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Morgenausgabe Nr. 107

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-46. Iahrgang

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Berliner Voltsblatt

Oiensiag 5. Marz 1929 Groß-Äerlin 10 Pf. Auswärts 15 pf.

Die einspaltige Nonpareillezelle 80 Pfennig. Reklame eile 6. Reich». mark. - druckte! fettgedruaie ll 12 Pfennio. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmartt Zeile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeiaen- annähme im Hauptgeschäft Linden- straß« 3. wochentägl. von S'/z bis 17 Uhr.

Jentralorsan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Amtsantritt Herbert Hoovers. Mitarbeit an internationaler Zriedeussicherung Kernbleibe« vom Völkerbund.

Washington . 4. März.(Eigenbericht) Am Montag erfolgte die Amtseinsetzung des neuen Präsidenten der Bereinigten Staaten, Herbert C. H o o v« r. Di« Anteilnahme der Bevölkerung an diesem feierlichen Akt war gewaltig. Hoooer und seine Frau fuhren am Geißen Haus vor. wo sie non Präsident C o o l i d g e und Frau empfangen wurden. Coolidge und Hoover fuhren dann gemeinsam noch dem Kapital, wo die Der- eidigung vollzogen wurde. Der Weg war von großen Menschen- Massen umsäumt. Beiden Präsidenten wurden große Ovationen zuteil. Auf den Stufen des Kapitals legt« Hoooer den Eid ab. Er hielt dann eine'Programmrede, in der er betonte, Fortschritt. Wohlfahrt und Friede der Dereinigten Staaten seien aufs engste verbunden mit Fortschritt, Wohlfahrt und Frieden der ganzen Menschheit. Die vereinigten Staaten wallten weder Ausdehnung ihre» Gebiete», noch Vorherrschaft über andere Völker. Die gesamte Bevölkerung habe Anspruch auf dieselben wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten und dieselben Bildungs« Möglichkeiten. Die amerikanische Jugend erstrebe eine wirkliche Gemeinschaft der Menschen. Dieser neu« amerikanische Realismus/ sagt« Hoover wörtlich. wird seinen Ausdruck darin finden, praktisch mitzu- arbeiten an ollen nützlichen internationalen Unternehmungen. Wir rviMschcn ben Frieden in der Well

verbreitert zu sehen und wir wünschen, die Herrschast der Gerechtig- kell und des Verstandes zu stabilisieren, sowie die Gewalt aus- z u r o t t e n. Di« Annahme des Kellogg -Paktes sollte zu einer wei­teten Abrüstung führen. Wir bieten der Welt ein ehrliches Angebot, abzurüsten. Dies« Abrüstung bedingt aber auch die Bervoll- kommnung aller Organe, die geeignet sind, die friedliche Regelung von Konflikten zwischen den lstationen zu erleichtern. Wir werden jede vernünftige Methode der Vermittlung, Schlichtung, Schiedsgerichtsbarkeit und ähnlicher Organisationen uMerstützen. Amerika ist unter den bekannten Vorbehalten bereit. dem haoger weltschiedsgericht-hos beizutreten. Das amerikanische Volk ist der- Ausfassung, daß es seine Friedensnrissson am besten erfüllen kann, ohne Mitglied de» Völkerbundes zu sein und ohne dadurch die Verpflichtung aus sich zu nehmen, sich unter Umständen an der Regelung von Konflikten zwischen Drillen beteiligen zu müssen." Staatssekretär Kellogg , an dessen Stelle in Hoovers Kabinett S t i m s o n treten wird, führt wahrscheinlich bis zum l. April die Geschäfte noch weller. Die Einschränkung der Einwanderung.. New Vork. 4. März. Nach«instündiger Sitzung ist der Senat in die Ferien gegongen, so daß Hoooer am l. April die Verordnung erlassen muh, durch die dag neue Quotengesetz in Kraft gesetzt wird, wonach eine Senkung der deutschen Einwanderungsquote von 51 227 auf 24908 erfolgt.

