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Spätausgabe des„ Vorwärts
62 46. Jahrgang
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Der Reichstag trat heute mittag um 12 Uhr 15 Minuten wieder zusammen. Auf der Tages. ordnung steht die erste Lesung des Reichs. haushalts für 1929. Zur Begründnug der Etatsvorlage ergriff sofort bei Beginn der Situng der Reichsfinanzminister das Wort.
Reichsfinanzminister Dr. Hilferding:
Der Minister hob einleitend hervor, daß er sich in seinen Aus führungen darauf beschränken werde, die Hauptgesichts punkte, die für die Aufstellung des Etats maßgebend waren, 34 behandeln, während er wegen aller Einzelheiten auf den diesmal befonders umfangreichen finanziellen Ueberblid" verweisen fönne. Die Hauptaufgabe bei der Aufstellung des Etats für 1929 jei ge
wesen, völlige Klarheit über die finanzielle Lage des Reiches zu schaffen, weil mur so ein richtiges Urteil barüber zu gewinnen ist, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Die gegenwärtige Finanzlage des Reichs ist entscheidend be. einflußt durch die Gestaltung des außerordentlichen Etats für 1926 und 1927. Die schmere Wirtschaftstrije des Jahres 1926 führte zur Aufstellung des Arbeitsbeschaffungsprogramms, das zusammen mit einer Reihe anderer Ausgaben, die teilweise in ben ordentlichen Haushalt eingestellt werden mußten, den außer. ordentlichen Etat 1927 auf 1400 Millionen anschwellen ließ. Während aber beabsichtigt mar, diese Summe voll durch Anleihen zu decken, hat die Reinhold Anleihe dem Reich nur einen Erlös von nominell 452 millionen gebracht, wovon auch noch im Laufe der Jahre rund 100 Millionen durch das Reich zum Zweck der Kursstügung zurüderworben werden mußten.
Es ist zwar gelungen, dieses Defizit des außerordentlichen Haushalts von rund 1 Milliarde auf 658 Millionen zu fenten, aber durch den außerordentlichen Haushalt 1928 find meifere 80 Millio= nen hinzugekommen, weil in dieser Höhe ein zur Deckung eingesehtes Reichsbahndarlehen tatsächlich nicht zurückgezahlt worden sei. Dadurch erhöht sich das Gesamtdefizit des außerordentlichen Haushalts auf 738 Millionen.
Die Durchschleppung dieses Defizits iff von Jahr zu Jahr in dem Umfange schwerer geworden, in dem die etatsmäßig vorgesehenen Ausgaben tatsächlich geleistet werden mußten. Während Ende 1927 erft 400 millionen im außerordentlichen Haushalt auf diese Weise ungedeckt verausgabt waren, stieg die Gumme Ende 1928 auf 600 Millionen. Bei der Lage des Kapitalmarftes ist es aber in absehbarer Zeit nicht möglich, das Defizit des außerordentlichen Haushalts durch langfristige Anleihen zu decken. Der deutsche Kapitalbedarf kann ohnehin durch die innerdeutsche Kapitalbildung bei weitem nicht befriedigt werden. Ebenso unbrauchbar ist der Vorschlag, dem Reich durch den Berkauf von Borzugsattien der Reichsbahn die erforderlichen Geldmittel zu beschaffen.
Diese Lage des außerordentlichen Haushalts ist der Schlüssel zum Verständnis für die schwierige Kaffenlage,
in der sich das Reich befindet. Es handelt sich hier grundsätzlich um das Verhältnis der in der Kaffe befindlichen Mittel zu den jeweils fälligen Ausgaben. Die Kaffenmittel lezen sich zusammen: 1. aus den Steuereinnahmen und 2. aus den Resten. Außerdem steht für die Dedung des Betriebsmittelbedarfs des Reichs der Rontoforrentkredit von 100 Millionen bei der Reichsbant und die Ausgabe furzfristiger Schagwechsel bis zur Höhe von 400 mill. Mart zur Verfügung.
