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Beilage

Freitag, 22. Februar 1929

An Europa

Anklage gegen den Krieg

Jm Berlag Carolus- Druderei, Frankfurt a. M., ist ein furioses Büchlein herausgekommen: Der Damon des Krieges. Verfasser ist der polnische Geistliche Felig Mieszti Czersti. Er ist ein streitbarer Pazifist. Seine Betrachtungen über den Krieg sind bissig und voller Spott über dieses chriftliche Europa , das Gott zum Kronzeugen seiner unchristlichen Greuel anruft. Wir lassen einen Ab­schnitt aus dem Buch folgen.

Der große Krieg hat im ganzen 400 Milliarden Dollar gefoftet; nicht mitgerechnet seine Nebenprodufte, fleinere Kriege, den Wert vernichteter Existenzen, nicht mitgerechnet die Krüppcl, das Un çlüd, Arbeitsunfähigkeit, Waisenhum usw. Diese ungeheuerliche Summe fommt dem Wert fast aller fämpfenden Staaten gleich. Wahrhaftig: man kämpfte bis zum letzten verreckten Hund. Ja, schlimmer, denn außerdem sind noch die Schulden da, deren Umfang ben Wert des Schuldners, feines Weibes, Hauses und Esels um ein Mehrfaches übersteigt. Aber woher fam das Geld? Welche Hölle hat dieses fürchterliche Unternehmen finanziert"? Da sind also erst einmal. im ersten Feuer, sämtliche Ersparnisse der Bölker draufgegangen; und so bedeutend sie maren, reichten sie doch nur aus, um die Maschine anzuheizen, um die Transmissionsriemen und Kolben der Dampfschlachtbank in Bewegung zu setzen. Den Löwenanteil( 75 Broz.) machten Inlands- und Auslandsan'eihen aus; dann brachte die Inflation ihre 15 Proz. herbei, den Rest schließlich die Steuern. Als aber die Inlandsanleihen sich als Be­trügerei herausstellten und als die Auslandsanleihen rückgabefeind liche Neigungen zu offenbaren begannen, d. h. als es an Krediten zu mangeln anfing, da kam die Inflation und machte ganze Arbeit; und als sie dann schließlich fünstlich gebremst wurde, haben die Steuern die durch die Inflation Geschlagenen endgültig abgedrosselt. Die aus Konsum und Monopolsteuern entspringende Belastung be­trägt bei uns 22 3loty pro Kopf, in Deutschland das Doppelte, in England sogar das Zehnfache. Diese Belastung stieg in England 3. B. im Vergleich zu der Borkriegsbelastung um das Bierfacje. Dazu kommt noch eine weitere, selbstverständliche Folge: wegen der hohen Preise sind die Konsummormen gesunken, denn die Preise für Produkte stehen im umgekehrten Verhältnis zum Inder der Wohlhabenheit, die aber ist ungeheuer gemindert. Der Pole z. B. ißt fünfmal weniger Zucker als der Engländer; der Engländer jetzt weit weniger als vor dem Kriege. In dem Maße wie die Produkte sich verteuerten, verarmbe der Konsument, für den das Effen in vielen Fällen etwas Ueberflüffiges geworden ist und der selbst den normalen Berzehr als Lurus betrachten muß.

Dafür aber sind die Schatzforderungen der Staaten, der fis: falische Appetit und die dringenden, durch nichts zu beschwichtigen. den Bedürfnisse riesig angewachsen in der irrigen Boraussicht, daß der Konsument alles bezahlen und alles aufessen werde, daß er fogar den Krieg bezahlen, fremde Sünden fühnen und uneßbare Kriegsabfälle vertilgen fönne.

