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Freitag

15. März 1929

Unterhaltung und Wissen

Beilage des Vorwärts

Landstörzer: Dunkle Geschäfte Kraftquellen der Zukunft

Im voraus müssen Sie wissen, daß ich kein vollkommen ehr­ficher Mensch bin und schon mehrere Sachen verbrochen habe, die nicht mit den ordnungserhaltenden Prinzipien des geruhsamen Bürgers follidieren.

Die Geschichte stellt mir auch ein recht mieses Zeugnis aus, aber troßdem werde ich sie ihnen erzählen.

Im Berliner   Withehapel, in der Münzstraße, stieß mich, vor einem der vielen Kinos, ein zerlumpter Bursche an und raunte mir unauffällig ins Ohr: Na, wie is denn, Brillantring foofen, jang billich, tomm, fic dir se an."

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Ich habe eine frankhafte romantische Veranlagung, und meine sich langsam erregende Psyche witterte ein Abenteuer. Ich folgte ihm in einen schmach erleuchteten Hausflur. Er muß mich sofort als einen ungefährlichen" erkannt haben. Rick se dir an, alle durch de Bant achthundert Karat, echte Diamanten. Alle Ringe frisd) jeffaut, reelle Ware. Eben man erst rausjekommen. 3mee Jahre Zuchthaus  jehabt. Allet echte Steene, tannst dir druff valassen."

Er holte ein Stüd Glas aus der Tasche und rigte eine tiefe Rilfe hinein. Dann zeigte er mir seinen Abschiedsstempel vom Aler".

Id würde se dir ja nich so billich lassen, Kolleje, aba id muß mir wieda vadufftn und da brauch ich Zafta. Nimm man eenen, du wirst dir dein janzes Leben dran amefiern. For fünf Emm hastn weg." Fünf Mark waren mein ganzer Reichtum, aber in mir regte sich plöglich ein seltsam bekanntes, uraltes Gefühl, was wohl schon im Mittelalter die Menschen bewegt hat, mit mutigem Kaufmannsgeist,

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auf gebrechlichen Fahrzeugen weite Meere zu überqueren. Vielleicht kann ich den Ring wieder wo anders für doppelt so viel Geld ver. floppen". Ich bezahlte fünf Mart, und der Ring verschwand in meiner Manteltasche.

Ich sah ihn mir nicht genauer an, den Brillantting. Devot grinsend verschwand der Lude.

Dann ging ich in das erste große Juweliergeschäft. Der Juwelier nahm den Ring aus meier zitternden Hand in Empfang. Sie wollen also wissen, wieviel wert der Ring ist," fragte er mich, es ist ein echter Brillantring, achthundert gestempelt." Mir blieb für eine Setunde das Herz stehen. Dann stutte er mit einem mal, betrachtete den Ring durch eine Lupe und brach in ein Gelächter aus.

" Das ist ja eine ganz plumpe Fälschung," sagte er, immer noch lachend, die Steine find Simili und statt der 800" find drei" S". Zeichen in das Doublee gedrückt. Das Ding wird nicht mehr wie eine Mark fünfzig Pfennig tosten."

Errötend stedte ich den kostbaren Gegenstand wieder in die Tasche und wandte mich, eine Entschuldigung stammelnd, wieder zur Tür.

Auf der Straße philosophierte ich:

Fünf Mark, gleich zweihundert Brötchen, gleich zehn Broten, gleich zwanzig Gedecken im Amalienstift, gleich fünf Theatertarten, dritten Ring Stehplatz Ich habe die Reihe noch meterlang ver längert. Dann habe ich mir fest vorgenommen, wieder ein ehrlicher Mensch zu werden.

Else Möbus: Bis ins dritte und vierte Glied

Grau und diesig liegt der Himmel über der Stadt. Schnee­flode auf Schneefloce tanzt hernieder, sezt sich den Leuten auf Hüte und Kleider und verwandelt graue Dächer und schmutzige Straßen in glizernde, weiße Flächen. Auch auf dem großen Schul­hof machen sie sich breit. Sie hüllen die alten Kastanienbäume in zarte, weiße Schleier und schwingen sich auf die breiten Fenstersimse der Klassenzimmer. Aus dem legten Edfenster tönen laute Jubel­rufe: E schneit! Es schneit!" Und Kinderhände greifen in die Luft, um eine Flode zu erhaschen. Und dann beugt sich eine junge Lehrerin über die Brüstung. Sie hält ein kleines Mädchen auf dem Arm und läßt es hinausschauen. Sieh nur, Lenchen, wie weiß

alles geworden ist!" Die Kleine strahlt und glänzt vor Entzücken, aber die Sprache will ihr nur schwer gehorchen. Nee, nee," ruft sie, da und da und da! Mitnehmen, mitnehmen!" Die Lehrerin läßt das Kind bereitwillig eine Hand voll Schnee fassen, fie greift selbst hinein und setzt der Kleinen einige Flocken auf das Näschen. Das Kind aber lacht und jubelt laut. Rechts und links reden sich blonde und dunkle Köpfchen in die Höhe, und strahlende Kinder­augen begrüßen das große Wunder des Winters.

