Beilage Sonnabend, 16. März 1929
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
Ich bin eine Engländerin, bei der man liberale, freidenkerische und künstlerische Tendenzen argwöhnt. Ich habe tosmopolitische und humanitäre Empfindungen und andere, die in den Augen Bismarcs Greuel sind; so werde ich mit dem Etikett verdächtig und gefährlich" von der Clique versehen, die jezt allmächtig ist. Kronprinzessin Bittoria 1887.
Besser bekannt ist sie der Nachmelt als Raiserin Fried rich, aber ihr Schicksal ist eine Kronprinzessinnentragödie, denn dreißig lange Jahre war sie die Gattin des Thronerben und nur neunundneunzig furze Tage Kaiserin; was danach fam, hieß ein Leben im Schatten. Das Charakterbild der 1901 Gestorbenen schwanft noch heute in der Geschichte wie damals, als die Frei finnigen die hohe Frau" als ihre Bundesgenossin ansprachen, und die Rückwärtser die Engländerin" mit ihrem stupiden Haß der= folgten. Die Briefe an ihre Mutter, die Queen Vittoria, in denen die Umstrittene durch Jahrzehnte ihr Herz ausschüttete, dienen, wie sie eben, von Sir Frederick Ponsonby mit einem etwas dürftigen und nicht ganz zuverlässigen verbindenden Text versehen, im Verlag für Kulturpolitik in Berlin erscheinen, sehr dazu, dieses Bild zurechtzurücken, aber darüber hinaus bilden sie eine wichtige Geschichtsquelle für das Kapitel preußisch- deutscher Bergangenheit, das füglich
heißen tönnbe.
Die Tochter der Königin von England zählte noch nicht achtzehn Die Tochter der Königin von England zählte noch nicht achtzehn Jahre, als sie 1858 dem preußischen Prinzen Friedrich Wilhelm nach Berlin und Botsdam folgte. Die Neigung und nicht die Staatsräson stand an der Schwelle dieser Ehe, aber kaum hatte fich die blutjunge Prinzeß in dem Palais Unter den Linden und im Schloß Babelsberg einigermaßen wohnlich eingerichtet, als eine talte Zugluft sie zusammenfahren ließ. Nicht etwa, weil sie Eng länderin an sich war, wehte es sie aus der Hofgesellschaft feindseiig an, denn auf den eingebildeten Höhen der Menschheit zwang schon das Prinzip der ,, Ebenbürtigkeit" Prinzen und Prinzessinnen aus einander fremden Ländern zusammen. Auch war Vittoria Adelaide nie Engländerin im sturen Sinne des Worts. Daß die Tochter der ersten Frau der Bereinigten Königreiche Britenstolz in der Brust verspürte, schien zwar unvermeidlich. Sie fühlte sich schon als„ ,, ergebene und loyale Britin", warf stolz den Kopf in den Nacken bei dem Gedanken, dem Herrscherhaus des größten und ruhmvollsten Reiches der Welt" zu entstammen, huldigte auch dem echt britischen Aberglauben, daß England die göttliche Sendung, die Mission" habe, allenthalben in der Welt die Zivilisation zu verbreiten und zu befestigen", und gelegentlich brach aus ihr der
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Wunsch hervor: Wie sehr sehne ich mich
nach einem lauten Gebrüll des britischen Löwen
und nach dem Donner einer britischen Breitseite!"
Aber die Tochter des Koburgers Albert, die als eigentliche Muttersprache Deutsch redete, hätte ihren Mann weniger vergöttern müssen, um sich nicht auch rasch in deutsches Fühlen und Denken einzuleben. In den Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 mar ihr Herz ungeteilt bei der Partei, für die der Kronprinz als Heerführer im Felde stand. Da es ihrer edlen Weiblichkeit nicht an echter Menschlichkeit fehlte, dünfte sie der Krieg teine große", sondern eine schreckliche Zeit", und wohltuend sticht von der Rachebrunst alldeutscher Thusnelden in den Jahren 1914 bis 1918 der Schmerz ab, mit dem sie 1870 ihrer Mutter berichtete:
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der
Ich bin in sehr schlechter und gedrückter Stimmung Gedanke an all das Unglüd, Weh und Leid beider Länder lastet Tag und Nacht auf mir. Alle diese Schrecken machen mich so elend, der Gedanke daran, was so viele arme, unglückliche Menschen zu erdulden haben, be= drüdt mich Tag und Nacht.