Don innen gesehen. Die Reichswehr and das sozialdemokratische Wehrprogramm

Ein Reichswehrangehöriger schreibt uns: Die lebendigen Debatten in der Sozialdemokratie die Wehrfrage sind auch an dem fortgeschrittenen Teü Reichswehr nicht unbemerkt vorübergegangen. Obwohl Reichswehranaehörigen keine Möglichkeit haben, sich ftac bürgerlich und parteipolitisch zu betätiaen. kann es ibi

die ...., staats- bürgerlich und parteipolitisch zu betätigen, kann es ihnen nicht gleichgültig sein, wie die größte politische Partei Deutsch- lands, die gegenwärtig Regierungspartei ist und später ein- mal die Mehrheit in den Parlamenten erlangen will, sich zur Wehrfrage und zum gegenwärtigen Heer einstellt. Vor allem sei bemerkt, daß es eine irrige Auffassung ist, die in größeren Kreisen d�r Partei immer wieder an- zutreffen ist, daß die gesamte Reichswehr in der Wurzel verdorben sei und daß man dieser Reichswehr kein Ver- trauen entgegenbringen könne. Ganz abgesehen davon, daß es mangelndes Vertrauen in die Sieghaftigkeit der Idee des Sozialismus darstellt, wenn man annimmt, daß die jetzige reaktionäre" Reichswehr nie und nimmer zu einer Schutz- truppe der demokr«kkischen und republikanischen Staatsform herangebildet werden kann, muß gesagt werden, daß unter dem Mannschaftsstand bis in die Kreise der Unteroffiziere durchaus zuverlässige Elemente vorhanden sind, die schon durch ihre Geburt und ihre Abstammung aber auch durch Erkenntnis, die sie in der Dienstzeit sammelten, die Gewähr dafür bieten, daß ihnen ihr Eid heilige Sache ist und mit ganzem Herzen zur republikanischen Staatsform stehen. Freilich ist es gerade diesen Kreisen von der arbeitenden Bevölkerung und auch der Sozialdemokratischen Partei, be- �anders aber den Linksradikalen schwer gemacht worden, zu ibrer Ueberzeugung zu stehen. Als der Sozialdemokrat Noske noch Reichswehrminister war. mußten sich diese Kreise

Calles Kriegsminister.

Oer Aufstand in Mexiko .

Mexiko , 4. März. Präsident Portes GIl hat den früheren Präsidenten Calles zum Sriegsminister ernannt. Dieser hat sofort den Oberbefehl über die Armee übernommen Der Gouverneur von ftueva Leon. Aaron Saenz. hat eine CrNäruag veröffentlicht, in der er sagt, er würde seine Kandidatur für die Präsidentschaft vorerst zurückziehen. sich der Regierung zur Verfügung stellen unh ihr seine Unlxr- stühuog gewähren.; «kW mit Militär besetzter(Eisenbahnzug ist von Mexiko nach der von den Aufständischen besetzten Stadl Rogole» unterwegs. Cr wird von einem Flugzeuggeschwader begleite«. Man will die Aufständischen au» Rogale» vertreiben.- Erklärung des Präsidenten Gil. Mexiko, 4. März. Die Zeitungen veröffentlichen eine Erklärung de» Präsidenten Portes S i l, in der es heißt, ein großer Teil des Bundesheeres halle nach wie vor fest zur Regierung, und da die Regierung die Gefühle de» Volte saus ihrer Seite wisse, glaube sie eine rasche Beendigung der Revolle in Veracruz und Sonora in Aussicht stellen zu können. Die Erklärung erhebt gegen die Generale