wolle sich wohl bei ihm über das Kind beklagen. Fräulein Swend­son versichert in warmen Worten das Gegenteil, aber der Gesichts­ausdruck des Mannes verschärft sich noch.

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Na, ich möchte sie nicht einen ganzen Morgen um mich haben," meint er. ,, Aber das ist Geschmacksache. Lernen wird sie wohl nie was Rechtes. Aber noch fünf, sechs Jahre dann soll sie sehen, daß sie einen Mann kriegt. Wenn sie mal verheiratet ist, mertt man ihr die Dummheit nicht mehr an. In der Ehe sind die Weiber alle gleich."

Als die junge Lehrerin auf die Straße tritt, da steht die fleine Lene ganz nahe an der Uferböschung und schaut still und un­beweglich in das dunkle Waffer. Fräulein Swenbjon zwingt sich zu einem heiteren Wort, obwohl ihr etwas plöglich falt ans Herz greift. Aber das Kind antwortet nicht.

Aber Lenchen," sagt sie endlich, freust du dich denn gar nicht, daß ich euch nun alle tenne, dich und die Mutter und den Bater!" Bater," wiederholt das Kind und sieht sie an. Es fieht plög lich vollkommen verändert aus. Das ist tein Kindergesicht mehr, das ist das Antlig einer uralten Frau, der nichts verborgen blieb, die alle Zusammenhänge des Lebens tennt. Und plöglich weint es lautlos. Unaufhaltfam fließen die Tränen, unftillbar. Bergeblich bemüht sich die Lehrerin, ein Wort aus dem Kinde herauszubringen. Langfam beruhigt es fich. Aber es bleibt still und in sich gelehrt. Und als Fräulein Swendson endlich mit schwerem Herzen den Heimweg antritt, da packt sie auf halbem Wege eine solche Un­ruhe, daß sie sie kann es sich selbst nicht erklären, warum umkehrt und das Kind, das noch immer an der gleichen Stelle am Wasser steht, nach Hause führt.

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Sie sind alle irgendwie benachteiligt, die kleinen Mädchen der Hilfsschule. Verkümmerte, schwächliche Kinder, rachitisch, verfrümmt, unterernährt. Kinder tuberkulöser oder geschlechtstranter Eltern, im Alkohol gezeugt, oft selbst von Bier und Schnaps genährt. Be dauernswerte, daheim als unerwünschte Last empfundene Wesen. Die zarteste und schwächlichste von allen ist die kleine Lene, ein hübsches, feingliedriges Kind, das aber trotz seiner 11 Jahre wie eine 6jährige aussieht. Sie ist die Tochter eines Kohlenhändlers, der fich zurzeit in einer Trinkerheilstätte befindet. Der Großvater ist an Syphilis gestorben. Das Lernen macht dem Kinde unendliche Mühe. Fast ein Jahrzehnt ist seitdem vergangen. Fräulein Swendjon Die Tatsache, daß sie zwei Hände und zehn Finger und nicht um­ist längst verheiratet und wohnt fast eine Tagereise von der Stadt gefehrt zehn Hände und zwei Finger besißt, ist für Lene ein Problem gewesen, das sie monatelang beschäftigte. Jetzt kann sie alten Heimat. Vieles hat sich verändert, pieles ist nicht mehr entfernt. Nun weilt sie zum ersten Male seit vielen Jahren in der mit großer Mühe einen kleinen Satz niederschreiben, wenn er sehr wiederzuerkennen. Aber die alle Schule mit dem großen, von Ka­einfach ist und nur fleine Buchstaben enthält. In der letzten Zeit stanienbäumen beschatteten Hof sieht noch aus wie einst. Gedanken­aber hat sie tleine Fortschritte zu verzeichnen, denn die neue Lehre Doll sieht die Heimgekehrte zu den hohen Fenstern empor. Die rin, die seit Ostern die Klaffe übernahm, hat das Kind ganz für sich Zeit, in der sie hier unterrichtete, steht plöglich mit einer Lebendig gemonnen. Sie hängt lustige Bilder an die Wände, sie erzählt feit vor ihrer Seele, als sei nie etwas anderes gewesen. Sie sieht drollige Geschichten und erfindet scherzhafte Spiele, bei denen die die kleinen an Leib und Seele vertrüppelten Mädchen, Kinder fleine Lene aus dem Staunen und Lachen gar nicht herauskommt. des Elends, wieder vor sich, und vorn, aus der ersten Bant, schauen Das verschüchterte, vernachlässigte Kind lebt auf. Die gefürchtete fie ein paar sanfte dunkle Kinderaugen müde und traurig an. Die Schule wird ihr zur Erholungs- und Feierstätte. Aber auch Fräuleine Lene Was mag aus ihr geworden sein? Sie hat nie lein Smendson, die neue Lehrerin, fühlt sich rasch mit ihren fleinen wieder etwas von ihr gehört. Und plöglich fühlt sich die Frau Pflegebefohlenen verwachsen. Immer mehr überwindet sie die von einem Bangen und einer Angst erfaßt, die sie schon einmal, Scheu vor Berhältnissen, denen sie anfangs vollkommen fremd vor vielen Jahren, empfunden hat. Halb unbewußt schlägt sie den gegenüberstand, immer sicherer plaubert sie mit den Müttern, die Weg zum Hafen ein, mit immer schnelleren Schritten und unruhig fie gelegentlich aufsuchen.

