Eine Frau als Faschistenoberst.
Während die Produktionsleiter und Regisseure der Filmindustrie nach neuen Stoffen feufzen, die Dramatiker ihre neuen Fabeln auf die alten Leisten schlagen und den Romanschriftstellern nichts einzufallen scheint, was nicht schon ungezählten ihrer Vorgänger eingefallen wäre, spielt das Leben selbst zuweilen einen Streich, der alle Phantasie beschämt. Die Geschichte der Mrs. Balerie Smith, die sechs Jahre lang das Leben eines Mannes geführt, mit Männern geflucht, gezotet und Sport getrieben hat, hinter Hunden Barforce geritten ist und Tausende von Menschen über ihr mahres Geschlecht getäuscht hot, übertrumpft an Wahrscheinlichkeit jeden Schwant, an ungewollter Ironie jede Erfindung Hollywoods .
Heute noch würde Mrs. Smith im Regents Palace Hotel in London als Portier die Gäste empfangen, von ihren Freunden als Hauptmann, Major oder Oberst angeredet werden und ein beliebter Anekdotenerzähler in Herrenfreisen sein, wenn ja, wenn man sie nicht vor einigen Tagen ins Männergefängnis nach Brixton übergeführt und sich dabei die Irreführung herausgestellt
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hätte. Heute spricht die ganze angelsächsische Welt vom abenteuerlichen Leben dieser zweifachen Mutter, dieser ehemaligen Armeefrankenschwester, dieser Tochter des verstorbenen Herrn Thomas Barter von Jersey, eines reichen, in weiten Kreisen bekannten Sportsmannes. Schon wuchert die Legende, und obwohl die Enthüllung erst wenige Toge alt ist, hat sich ein wahrer Kranz von Anekdoten um das Haupt des Mrs. Smith alias Hauptmann Barker alias Oberst Sir Victor Barfer geschlungen. Soviet scheint jedoch reine Warheit zu sein: Mrs Smith hatte als Hauptmann Barker eine fostspielige Wohnung genrietet. Mit dem Hauptmann" lebten eine Dame und sein Kind ,, aus erster Ehe". Die Dame wurde Freunden als Gattin des Hauptmanns vorgestellt. Das Kind nannte feine eigene Mutter ,, daddi"( Bater). Alle Zeugen betonen, daß die Barkersche Ehe als überaus glücklich galt. ,, Keine Ehescheidung in meinem Hause", pflegte der Hauptmann scherzweise zu sagen.
Wahr ist ferner, daß Mrs. Smith ein Restaurant erwarb und pleite ging. Niemand, so berichten frühere Angestellte, habe den Besitzer für eine Frau gehalten. Wahr ist auch, daß Hauptmann, Major, Oberst Barter schließlich einen gutbezahlten Posten in einem der größten Londoner Hotes als Mann bekleidete, ohne den geringsten Berdacht zu erregen. Erst die Einzelheiten versehen freilich die Geschichte mit jener Ironie, die ihr den eigentümlich reizvollen Duft verleiht.
Dieser Hauptmann Barfer, anscheinend ein frischer, blauäugiger Junge von jener Sorte Engländer, die nie erwachsen werden, wurde ein Führer der britischen Faschisten. Ein Londoner Blatt zeigt ihn im Bilde im Kreise der britischen Faschistenhäuptlinge am Gefallenendenkmal Großbritanniens , die vollbesetzte Ordensspange quer über die wie mir heute wissen zarten weib lichen Brüste gespannt. Das Ewig- Männliche scheint ihn überhaupt meit über die Notwendigkeit seiner romantischen Maskerade hinaus angezogen zu haben. Dieser Hauptmann oder Oberst Barker bewegte fich vorwiegend im Kreise ehemaliger Offiziere. Hier schien er auf= zublühen. Er liebte, wenn man denen glauben darf, die heute den Zeitungen vom Erdenwallen des Hauptmanns Barter berichten träftiges Fluchen, derbe Wizze unter Männern, Alkohol, Tabat. Eines Tages trommelte er in London die Teilnehmer an den Kämpfen von Mons zusammen ,, die alten Jungen müssen zu sammenstehen wie damals", sagte er. Beim Bankett saß Oberst Barker an der Spike der Tafel und erzählte in einer Tischrede Anekdoten von Mons . Da war niemand, der ihn nicht für einen alten Kämpfer von Mons gehalten hätte," tönt heute der verwirrte Chorus der Getäuschten.
