Morgenausgabe
Nr. 77
A 39
46. Jahrgang
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Freitag
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Appell an die Solidarität.
Internationale Hilfe den politisch Berfolgten!
Der vom Erefutivkomitee der sozialistischen Arbeiter. Internationale an die ihm angeschlossenen Parteien gerichtete Appell an die Solidarität hat folgenden
Wortlaut:
Der Vormarsch des sozialistischen Proletariats vollzieht sich nicht in einer geraden Linie. In England ist es bis zur Schmelle der Machtergreifung vorgestoßen, in anderen Ländern wie in Belgien , Dänemart, Deutschland , Deutsch- Desterreich, Finnland , Frankreich , Norwegen , Schweden hat es starten Ein fluß auf Staat und Gesellschaft. In wieder anderen Ländern, wie Polen , Litauen , Jugoslawien , Spanien , hemmen diktatorische Kräfte die sozialistische Bewegung. Endlich haben wir Länder, wo die Arbeiter entrechtet sind. In Italien vernichtet blinde But der Reaktion und des Kapitals sozialistische Menschen geistig und törperlich. Leider werden
auch in Sowjetrußland Proletarier terrorifiert
in dem trügerischen Glauben, daß durch Entrechtung und gewaltsame Bevormundung breiter Maffen, die sozialistischen Ideen verwirklicht werden könnten!
Die Proletarier in den demokratischen Ländern, in denen die Arbeiter politische Bewegungsfreiheit befizen, haben in erhöhtem Maße doppelte Pflichten. Vor allem Erhaltung und Ausbau der Demokratien als fefte Bollwerke gegen die Reaktion! Die Bernichtung von Demofratien und die Ausschaltung Jeder öffentlichen Kontrolle in den diktatorisch regierten Ländern bedeutet auch eine ungeheure Gefahr für den Weltfrieden. Bichtiger denn je ist aber auch die Bekundung der internationalen Solidarität, um die Sozialisten in den Ländern ohne Demokratie widerstandsfähig zu erhalten.
Unsere Genoffen in den Ländern ohne Demokratie geben aller Welt ein Beispiel von Ueberzeugungstreue.
Berfolgt und gehegt, eingefertert und verbannt, frierend und hungernd, halten sie an ihrer sozialistischen Gesinnung feft, obgleich die Verleugnung ihrer Gesinnung genügen würde, sie von allem Terror zu befreien. Wir wissen, daß Diktatur und Systeme von Terror nur Episoden in der Geschichte des Kampfes zwischen Arbeit und Kapital sind, daß der Sozialismus auch über diese Gewalten hinweg zum Sieg schreiten wird. Wir helfen den Sieg beschleunigen, wenn wir unseren verfolgten Genoffen helfen.
Labour fiegt!
Der vierte Wahlerfolg in 2 Wochen.
London , 14. Februar.( Eigenbericht.) Die Arbeiterpartei hat im Wahlkreis Wansbeck den vierten Nachwahlsieg innerhalb zwei Wochen errungen; ihr Kandidat Shield erhielt 20 398, der konservative Bend 9612 und der liberale Briggs 5183 Stimmen. Die Arbeiterpartei hat bei den jüngsten vier Nachwahlen 54 901 Stimmen, die Konservativen 31 147
und die Liberalen 18 896 erhalten.
Ramsay Macdonald betont, daß das Ergebnis von Wansbeck die optimistischsten Voraussagungen in den Schatten stelle.
Seipel fördert die Heimwehr.
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Wir zählen die verfolgten Genossen mit Stolz zu uns. Ihr Opfer mut, ihr heldenhaftes Ausharren, dürfen nicht vergeblich sein. In vielen Fällen müssen die Genossen zuerst genügend Brot und Kleider haben, um sich vor dem Hungertod und vor dem Erfrieren zu retten, bevor sie politisch kämpfen können.
Die Lage der Deportierten und von den Ausnahmegerichten Verurteilten auf den liparischen Inseln Italiens und in den Gefängnissen Litauens erfordert die Bekundung unserer Solidarität. In Polen befinden sich Tausende von Männern und darität. In Polen befinden sich Tausende von Männern und Frauen wegen politischer Bergehen im Gefängnis, darunter viele. weil sie kulturelle Freiheiten für ihre Nation gefordert haben. In Ungarn und den Balkanländern werden zahlreiche Personen in die Gefängnisse geworfen, weil sie Aufaffungen vertreten, die im Gegensatz zu denen ihrer Regierungen stehen. In den tolonialen Gebieten, die teine Selbstregierung befizen, wird die Agitation für nationale Freiheit oft mit Kerker bestraft.
Aber auch in der Sowjetunion werden Sozialisten und, wie es die Ereignisse um Irohti von neuem der ganzen Welt vor Augen führen, selbst kommunisten, die nicht völlig regierungstreu find, ohne jegliche Untersuchung und ohne rechtliche Garantien als Konterrevolutionäre erflärt, zu Hunderten und Taufenden gefangen gefeht und nach Sibirien oder Zentralafien verbannt.
