Mittwoch 27. Februar 1929
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Beilage des Vorwärts
Masse SEeUerslröm: ?lls Fanny ihr Stichwort gesagt hatte, verlieh sie die Bühn« mit der würdigen Njien«, die zu ihrer Rolle pahle. Als sie aber in die Kulissen gegangen war, bekam ihr Gesicht sein libernotürliches Aussehen. und sie ries de» Herren und Dameit, die ihr Auftreten«r- vxzrlelen, zu: ,L>a sitzt ein Mensch im Zuschauerraum und schnarchtl Er über- tönt das gan�e Stück! Ich hob« kaum verstanden, was Philipp gesagt Hot. Ich denke nicht daran, aus die Bühne zu gehen, wenn das mit seiner Sägerei so weiter geht!" ..Er ist vielleicht müde und hat das Stück schon mal gesehen," sagte der Komiker, der auch hinter den Kulisien witzig war.»Laßt ihn schlafen. Er ist glücklich." „Andersion. sehen Sie doch mal nach, wer das ist, und werfen Sie ihn raus!" sagte Fanny. Andersson ging und kam In der Pause zurück und sagte: „Es war Herr Felix, der da saß und schnarchte. Er ist auf- gewacht, als es lm Zuschauerraum hell wurde, und jetzt hat er sich in den zweiten Rang gesetzt." Herr Felix war Schauspieler an diesem Theater und war abend- frei, und Fanny sagte: „Setzt sich Felix In unser eigenes Theatsr und schläftl Und stört feine Kollegen bei ihrer Arbeit! Es ist wirklich uiwrhöktl Dos muh man dem Direktor melden! Er könnte doch In«in anderes Theater gehen, wenn er unbedingt mitten am Tage schlafe» muh." „Er schläft im Rang weiter," sagte der Komiker.„Das gehört zu seinem System. Im nächsten Akt sitzt er vielleicht Im Foyer und schläft. Er hat es sich ebenso eingerichtet." „Merkwürdig," sagt» der alte Eharakterspteler und machte die Garderobentür zu, um von den Bühnenarbeitern nicht gestört zu werden.„Was habt ihr denn?" Der Komiker legt« eine Perücke beiseite, die auf einem Stuhl lag, und erwidert«: "Felix hat lahrelang an Schlaflosigkeit gelitten. Er bat alle er- Dentllchen Mittel probiert: Beronal, Ehloral. Autosuggestion, Luft- bäder und Zählen bis M MO. aber nichts hat geholfen. Da kam er oines Tages auf sein Mittel. Er stiehlt sich ein Schläfchen. W» er Gelegenheit findet. So geht es. Man weih ja selbst wle es ist. Man schläft nie so gut. als wenn es gelegentlich geschieh», in der Bahn, im Kino usw. E» ist aber sehr unrecht van Felix, hier in seinem eigenen Theater zu sitzen und zu schlafen. Aber er Hot wohl weiter nichts vor. Und dann Hot er sa hier Freibilletts. Ich kenne die Gewohnheiten von Felix und weih, daß«r seinen Schlaf gewöhnlich mit Hille seiner Wirtschafterin zu Hause erledigt, aber sie hat vielleicht heut« Atiend frei, das arnee Wurm." „Wie mache» sie das eigentlich?" „Ka.— sr zieht sich den Schlafrock an, fetzt sich in einen Lehn. stuhl Im Salon, und dann sagt er zu sewer Wirtschasterin:., .Jkarie, seien Sie so gut. und weckatfSic mich in ungefähr einer Stunde." Dann drusebtz��ekn,�1iiit dem BewuWsxin, daß er nur «in» Stund « Zeit hat, urch dah dl« Zeit, gut ausgenutzt werden muß. Er schläft so ruhig und tzüs wie ein Schuljunge, der morgens noch ein« Disrtelstund« Zeit bat.