3)ie WaUkäus Passion 9hre WiederenMeckung vor 100 Jahren(11. Ulärm)
Die lOOjüfjrlge Wiederkehr des Tages, an dem Bachs Matthäus- Passion , das großartigste und berühmteste Werk des Meisters, zum erstenmal in einem Konzert aufgeführt und damit erst der mufit- liebenden Welt erschlossen wurde, wird von der Berliner Sing- akademie feierlich begangen. Wie war es möglich, daß dieses Wunder« werk erst 100 Jahre nach seiner Entstehung in feiner Bedeutung erkannt und bekannt wurde? Bereits 100 Jahre vor dieser be- rühmten„Entdeckung" der Passionsmussk, am IS. April 1729, war die Bachsche Passionsmusik nach dem Evangelium Maithäi am Kar- freitag während des Nachmittagsgottesvienstes in der Leipziger Thomaskirche zu Gehör gebracht worden, freilich in verkürzter Ge- stalt, mit recht kleinsz, Chören und ohne besondere Wirkung. Dann hat Bach das gewaltige Werk erweitert und umgearbeitet, und die eigenhändige Partitur, deren Original vom Verfall bedroht ist, die uns aber in einer wundervollen Faksimileausgabe durch den Insel- »erlag geschenkt worden ist, mag um 174% abgeschlossen worden sein. Dann schlies dieses höchste Werk protestantischer Kirchenkunst den Schlaf der Vergessenheit. Erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts be- gann man, sich wieder an Bachs Größe zu erinnern, und einer der tatkräftigsten Förderer der neuen Boch-Verehrung war Zelter, der Direktor der Berliner Singakademie und Goethe-Freund. Zeller. der eine große Menge Bachscher Werke teils in der Originalhand- schrrft, teils in Abschriften besaß, hatte die Partitur der Matthäus- Passion einmal zufällig unter der Makulatur eines Käsehändlers gefunden und studiert. In den Freitagsmusiken, an denen er nur wenige besonders eifrige Mitglieder der Singakademie teilnehmen ließ, hatte er einige Teil« der Passion durchgenommen, aber zu einer öffentlichen Aufführung dieser„borstigen Stücke" konnte er sich nicht entschließen, da er die Wiedergabe für zu schwierig hielt. Wenn man jetzt wieder Zelter das liauptverdicnst an der endlichen Eroberung der' Mathhäus-Passion zuschreiben will, so stehen dem doch die aus- drücklichen Zeugnisse der beiden Männer entgegen, die den eigent- lichen Anstoß gaben: nämlich Felix Mendelssohns und Eduard Deorients. Felix Mendelssohn übte im Wirrter 1827 in seinem elter- tichen Hawse Stücke aus der Passion mit einem kleinen Chor ein und erweckte bei allen Mitwirkenden den tiefsten Eindruck, so daß schließlich in dem Sänger Eduard D« v r i e n t, dem die Christus- partie zugefallen war, der Entschluß reist«, alle Hindernisse für eine öffentliche Aufführung zu überwinden. Devrient hat in seinen Er- innerungen eine ergötzliche Schilderung davon gegeben, wie er und Mendelssohn von dem„wackern Brummbären" Zelter schließlich die Erlaubnis dazu erhielten. Zuerst donnerte er sie an:„Haben sich'? doch ganz andere Leute müssen oergehen lassen, dies« Arbeit zu unternehmen, und da kommen nun so ein paar Rotznasen daher, denen alles das Kinderspiel ist!" Schließlich ober gab er seinen Widerstand auf, den auch dl« anderen alten„Singa-kaüemiker" teilten und wirkte sogar bei den ersten Proben mit. wie Fanny Hensel, Felix' Schwester bezeugt. Mendelssohn und Devrient erhielten von der Vorsteherschaft der Singakademie die Erlaubnis, Saal und Chor für eine Aufführung der Passion zu wohltätigen Zwecken zu ver. wenden. Mit Feuereifer leitete nun Mendelssohn die Proben und wußte olle Teilnehmer mit seiner Lieb« zu Bach und seinem Ver- ständnis für diese Kunst zu durchdringen.