Diese Opfer des Terrors müssen von einer Unterstügung von 13 Mart monatlich vegetieren. Dazu werden sie aus den Gewerkschaften und aus den Genossenschaften ausgeschlossen. so daß ihnen jede Erwerbsmöglichkeit genommen wird und daß sie in der Versorgung mit Lebensmitteln außer halb der Geseze stehen.
Bir können und wollen nicht dulden, daß unsere Genossen in den Ländern ohne Demokratie ihrem Schicksal überlassen bleiben. Wer sonst sollte sich zu den terrorisierten Genossen bekennen, wer ihnen Beistand leisten, wenn nicht wir?
Zur Unterstügung der Genossen in den Ländern ohne Demofratie hat die Sozialistische Arbeiterinternationale den MatteottiFonds gegründet. Er wird aus freiwilligen Beiträgen erhalten.
Laßt uns den Matteotti- Fonds durch jene umfaffende Sammlungsaffion stärken!
Banktonto: Banf der Arbetter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65 Diskonto- Gesellschaft. Depofitentafle Lindenstr. 3
Die Blutlachen von Bombay.
Der Unterdrückungsfrieg gegen 3ndien. Von Franz Josef Furtwängler .
Reine Tragödie der Menchheitsgeschichte ist so entseglich. daß sie nicht neben Grauen und Elend auch ihr Gutes im Gefolge hätte. Die eurpäische Selbstzerfleischung, die wir in- meist unbewußter- Ueberheblichkeit ,, Weltkrieg" zu nennen pflegen, trieb die unterdrückten Völker Asiens empor und vorwärts in todmutigen Freiheitskampf. Das jüngste Ge mezzel in der indischen Millionenstadt zerriß jäh und gründlich die seit Kindheitstagen gläubig hingenommene Bropagandafabel von den Kämpfen der indischen Religionsbekenntnisse untereinander, die ihre Menschenopfer heischen. Auch der Harmloseste fragt, wieso gerade jezt, nach eben bewiesener Einmütigkeit im Ringen gegen die Fremdherrschaft, der Zufammenprall eifersüchtiger Glaubensgemeinden sich von der Kirmes- Schlägerei zur offenen Schlacht auswachſen konnte.
Lord Winterton, der, als„ Staatssekretär für großen Tributkolonie kontrolliert, hat uns die Antwort vorIndien" in London sigend, die Kabelnachrichten aus der weggenommen, als er gestern im Unterhaus gestand, daß, es sich hier um die letzten Konsequenzen eines sozialen Kampfes handle. Der Mordkampf ist tatsächlich nur im Zusammenhang mit den industriellen Kämpfen der letzten zehn Monate zu verstehen. Und wiederum fönnen diese sozialen Kämpfe nicht gewürdigt werden, ohne einen Seitenblick auf den neu entbrannten politischen Freiheitskampf.
Im legten November endigte der acht monatige Streit der Baumwoll pinnereien, der in seinem Berlaufe die sämtlichen hundertfünfzigtausend Spinner, Weber und sonstigen Tertilarbeiter der Stadt Bombay erfaßte. Die eng lische Regierung, voll Willfährigkeit gegen die Unternehmer, versorgte diese mit Streifbrechern aus dem Stamme der Pathans", von denen jezt in den Berichten über die angeblichen Religionstämpfe so häufig die Rede ist.„ Pathans"
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eigentlich Selbstbezeichnung der Afghanen heißen in Indien die Bewohner der nordwestlichen Grenzstriche. Ohne Eigenkultur, dem Islam afghanischer Färbung innerlich so fremd wie der Gedankenwelt Indiens . leben fie in Unwissenheit ein rohes Dasein, in dem fein Glaube und fein höher gerichtetes Wollen die niedersten Gewinntriebe hemmt. Solche Existenzen sind gegen Lohn und Sold für jeden Dienst zu dingen, und diese Tugenden"( wie der Lord Winterton im Unterhaus solche Eigenschaften nannte) murden denn auch feineswegs erit anläßlich des Streits in Bombay entdeckt.
Wer in Bombay, Madras, Ahmedabad , Caunpur, Kalkutta , die Tertilfabriken besucht, erblickt dort den Marktbuden ähnliche Holz- und Wellblechhütten, in denen rauchende, meist hochgewachsene braune Gefellen in bunter, nicht indischer Tracht, die Ellenbogen auf ein dickes Buch gestüht,
Jeder kann helfen, auch durch den bescheidensten Beitrag! einen Warenstapel bewachen Mit Wuchergewinnen be
Magistrat als Gewerbebehörde die Befugnis erteilt worden, Scheibenschießmaterial in den Handel zu bringen.
Das Parteihaus am Wienfluß beherbergt die Parteidruderei Borwärts", die Redaktion der Arbeiter- Zeitung und des„ Kleinen Blattes", den Parteivorstand, die Zentralen für Arbeiterbildung und Arbeiterreisen sowie des Republikanischen Schutzbundes u. a m.
Der Streich der Regierung ist ein neues Stüd ihres Kampfes gegen die Abwehr der fashistischen Heimwehren durch die bedrohte Arbeiterschaft. Am heutigen Freitag dürfte im Parlament darüber geredet werden. Für den Sonntag planen die Heimwehrler etwas in Wien !
