Was ich Ihnen gezeigt habe, ist nur für Offiziere, Regierungs­beamte und deren Frauen."

,, Und das Krankenhaus für die Eingeborenen?" Ein Räuspern, ein Rud:

Ja, wenn Sie wünschen, fönnen Sie sich auch das ansehen." Marsch durch glühende Sonne. Der Palmengarten verschwindet. Drei große Zelte. Stop.

,, Dies Zelt da ist für unsere braven Soldaten, das da für die Farbigen und das für die eingeborene Bevölkerung."

Ich schob den Vorhang zum dritten Zelt beiseite. Ein Besthouch trieb mich zurück. Auf der Erde, auf Matten ausgeftredt, lagen die Kranken. Eine junge Negerin, den bloßen Oberförper mit Ge­schwüren übersät. Um sie versammelt Berwandte, um mit Fächern die Fliegenschwärme von den offenen Wunden zu vertreiben. Neger mit offener Tuberkulose, Syphilitiker und zwischendurch hopst ein Junge in einem Giperband. Klosett, Bad? Unbekannte Ein­richtungen.

Na ja, das ist überall so im afrikanischen Kolonialgebiet. Wie oft habe ich das in den fleineren Städten gesehen: ein struppiger Bergabhang, der Frauen und Männern als Latrine dient. Und bitte, auch das ist faum vereinzelt, nicht weit davon die Markthalle, in der man vor Fliegengewimmel die Lebensmittel nicht sieht, mag auch ein Bäckerdugend roznäfiger, verlaufter Negerfinder mit Fächern auf die Fliegen losschlagen, daß sie auf den Früchten und Fleischbatzen den Heldentod sterben.

natürlich

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an

Nein, wirklich, man sage nichts, es gibt in Dafar sogar einen höheren Offizier, der die Stelle des Gesundheitsfommissars vertritt. Wer sollte sich auch besser dazu eignen! Da man ihm gesagt hat, im großen und ganzen sei alles gesund bis zur nächsten Epidemie glaubt er seine Pflicht getan zu haben. Und dann großartige Errungenschaft des Zivilisation! der Westküste findet man eine Leprainsel. Die Bevölkerung: Lepra­franke. Obwohl man ihnen bei Todesstrafe verboten hat, Boote oder Flöße zu bauen, fommt es oft genug vor, daß plößlich diese fürchterliche Krankheit bei den Fischern an der Küste auftritt. Pact so einen schwarzen Küstenfischer die Lepra 100 Hände betasten 100 Hände betasten ihn, bis er den Weg zum Arzt findet, Taufende atmen seinen tod­bringenden Odem ein. Und dann dieses ewige Spuden, das der Neger so liebt wie der Europäer das Zigarettenrauchen!

Der Abend

Zurück in den Busch. Da mag sein Stamm für ihn sorgen,[ Ramen gegeben hat, die unaufhör­wenn er es nicht vorzieht, zu trepieren!"

Aber da sind doch die Missionen? O ja, fie unterhalten in Kapstadt , Johannesburg und Durban fleine Stationen für franke Eingeborene der Genesende ist eine vorzügliche Arbeitskraft. Warum helft ihr dem Schwarzen nicht besser?"

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In Beira war es, daß ich diese Frage dem Oberarzt und seinem Personal stellte. Achselzucken. Kein Geld da und der Neger miß­traut uns und unserer Medizin, hat Angst vor Quälerei und vor Mißbrauch zu Studienzwecken. So sprechen die Engländer. So sprechen die Portugiesen.

Nur die Ambulatorien werden in Anspruch genommen und das in solch einem Umfange, daß man manchmal glaubt, die ganze Stadt sei verwundet. Kommt da eine Frau: ihr Mann hat ihr ein Ohr abgeschnitten, weil sie ihm untreu war. Vor einigen Nächten heulte es gotterbärmlich vor meinem Haus. Als wir gegen Morgen in den Garten sehen, liegt da ein junger Mann, halb verblütet: irgend­eine religiöse Sefte hat ihn fastriert. Täglich gibt es Dutzende von leichten Berwundungen. Nirgends sieht man so viele Krüppel, Hinkemänner und Einarmige. Unter den arbeitenden Negern fand ich wenige, denen nicht eine Zehe oder ein Finger fehlte. Sie spielen, die Neger, fie spielen bei der Arbeit und fönnen sich nicht auf die Maschine umstellen. Deswegen haben sie auch Abscheu vor der Maschine.

Lourenco Marques . Als ich mich einige Wochen in der Nähe der Stadt bei einer deutschen Familie erholte, schnitt ich einem fleinen Regermädchen einen tieffizenden Splitter aus dem Bein, desinfizierte die Wunde mit Jod und verband fie. Seitdem war mein Ruf als großer Arzt gemacht. Frühmorgens schon begannen mein Ruf als großer Arzt gemacht. Frühmorgens schon begannen meine Patienten auf der offenen Veranda herumzuschleichen. Später

magten sie es, mit ihren Gebrechen näher zukommen. Ich heilte Malaria mit den aufgesparten Vorräten aus der Schiffsapotheke, gab Abführmittel und Aspirin, zwei Dinge, die in den Tropen un­entbehrlich find. Geld nahm ich nicht.