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An einem freien Nachmittag führt Fräulein Swendson den Entschluß aus, ihre fleinen Schülerinnen aufzusuchen, um einen Einblid in die Umwelt der Kinder zu gewinnen.

Ihr erster Besuch führt sie nach dem Norden der Stadt, in das alte Hafenviertel, wo die fleine Lene wohnt. Ueber eine häß fiche, unsaubere Brücke führt der Beg. Dann wird die Gegend fast ländlich. Unmittelbar am Wasser stehen einige alte, fleine Fischerhäuser. Auf der Treppe des ersten Häuschens aber figt still ein kleines Mädchen. Als Fräulein Swendson plößlich neben ihm steht, fährt es nervös zusammen. Dann aber firegt ein Freu­denschein über das blasse Gesicht, stürmisch faßt es die Hand der Lehrerin und zieht sie in die Stube. Drinnen sigt eine schmale, fleine Frau an der Nähmaschine. Berlegen erhebt sie sich, um den unerwarteten Besuch zu begrüßen. Sie hat die gleichen sanften, dunklen Augen, den gleichen Ausdruck von Leid und Müdigkeit mie das Kind. Scheu und gepreßt gibt sie Antwort. Aber sobald das Gespräch auf den Zustand der fleinen Lene tommt, die in zwischen in die Rüche gelaufen ist, preßt sie die Lippen zusammen unb schweigt.

Ich bin immer eine gute Schülerin gewesen auch meine Effern waren fire Leute... ich meiß nicht, woher sie das hat," murmelt sie endlich. Mein Mann, ja, er ist seit einer Woche wieder baheim und arbeitet. Wie das alles so weit tam mit ihm? Ach, er ist im Grunde fein schlechter Mensch. Er hat Kohlen strom abwärts geführt, und auf den Schiffen trinken die Männer eben Branntwein und sie bricht unvermittelt ab und lauscht. So eben läuten sie Feierabend im Hafen," sagt sie haftig, er wird gleich hier fein. Sprechen Sie nichts darüber, sonst muß ich und das Kind es büßen."

Draußen tönen schwere Schritte. Dann steht die breite Ge stalt des Kohlenfahrers in der Tür. Die Lehrerin beeilt sich, zu erflären, wer fie fei, Der Mann lächelt höhnisch und meint, fie

Klopfendem Herzen.

Die Fischerhäuschen stehen noch. Hier, hier war es. Sie zieht die altmodische Klingel. Die ihr öffnende Frau starrt sie ver­wundert an, als sie hört, men die Fremde besuchen will. Dann beginnt sie umständlich zu erzählen. Sie ist eine Verwandte und hat das Häuschen jezt übernommen. Die Mutter ist schon seit fünf Jahren tot.

Der Mann jafie zögert. Er muß noch ein paar Jahre abfigen," sagt sie halblaut. Ja, das ist ein Uglüd. Er hat viel auf dem Gewiffen. Die Kleine Lene? Na, die märe jetzt schon längst verheiratet, wenn sie noch lebte."

Sie weicht erschrocken einen Schritt zurück, denn die Fremde greift mit beiden Händen nach dem rostigen Türgriff, als wenn sie einen Halt suchte.