Jesus A g u i r r e in Verocruz urtd Francesco M a nz o in Sonora . die sich der Revolte angeschlossen haben, die Anschuldigung, daß sie sich noch einer besonderen Illoyalität schuldig gemacht hätten, da sie vorher der Regierung telegraphijch mitgetellt hallen, einig« ihrer llntergebenen entwickelten eine Verdacht einflößende Tätig- keit. Der Zweck dieses Telegramms fei gewesen, ihre wahr» Hat- tung zu verschleiern und die Unklarheit zu benutzen, um das Gelingen der Revolte zu erleichtern. Ungünstige USA 'Meldungen. Rem Port. 4. März. Wie von der amerikanischen Grenze gemeldet wird, hat sich Cananea Im Staate Sonora. ein« der größten Bergwerksnieder- lassungen in Mexiko , mit einer einige hundert Mann starten Gar- nison Bundeotruppen den Ausständischen angeschlossen. Die Parteigänger Valenzuelos haben Agua Prieta im Staate Sonora eingenommen. Der Führer der Ausständischen, Josä Aguirre. war«in enger Freund Obregons, leistet« mit diesem zusammen 1923 bei der Unterdrückung des Ausstandes de la Huertas HUfe und war auch bei der Unterdrückung des Ausstandes der Baqui-Indianer tätig.

Auf einen Schelmen anderthalbe! Severins an das republikanische Dolk. Düsseldors. 4. März.(Eigenbericht.) Anläßlich einer von der Ortsgruppe Essen des R e i ch» b a n- n e r e veranjtalleten Bundesgrün dungsseier sprach Mi- nister Seoering zu einer mehrtauseudköpsigen Menge. Severins begann mit einer kurzen Darlegung seiner Tätig- teitals Schlichter im Ruhrgebiet . Mit dieser seiner Tätigkeit seien viele Leute unzufrieden gewesen. Unzusriedene Leute aber müsse jeder in Rechnung nehmen, der in einer gehobenen Posötion steh«. Wer als Minister glaube. Lorbeer«, zu ernten, falle sich begraben lassen. Ein Führer müsse auch den Mut haben, gegen den Strom zu schwimmen, wenn keine andere Furt durch den Strom führt. Als damals gewisse Zeitungen schrieben, er werde nun keine Courage mehr ausbringen, ins Ruhrgebiet zu kommen, da habe er gesagt. jetzt komme er gerade. Das habe ihn auch bewogen, trotz vieler drängender po'-itischer Geschäfte nach Essen zu kommen. Ich beklage", so fuhr Sevenng wörtlich fort,.alle die politischen Vorgänge der letzten Wochen und Monate Zu«wer Nervosität. wie sie sich in den letzten Tagen bemerkbar macht, liegtabergar kein Anlaß vor. Man hat von der Möglichkeit einer Diktatur

gesprochen, wir haben aber keinen Diktator. Wenn man Mussolini als Beispiel für Deutschland anführt, so ist da» irrwegig, denn Musso- lini könnte in Deutschland mit den festgefügten gewerkschaftlichen Organisationen und dem starken Reichsbanner kemen Erfolg er- zielen. Ich stehe aber aus dem Standpunkt, daß es keinen Zweck mehr hat. daß Reichskanzler Müller weiter mit den Parteien ver­handelt. Es kommt auch nicht auf die Zahl der Kabinettsmitglieder an. Wenn das Parlament eben die nötigen Steuern nicht bewilligen will, so muß an dos Dolk appelliert werden uiS ein neuer Reichstag gewählt werden." In bezug auf die Reichstagsverhandlungen der letzten Wochen sagte Severing :.Ich bin der sriidlichste Mensch, den man sich denken kann. Wenn aber der Reichsminister des Innern nicht immer fried- lich gesinnt ist, so nur deshalb nicht, weil ich meine Pflichten höher stelle als meine Persönlichkell. Ich bin gewohnt, wenn ,einand o u f die Republik einen Schelmen setzt, onterthalbe darauf zu setzen. Daran werden weder die Koinimmlsten noch die Rechtsparteien etwas ändern können. Wenn der Stahlhelm der Republik da» Genick brechen will und den Eid, der dem Kasser geleistet ist. höher setzt als den der Republik geleisteten, dann darf er sich nicht wundern, wenn er von dem zuständigen Minister etwas hart angefaßt wirb/ Di« Ausführungen des Ministers fanden stürmische Zustimmung.

