Umschwungzeichen in Warschau .
Gesandter Rauscher bei Pilsudsti, Woiwode Graczynski in die Hauptstadt berufen.
Ulrich Rauscher , der Gesandte der deutschen Republit, besuchte heute den Kriegsminister und Regierungschef Pilsudski . Die Unterredung dauerte eineinhalb Stunden.
aftowi, 19. Februar.
Die Kaffowißer Zeitung" meldet, daß der Woiwode von Ober Schlesien sich gestern nach Warschau begeben hat. Die Reise wird in Zusammenhang gebracht mit der Auflösung des schlesischen Sejms und der Verhaftung des Abg. Ulih. Jn Warschau soll sich ein Um. schwung der Stimmung und eine Veränderung der Anschauungen über die 3 med mäßigteit diefer Regelung" der oberschlesischen Angelegenheit vorbereiten. Die„ Gazeta Robotnicza"( Arbeiterzeitung) hatte( wie bereits gemeldet) nachgewiesen, daß den gesetzlichen Formen für die Sejmauflösung nicht genügt, die Auflösung aljo gar nicht rechtens ist.
Inzwischen scheint man zu versuchen, dem Berhafteten nicht nur eine einmalige Gesetzesübertretung unterzuschieben, sondern den Hajtbefehl mit dem Verdacht zu rechtfertigen, daß Ulih mehrmals zur Desertion verholfen habe.
Wahlrechtsoftroi für Oftoberfchlesien!
Das Zentralorgan der polnischen sozialistischen Partet ,, Robotnik" führt am heutigen Dienstag aus, daß die Regierung und ihre Presse ins Auge fasse, die Wahlordnung für den ostoberschlesischen Gejm durch einen Ministerratsbeschluß zu regeln. Falls die Regierung, so erklärt das Blatt, tatsächlich die Absicht haben sollte, ein neues Wahlgefeß für Oberschlesien zu oftronieren, so werde das nur im schroffen Gegensaß zum oberschlesischen Statut geschehen fönnen und die Autonomie willkürlich durchbrechen.
Schleppender Gang in Paris . Roch immer Berfahrensfragen im Vordergrund. Paris , 19. Februar.( Eigenbericht.)
Das Sachverständigentomitee nahm am Dienstag morgen Erflärungen Dr. Schachts über das Ergebnis der feit Montag bezüglich des weiteren Ganges der Arbeiten gepflogenen Besprechungen entgegen. Die Sachverständigen vermochten hiernach nicht sogleich zu einer definitiven Entscheidung zu gelangen, sondern beschlossen, daß die Besprechungen unter Hinzuziehen weiterer Mitglieder fortgesetzt werden sollen. Es wurde eine Programm tommiffion gebildet, der außer Stamp und Schacht auch die Sachverständigen Subitsch( Italien ), Parmentier( Frankreich ) und Gutt( Belgien ) angehören. Die Kommission soll sich insbefondere darüber schlüssig werden, ob bestimmte Fragen wie die der Zahl und der Höhe der deutschen Annuitäten sowie der Kommerziali. fierung ber deutschen Schulb besser zuerst in Unterfomitees beraten oder gleich in der Ballversammlung besprochen werden sollen.
Südafrikas Schidialsfrage. Beiße oder Eingeborenenherrschaft.- Regierungsfrise. Condon, 19. Februar.( Eigenbericht.) Die füdafrikanische Regierung, eine Roalitionsre gierung zwischen Rationalisten und einem Flügel der südafrikanischen Arbeiterpartei, ist am Dienstag in einer gemeinsamen Sigung der Legislahir bei der Abstinnnung über die Eingeborenen- Wahlrechts bill mit 80 gegen 68 Stimmen unterlegen. Im Laufe der Debatte sprach fidh Ministerpräsident General Herzog mit großem Nachbrud gegen diese Gemährung absoluter Gleichberech tigung für die farbige Bevölkerung aus und betonte, diese sei nur unter der Boraussetzung möglich, daß die Weißen bereit seien, ihr Hab und Gut zu paden und das Land zu verlassen. General Herzog stellte weiter feft, die Eingeborenen müßten wissen, daß ihre Farbe rungen unmöglich seien. Es müsse ausgesprochen werden, daß der meiße Mann entschlossen sei, Südafrika zu regie ren. Falls man nicht schon jetzt energisch vorgehe, würden die Ein geborenen bald eine Mehrheit im südafrikanischen Parlament besigen
Rinderehen in England.