-he er aufzustehen braucht. Wenn die Stunde um ist, kommt die Wirtschosrerin und weckt ihn, und dann sag er:„Rur noch eine Stunde. Mariechen!" Und so schlast er seilic fünf, fach« Stunden. Dann steht er aus, gehl In die Diele Hindus, l«hnt sich gegen einen Pfeiler und schläit da seine süßeste Btertel- stund«. Dann zieht er sich an und ist fertig." „lfta, aber dt« Wirtschafterin, die kann doch nicht schlafen, es «eckt st« doch niemand all« Stunden." „Die schläft am Tag«, und im übrigen opseri st« sich auf. Sie ist doch em Weib." Der Eharakterspieler sitzt Mit gekreuzten Armen da und sieh« sich fein eigenes Gesicht im Spiegel gegenüber an. Er ist an diesen Anblick gewöhnt und ist schon längst über dos Unangenehme dabei himveggekommsn. Dann sagt er: „ÖS ist schade um Felix. Uebrigens Hobe ich einen Herrn ge- kannt. der sich fast ebenso benommen hat. Das heißt, der schlief zwar nacht» ordentlich in seinem Bett, wenigstens meist, aber außerdem hatte«r eine klein« Eigenheit. Er schlief in Fristersalons. Wen» er so«In Lokal Tetrat und den Mantel umbckommen hatte, schlief er ein, bis er geschoren und fertig war. Lind hieh der Mann. Es war ein grohcr, starker Mensch mit rotem Bart und hatte«Inen etwas schwerfälligen Gang. Wir kannten uns, und eines Tages spielte ich ihm einen Streich, der vielleicht nicht so ganz fein war. Man war damals ein bißchen jünger und nahm es nicht so genau. Ich saß eines Tages in demselben Frisisxsalon, i» dem er zu schlasen und geschoren Zu werden pflegte. Er trat ein, nahm lieben mir Platz, Uetz den Kopf sinken und schlief ei» wie immer. Der Friseur schar Ihn erst mit der Maschine im Genick und dann mit der Schere oben aus dem Kops. Er wollte ihn gerade«in bißchen mit Lau cke Portugal waschen, als ich sagte: „Bitte, einen Augenblick! Herr Lind hat mich gebeten, Ihnen, falls er«inschlief«, zu sagen, daß Sie ihm Boll- und Schnurrbart abnehmen möchten." Das war sehr gemein, und das einzige, was mich bei der Ge- schichte beruhigt, ist. daß mir Lind den Unfug völlig verziehen hat. Also der Friseur, der ein junger Mensch und in dieser Stellung neu war. fing ohne Bedenken an, mit der Maschinenschece, größte Rum- wer, zu arbeiten. Damale wurde es modern, glatt rostert zu lein. Wahrscheinlich fand er nichts Besonderes dabei, daß ein Herr wünschte, seinen Bart los zu werden. ill» Linds halbes Gesicht kohl war. wurde ich unruchig und wollte mich drücken, um seinem Erwachen zu«ntgehen. Aber die N«ugter, wie so ablausen würde, hielt mich zurück. Allmählich wurde d«r ruhig schlafend« Lind also seinen Bgll- und Schnurrbart tos. Er wurde etwa zehn Jahr« jünger durch diese Sur. und es sreuu mich. daß er bedeutend bester aussah: e« stand ihm gut, glatt rasiert zu sein, und ich wollt« ihm das gleich sagen, sobald er erwacht«. ifle der Friseur mit seiner Ärdeit fertig war. nahm er ihm d«n Mantel ab und sagt» sein übliche»„Bitte sehr." Lind erwachte« wyrf«inen Blick in den Gpiegst.«U man e« zu tun pflegt, w«nn man g»scharen und barbiert worden ist. und entdeckte ein fremdes Gesicht, da« ihm«ntgegenstarrt». Sein erster Gedanke mar. daß»r nnmer noch schlief« und träumt«, weshalb«r die Augen auf» neye schloß und wieder in den Stuhl zurücksank. So saß er still und ließ sein Gehirn arbeiten. Rein,«r sckllef nicht. Er hörte Stimmen Ivi Zimmer,«in« Tür. di« aus. und zugemach» wurde, und da» Geräusch der schneidenden Scheren. Er betastete sich vorsichtig im Gesicht, sühit«, daß sein Bart weg x, sein alter, roter Bart, und sein Schnurrbart. Sem Gesicht war