Die ungeheuerliche Sumune von 400 Milliarden Dollar müßte man bei täglich zehnstündiger Arbeitszeit und einem Dollar pro Sefunde 4000 Jahre lang zählen. Eie würden 800 Millionen Kilo miegen, für ihren Transport wären 80 000 Waggons ader 1600 Züge zu je 50 Waggons nötig. Was könnte man für dieses Geld alles kaufen! denkt der wahnsinnige Spieler und möchte sich den Kopf an der Wand einrennen. Leben und Segen und Lenz. Viel­leicht den Lenz der Völker, den umsonst erwarteten. Man hätte alle Damit glücklich machen, allen die Gewißheit des Morgen und ein ruhiges, reichliches Heute geben können. Man hätte allen Familien Deutschlands , Rußlands , Bolens, Frankreichs , Desterreichs, Italiens , Belgiens , Englands und der Bereinigten Staaten, wie Berger es beredmet hat, ein Haus für zweieinhalbtousend Dollar und dazu noch anderthalbtausend Dollar auf die hohe Kante schenken tönnen. In allen diesen Ländern, in jeder Stadt und in jedem größeren Städtchen wären 5 Millionen Dollar für Schulen, Waisenhäuser, Schwindfuchtsbekämpfung, Bildungszwecke, Bekämpfung der Trunk­sucht, des außergewöhnlichen und des alltäglichen Elends verfügbar gewesen. Außerdem wäre es noch möglich, jedes laufige, stinkende, voller Krankheitsfeime steckende Städtchen in einen Rosengarten und paradisus rusticorum( Bauernparadies) zu verwandeln, in jedem sauberen Ort des Westens der Bissenschaft und Kunst kristallene Baläfte zu errichten. Wege und Bahnen auszubauen, den Handel 31 veredeln und die Industrie zu beleben. Und dann wäre noch immer eine so große Summe übriggeblieben, daß man dafür 250 000 Menschen Unterhalt gewähren könnte, indem man z. B. jedem, der für Kultur und Bildung arbeitet, eine jährliche Pension von 1000 Dollar gewährte. Für den allerletzten Rest hätte man schließlich noch als Zugabe ganz Frankreich und Belgien kaufen können: vom Louvre angefangen bis zum letzten Gaul in der Provinz.

Wahrlich: Du hattest ein goldenes Horn, nur die Schnur ist dir geblieben." Aber das ist kein Ende, sondern nur ein Anfang, denn auch die Schnur ist verlorengegangen. Der Teufel hat die Kuh genommen, mag er auch den Strick einstecken. Von den riefi­gen Summen ist nichts übriggeblieben; weniger als nichts; Sch im meres als Null: Millionen Gräber, verwüstetes Land, verbrannte Städte und Dörfer, Stockung, Elend. Depression, Bankrott und Verzweiflung. Und nach dem großen Kriege fam die Aera fleiner Kriege, erschien der Bolschewismus. famen Anarchie, Verfall, der Ueberfall auf Bolen. Eingerissene Brüden, niedergebrannte Bahn­höfe. Städte und Niederlassungen brannten von neuem nieder und wurden gänzlich dem Erdboden gleichgemacht. In Rußland ging on einem einzigen Tage das gesamte ersparte Volksvermögen und ein Teil seiner Produktion in Flammen auf; es find Milliarden. Der Rest wurde von Würmern, Hunger, Bürgertriea und Genchen aufgefreffen. Rußland mit feinem unermeßlichen Reichtum ftellte das wirtschaft'iche Gleichgewicht Europas her, war Europas Korn­speicher und Scheuer. In Rukland allein find 30 Millionen Menschen durch Reft, Hunger, Feuer, Krieg und Tscheka umgekommen. Für dieses Geld könnte man... nur feufzen. Und was für Verluste in ganz Europa an Erschlagenen, Krüppeln, Invaliden, Apath schen, Unzufriedenen, Berzweifelben und heimlichen Feinden. Und was für Berluste an Fortschritt, was für eine fürchterliche Niederlage der Ethit, welcher Rückschritt der Kultur und des Wissens. Es gab im letzten Kriege und dessen Anhangfein insgesamt 22 850 000 Tote, dazu die Toten und Verwundeten aus der Kriegsindustrie plus un berechenbare Folgen des Terrors, der Kopflosigkeit, des allgemeinen Ruins, des moralischen Jrrfinns.

Der Abend

Shalausgabe des Vorwärts

Das Lichtfünkchen

Von Kurt Eisner

Irgendwo in einem fernen fremden Erdteil, vielleicht auch auf einem anderen verloren im Universum freisenden Stern, grenzen zwei Bölfer aneinander. Nur ein schmaler Bach, den man in stiller Zeit durchwaten kann, scheidet die beiden Bölter; eine Holzbrücke, schwank und morsch, führt hinüber.

So eng die beiden Nachbarvölfer gefellt sind, sie haben nichts miteinander gemein.