Berbotsgefeh in Beratung.
London , 19. Februar.( Eigenbericht.) Zu dem Gefeßentwurf, der Heiraten zwischen Personen unter 16 Jahren für mull und nichtig erflären foll, erklärte Lord Salis burn im Oberhaus, daß nach seinen Feststellungen in den letzten 12 Jahren in Großbritannien 318 Personen im Alter von 15, 28 Personen im Alter von 14 und drei Personen im Alter von 13 Jahren geheiratet hätten. Nach den bestehenden Gefeßen fei im Falle der Zustimmung der Eltern bzm. Bormünder die Ehe zwischen einem Mädchen und einem Knaben non 14 Jahren theoretisch mög lich. Die Deffentlichkeit fei por furzem durch Rachrichten über indische Kinderehen auf tieffte erschüttert morben; fie scheint jedoch nicht zu missen, daß die Lage in Großbritannien in mancher Be ziehung ebenso iſt.
mafa Das gelobte Land. boJCC
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Troßfi: Welch ein Glück für uns, meine Lieben, daß uns die Bolschewisierung Deutschlands vor zehn Jahren nicht geglückt ist!"
Wirtschaftsdebatte im Landtag.
Besprechung der Krise und ihrer Ursachen.
Im Landtag hat am Dienstag zum Etat der Handels- und| Soweit gehen wir mit den bürgerlichen Parteien zusammen; die Gewerbeverwaltung
Minister Dr. Schreiber gesprochen: Gesamtgüterumschlag und Gesamtbrennstoffverbrauch sind 1928 nicht mesentlich geringer gemejen als 1927. Die Krise der deutschen Wirtschaft besteht darin, daß die natürliche Zunahme der Wirtschaft unter blieben ist, die ein machsendes Bolt erfordert. Die jetzt schon 15 Monate dauernde Krise läßt die heilende Begleiterscheinung der Entspannung am Geldmarkt vermiffen. Das beweist gewisse
innere Störungen im Wirtschaftsorganismus. Konturfe und Zwangsvergleiche haben die Borkriegszahlen überschritten, obmohl der große Ausleseprozeß der Rationalisie rung schon narhergegangen war. Das Preisniveau ist unverändert geblieben, der Lebenshaltungsinder um 1 Bro3. gestiegen, die Rauftraft der Arbeiter mesentlich vermehrt worden: nach der Lohn. statistik ist der tarifmäßige Durchschnittswochenlohn bei den gelernten Arbeitern um 7,1, bei den ungelernten Arbeitern um 9,1 Proz. ges stiegen. Die stärkste Verschlechterung erfuhr der Arbeits morfi mit mehr als eine Million neuer Arbeitsloser. Die Krankheit der deutschen Wirtschaft geht zurück auf die übermäßige Höhe der Steuern, besonders der Realsteuern; sie hemmen die Kon furrenzfähigkeit. Deshalb erschiene mir eine Erhöhung der Umfanfteuer besonders verfebit( Lebhafte Bustimmung linfs.) Sur Sentung der Realsteuern wird man
den Gemeinden das Zuschlagsrecht zur Einkommensteuer geben müffen.
Wir brauchten jährlich mindestens 15 Milliarden neues Kapital, um die Wirtschaft weiter zu entwickeln. Müssen wir doch allein jährlich über 2 Milliarden in dem lange vernachlässigten Wohnungsbau investieren. Das Steigen des Binsfußes beweist, daß froß Auslandsanleihen der deutsche Kapitalbedarf unbefriedigt ist. Die Rentabilität der Wirtschaft ist zu gering, die Kauftraftvermeh rung ist der Kapitalneubildung vorausgeeilt.( ideripruch bei den Sozialdemokraten.) An die Ausfuhr der Borkriegs zeit reichen wir noch lange nicht heran. Deshalb merden wir auch nicht im stande sein, bei Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebenshaltung unsere Berpflichtungen abzubeden. Die deutsche Arbeiterschaft hat die Friedenslohnhöhe im allgemeinen erreicht, zum Teil überschritten. Trotzdem wäre es
falsch, von einem hohen Cohnniveau zu sprechen. Aber auch die Steigerung der Löhne und Gehälter wäre fein Heil mittel für die trante Wirtschaft, denn Lohn erhöhung bedeutet für Deutschland steigende Einfuhr ausländischer Kon fumartitel Die peutiche Lebenshaltung läßt sich deshalb nur parallel der Ausfuhr steigern. Als rohstoff- und fapitalarmes Land sind mir eben in einer ungünstigen Lage. Unsere Ge stehungskosten dürfen nicht steigen, sondern müssen möglichst noch gesen tt werden. Dadurch wird die Steigerungsfähigkeit des Reallohns begrenzt. Man muß nach einem gerechten Ausgleich suchen, und ich hoffe, daß auch die Sachverständigen in Bariseinen Ausgleich finden werden, der den Realitäten der deutschen Wirtschaftslage Rechnung trägt.