Schlaflosigkeil so gWtt und sein Kimi so klein. Er umsoßle die beiden Lehnen, stand auf und sah von Neuem in den Spiegel. Jetzt war«r es selbst, der da stand. Er erkannte sein Gesicht wieder. Es war allerdings mehrere Jahre her, seitdem er es gesehen hatte, aber er wußte doch, wem es gehörte. Es ist überflüssig, die Geschichte damit zu verlängern, wie wir die Sache unter uns abmachten. Wir aßen ein Frühstück zusammen, ein etwas unruhiges, denn Lind stürzte olle Augenblicke ms Vestibül, um sich im Spiegel zu besehen. Es kam mir so vor, als sähe er jedesmal fröhlicher aus, wenn er wiederkam. Aber Plötzlich legte er Mesier und Gabel hin, starrte mich an und sagt«: „Meine Frau. — was soll die bloß sagen?! Sie ist doch an dieses Aussehen nicht gewöhnt." „Sie wird hocherfreut sein," sagte ich. „Es ist ja gerade wie ein neuer Mann ohne all« Scheidungs- jchercr«i. Aber Ich sollte ihr di« Sache vielleicht ein bißchen vorsichtig beibringen. Vielleicht Per Telephon, so daß sie vorbereitet ist. Rein, dann würde sie vielleicht unruhig werden. Ich gehe zu Mittag nach Hause, wie ich bin. Schlimmstenfalls muh ich mich vorstellen." Wir trennten uns. Lind ging in sein Bureau, und als die Arbeit für diese» Tag erledigt war, ging er nach Hause. Er kam vor seine Entreetiir, blieb stehen und dachte: „Sog ich selbst ausmachen, oder soll ich klingeln? Ich werde klingeln. Da» ist ein bißchen mehr Ueberroschung." > Lind klingelte Es dauerte einen Augenblick, einen spannenden, und dann kam grau Lind selbst und Machte auf. Sie sah ihren Mann kalt Und fremd an und hotte den Eindruck, daß er der Kassierer von den Gaswerken war, der mit der Rechnung kam, und sie sagt«:
„Mein Mann ist nicht zu Haus«. Kommen Sie, bitte, nächste Woche wieder." Und dann machte sie die Tür zu.. Lind blieb vor der Tür stehen. Dann ging er leise die Treppe hinunter, während er dacht«: „Ich traue mich nicht hineinzugehen. Sie war nicht in der Laune, daß ich es riskiere." Lind ging in die Stadt, aß mit ein paar Freunden Mittag, nachdem er zu Haufe angeklingelt hatte, daß er geschäftlich ausgc- halten würde, was ja auch einein Mann passieren kann, der nicht seinen Vollbart verloren hat. Es wurde spät, wie es zu werden pflegt, und mitten in der Nacht kam Lind nach Haufe. Er machte behutsam die Entreetiir auf und zog sich die Stiesel schon im Korridor aus,«ine Gewohnheit, die beinah««in Atävis- mus bei den Ehemännern genannt werden kann. Frau Lind schltes, als ihr Mann ins Zimmer trat,.und sie schlief noch immer, als ihr Mann leise ins Bett neben Ihr kroch. Aber wie alle Frauen, deren Männer aus sind, schlief Fron Lind nur mit einem Auge und einem Ohr, und nach einer Weile erwachte sie richtig und knipste das elektrische Licht an, um zu sehen, ob ihr Mann nach Hmsie gekommen wäre. Sie guckte ins Nebenbett, sah den Kassierer von den Gaswerken mit ofienem Munde daliegen, stieß einen gellenden Schrei aus und fiel in Ohnmacht. Es dauerte verschiedene Tage und kostete«in solennes Restaurantmiltagbrot, ehe Frau Lind wieder zu vollem Bewußtsein gelangte. Obgleich verschiedene. Jahre seitdem vergangen sind, kömmt es heute Noch vor, daß sie mitten in der Nacht answacht, LW macht und nachsieht, ob es ihr Maiin oder ein Gaskasiierer Ist, der im Bett danebenliegt. Es kommt nie vor, daß es ein anderer als ihr Mann ist, und«r ist immer noch glattrasiert, was bewirkt, daß er nun bedeutend ruhiger in den Frisiersalons schläft. s?>>s tmn Schweblschrn wm«»« Slvenstrvp und Sreitfl.)