Theater, Lichtspiele usw.
Montag, d. 11. 3. Montag, d. 11.3. Staats- Oper
Unter d. Linden
A.-V. 64
20 Uhr
Städt. Oper
Bismarckstr.
Turnus I 19 Uhr
Mona Lisa Tannhäuser
Staats- Oper Staatl. Schausph.
Am Pl.d.Republ.
R.-S. 59
20 Uhr
am Gendarmenmarkt
R.-S. 23
20 Uhr
Karlu. Anna
Staatl. Schiller- Theater, Charith.
20 Uhr
Oedipus
SCALA
8 Uhr
B 5. Barbarossa 9256
Josma Selim / Gr.Ralph Benatzky Berinoffu.Eulalia/ Jack Stanford ond die übrigen Attraktionen!!
PLAZA
Am Kustriner Plats
Alex. 8066/68
Tägl. 2 Vorstellungen
5 Uhr 50 Pf bis 1.- M. 815, 1.-M. 2.-M.
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Eine neue Riesenschlange.
Medalle geschmidt. Mes& Biefem Männerfeber Ser Mrs. Smith war aufs genaueste ausgetüftelt.
Sicherlich würde Mrs. Smith noch heute als Mann unter uns mandeln, wenn nicht ältere Schulden, ein viele Jahre zurüdliegender Bankrott, zu ihrer Verhaftung und gefängnisärztlichen Untersuchung geführt hätten und dadurch dem schönen Traum ein jähes Ende bereitet worden wäre. Heute sitzt Barker als Mrs. Smith, anstatt im Männergefängnis von Brigton, im Frauengefängnis Holloway in Untersuchungshaft. Die Komödie ist zu Ende und eine menschliche Tragödie zeigt ihre bösen Zähne.
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Auch sonst wurde das männliche Ritual von Barker aufs genaueste eingehalten. Ein früherer Diener Barkers, der trotz einer zwölfmonatigen Anstellung feinerlei Verdacht geschöpft hatte, be richtet, daß der Rasierpinsel morgens stets voll Seife gewesen sei, und daß die Klingen des Rafierapparates unordentlich herumlagen, als ob sie ständig benüßt würden. Die Garderobe Barters entEs bleibt der Phantasie des einzelnen überlassen, in diese Ge hielt zahlreiche Uniformen, sämtlich mit vier britischen Kriegsausschichte einer Berkleidung Erklärungen hineinzulesen, einen psychozeichnungen, dem französischen Kriegskreuz und einer belgischen pathischen Grenzfall, ein hinreißendes Abenteurertum, die Geschichte einer Verzweiflung zu tonstruieren. Aber das Schöne daran ist er steht doch wohl, daß dieser ganze Fall teine moral hat jenseits von Gut und Böse, wie jede gelungene Hochstapelei großen Stils, jede Täuschung der Welt, bei der niemand an Leib und Seele Schaden gelitten hat. Doch gemach eine Gruppe von Menschen hat sich mit unsterblicher Lächerlichkeit bedeckt: die britischen Faschisten, deren rechtsradikale Splittergruppe diesen„ Oberst Barker" zu ihrem Häuptling gewählt hatte. Für die Milchgefichter der„ National Fascisti" scheint diese Frau den Inbegriff der Männlichteit repräsentiert zu haben. Freilich haben diese National Fascisti den Spott nicht mehr abgemartet sie sind schon vorher an ihrer eigenen Lächerlichkeit zugrundegegangen! 3um Maisch auf London unter Führung von Mrs. Smith ist es leider nicht mehr gekommen.