Nur eine Million Seelen zählt das eine, in 50 Millionen ent­faltet sich das andere Bolt, aber an Land befißt die eine Million das Fünfzigfache des Raumes, auf dem die 50 Millionen haufen. In dem Bolk der einen Million besitzt jeder eine weite Fläche fruchtbaren Landes, jeder Paläste mit zahllosen Räumen, funft vollen Möbeln und allerlei schwelgerischem Gerät. Indessen die Paläste verfallen denn die Hände der Besitzer verstehen sich nicht auf Maurer, Zimmerer, Schlosser und Malerarbeit. Die Möbel erblinden, und das Gerät rostet, denn ihre Arme reichen nicht aus, um auch nur den Staub von den tausend kostbaren Dingen zu ent­fernen. Nur ein Fenster halten sie noch sauber, um doch durch die Scheiben in die Sonne sehen zu können. Und die Felder sind dürr oder überwuchert von Unfraut. Nur einige Handbreiten sind mit elenden Korn, Küchen- und Futtergewächsen bestanden. In den Stallruinen stehen traurig ein paar Stück mageren Biches, frank und schmutzig; wenn sie es schlachten wollen, probieren sie müh felig mit grausam stumpfen, rostigen und schartigen Messern; denn wer wollte sie wohl, bei der Fülle zu bewältigender Arbeit, immer schleifen und säubern! Fällt der Regen nicht reichlich, so geht auch das wenige zugrunde! Die Kleider, die einmal aus edlem Samt und Gold bestanden haben müssen, find mürbe, fledig und häßlich geworden. Die jungen Fräulein sticheln wohl zur Aufbesserung ihres Kostüms jeidenen Zierat, aber die Vorräte von Garn sind nur noch [ pärlich. Etle Dünfte brüten über den Palästen.

In den Kellern hat das Bolf, jeder einzelne, unendliche Haufen von Gold und Edelsteinen aufgespeichert. Aber alle Rücken zu­sammen sind nicht start und zahlreich genug, um auch nur das ge­münzte Gold vom Drte zu bewegen.

In der Erde schlummern ungenugi gewaltige Lager von Kohle und Erzen wer vermag fie zu fördern!

Zum Schutze gegen die Feinde haben sie Millionen furchtbarer Kanonen, Maschinengewehre, Flinten, doch wer soll alle die Mord­werkzeuge bedienen? Wahre Gebirge von Pulver und anderen Sprengstoffen türmen sich auf; fie fönnten höchstens die ganze Masse auf einmal zur Explosion bringen, aber sie nicht verwerten. In den Häfen der Küste liegen zahllose Panzerfolosse, tot und stumm seit undenklicher Zeit, plumpe, sinnlose Klöße: niemand vermag fie zu heizen, zu lenfen.

Finster und feindselig sind die Gedanken dieses Boltes, sie denten an Blut, Zerstörung fie hassen alles..

einander in engen Löchern. Der fleißig bestellte Boden reicht nicht Jenseits des Baches aber, die 50 millionen drängen sich über aus, um den Hunger zu stillen. Sie haben kein Geld, feine Schäße, feine Kanonen, Gewehre und Banzerschiffe.. Aber ihre starken Kohle und Erze, Wälder und Wasserkräfte! Doch die Natur, in die Arme schaffen ohne Unterlaß. Ach, wenn sie nur Land hätten, fie gebannt find, ist arm und gibt auch dem Schweiß mur geringe Mittel her. Sie arbeiten alle miteinander, schlafen bei offenen Türen, sie haben nichts, das man ihnen stehlen könnte; und sie lieben sich, es fürchtet nicht der Mensch den Menschen. Darum sind sie wohl auch, trotz allem Elend, so aufrecht, heiter, voll von Sehnsucht und Vertrauen auf ihre Kraft und ihre Zukunft. Heiter sind ihre Gedanken, und sie lachen gern.

Den Forscher und Denker, dem ich von diesen beiden Bölkern erzählte, fragte ich, wie er sich wohl das Verhältnis der beiden Bölter zueinander dächte.

,, Das läßt sich, auch ohne daß ich jemals den Fuß in jene Welt gefeßt, mit astronomischer Sicherheit ermeffen. Das Bolt der einen Million lebt natürlich in ewiger Sorge, zu verhungern, unter den Trümmern der eigenen Palöste umzukommen. Tag und Nacht

Butunda!

Väterchens Krieg gegen die Affen

Das rote Staatsarchiv in Moskau veröffentlicht bisher unbe­fanntes Material über den Russisch- Japanischen Krieg, der im Jahre 1904 ausbrach).

Als nach Abbruch der diplomatischen Beziehungen die Ia paner ohne vorherige Kriegserklärung die russische Flotte in Port Arthur überfielen, brach in Petersburg ein Sturm der Entrüstung los. Wir werden die Affen unter unseren müßen begraben," jagte der Kriegsminister Kuropatkin . Er hatte ein Jahr vor her Gelegenheit gehabt, während einer Reise in Japan einem Offi­ziersrennen beizuwohnen. Zehn Difiziere waren vor seinen Augen von den Pferden gefallen. Der russische Kriegsminister fagte damals zu seinem Adjutanten: Schöne Kavallerie! Das sind ja richtige Affen, die nicht reiten fönnen." Lassen Sie sich nicht täuschen, Exzellenz, erwiderte der Adjutant, General Linewitsch. Sie machen es abfichtlich, um uns irrezuführen." Zu seinem Schaden wollte der Kriegsminister den Berichten der russischen Militär­agenten im Fernen Osten feinen Glauben schenken.