S)ie Welt- mm JirankenbeU aus
Fünf Tage— endlose Zelt. Untätig zu liegen: immer an d!« Decke ZU stiere»! ein wenig seitwärts, an die weißgetünchtc Wand. Manchmal jür Minuten die Augen zu schließen nur um sie wieder zu öffne»... und diese paar monoloneu Quadratmeter Raum im Blickfeld zti haben! Berzweiflung! Wie longsam die Stunden, die Bierietstunden, die Minuten verrinnen! So sinnlos hier zu liegen, hilflos dem Uu- endlichen Zug zmcckloser Gedanken ausgeliefert zu sein: den umnög- lichsten Dingen nachzusinnen.... Dabei wartot so viel Arbeit, daß sie getan werde; Mahnt Im Bewußjein wie ein versprechen, das man leiöhlsertig brach. Draußen vor dem Fenster,'zwischen dem schmalen Ausstlintlt, den der Häuserschacht freisiSt..s�gelt ein«.rosarot« Mkükt�aiN Äb�nd- Himmel..,. Morgen werde Ich aufstehen und übermorgen. gleich hinunter zum Fluß gehen, an seinen Ufern spazieren, Roch nie- mal»— nur in dieser Sehnsucht de» Kranken � war er so breit und gewaliig, nie hat er sa stolz seine Wasiermosien gewälzt, und wo' er sich durch die Brückenbogen zwängt, schäumt er bald so gewaitig wle der Ohio . Ohio ! Wie lange lst es schon her, daß wir mit jenem alten klapperigen Raddampfer von Madison nach Covington fuhren. Es war an einem Iummofgen; über der flachen Landschast hing noch da» graufahlc Licht der Frühdommerung. und die Moskitos surrten und sirrten ihr blutrünstig Lied im nahen Uferried. Und setzt verteufelt l siege ich hier im Bett, in einem weihen Zimmer, se!t Tagen: untätig, aber voll böser Unruhe. 4* Wie jämmerlich bin ich Kreatur, ich Mensch, wenn der Kadaver, der armselige Körper, nicht mittut. Es hilft nichts ihn zu miß- achten, um gesund zu werden. Im Gegenteil! Predige einer noch einmal, daß der Geist alles, der Körper nichts sei Falschmünzer! Er soll die schlaflosen Nächte ertragen: von Hitze- und Kälteschauern geschüttelt, von Hustenkrämpfcn hin ui�» hergeworsen, vom Orgelpfeifen der Bronchien unterhallen werden--- und dann noch den Mut hoben zu sagen, daß der Körper nichts seil Wie erbärmlich lst diese Kreatur Mensch, wenn Krankheit sie packt.
Jetzt tn diesen lagen, da ich armselig hier seslliege, wandert Freund R. in den Vogesen , Heut« früh kam eine Karte vom Donov. Sind es wirklich erst vier Monat« her? Hoch, zwischen ichwarz„ grünen Tannenwäldern auf der Terrasse de» Gasthauses saßen wir: drunten, irgendwo im Dunst, hinter vielen Wegblegungen log Skratzburg. Sahen wir nicht am Abend vorher das Westtor de» Münsters sich klingend heben wle eine kostbar reiche Kulisse im Hintergrund der alten schmalen Gasse? Und ist«» tn dieser Stunde noch wahr? Schlenderten wir wirklich es war schon spät In der Rächt und kauns. war das Glück der Pervundeicheit zu tragen ätt hcrIh. derp.ctinneiungslrichf n Flüs), der vie�., IugS.NdkrH um ö dnrflMwTii. der Vergangenheit nNd Gegenwart verschmolz. Dstzt.ist.R In den VogeseN , und ich'li.egh' da.... Wo» ist? Schönheit der Erinnerung? Rur Qual, einer motten und irren Gegenwart. -» Ob 9t wohl den R. gelrfrffen hat? Jener war immer mein Feind! Schon in der Schule war er ein Kriecher. Aber die Frauen liebten Ihn. Seine falsche Dämonie.... Ich will nicht wciterdenken. Jeder Einfall wird bitter und schwäch. Ich will lesen... aber das Buch, die geliebten vertrauten Verse, klingen nicht. Etwas von Arzneigenich schwebt über den Worte». Ich kann nicht lesen.... Ich muß wich aufraffen. Die Dumpfheit der Kissen mach» mich rasend. Ich will sehen, ob nicht der Geist den Körper besiegt! * Hier liege ich wieder. Ich war aus, wollte durch'« Zimmer an» Fenster gehe».... Alles kreist« und schaukelte. Das Gehirn verweigerte d«N Dienst, die Knie schwankten. Schivach und zehrend fließt das Blut durch den Körper. Ich will nichts mehr verlangen, als den armen Kopf in die Kissen zu betten, den Körper einzuhüllen in die zärtliche Decke. Und rnhig liegen. warten, bis die Krankheit geht und s f e kommt: die köstliche Befreiung, die Gesundung. Rur schlafen, schlasen. � Kurt Ossenburg.