Aber das hinderte Bittoria nicht, für die deutsche Sache Feuer und Flamme zu sein. 1864 fezte fie der Queen auseinander, wie einfach und durchsichtig die schleswigholsteinische Frage für uns Deutsche " set, 1866 tat sie dar, wie ganz selbstverständlich ihre Gefühle auf der Seite meines Landes und meines Gatten sind, obgleich man natürlich nur verzweifelt darüber sein tann, Deutsche als Feinde betrachten zu müffen", ja, fie bekannte:
„ Ich freue mich als Preußin
an den heroischen Taten unserer Truppen", und ebenso glaubte fie 1870 an die offizielle Legende, daß Napoleon III. der frevle Ruhestörer set.
Auch in Friedenszeiten zeigte sich die Engländerin" in ihrem Empfinden für das Land, das ihr zur zweiten Heimat geworden war, weit deutscher als viele der altpreußisch verstodten, engherzig schwarzweißen Junkerfippe. Es waren denn nicht nationale, sondern politische Gründe, die den Haß an der Kronprinzessin emporzüngeln ließen; für ihre grimmen Feinde
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hieß Engländerin nicht undeutsch, sondern liberal. Ganz gewiß war sie feine Prinzeß Egalité", und für die stärksten sozialen Kräfte der neuen Zeit hatte sie kein Verständnis. So zialismus galt ihr als„, wilder, giftiger Unsinn", und selbst für unverfälschte Demokratie hatte sie taum etwas übrig; jogar vor der Nationalhymne der französischen Bourgeoisrepublit, der greulichen Marseillaise", schauderte sie in der Erinnerung an ,, die Elenden", die dieses wilde Lied" 1792 gesungen hatten, angeefelt zurüd. Aber so sehr britische Konservative über den realtionären Stumpffinn preußischer Kreuz- Zeitungs"-Leute erhaben maren, so sehr hatte die englische Prinzeß Royal in den gutgelüfteten Zimmern des Schlosses von Windsor Gebanten eingeatmet, die sich nicht mit der muffigen Stubenluft preußischer Hofgemächer vertrugen. Wie widersprach es dem hochfahrenden Dünkel hinterpom merscher erblicher Granden, wenn die Königin von England, Kaiferin von Indien usw. usw., ihrer Tochter für die Erziehung
ihrer Rinder ans Herz legte,
daß die Prinzen und Bringeffinnen vollkommen gütig und menschlich sein müssen, daß sie nicht denken sollen, ie wären von anderem Fleisch und Blut als die Armen, die Bauern, Arbeiter und Dienst boten; daß der Verkehr mit ihnen, den wir immer pflegen und gepflogen
haben, von ganz außerordentlich gutem Einfluß auf den Charakter derjenigen ist, welche später zum Herrschen berufen sind.
Von ihrer Mutter hatte die Prinzessin denn den Sinn dafür geerbt, daß ein wohltemperierter Liberalismus, ein selbsttätiger Konstitutionalismus für das neunzehnte Jahrhundert die hŋgicnischste, sauberste und zweckmäßigste Regierungsform sei. Und da die Prinzessin, Klug, aufgeweckt, lebhaft, voller Neigung für Politik, Literatur, Kunst, Wissenschaft und Philosophie, schon mit achtzehn Jahren eine abgerundete Persönlichkeit und jedenfalls das stärkere Temperament in der Ehe war, fiel es ihr nicht schmer, ihren Gatten zu ihren Anschauungen zu befhren, someit er sie nicht von vornherein teilte; der alte Wilhelm äußerte sich gelegentlich unwirsch, der Kronprinz stehe
politisch unter dem Pantoffel feiner Frau. Ueberdies tam Viktoria Adelaide gerade in einer Spanne politischer Gärung nach Preußen, in die„ Neue Aera", der nur zu bald die Konfliktszeit folgte. Da sie ihr Herz auf der Zunge trug, blieb niemandem verborgen, für wen sie in diesem letzten großen Strauß zwischen Krone und Bürgertum, zwischen Absolu tismus und Liberalismus Partei ergriff.