Abg. Thiele( Goz.):
Abhilfe erblicken wir auf einem anderen Weg. Wir versprechen uns bei der heutigen onarchijchen Wirtschaft wenig von Staatshilfe, denn die Macht des Etaates hat enge Grenzen. Grundsätzliche Borauslegung der Wirtschaftsbesserung wäre die Berbilligung der Verbrauchsgegenstände, die aber von den Kartellen und anderen Monopolen verhindert wird. Der allgemeine Breisstand ist troh der Krise hoch geblieben, aber da, wo Kartelle und Trusts den Markt beherrschen, sind die Preise sowohl für Rohstoffe wie für Fertigfabritate noch gestiegen. Eine
Beeinflussung der Preispolitik der Kartelle durch die Regierung ist nicht einmal in dem bescheidenen Rahmen der gesehlichen möglichteiten erfolgt
( Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Der Lohnanisil an, ber Produktion ist nicht gestiegen. Die Atmosphäre des Mißtrauens zwischen Unternehmern und Arbeitern, non der Jakob Gold fchmidt auf dem Banfiertag in Frankfurt a. D. gesprochen hat, ift geblieben; feine Forderung, die Arbeiter als gleichmichtigen unb gleichbedeutenden Fattor der Wirtschaft anzuerkennen, ist nicht er füllt. Deshalb fann von einer neuen Arbeitsgemeinschaft noch feine Rede sein.( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Dic Massenaussperrungen in der Eisenindustrie und jegt in der Texti industrie zeigen, daß das Unternehmertum die Borteile der Razionalisierung ausschließlich für sich haben mill. Auch bei sintender Konjunktur ift
faum irgendwo die Aufsichtsratstantieme gekürzt worden. Dies und ungeheure Beträge, die als Abschreibungen für die innere Stärkung der Betriebe permendet werden, hat der Minister in feiner Berechnung der deutschen Kapitalbildung vergesien und dadurch das Wirtschaftsbild völlig verzerrt.( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Unter der Herrschaft der Kartelle und Trusts hat sich, wie Professor Schmalenbach auf der Wiener Tagung deutscher Betriebswissenschaftler bewiesen hat, ein neues industriefcudales Barasitentum gebildet. Erhebliche Kapitalbeträge werden fehlgeleitet durch die Kämpfe um die Be teiligungsziffern und Quoten.
Die besondere Aufmert amfeit des Ministers lente ich auf die Absicht, beim polnischen Handelsvertrag 350 000 Tonnen polnische Kohle hereinzulassen. Das würde 10 000 2rbeiter in den Hungergebieten Ober- und Niederschlesiens dauernd arbeitslos machen. Sehr aufmerksam beobachten sollten Landes- und Reichs behörden
die Manipulationen deutscher Großunternehmungen, durch Gründung neuer Gesellschaften im Ausland sich teilweise der deutschen Steuerpflicht zu entziehen.
Mit allem Nachdruck wenden mir uns gegen den Berechtigungs unfug, der immer weiter greift. In Schreibstuben und bald auch in viele Gewerbe fommt der Volksschüler nicht hinein, der mit viers zehn Jahren die Bolksschule verlassen hat. Wir nähern uns auf diesem Gebiet blizschnell chinesischen Zuständen, und darin liegt eine Gefahr für das arbeitende Bolt, ebenso wie für die Industric. Wir entfernen uns leider immer weiter von dem Ideal, jebem befähigten deutschen Kind die Möglichkeit des Aufstiegs nach der Begabung zu eröffnen.( Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)
Nach Reden des Abg. von Gersdorff( Dnat.) gegen das Hilfergegen die reformistischen Gewertschaftsführer" wird die Weiter beratung auf Mittwoch 1 Uhr vertagt.
Stuttgarter Handwerkskammersfandal Jahres ift die Zahl der Arbeitslosen um 19 Proz. gewachsen.( Hört, dingsche Steuerprogramm und der Abg. Frau Ludewig( Komm.)