Im Berliner Aquarium ist eine gegen 6 Meter lange und im Umfang 70 Zentimeter meffende Anatonda eingetroffen, die von Professor Böter aus Freiburg selbst in Brasilien gefangen und mitgebracht wurde. Diese im wesentlichen graue, mit großen, schwarzen, runden Flecken gezierte Riesenschlangenart lebt nament lich im und am Wasser, sie gelangt nicht allzu oft nach Europa und gehört zu den in der Gefangenschaft nicht sehr haltbaren Arten,
Curr
G
Scholze
Der Fang geschah in denkbar einfachster Weise dadurch, daß man die Schlange an einem Strid, den man ihr um den Hals gelegt hatte, herauszog und in eine Kiste steckte. Das Tier sträubte sich zwar nach Kräften, setzte sich aber nicht eigentlich zur Behr. Es ist mit einer fast ebenso großen und einer kleineren Anakonda, sowie mit zwei riesigen, 7 Meter langen malaiischen Teppich oder Nezschlangen in dem großen Riesenschlangenbehälter Nr. 22 im zweiten Stockwerk untergebracht. Zufälligerweise traf mit demselben Dampfer eine zweite große Anakonda für einen Berfiner Tierhändler ein, die daneben zur Pflege eingestellt ist.
Renaissance Theater Theater a. Kottbusser Tor Volksbühne
Hardenbergstr. 6. Tel.: Steinpl. 301 p. 2583/84 814 Uhr. Zum 81. Male: 814 Uhr Die Welterfolgskomödie
„ Das große ABC"
Reg: Gast. Bartong. Ia Premierenbestzg.
Komische Oper( 81/4)
Die große Revue Paradies der süssen Frauen!
100 Mitwirkende.
Kottbusser Str. 6. Tel. Mpl. 16077 Täglich& Uhr, auch Sonntag nachm. 3 Uhr( ermäßigte Preise) Sänger
Elite
a. a. ,, Die Schönheitskönigin"
verbunden mit Modenschau.
Theater am Bülowplatz
8 Uhr
Kreuzabnahme
Theater am Schiffbauerdamm 8 Uhr
Allgem. Preisherabsetzung auf allen Plätzen Die Krankheit
der Jugend
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fein Im übrigen fann das britische Reich ruhig schlafen Berdacht der Unmoral, so versichert treuherzig die englische Preffe, umgibt das Dasein des gefallenen Oberst Sir Victor Barker.„ Wie immer das endgültige Urteil ausfallen mag," so schreibt eine englische Tageszeitung, es muß ausdrücklich festgestellt werden, daß fich niemals auch nur der Hauch eines Standals an den Namen fnüpfte, den Mrs. Smith zeitweise trug."
Die Hundertstundenarbeitswoche.
Berurteilung der Schlafwagengesellschaft.
Die Internationale Schlafmagengesellschaft, die ihren Sitz in Berlin , Unter den Linden 57/58 hat, hält sich offenbar an die in Deutschland geltenden Arbeiterschutzbestimmungen nicht gebunden. Die Gerichte müssen erst in Bewegung gesezt werden, um der Leitung dieses internationalen Betriebes beizubringen, daß sie ihre Arbeitnehmer nach dem geltenden Recht zu behandeln hat.
Vor einigen Tagen erft hatte sich das Arbeitsgericht mit der Klage des am 11. Dezember 1928 fristlos entlassenen Borfizenden des Betriebsrates zu befassen. Die Gesellschaft wurde verurteilt, den Betriebsratsvorsitzenden weiter zu beschäftigen bzw. zu be= zahlen.
Am 8. März 1929 entschied die kleine Straffammer des Bandgerichts I in Moabit gegen die Direktion. Der Oberinspettor Beier wurde zu 600 Mart Geldstrafe verurteilt, weil er den Angestellten eine Arbeitszeit von 100 bis 110 Stunden pro Woche auferlegte. Die erste Instanz hatte den Herrn Oberinspettor freigesprochen, trotzdem der Staatsanwalt eine Geldstrafe von 200 m. gegen ihn beantragt hatte. zahllosen unbezahlten Ueberstunden für piel zu gering. Es Die Angestellten halten auch die 600 M. Strafe für die bleibt nun abzuwarten, ob die Gesellschaft sich nunmehr entschließt, fortab die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten, ihre gesetzwidrige Behandlung der Angestellten aufzugeben.
Berantwortlich für die Redaktion: Franz Klübs, Berlin ; Anzeigen: Th. Glocke, Berlin . Berlag: Vorwärts Verlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Vorwärts Budha druckerei und Verlagsanstalt Paul Ginger& Co., Berlin SW 68, Lindenstraße 3. Hierzu 1 Beilage.
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8 Uhr
Rauchen erlaubt
Internat. Varieté.
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