Daß sie und ihr„ Friz"
für verfassungsmäßige Freiheit, für ruhigen, stelen Fortschritt,
Der britischen Gleich
für unaufdringlische, aber ungehinderte Evolution, für Individuafismus und die Entwicklung der Kultur, nicht für Imperialismus, Cafarismus, Staatssozialismus usw." waren, mußte zu heftigem mals die Zügel an sich riß und die Gäule in die Richtung des Zusammenstoß mit dem verwegenen Staatsmann führen, der daCafarismus und Imperialismus zwang. brach es wohl auch an dem Nerv für die dämonischen Ur und gewichtsnatur dieser wohlerzogenen und wohlbehüteten Frau ge= Grundtriebe, die Bismard auf seiner Bahn vorantrieben, aber was ihr die tiefste Abneigung einflößte, war doch die Glücksspielerund Erfolgspolitik desprinzipienlofen Mannes". Halb widerwillig erkannte die Fürstin zuweilen die Genialität seines Wesens an, doch im Kern erschien er ihr als„ ein ganz mittelalter licher Mensch, dem die wahren Theorien der Freiheit und der modernen Regierungskunst wie hebräisch vorkommen", und sein Herrschaftssystem verwarf sie voll Empörung als forrupt und schlecht". In den siebziger Jahren nahm sie fast verzagend wahr, daß der für sie unerträgliche Zustand:„ Bismard als einziger und allmächtiger Leiter unserer Geschicke" für die.größere Mehrheit des Volfes, zumal in Preußen, ganz befriedigend war, und schärfer sah die„ Engländerin" durch Hüllen und Schleier als viele Deutsche,
wenn sie am 8. Januar 1888 aufftöhnte:
Wie außerordentlich verderblich ist sein( Bismards) Einfluß auf seine Schule, seine Angestellten und das politische Leben in Deutschland gewesen. Es ist faft unerträglich, in Berlin zu leben, wenn man nicht sein ergebener Stlave ist!!! Seine Partei, seine Nachfolger und seine Bewunderer sind fünfzigmal schlimmer als er! Man hat das Gefühl, als müsse man laut nach Erlösung schreien; würde f
Bittere Betrachtungen
Im Märzheft der Monatsschrift Die Tat" beschäftigt sich Martin Stoß unter der Ueberschrift ,, Die Tragödie Remarque" mit dem Schicksal des Verfassers von ,, Im Westen nichts Neues " als Mensch und Schriftsteller. Die Ausführungen leuchten in das moderne Berlagsgetriebe hinein und stoßen von da aus zur Problematik des Frontkämpfers vor, der sich wieder in das bürgerliche Leben zurücktasten mußte. Wir lassen den interessanten Beitrag im Auszug folgen.
In der Redaktion der Zeitschrift Sport im Bild", im Scherl- Verlag, faß ein junger, begabter Mann, der einen im Stil dieser Zeitschrift brillanten Sport- und Gesellschaftsroman geschrieben hatte. Als Mensch nebenswert und mit einem erfrischend frechen und geistesgegenwärtigen Mundwerk: Erich Maria Remarque .
Er war im Kriege gewesen. Er hatte die graufige Welt der Front fennengelernt. Und als der Krieg beendet war, hatte ihn sein Vater in die Welt geschickt, um seine schweren Eindrücke zu vergessen. Er war im Orient, in Indien gewesen, hatte das internationale Leben fennengelernt, und war ein charmanter Weltmann geworden. Sein Interesse: die Welt der Pferde und Autos. Sein Beruf: Weltmann, geistreich, begabt, charmant. Seine Pflicht: Geld zu verdienen, um leben zu können.
Eines allerdings lastete auf der Frische und Leichtigkeit dieses netten Kerls: der Krieg. Und eines Tages setzte er sich hin und schrieb sich ein Kriegsbuch von der Seele....
Der Roman ist geschrieben, er muß auch gedruckt und bezahlt werden. Der Scherl- Berlag lehnt ihn ab. Remarque weiß nichts von Politit, Herr Hugenberg umso mehr. Re marque fchreibt gegen seine Lehrer, gegen den Unteroffizier Himmelstoß, der ihn viehisch drangfalierte, gegen den Wahnsinn, mit dem junge Menschen geistig wie förperlich im Weltkrieg ausgelöscht wurden. Das aber heißt für Herrn Hugenberg: Defaitismus. Und gerade das bekämpft er in seinen Blättern, und deshalb setzte er auf das Manuskript Remarques den Stempel: unbrauchbar.