Gegenwärtig genügen diese Deckungsmittel aber nicht, weil die Kaffenbestände für andere 3 wede verwendet worden find. 600 Millionen find zur vorläufigen Deckung des außerordentlichen Haushalts gezahlt, 100 Millionen haben zur Kursstüßung für die Reichsanleihen gedient, 100 millionen find als Darlehen an die Preußenkaffe gefloffen, 80 Millionen Darlehen an die Reichsbahn haben ihr belassen werden müssen, und weifere 100 millionen find in sonstigen Kaffenvorschüssen angelegt. Aus diesem Grunde ift ockichung auf der 2. Seite)
Räumungstermin der zweiten Zone
10. Januar 1930.
Condon, 14. März.( Eigenbericht.)
Der englische Außenminister erklärte am Mittwoch auf Anfrage im Unterhaus, daß Koblenz am 10. Januar 1930 geräumt wer
den müsse, wenn Deutschland seine Vertragsverpflichtungen erfüllt habe. Da Deutschland nach seinen Informationen seine Verpflichhungen erfüllen werde, sei kein Anlaß vorhanden, jezt noch Berhandfungen über die Räumung der Koblenzer Zone zu beginnen.
Diese
Schweiz oder in Holland installiert werden soll. Die beiden Länder ständen viel zu sehr unter dem finanziellen Einfluß Deutschlands . Allein Belgien fönne in Frage fommen, wenn man schon einmal Paris als nicht geeignet ablehne.
Echter Militarismus.
Der Mann hat zu frieren und das Maul zu halten. Paris , 14. März.( Eigenbericht.)
Der Bericht der parlamentarischen Untersuchungstommiffion über die zahlreichen Todesfälle bei der Besagungsarmee im Rheinland hat einen wahren Standal hervorgerufen. Dieser Bericht, der die militärischen Führer von jeder Verantwortung be
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Die Pariser Bresse versichert auch heute wieder in unerschütterfreien und lediglich das Schicksal für die Todesfälle verantwortlich lichem Optimismus, daß die Sachverständigen nun verhältnis mäßig schnell zu einer Einigung über die Frage der Fest segung der deutschen Schuld gelangen würden. Einigung sei um so leichter zu erreichen, weil Reichsbantpräsident Dr. Schacht volle Verhandlungsfreiheit habe ,,, die Interessen Deutsch . lands bestens zu vertreten".
Der„ Excelsior" wiederholt die Versicherung, daß die deutsche Delegation nach heftigem Widerstand die Kompromißziffern annehmen merde, die Owen Young für annehmbar halte. Weiter er tlärt die Pariser Presse, daß man vielleicht schon bis Ostern, spätestens aber bis 15. April eine Lösung werde gefunden haben.
Was den Siz der tünftigen Reparationsbant angeht, so glaubt Sauermein im ,, Matin" berichten zu können, daß dafür wahrscheinlich Basel gewählt würde. Bertinag im Echo de im ,, Echo Paris" aber protestiert sehr lebhaft dagegen, daß die Bank in der
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Das plötzlich eingetretene Tauwetter hat auch in Magdeburg ſelbſt und in seiner weiteren Umgebung schweren Schaden angerichtet. Unsere Bilder zeigen oben einen Magdeburger Stadtteil, der schwer unter der Ueberschwemmung zu leiden hatte, unten das Hochwasser in Groß- Ammensleben ( Kreis Neuhaldensleben)
machen will, hat namentlich einen scharfen Protest des sozialistischen Populaire" hervorgerufen. Das Blatt verlangt, daß man nun den Kriegsminister Painlevé, dessen Maß übervoll sei, davonjage, zumal er jetzt noch den traurigen Mut aufbringe, den Standal vertuschen zu wollen. Die Untersuchung im Rhein land sei direkt ein neuer Standal. Der Marschall Petain sei in Begleitung zahlreicher Offiziere durch die Kasernenstuben gegangen, die jetzt natürlich schön geheizt gewesen seien, und habe seine Rundfragen gehalten. Nach den heitigen Vorschriften der Militärdisziplin hätten die Soldaten in militärischer Haltung geantwortet, daß sie über nichts zu tlagen hätten. Ein unglücklicher Rekrut aber, dem das Geständnis entwischt sei, daß die Mannschaftsstuben einmal wegen Kohlemmangel vier Tage lang nicht haben geheizt werden fönnen, habe sofort eine Arreststrafe von 14 Tagen erhalten.