'Jch lese wieder QedkMe In den ersten Monaten des Krieges,«he ich hinauszog in die Gräben vor Reime und Verdun , las ich oft stundenlang Gedichte. Im Park der Baterstadt, ein Knabe noch, ein verliebter Itiiigllng, ein kleiner, einsamer Mann dann fast—— aber daNN kamen zwölf Jahre der Verwüstung des Lebens und der Landschaft, des Irrens und VerzwslfelNs, vor allem: wie müde und ziellös wurde alles. Ich mußt« zehn Stunden am Tag im Bureau und später in der Redaktion sitzen. Von möblierten Zimmern zu möblierten Zimmern geworfen, später, als ich heiratete, auch jahrelang in Aftermiete behaust, schachern und feilschen lernen, GÄd zusammenkratzen, und sachgemäß ausgeben— äll das ließ keine feinen, reinen Gefühle mehr keimen. So oft ich in jenen zerrissenen Jähre» aber Nach einem Gedicht- buch griff, war die Stunde nicht gekommen, da ich sie einsog, so wie es von uns, mit den Blumen verglichen, bei Rilke heißt: Wir GeipaltsaMen. wir währen länger. Aber wann, in welchem aller Leben. sind wir endlich dsfe» urch Empfänger? ... sind wir endlich offen... Ich bin's wieder. Ich trank Verse. Dunkle, verhauchte. Sonnige und nebelhafte. Rote und blaue. Ich sprach sie vor Mich hin. sad« silberne Silbe auf den Lippen, und den Reim wle die Blume«Ines Wernes long« nachschmeckend. Ich hielt st« gegen das Licht des schönen Sommertagee, der über meinem Heim log, dent staktternen Haus zwischen den Gärten. Nun bin ich wieder zu Hau». An den Schläfen schon grau. 'Gehetzt in der Jagd ums nackte Dasein. Aber so weit habe lch'S wieder gebracht: zu Haus zu sein, meine» Schreibtisch, meinen Bücherschrank haben, die Rücken der Bücher streicheln, aus ihren Titeln schönes Leben träumen, fühlen und eins ergreifen und lesen.
indes mit grüner Freude Bäume und Wiesen eine sonnenvolle Ein- santkelt vor dein Fenster lautlos hinbttitcn.'•■• . Ausgeruht, zittern di« Nerven nur noch leise nach, ihr Er- beben glättet sich bald ganz, die Seele wird ein stiller Spiegel eines weltenfernen Sees von Azur, und darauf kommt das Märchenjchiff geschwommen: das Gedicht. Hier ist die Liebe eingekehrt und singt, Eine reine einsame Liebe. Ich wein« vor jungem, wiedergekehrtem Kmibcnglück. Mein Lächeln begleitet das Schijs wie ein« Schar silberner Möwen. Die kostbaren Jugendstunden, die ein kleines Buch in«ine MUsa, sotemnis verwandelten, orgeln wieder mit ganzer Macht, Klarheit umgibt mich. Wunschlosigkeit. Vers um Vers,«tnc Silberslotte, schwebt aus dem See der Seele. Und ich singe rein und gut, fern, fern der Welt Rilkes Orpheuslied: Wandelt sich rasch auch die Welt wie Wolkengestalten, alles Vollendete fällt hell» zum Urallen. lieber den Wandel und Gang,'' weiter und fröler, währt noch dein Vör-Gesang, Gott mll d«r Leier. Nicht sind die Leiden erkannt, nicht ist die Liebe gslernt, und was tw Tod UN» entlarvt, ist Nicht entschleiert.' Sinzig das Lied überm Land heiligt und setert. Liebes, liebes Lied! Geliebtes Hauchw«ien meiner EiNfanckeitZ Ich hob« w teder einmal Atem geholt. Ick, weiß, daß dies rätselhajte Lslten noch Nicht ins Smnlos«, Leet« gealtert ist. Roch nichts ist ausgekostet bis ins Letzte. Verse sind nicht Schalheiten. Verse sind Heimkehr in die Seele, die verschollen war im Toben der großen Stadt.. Alfred Hein .