Es gibt andere Verlage. Auch Ullstein verlegt Romane. Remarque sendet seinen Roman ein und plötzlich öffnet sich das Tor, an dem er bisher vergeblich gerüttelt hatte. Es ist ein Biz, ein Spaß Er fneist sich in den Arm, er möchte aufwachen, aber er
ist wach, es ist Wirklichkeit, er hat einen Vertrag, unterschrieben und gegengezeichnet, und seine Brieftasche ist voll. Daß ihm Scherl sofort fündigte, mas tut's! 3wei Jahre lang lann er reisen, Eindrüde sammeln. Und dann wird er einen fabelhaften Gesellschaftsroman schreiben, und alles ist gut....
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Es erscheint der Roman in der Bossischen 3eitung". Er ist ein Erfolg, ein großer Erfolg. Die Bolitif flammert sich an diesen Erfolg. Leitartikel beziehen sich auf Remarque . Politisch wird die Frage der Kriegsgeneration aufgeworfen. Der Roman
dieser Ruf beantwortet, könnte man einen tiefen Seufzer der Erleichterung ausstoßen. Es wird Jahre dauern, bis all das Unglück wiedergutgemacht ist! Natürlich denken alle, die nur die Außenseite der Dinge sehen, daß Deutschland start, groß und einig ist, eine furchtbare Armee, ein Minister, welcher der Welt seinen Willen diktieren kann, ein Herrscher, dessen Haupt mit Lorbeer getrönt ist, und einen Handel hat, der auf dem besten Wege ist, alle anderen zu übertreffen, daß sich das deutsche Element überall in der Welt bemerkbar macht( auch da, wo es weder beliebt ist, noch mit Vertrauen angesehen wird). Diese Leute können fich nicht denken, daß wir irgendeinen Grund zur Klage haben, sondern glauben, wir hätten nur dankbar zu sein. Wenn sie nur wüßten, um welchen Preis dies alles erkauft ist!
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Kein Wunder, daß die Nörglerin von Bismarck und seinen Kreaturen gehaßt, bespielt, gefränft und auch von ihrem Schwiegervater falt behandelt wurde; aus der Hofclique siderte der Haß gegen sie nach unten, so daß eines Tages ein lutherischer Pfaffe den Tod ihres fleinen Sigismund mit gefalteten Händen als Prüfung des Herrn" begrüßte, die gesandt sei ,,, dieses harte Herz zu demütigen". Berleumdung umzischelte sie erst recht, als Friedrich III. nach drei Monden Kaiserseins seinem tüdischen Kehlkopfleiden erlag; sie wurde bezichtigt, wie die Briefe" zeigen, ganz zu Unrecht, den unfähigen englischen Spezialisten herbeigeholt und die richtige Behandlung durch deutsche Aerzte verhindert zu haben. Bitter zog die Witwe damals die Summe eines durch den Tod des Gatten zerbrochenen Lebens:
Wir liebten Deutschland und wünschten es groß und start zu sehen, nicht nur durch das Schwert, sondern in allem, in dem Gerechtigkeit, Kultur, Fortschritt und Freiheit zu finden sind. Wir wünschten das Volk glücklich und frei, in, Wachstum und Entwicklung alles Guten zu sehen. Wir haben uns eifrig bemüht, zu lernen, zu studieren und uns für die Zeit vorzubereiten, die uns zum Wert an der Nation rufen würde. Viel Erfahrung hatten wir gesammelt! Bitter hart er. faufte Erfahrungen!!! Und nun ist alles umsonst ge= wefen.
Nur magere Genugtuung war es, daß eindreiviertel Jahr später ihr alter Widersacher Bismard dem von ihm selbst geschaffenen System des monarchischen Absolutismus zum Opfer fiel; eine dentwürdige Szene in der Abenddämmerung zweier Schicksale, da sich der jählings Entmachtete überwindet, zum Abschiedsbesuch bei der
einst Gehaßten zu erscheinen; sie fragt: Kann ich etwas für Sie tun?" und er:„ Ich bitte nur um Ihr Mitgefühl" und wendet sich. Sie aber, erkennend, wie auch weiterhin Despotismus" und
Chauvinismus" die Triebfedern des neudeutschen Staatsmechanis
mus blieben, betrachtete ganz isoliert", wie sie sich auf ihrem Cronberger Landsitz vortam ,,, wie aus einem Grabe" mit wachsender Sorge die Entwicklung der Dinge. Als sie in den kurzen Wochen
einer melancholischen Kaiserherrlichkeit von der Meute des alten Bismard und des jungen Wilhelm umläutet wurde, meinte sie ahnungsvoll: Frih und ich werden eines Tages
durch den Lauf der Ereignisse mehr als gerächt werden, wenn diese Menschen zur Herrschaft tommen." Sie war eine Kassandra , die 1914 schauerlich recht befam!