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Während die Japaner über die russischen Streitkräfte glänzend informiert waren spottete die Unwissenheit des russischen General stabs jeber Beschreibung. Geographische Karten der Mandschurei maren im Generalstab überhaupt nicht vorhanden. Auf einer topo graphischen Starte befanden sich zahlreiche Dörfer, die ein und die selbe Bezeichnung Butunda trugen. Es stellte sich heraus, daß der Topograph diesen Namen auf die Karte eingetragen hatte, weil der chinesische Führer ihm auf seine Frage nach dem Namen des Dorfes stets" Butunda", was im mandschurischen Dialekt: Jch weiß nicht heißt, geantwortet hatte.

Trotz der miserablen Organisation der russischen Wehrmacht im Fernen Osten wurde der Krieg mit den Affen" als ein angenehmer Spaziergang betrachtet. Eine Armee von Tänzerinnen und Ka barettfängerinnen begleitete die Offiziere der faiserlichen Garde nach dem Fernen Diten. Am 31. März murde das Flaggschijf des tommandierenden Admirals Matarom Petropamlomft" von den

schreckt sie die Angst, das Nachbarvolt tönnte sie überfallen, diese ungeheure physische Uebermacht würde sich ihrer Schäße und Waffen bemächtigen und die Wehrlosen ausrotten. Es muß furchtbar sein, in der ewigen Furcht solcher Gefahr zu leben; denn dieses Bolf der Million hat nichts außer tote, für sie unnüze Materie und die anderen befizen alles: die Zahl, die Kraft, die Arbeit, den Mut und den hellen, fröhlichen, schaffenden Geist. Und eines Tages werden die 50 Millionen auch den Bach überschreiten aber nicht als Feinde, sondern als Erlöser als Feinde, sondern als Erlöser, sie werden all die ungefüge, finnlose Maierie, den toten Reid; tum zur Auferstehung bringen: diese Grenzüberschreitung wird das Paradies erschaffen. So ist's, ich wette meinen Professorenkopf darum; es kann nicht anders sein!" ,, Das glaubte ich auch anfangs," erwiderte ich ,,, aber als ich näher zusah, entdeckte ich, daß alles genau umgefehrt war. haben Ihren Professorenkopf vermettet!"

Sie

,, Unmöglich!" jagte der Forscher und Denter unerschüttert! ,, llnmöglich vielleicht, aber jedenfalls wirklich! Die eine Million betrachtete sich als das Herrenvolt, unbesieglich und über allem Rechte und Besize thronend, unendlich reich, start, gebietend über die Welt, und fähig, jeden Augenblick die 50 Millionen nach ihrem Willen zu lenken, zu beugen, zu zerschmettern."

,, Die Möglichkeit solcher dummen und blinden Einbildungen will ich nicht leugnen. Diese Million war offenbar in ihrer end­losen Not geistig entartet und unterlag den Halluzinationen des Größenwahnsinns. Auf solchem Boden mußte ja jede geistige Er frantung wuchern. Indessen, diese Wahnvorstellungen gingen die anderen nichts an. Sie lachten darüber."

,, Reineswegs! Die eine Milloin dachte nur, mas die 50 Mil­lionen fühlten. Dieses große und rustige Bolf von 50 Millionen lebte in dem Gedanken, daß es ohmmächtig sei, jederzeit von den Nachbarn völlig zertreten werden tönne. Sie fürchteten das Gold, das Land, die Kahle, die Waffen der einen Million!"

,, Aber das war doch samt und sonders wesenloser Sput!"

,, Das glaubten die anderen feineswegs. 3war fühlten sie das Unerträgliche, daß alle ihre Kraft, alle ihre Arbeit ihr Elend nicht linderte, aber sie sahen fein Mittel, das Glück und die Macht zu erobern. Ihnen fehlte ja alles."