So etwas war den guten Leuten noch nicht vorgekommen: denn Arzt sein, ist das beste Geschäft in Afrika . Da ich also fein Geld nahm, erhielt ich von meinen Patienten andere Dinge: Geschenke, Berlschnüre, Muscheln, Felle, Decken, Hüte, und einer wollte mir fogar ein junges Krokodil anbieten. Mein Zimmer sah sehr bald

wie ein Trödelladen aus.

So ging es beinahe 14 Tage, bis ich ein Schreiben vom Gou­verneur erhielt: Dem deutschen Arzt! Das Praktizieren ist nur den an der portugiesischen Universität approbierten Aerzten er­laubt." Wahrscheinlich hatte die Konkurrenz in der Stadt die Ver­maltung aufmerksam gemacht. Ich wurde aufgefordert, binnen 48 Stunden abzureisen oder meine Bescheinigung im Sekretariat vorzuweisen....

Tragödie der Neger. Tragödie der Krankheit. Nein, der Euro­päer, der Zivilisator sorgt nicht für den Neger, mag es auch einige Bersönlichkeiten geben, die leuchtendes Vorbild und Ausnahmen sind. Der Neger ist Arbeitstier, nicht mehr. Ist Stlave, auch heute noch. Die Peitsche auch sie spielt heute noch eine Rolle.

Ein trauriges Kapitel. Man fann es nicht schließen, ohne an die Schlafkrankheit zu denken, dieser fürchterlichsten der Seuchen, die die Stämme der Neger dezimieren. Nicht lange nach dem Stich der Ueberträgerin der Krankheit, der sogenannten Glossinenfliege, machen sich, sofern das Insekt mit den Erregern der Schlaffrankheit behaftet war, die ersten Krankheitserscheinungen bemerkbar. Binzige Keime sind es, die durch den

Saugrüffel mit einem Tröpflein Speichel in die Blutbahn des Menschen geimpft werden und die Keime, Trypanosomen, be= ginnen sich gewaltig zu ver mehren. Etwa 14 Tage nach dem Stich tritt Fieber auf. Schüttel­Da ist denn die erschreckende Zahl der Zuberkulosen an der frost, Kopfschmerzen. Plößlich Westküste Afrikas fein Wunder. Ich glaube wirklich, gesunde Reger wieder eine Fieberpause. Man findet man nur noch in der Wildnis, weitab von den Gefahren der glaubt sich beinahe gesund, aber Stadt, von dem Zusammengepferchtsein verschiedener Raffen, fern in gleichmäßigen Abständen von der Technik, die nirgends so viele Opfer fordert wie in den überfällt einen das Fieber immer Hauptstädten Afrikas . Wer fümmert sich hier um Schußvorrichtun Don neuem. Einige Wochen gen, die Gesundheit und Leben bewahren! Kann der Europäer und die Drüsen schwellen. Die dafür, daß die verspielte Art des Negers mit den Maschinen nicht Barasiten erobern Gehirn und fertig wird? Instruktionen und Schußvorrichtungen Rüdenmart. pah, was Nervöse Erschei Postet ein Nigger! Invaliditäts- und Krankenversicherungen gibt es nungen treten jetzt zutage, und nicht. das charakteristische Symptom der Krankheit, das der Seuche den

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Und was macht der Neger, wenn er arbeitsunfähig wird?"

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liche, unitillbare Schlafsucht.

So kann die Krankheit unter zunehmendem Verfall monatelang, ja jahrelang sich hinschleppen. Häu­figer pflegt die Schlafkrankheit in fürzerer Zeit zum Tode zu führen. Dem Europäer ist die Krankheit be­sonders gefährlich. Man beachtet zu wenig, daß sie auch Europa bedroht. Berichtete doch vor noch nicht langer Zeit der englische Gesundheits­ministe: im Unterhaus von 12 400 eingeschleppten Fällen, von denen in den letzten fünf Jahren 6000 tödlich verliesen!

Grausam ist diese Krankheit. Sie verändert in den meisten Fällen den Charakter des Opfers voltommen und führt zu schwersten moralischen Defekten. In Afrika wütet diese Geißel der Menschheit beispiellos. Sie verheert ganze Teile des Landes. Deutsche waren es, die ein beson­deres Mittel gegen die Schlaffrank­

Spalausgabe des Vorwants

heit fanden: Bayer 205" oder Germanin" genannt. Es wurde von der deutschen Wissenschaft in jenen Tagen der Deffentlichkeit übergeben, als Deutschland den afrikanischen Kolonialbesig verlor. Möge es dem afrikanischen Erdteil Segen bringen. Möge es nicht nur die Krankheit heilen, sondern den Kolonisatoren ein Mahn­zeichen dafür sein, daß Kolonisieren Arbeit für das Menschentum bedeutet, sei es nun weiß oder schwarz. Megerle v. Mühlfeld.