Wie stark damals schon die Verehrung Bachs in weiteren Kreisen Wurzel geschlagen hatte, zeigt die Tatsach«, daß der Andrang zu dieser ersten Aufführung ein gewaltiger war, daß die etwa 900 verfügbaren Plätze sofort vergriffen waren und über 1000 Gesuche um Karten unberücksichtigt bleiben mußten. Die Uraufführung am II. März war ein durchschlagender Erfolg.„Der überfüllte Saal gab einen Anblick wie eine Kirche", berichtet Fanny Hensel. „Die tiefste Still«, die feierlichste Andacht herrscht« in der Versammlung. man hörte nur einzelne unwillkürliche Aeußerungen des tief er- regten Gefühls: was man so oft mit Unrecht von dieser Art Unter- nehmungen sagt, kann man hier mit wahrem Recht behaupten, daß ein besonderer Geist, ein allgemeines, höheres Interesse diese Auf- führung geleitet habe und daß ein jeder nach Kräften seine Schuldig- keit, manche aber mehr taten." Tie Aufiührung wurde zehn Tage unter Mendelssohns Leitung und dann noch einmal im April unter Zelters Direktion wiederholt. Die Matthäus-Passion war aber nun dem Konzertsaal erobert und«in bedeutsamer Markstein in der Ge- schichte des Fortlebens von Bachs Kunst gesetzt.
� Stirbt der IV alf isch aus? Der Walfischsang wird in den Gewässern um den Südpolarkreis mit immer moderneren Methoden und immer größerem Kapital be- trieben, und so ist die Befürchtung entstanden, daß auch hier dieses wasserbewohnende Säugetier in seiner eigentlichen Heimat bald dem Untergang geweiht sein könnte. Einige Regierungen haben dagegen ein Vorgehen des Völkerbundes angeregt, und verschiedene Expedi- tionen haben versucht, die Lebensgewohnheiten der noch so wenig erforschten Waltiere näher kennen zu lernen und dadurch vielleicht Mittel und Wege zu ihrer Erhaltung zu finden. Es gibt 10 bis 11 verschiedene Arten von Walfischen, deren geographische Verteilung in den Gewässern der Erde noch unbekannt ist, über deren Ver- mehrung wir wenig wissen, die riesige Wanderungen zurücklegen und zweifellos so viel Intelligenz besitzen, um Gebiete zu verlassen, in denen sie verfolgt werden. Man möchte glauben, daß diese aus- gedehnte Tierfomilie, die die unendlichen Hilfsmittel der Meere für sich besitzt, dem Ansturm der Walfischindustrie gewachsen sein müßte, aber die Tatsachen, die kürzlich Sir Sidney Harmer in einer Sitzung der Londoner Linne-Gesellschaft mitteitte, beweisen dos Gegenteil. Der nordische Walfisch, der in der Bai von Biskaja schon seit dem 12. Jahrhunderl und ebenso in der Nachbarschaft von Neufund- land und Neuengland , bei Island und dem Norden von Norwegen seit wenigstens 700 Iahren gejagt wird, ist fo selten geworden, daß man den Fang längst ausgegeben hat. Man hielt sogar dies« Tiere für ausgestorben, aber nach etwa einem Jahrhundert, in dem sie vor Verfolgungen sicher waren, haben sie sich wieder oermehrt. Der prächtige Grönlandwalfisch, der größte aller Planktonfresser, der im 17., 18. und 19. Jahrhundert in verschiedenen Gebieten unnachsichtlich verfolgt worden ist, steht ebenfalls auf dem Aussterbeetat, und selbst das Aufgeben des Fanges hat hier keine Vermehrung der Tiere zur Folge gehabt. Auch der kleinere südliche Walfisch, der graue Walfisch des Stillen Ozeans, der Buckelwal, die einst im Ueberfluß die Meere
bevölkerten, find heute fast völlig verschwunden. Der moderne Wal« , sischfang findet seine hauptsächlichste Beute in den Finnwalen, von l denen es vier wichtige Arten gibt. Diese Tiere sind wegen ihrer schnelleren und gefährlicheren Natur, wegen ihres geringeren Wertes und hauptsächlich wegen des Umstandes, daß die toten Körper auf den Grund sanken, lange vernachlässigt worden. Erst die Erfindung der Harpunenkanone von 186ä gestattete die Benutzung kleinerer Boote und die Verwendung schwerer Harpunen, durch die der Finno wal an einem Seil von dem Schiff an die Küste mitgeschleppt werden konnte. Seitdem liefert der Finnwal den weitaus größten Anteil beim Walfifchfang und ist auch schon in seiner Zahl sehr verringert. Wenn daher nicht Schritte zum Schutz des Walfifchs unternommen werden, dann dürfte der Walfifchfang im Siidpolargebiet bald dasselbe Schicksal haben wie in den anderen Walfischgebietcn.