Der Rationaltongreß warnt England vor Einmischung. Peshawar , 14. Februar.( Eigenbericht.)
Auflösung des Arbeiterschützenvereins- Hausfuchung im allahs drückt sich in verschiedenen Aktionen aus, an denen Moham
Parte haus.
Die wachsende Sympathie Indiens für die Sache manmedaner wie Hindus tätigen Anteil nehmen. Neben der& alifatLiga, die Versammlungen und Biltgottesdienste für den Sieg Wien , 14. Februar.( Eigenbericht.) Amanullahs veranstaltet, hat der Ausschuß des indischen NationalDie Regierung hat den Arbeiter- Jagd- und SchüßenDie Regierung hat den Arbeiter- Jagd- und Schühen- fongreffes eine Warnung an die anglo- indifche Regie. verein wegen angeblicher Ueberschreitung feiner Statuten auf- ung gerichtet, sich jeder Einmischung in die afghanischen Angeverein wegen angeblicher Ueberschreitung seiner Statuten auflegenheiten zu enthalten. Der indische Rote Halbmond geloft und zugleich eine Haussuchung in feinen Räumen im rüstet eine aus Aerzten und Krankenpflegern bestehende Hilfs. Parteihaus mit der Begründung vornehmen lassen, daß es sich um expedition aus, zu deren koffen auch die nichtmohammedanischen eine 3nventuraufnahme zur Feststellung des Vermögens Inder freiwillig beitragen. handele. Bor allem wurden die Räume der Waffenabgabeftelle durchsucht, aber nur erlaubte Jagdwaffen und Ausrüftungsgegenstände gefunden. Schließlich wurden auch die Kellerräume des Hauses einer Kontrolle unterzogen. Man fand hier eine Anzahl Gewehre, die zum Schuße des Hauses bestimmt waren. Der Verein hat gegen die Auflösung, die ganz ungefeßlich ist, Beschwerde erhoben.
Dem Arbeiterschützenverein war vor einiger Zeit vom
Die im afghanisch- indischen Grenzgebiet lebenden unabhängigen und friegerischen Stämme der Afridi, Mohmahd und Orat. fai haben beschloffen, fidh attiv an der Niederwe fung der afgha nischen Rebellen zu befei'igen. Sie sind im Begriff, unter Berzicht auf ihre inneren Streitigkeiten aus den besten Männern ihrer Stämme ein Hilfstorps zusammenzustellen, das sich unter den Befehl Amanullahs stellen soll.
treiben sie das doppelte Geschäft des Warenverkaufens und des Geldverleihens. Als einzige nicht Entwaffnete im peinlichst entwaffneten Indien treiben sie unter den wohlwollenden Blicken von Unternehmern und Regierungsbeamten gewaltsam Zins und Leihkapital von ihren Opfern ein und genießen zum Ueberfluß die Hilfe der Polizeitruppen, sobald die Waffenlosen sich gegen die ärgsten Bedrückungen der Nußnießer ihrer erwerbstätigen Bettelarmut aufbäumen. Die Pathans verdienen den Schutz der Regierung, denn sie befriedigen als Geldverleiher ein soziales B- dürfnis" sagt der Regierungsbeamte seiner britischen Majestät den aufbegehrenden indischen Arbeiterdelegationen. Wir brauchen die Kerle, sie wissen die Vorteile zu schäßen, die wir ihnen bieten und sind immer noch die beste Sicherung gegen den revolutionären eingeborenen Fabrikmob" flüstert er über die Schulter zu dem Befucher aus Europa ( dem er ohne weiteres genügend Imperialistensolidarität zutraut, um feinen unliebfamen Gebrauch von dem verratenen Geheimnis zu befürchten).
Der Riesenstreit von Bombaŋ brachte für die Pathans eine neue Gelegenheit, sich ihren Gönnern nüßlich zu er weifen. In Massen wurden sie aus dem Norden des Landes, wo sie am zahlreichsten wohnen, unter militärischem Schutze als Arbeitsmillige an die Streifstelle transportiert, waren aber selbstverständlich nicht in der Lage, den gigantifchen Textilbetrieb von Bombay in Gang zu setzen. Erst die darauffolgende Arbeitseinstellung bei dem weniger mächtigen Unternehmen der englischen Bombay Dil Company", die im vergangenen Dezember begann. ließ sie wirksamer in Tätigkeit treten und gab damit den Anstoß zu den Mezzeleien, die zurzeit noch im vollen Gange sind. Die Wilden aus dem Niemandsland der indischen Nordwestgrenze und die Söldner des englischen Militärs stechen und schießen vereint gegen die um ihre Lebensbedingungen ringenden Industriearbeiter der indischen Tertilmetropole: das ist der flare Tatbestand, an dem fein Geschwäß von religiösen Gegenfäßen etwas ändert, auch nicht die Tatsache, daß die Pathans der äußeren Zeremonie nach Mohammedaner find. Die Weber der Textilbetriebe sind überwieg nd echte, geistige und gläubige Be tenner der Mohammedreligion und fämpfen in Eintracht