Diamanten, Diamanten!

Kurz vor Neujahr tobte auf den Diamantenfeldern Afrikas in der Alexanderbucht, an der Mündung des Oranjeflusses, eine regel­rechte Schlacht. Tausende von Abenteurern und Schmugglern aus aller Herren Länder, unter ihnen auch Farmer, die ihre Ländereien im Stich gelassen hatten, und Arbeiter aus den Fabriken waren hier zusammengeströmt, herangelockt von den Diamantenfeldern. Die englische Regierung ließ sie jedoch nicht heran. So lagen die Men­schen hier wochenlang, bestahlen und mordeten einander, litten Not und Hunger, ohne Hoffnung, von den Reichtümern der Diamanten­felder etwas abzubekommen. Dann wurden sie rebellisch, zerstörten die Hindernisse um die Felder, rannten die Polizei nieder und er­griffen von den Diamantenfeldern Besitz. In leidenschaftlicher Ar­beit suchten sie Diamanten, um noch vor Eintreffen des Militärs mit ihrer Beute zu verschwinden. Infanterie und Artillerie stellten die ,, Ordnung" wieder her.

Interessant ist die Geschichte dieser Diamantenfelder. Die Farmer, die in der Gegend lebten, hatten ebensowenig Ahnung von den Reichtümern unter ihren Füßen, wie die einheimischen Hotten­totten. Ganz zufällig stieß im Jahre 1920 der Engländer Cornel auf die glänzenden Steine im Sande. Er nahm einige Dußend davon zum Andenken nach England mit. Erst hier erfuhr er, daß es fich um Diamanten handele. Bald darauf starb er und nahm sein Ge­heimnis mit ins Grab. Einige Jahre später kam der Biologe Pro­fessor Marensti in die Gegend. Auch er fand Diamanten. Er machte von seiner Entdeckung der englischen Regierung Mitteilung, und diese gestattete ihm, ein Privatunternehmen zur Ausbeutung der Felder zu gründen. Den Arbeitern, etwa 70 an der Zahl, mar strengste Schweigepflicht auferlegt. In drei Monaten wurden Diamanten im Werte von 15 Millionen Mark abgeliefert. Vom September bis Dezember 1928 betrug die Ausbeute 120 Millionen Mart. Nur der Ministerpräsident, der Minister der Minen und der Finanzminister kannten das Geheimnis dieser Diamantenfelder. Man fürchtete, daß Tausende von Menschen dahinströmen würden, sobald es bekannt würde. Als aber ein Abgeordneter im Parlament Erklärungen über einen im Etat angegebenen Betrag Don 50 000 Mart forderte, war der Finanzminister gezwungen, reinen Wein einzuschenken.

Bettler im Auto

In Nordamerika rollen über die Landstraßen nicht nur die Autos der Reichen, des Mittelstandes und vieler Arbeiter, sondern auch die der Bettler. Woher sie ihre alten Kästen haben, ist dunkel; vielleicht laufen sie sie aus vierter Hand oder ziehen sie aus den Haufen stehengelassener Automobile hervor, die sich im Weichbild ieder amerikanischen Stadt finden. Sie fahren von Stadt zu Stadt. erbetteln Nahrung und Geld, um leben und ein paar Gallonen Gajolin" faufen zu können. Diese Autobettier sind so zahlreich geworden, daß fie ein ernsthaftes, soziales Problem bilden.

Interessanter noch als der Zug der Bettler ist die schier endlose Prozession der Erholungsreisenden". Biel Geld ist nicht dazu nötig mancher Farmer, der weniger als 4000 Marf Ein­tommen im Jahr hat, begibt sich furz nach der Aussaat und vor der Ernte auf die Reise. Kleine Lodenbefizer lassen ihre Geschäfte in der Hand der Gehilfen und begeben sich auf eine Tausendmeilen­tour. Geschäftsleute und Angehörige der freien Berufe fahren mit Beib, Kind und Golfschläger an die Sommerplätze. Altere Männer, die einst Befriedigung und Geltung in ihren Geschäften fanden, suchen sie jetzt im schnellen und andauernden Lenten ihres Wagens. Damen, deren Gatten auf langen Geschäftsreisen find, tun sich zu­sammen, um ein wenig von der Welt" zu sehen.

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Biele verachten das feste Duch über ihrem Haupt. Sie leben in 3elten, die sie entweder mitschleppen, oder in einem so= genamten Automobillager"( Camp) mieten. In diesen Camps fann man auch Bäder, einen Kochherd, Wäschereien bekommen alles für einen Dollar, mas nach amerikanischen Begriffen nicht teuer ist. Die größten dieser Camps fönnen tausend Wagen pro Nacht beherbergen.