die allerschwersten und demütigendsten Beschimpfungen ge fallen lassen.Roske-Hunde" undBluthunde", das waren ja damals die geläufigsten Ausdrücke, mit denen die An- gehörigen der Reichswehr wahllos bedacht wurden. Be- drohung mit Gewalttätigkeiten wqr nicht selten. Wüßte die Arbeiterschaft, welcher Schaden gerade durch diese Ver- unalimpfungen angerichtet worden ist. und wie die Offiziere diese Tatsache benutzten um gegen die Arbeiterbewegung scharf zu machen, so würden sie viel mehr an die Reichswehr - leute denken, denen unter der Uniform das Herz für die Arbeiter schlägt. Und diese Zahl ist nicht klein. Die Republikaner in der Reichswehr haben sich durch diese üblen Dinge nicht von ihrer Ueberzeugung abbringen lassen. Sie wissen zu gut, daß die Feindschaft gegen den Militarismus in jeder Form zu eingefleischt ist, als daß diese Gegnerschaft in einer Generation beseitigt werden konnte. Die Arbeiterschaft hat ein gutes Gedächtnis. Sie hat es noch stark in der Erinnerung, daß dieSoldaten" von ehe- mals ihre Feinde sein mußten, weil die Tendenz des Milita- rismus das verlangte und das Heer ausgesprochenermaßen dazu vorhanden war, Streikbrecherdienste zu leisten. Die denkenden Reichswehranoehörigen wissen das. Und sie legen deshalb Wert darauf, festzustellen, daß das heutige Heer denn doch etwas anderes darstellt, als jenes, das unter absolutistischem Kommando völlig willenlos gemacht wurde. Weil die fortgeschrittenen Elemente der heutigen Reichs- wehr nicht daran uninteressiert sein dürfen, wie die Lage der Reichswehr sich gestaltet, wie ihre Leitung ist, wie die Aufstiegsmöglichkeiten beschaffen sind, und ob sie früher oder später einmal die staatsbürgerlichen Rechte ausüben dürfen, kann es ihnen auch nicht gleichgültig sein, welche Auffassung die Sozialdemokratie über die Wehrfraae überhaupt hat und sie haben mit großer Freude begrüßt, daß die Programmkommission nicht einfach glatt sagte, die Reichs- wehr müsse überhaupt abgeschafft werden. In einem Teil der Parteipresse allerdings ist man radikaler aufgetreten, da verlangt man die Beseitigung der Reichswehr , ohne zu sagen, wie man das machen will und spricht auch wiederum davon, daß die Reichswehr abgeschafft werden soll, bis das Endziel erreicht ist. Wieder andere Genossen wollen sich mit einein Grenzschutz begnügen. Als ob Grenzschutz nicht dasselbe wäre wie Reichswehr ! Es ist also in der Partei der Streit noch nicht entschieden, ob der Kamps um oder gegen die Reichswehr gehen soll. Ich persönlich und::n großer Teil meiner Kameraden mit denen ich mich einer Auffassung weiß, vertreten die Auf­fassung, daß es einen schweren Fehler bedeuten würde, wenn etwa auf dem Parteitag der Sozialdemokratie der Kampf gegen die Reichswehr proklamiert werden sollte. Der dritte Absatz im Abschnitt III der Richtlinien sagt > sehr richtig: Di« Wehrmacht kann ihre Aufgab« nur erfüllen, wenn sie in i ihrem Denken und Fühlen mitdem Dolte verbunden ist und sich im Gegensatz zu allen militaristischen Tendenzen, die auf die Beherrschung des Staates durch das Militär hinauslaufen als dienendes Glied in die demokratische Republik einordnet. Es muß eine der wesentlichsten Aufgaben der Sozial- demokratie in der Zukunft sein, das Denken und Fühlen der