Hier drüben, am Hafen ist es passiert. Man hat sie und das Kleine erst eine Woche später stromabwärts gelandet. Ja, marum sie es getan hat, das weiß fein Mensch. Der Bursche wollte fie beiraten, denn sie war doch immer ein niebliches Ding gemefen. und ein paar Tage vor der Hochzeit springt sie mit, dem Kind ins Baffer. Sie war ja moht nie, ganz richtig gewesen."

Hier drüben also. Bon dieser Stelle hatte sie das kleine Mädchen einst nach Hause geführt. Was mochten diese Jahre an Leih und Qual für die Heranwachsende gebracht haben? Sie war Mutter geworden, sie hatte Leben geboren und es wieder vernichtet. Warum? Bar ihr Kind vielleicht noch mehr benachteiligt als fie selbst? War vielleicht eine Stunde hellseherischer Kraft, bitterster Erfenntnis über sie bereingebrochen, wie damals, als sie trostlos und bitterlich an dieser Stelle meinte? Niemand meiß es. Das Wasser, das sich mit den grünen Wellen des mächtigen Stromes mischt, hat ihr dunkles Geheimnis auf immer bewahrt.

Dumpf und eintönig schlägt der Strom an bie Uferböschung und fließt dann unaufhaltsam weiter, groß und still und schweig jam, bis die Unendlichkeit ihn aufnimmt,

Mittelmeer   und Sahara  

Immer neue Betätigungsgebiete erschließt sich die moderne Technit, immer neue Möglichkeiten entdeckt sie, und immer neue, großartigere Ziele setzt sie sich. Eine Aufgabe der Zukunft wird es sein, die tatsächlich vorhandenen technischen Machtmittel in mach­fendem Maß zunt Wohl der Menschheit anzuwenden und auf­zubauen. Wenn man Wasserwerke von Kraftstufen mehrerer hundert Meter baut, warum sollte man diese Werke nicht auch zu solchen pieler Kilometer Breite vergrößern? Eine noch ungemügte Kraft­quelle von riesigen Energien stellt das Mittelmeer   dar. Es mar einmal vor ungefähr 30 000 Jahren trockenes Land, bevor sich die geschmolzenen Eismassen der legten Eiszeit bei der Straße von Gibraltar einen Weg bahnten imd wie uns die Bibel von der Sintflut erzählt alles fruchtbare bewohnte Land überschwemmten. hier war die Biege der bedeutendsten Kulturkreise: Die ägyptische, mesopotamische, aniite, arabische und schließlich abendländische Kultur gingen daraus hervor.

Für eine technische Auswertung, die gleichsam den Natur­vorgang umtehren" würde, ist oon grundlegender Bedeutung. daß das Mittelländische Meer ein Verdunstungsmeer ist, d. h. es würde sich senken, wenn nicht ein ständiger Zustrom vom Atlantischen Ozean und vom Schwarzen Meer, das ein Ueberflutungsmeer ist. stattfände. So hat z. B. das fließende Wasser im 60 bis 70 Meter tiefen Bosporus   eine Stundengeschwindigkeit von 3 bis 4 Kilometer. Wenn man also die Zuflüsse bei Gibraltar   und Konstantinopel  abbrosselt, so werden neue Gestade aus dem zurückweichenden Wasser auftauchen, und dieser natürliche Borgang tann durch die Be­wässerung der unter deni Meeresspiegel liegenden Teile der Sahara  noch erheblich beschleunigt werden. Die engste Stelle an der Straße von Gibraltar ist nicht ganz 12 Kilometer, die am Bosporus   nur 600 Meter breit. Die Wüstengebiete Nordafrikas   in ein schiffbares Meer mit fruchtbaren Uferländern umzuwandeln, ist ja ein altes Projekt und würde im Zusammenhang mit der Senkung des Mittel­meeres von doppeltem Borteil werden. Durch einen Kanal von der Kleinen Syrie fönnten die Wassermengen in die Salzseen Tunesiens  geleitet und von da durch große Kesselpumpmerte, wie heute schor in Oberägypten  , zur teilweisen Bewässerung der Sahara   verwendet merden. Die fruchtbarsten Kolonien tönnten hier wie im Mittelmeer­boden entstehen und gleichsam mit dem Mutterland Europa   zu­janmenwachsen. An den Hauptzuflußstellen bei Gibraltar  , in den Dardanellen, an der Nil  - und Rhonemündung würden, so schreibt Hermann Soergel   in der illustrierten Wiener Monatsschrift Der neue Pflug", neben den Schiffsschleusen ungeheure Elektrizitäts­Kraft versorgen. Die Eisenbahnen, die Fabriken, die Industrie ufm.. merte entstehen, die ganz Europa  , Nordafrika   und Borderasien mit mürben einen Erjag für die verschwindende schwarze Kohle finden. Der wichtigste Gewinn für die Menschheit bei Durchführung eines folden Riesenprojektes, das durchaus im Bereich der technischen Möglichkeiten liegt, wäre aber zweifellos eine zwangsläufige. Wirt fchaftsvereinigung der heute sich befriegenden Bötter.