Züchtung neuer ßienenrassen Die Möglichkeit, neue verbesserte Rassen zu züchten, die bei unseren Haustieren längst besteht, scheint nun auch m bezug au? d'.e Züchtung neuer Bienenrassen in erreichbare Nähe zu rücken. Wenn die Bienenkönigin zu ihrem Hochzeiteflug aus dem Stock stiegt, folgen ihr gewöhnlich 400 bis 300, ja manchmal nahezu 1000 Drohnen. die indes nicht nur dem Stock der Königin entstanimen, sondern auch aus anderen Stöcken herangelockt werden. Der«Zlug der Königin dauert aber in der Regel so lange, daß die meisten Drohnen, noch ehe sie an die Königin herankommen können, vor Erschöpfung zu Loden sinken: durch die ausdauerndste der Drohnen wird dann die Be- fruchtung vollzogen. Von welchem Bienenstock die befruchtende Drohn« abstammt«, wußten bieher die Imker jedoch nicht mit Be- stimmtheit, da. wie gesagt, die die Königin umschwännenden Drohnen sich aus vcrlchiedenen Stöcken zusammenfänden, und man auch nicht beobachten konnte, ob die Befruchtung durch eine beionders gut entwickelte Drohne geschah. Nun hat der amerikanische Forscher Dr. Watson kürzlich den Versuch gemacht. Bienenköniginnen künsllich zu befruchten, um durch die Zluswahl kräftiger und schöner Drohnen die Nachzucht des Stockes zu verbessern. Diese künstlichen Befruch- tungen, bei denen mikroskopssch fein« Röhrchen aus dünnstem Glas verwendet werden, machen es dem Züchter nunmehr wirklich möglich, unter den vielen Drohnen im Bienenstock diejenigen Tiere, die er als Stammväter der künftigen Brüten bestimmt, sorgsam aus- zufuchen. Und auf diese Weise wird man denn auch in absehbarer Zell sicherlich neue und wertvollere Bienenrassen heranzüchten können.
Neu« Aleischsorten. Di« Aussicht auf«ine Bereicherung der Fleischgerichte im täglichen Speisezettel winkt der Bevölkerung von Kanada . Bisher hat sich die Menschheit im wesentlichen mit Rind-, Hammel- und Schweinesleiich begnügen müssen Jetzt sollen der kanadischen Küche und vielleicht auch bald der Küche der West neu« Genüsse geboten werden, Renntierbraten, Käribu-Beefsteaks und die sättigen Lenden des Moschusochien. Die„wüsten Länder" von Rordkanada, die zwischen der Hudson-Bai im Osten und dem„Großen Bären " und„Großen Sklaven-See" im Westen liegen, bieten einzig-- artige Möglichkeiten der Tierzucht, die jetzt ausgenutzt werden sollen. Da gibt es Millionen von Tieren, die dem Menschen eine vortrekf« liche Spelle darbieten, Millionen von Tieren, die wertvolle Fell« besitzen, und riesige Herden, die sich ohne große Mühe der Wirtschaft dienstbar machen lassen.