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Fehlte? Sie brauchten doch nur hinüberzugehen und zu holen, was sie brauchten. Wer hätte ihnen widerstehen können?" ,, Sie sind schließlich auch über den Bach gegangen. ,, Nun also," triumphierte der Forscher und Denter. ,, Und sie erneuten für jene die Paläste, bestellten für jene die Aecker, holten für jene die Schäße aus dem Boden, schleppten für iene das Gold und bedienten für jene die Kanonen, Gewehre und Panzerschiffe. Ganz wehrlos, ganz ohnmächtig fühlten sie sich, schmachteten in Elend und Not. Und die Besten unter ihnen lop marterten sich die Köpfe, welche Mittel es wohl für sie gäbe, der hundert Methoden und verwarfen sie alle wieder als unmöglich, als Uebermacht der einen Million Herr zu werden. Sie erfannen sich zwecklos."

,, Sie reden von einem Reich des Wahnsinns," lachte der Denker und Forscher.

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Ich rede von gestern und heute und morgen, von euch und uns, von einer Wirklichkeit, die Ihren Wahnsinn als die Bermunft, und Ihre Bernunft als den Wahnsinn gefeßlich festlegte!" ,, Das ist tolle Phantasie," erklärte der Professor ,, Ge= spenstergeschichten aus Nebelheim, wo man den Golem als Gott fürchtet. Die 50 Millionen hatten doch alle Mittel der Macht, und die eine Million keines. Was brauchten die 50 Millionen da erſt nach Wegen zu suchen, sie erstickten ja fast im Ueberfluß der Macht­mittel!"

,, Ja," sagte ich, und das Blut drang mir zum Herzen ,,, sie hatten wohl alle Mittel, aber es fehlte ihnen das Mittel, das einzige Mittel, die Welt für sich zu erobern: das fleine winzige Licht­fünfchen, das die Macht über alles Elend bedeutet, das Fünchen, das im Gehirn aufleuchtet: die Erkenntnis."

( Aus Welt werde froh!", Berlag Büchergilde Gutenberg, Berlin .)

Japanern torpediert. Der Großfürst Kyrill, der derzeitige. Au­wärter auf den Thron des 3aren, der sich an Bord befand, rettete fich durch einen Sprung ins Wasser. Der Admiral Mafarow und der große russische Schlachtenmaler Werests chagin gingen mit der ganzen Mannschaft unter. Der neue Befehlshaber der Flotte, Admiral Strydlow, verzögerte mit Absicht seine Ab­reise aus Petersburg , um so spät wie möglich am Kriegsschauplatz einzutreffen. Als er Petersburg endlich verließ, war Port Arthur bereits belagert, und der Admiral konnte den ganzen Krieg im gut geschützten und von keiner Seite bedrohten Wladiwostot verbringen. Im August 1904 fand die blutigste Schlacht des Krieges bei Liao- Yang statt. Aus den Veröffentlichungen des Archivs geht her­vor, daß die Russen hier die einzige Gelegenheit hatten, den Feld­zug zu gewinnen Die Berichte des englischen Generais Hamil­ton, der dem japanischen Hauptquartier attachiert mar, lassen er­fennen, daß Marschall Oyama wegen Mangels an Muntion den Befehl zum Rückzug erteilte; die Verluste der Japaner waren sehr groß, und auch nur ein schwacher Druck seitens der Russen hätte genügt, um die japanische Armee vollständig zu vernichten Groß war die Freude des japanischen Marschalls, als er eine halbe Stunde nach der Erteilung seines Befehls erfuhr, daß die russische Armee auf Befehl Kuropattins Liao- Yang geräumt und sich zurüdgezogen habe. Marschall Oyama griff darauf von neuem an.

Am 14 mai 1905 spielte fich die erschütternde Tragödie bei Thushima ab. Die ruffische Flotte hatte den Befehl, sich um des Prestiges willen zu opfern. Ungenügend bewaffnet, ohne Basis, ohne Kohlenstation ging die russische Flotte dem sicheren Untergang entgegen. Am 14. Mai wurde sie von der qualitativ weit über legenen japanischen Flotte in den Grund gebohrt. Der Großfürst Aierej, der Leiter des Marinestabes, hatte, wie man jetzt aus den Archivveröffentlichungen erfährt, die Gelder, die für den Auf­bau der Zarenflotte bestimmt waren, für seine Freundin, die fran zöfifche Schauspielerin Baletta, ausgegeben. Er hatte ihr u. a. eine Badewanne aus Gold mit Edelsteinen geschmidt bestellt.

Die Empörung über das turklose Opfer war damals in den Kreisen der russischen Intellektuellen ungeheuer. Die Niederlage bei Tushima gab den Anlaß zu der ersten revolutionären Bewegung, die zwölf Jahre später ben. 3arenthron in Trümmer fchlug.