Berufungsurteil gegen den betrügerischen Präsidenten.
Stuttgart , 19. Februar.( Eigenbericht.) In der Berufungsverhandlung im Stuttgarter Handmertstammerprozeß gegen die beiden früheren Rammerpräsidenten Wolf und Fifer lautete das Urteil für Wolf, der in der ersten Instanz wegen fortgelegter erschwerter Un treue, Unterschlagung, Anstiftung zur Begünstigung, Urfundenver nichtung, Sittlichkeitsverbrechens um. zu insgesamt 3 Jahren 4 Monaten Gefängnis und 300 Mart Geldstrafe verurteilt worden war, auf 2 Jahre 8 Monate Gefängnis abzüg. fich 1 Jahr 2 Monate Untersuchungshaft und 300 Mart Gelbftrafe, die durch die Untersuchungshaft für verbüßt erachtet werden. Fischer war in der ersten Instanz zu 400 mart Geldstrafe verurteilt und wurde jegt freigesprochen.
Beide Angeklagte hatten als parlamentarische Vertreter der Deutschnationalen Bartei im politischen Leben Stuttgarts jahrelang eine große Rolle gespielt und das Bertrauen weiter Streife der Geperbetreibenden genossen. Durch die betrügerischen Manipula. tionen des Wolf murbe die Henbertstammer und damit hunderte non tleinen Handwerterleuten um einen Betrag von etwa 90 000 Mart betrogen,
Das Riefenheer der Arbeitslosen wächst von Monat zu Monat um hunderttausende. In den ersten 14 Tagen dieses hört! bei den Sozialdemokraten.) Ueber eine halbe Million Menschen ist in Deutschland jahrelang erwerbslos und fällt ben Ge meinden zur Last. Insgesamt ist jest über 3 Millionen Menschen mit den Familienangehörigen 9 millionen Berdienst und wirt faftliche Funktion entzogen. Es wäre die erste Pflicht der Wirtschaftsführer, diese Millionen Arbeitslofen wieder in die Bro übersehen dabei nicht die Reparationslast, Aber gerade deshalb be. buftion einzureihen.( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wir grüßen wir doppelt jebe Bolitif, die uns diese Last erleichtert Rechtsstehende Wirtschaftsführer denten darüber ganz anders als Herr Hugenberg, der ohnmächtige rabifale Bhrajen gegen die Reparation brischt.( Sehr wahr! fints, Unruhe rechts.) Wir hoffen, daß auch in Baris gesundes volkswirtschaftliches Denten über die Pläne der Machtpolitiker fiegen wird.
Die Last der Realsteuern ift gegenüber dem Borkriegsstand gewiß fehr gestiegen. Aber mit der Herabfegung der Steuergrundbeträge werden Sie nichts schaffen; Sie werden die Gemeindent mur zwingen, die Suflage heraufzufezen. Eine wirkliche Herablegung der Realsteuern ist nur bei anderer Finanzierung der Gemeinden mgölich: man fann ihnen nicht dauernd neue Lasten auferlegen, ohne ihnen neue Mittel zu geben.( Sehr wahr! links.) Das hohe 3insnipeau ist die folge des Berluftes an Betriebstapital durch Krieg und Inflation. Die
Kapitalbildung wird durch das Daniederliegen des ArbeitsMmarties and die hohe Zinslaft erschwert.
,, Das spricht für sich!" Löbe und die Kommunisten.
Die Rote Fahne " bringt zum Telegramm Trogkis an Löbe nichts als diefe turge Erläuterung:
Trogli als Schügling des Sozial! mperialisten Löbe das spricht für fich!
In der Tat, das spricht für fich. Aber neulich hat, wie hier erzählt wurde, auch Herr Münzenberg Löbes Bermittlung megen einer Reise durch Bolen erbeten und erhalten. Münzenberg als Schützling Löbes spricht das auch für sich?
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Gestern im Reichstag. Frau Arendsee ( Roman ) spricht und fann fein Ende finden. Höflich mahnt sie Löbe als Bräsident, zum Schluß zu kommen. Brampt ertönt aus den Reihen der Kommunisten der Zuruf: Sie austnet!"
Darauf Böbe: Ich frage, ob fich der Vhgeordnete, der mir das Wort Haustnecht zugerujen hat, melden will." Große Pauſe alles bleibt fumum.
Das( pricht auch für fich