wird gedruckt. Er erscheint als Buch. Die größten Namen wurden propagandistisch vor das Buch gespannt. In vier Tagen ist die erste Auflage vergriffen, 70 000 Exemplare sind abgesetzt. Ueberall prangen die Plakate: Im Westen nichts Neues !"
Die Front marschiert, und Remarque ist an ihre Spitze gelangt, und er weiß selbst nicht, wie! Was verlangt man von ihm? Er ist fein Heiliger, er ist kein Held, er ist auch kein Marr! Er ist ein Mensch, und ein netter Kerl dazu! Er schrieb sich die Front von der Seele, aber er ist nicht ihr Führer, er will auch gar nicht ihr Führer sefn. Er weiß auch selbst noch gar nicht, ob er mit marschieren würde, wenn die Front marschiert. Er will nach dem Süden, er will seine Leichtigkeit wiederhaben, seine Frische. Aber man hat ihm einen schweren, verrosteten Stahlhelm auf den Kopf gedrückt und er bricht unter ihm zusammen! Es gibt zwei Menschen Remarque : den charmanten Mann im chapeau claque und den Mann im Stahlhelm. Und der Mann im Stahlhelm ist drauf und dran, den anderen totzuschlagen....
Plötzlich ist es gut, sich an die Rockschöße des Frontsoldaten Re marque zu flammern. Im Buchhändlerbörsenblatt erscheint bereits die dreispaltige Anzeige eines Verlages: Kriegs romane , die große Mode!" und darunter werden eine Reihe älterer Kriegsbücher dieses Berlages angekündigt. Es ist aber auch gut, sich nur an den Namen Remarque zu klammern. Da hat dieser, Sportsmann und Globetrotter, vor einigen Jahren es ist schon lange eine fleine Sache geschrieben, im Stil der Zeitschrift ,, Sport
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im Bild", in seinem Stil, der leichte Anflänge an Oskar Wilde hat. Der Verlag erinnert sich plötzlich. Der Name Remarque zieht. Also heraus mit dieser fleinen Sache, sie wird Geld bringen und ein Geschäft sein. Und also erscheint im Buchhändlerbörsenblatt breit der Name Erich Maria Remarque , und unter ihm der Titel dieses fleinen älteren Wertes:„ leber die Kunst, fost bare Schnäpse zu migen! Leitfaden der Dekadence." Ulstein griff sofort zu und kaufte in einer Stunde die gesamte Auflage dieses Heftchens auf, um sie zu vernichten. Die Katastrophe war gerade noch vermieden worden. Jedenfalls die Katastrophe für den Absatz des Buches: Im Westen nichts Neues ."
Da steht der Frontsoldat Erich Maria Remarque , im Stahlhelm und mit Gasmaste, vor jenem anderen Remarque, der zehn Jahre älter ist, und der wieder leben gelernt hat, und der sein Auto durch die Welt steuert und der sich auf das Migen kostbarer Und dieser Frontsoldat, mit Stahlhelm und Schnäpse versteht. Gasmaske, geht heraus unter die Massen, und er sieht mit seinen leeren, ausgestorbenen Augen den Menschen ins Gesicht, sieht durch sie hindurch in eine ferne, ungewisse Zukunft. Und die Menschen schlagen die Augen nieder und sagen: Remarque !
Währenddessen aber ist Remarque selbst von der Bildfläche verschwunden. Halten wir es feft: er ist Weltmann, Sportsmann, Draufgänger. Er ist kein Poseur und Faiseur, sondern er ist fair und im Menschlichen echt. Und weil er das ist, so muß er heute in irgend einem Winkel sitzen und ratlos über die Frage grübeln: Was nun? Die Walze des Erfolges ist über ihn hinweggerollt, sie läßt ihn am Boden zurück, zermahlen und zertreten. Was mun?