Maria mit dem Stupsnäschen Klostermuseum für antireligiöse Propaganda

In den Räumen des berühmten Donskoi- Klosters bei Moskau  besteht seit einiger Zeit ein historisch- kunstwissenschaftliches Museum, das sich neuerdings ganz auf die antiklerikale Propaganda einges stellt hat. Die Situation ist um so pifanter, als sich in den Gea bäuden des Klosters, dessen Kirche die Grabstätte des sowjetfeind lichen Patriarchen Tichon   birgt, eine Tichon  - Gemeinde der Kirchen gläubigen aufgetan und dort einen Allrussischen Kirchenrat" bes gründet hat, dessen umgehende Auflösung die Sowjetpresse jetzt fordert.

Die Schanstücke dieses antiklerikalen Museums sind mit unges heurem Raffinement angeordnet. In der ehemaligen Klosterkanzler liegen die Grundbücher und Inventarurkunden dieses reichen Klosters aus, das als Großgrundbefizer ehemals 6985 leibeigene Bauern, 15 054 Deßjatinen Adetland( 1 Depjatine 1,1 Hektar), 19 756 Deß­jatinen Wiejenland und 107,5 Deßjatinen Forst, gewaltige Fischereien am Kama- Fluß  , Mühlenbetriebe, Häuser und ganze Dörfer besaß. Ein anderer Raum birgt Andenken an die Liebesabenteuer bes Briestermönchs Ignatius mit den Ronnen des Nowo- Dewitschie Klosters, an die Zechgelage des Hierodiatonus Cyprian und sonstiger Klosterbrüder und daneben den Plaz, wo die leibeigenen Kloster­bauern ausgepeitscht wurden, der Kerkerturm und die armselige Stubeneinrichtung eines Kloſterbauern.

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Im nächsten Raum ist eine Sammlung von holzgeschnitzten, buntbemalten Heiligenstatuen zu sehen: ein Christus, der wie ein wohlgenährter Magnat aussieht, eine Muttergottes mit einem teden Stupsnäschen und herausfordernd kokett blickenden Augen, eine Magdalena mit mondän geschminkten Lippen, eine stark dekolletierte Heilige Barbara   in reichem Brillantenschmuck usw. Die Klosterkirche mit den Gräbern zahlreicher hochtitulierter Herrschaften und des Batriarchen Tichon gehört ebenfalls zum Bereich der Museuns sehenswürdigkeiten.

Das Museum ist bisher von 15 000 Personen besucht worden, darunter Schüler, Werkstudenten, Rotarmisten und Arbeitergruppen aus allen Teilen der Sowjetunion   Don Leningrad und Moskau  bis Chartow, Criwan und dem sibirischen Werchne- Uldinst. Zum Schluß sei noch erwähnt, daß nach den Schilderungen des Mos fauer Sentralorgans der Gewerkschaften ,, Trud mütende Schläge. reien zwischen ungläubigen und gläubigen Besuchern, besonders an ben Sonntagen, zum ständigen Unterhaltungsprogramm dieses einzigartigen Museums gehören.

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Flaubert als Spießet. Nichts mar Flaubert fo in der Seefe verhaßt wie der Spießer". In dem vor kurzem in Paris   erschie nenen Buch über Flaubert  , das dessen unveröffentlichte Briefe an die Brinzessin Mathilde Bonaparte   enthält, fchreibt diese: ,, Dabei mar er im großen und ganzen der Spießer in Person. Er hatte feine politischen Ueberzeugungen, balb verlangte er alle möglichen Unterdrückungsmaßnahmen, balb wollte er von feiner eimas wissen." Ueber seine sonstigen Gewohnheiten heißt es in dem Buch: Er arbeitete ohne Bause, rauchte unablässig, viel und setzte sidy unmittelbar nach dem Essen wieder an die Arbeit. Hatte er etwas geschrieben, so las er es mit lauter Stimme ober deflamierte es vielmehr. Gewöhnlich nahm er seine Halsbinde ab, um, wie er jagte, besser brüllen an fönnen."