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Sonntag

17. März 1929

Unterhaltung und Wissen

Andreas Latzko : Himalajafahrt

wimmel der Bajare und Tempel, in jeder, auch in der niedersten Wagenklasse der Eisenbahn, gegen dunkle Nachbarschaft geschützt ja, eigentlich verwiesen aus ihrer Nähe durch die Tafeln: für Farbige!"

Rur

Es flingt ein wenig wie Himmelfahrt, und für den Europäer,| Siegfried durch das Feuer, schreitet man durch das dichteste Ge der aus der Höllenglut des Gangestales der himmlischen Kühle der höheren Regionen entgegenstrebt, bedeutet die Fahrt nach Dar­jeeling( sprich Darschilling) wirklich eine Erlösung, das unwahr­Scheinlich schöne, faum glaubwürdige Versprechen einer leiblichen Neugeburt. Das Nachgefühl im Herzen des Angeklagten, dem ein Freispruch nach langer Untersuchungshaft das Tor in die Freiheit öffnet, kann den Glückstaumel kaum übertreffen, den das Wort Stühle" in Menschen weckt, die jede Erinnerung an das Einwirten Dieses Begriffes auf ihre Hautnerven längst ausgeschwitzt haben.

Kühle?"... Wie soll man an die Eristenz eines solchen atmo­sphärischen Bunders noch glauben fönnen, nach fiebenmal fieben Tagen unter Balmen, Tamarinden, Jad- und Brotbäumen, die alle einen Schatten von 40 Grad Celsius, spenden"? Während der Reise durch Nordindien ist übrigens auch dieser überheizte Schatten eine felten erreichbare Erquidung, denn die Begetation ist verborrt in der monfunfreien Jahreszeit, und der schauluftige Europäer muß aus der Schatteninsel des Hotelgartens am Morgen schon in den gelbglühenden Glutofen, deffen zauberhaft schöne Tempel, Moscheen und Königspaläste nur die eine Schattenjeite haben, überhaupt teinen Schatten zu werfen in der sentredyt niederbrütenden Sonne.

" 3ch erfriere in der Hölle!"

Das Endchen Weg aber von der Bahn zur Landungsbrücke, die in stetigem Kampf mit der stromaufmärts rollenden Flut tag täglich beinahe eingeriffen oder verschoben wird, diesen furzen Fuß­marsch müssen alle Reisenden gemeinsam zurücklegen, und es ist ein fast beängstigendes Erlebnis, plöhlich mitten in dem freischen­den, haftenden, aufgeregten Gedränge der farbigen Menge zu stehen, umflattert von den weiten Gewändern. Zuweilen wird man an einer dunklen Stelle sogar gestreift von einem ahnungslosen Eingeborenen, der vornübergebeugt unter schwerer Last, wie ge­stochen, von tödlichem Schreck durchzuckt, beiseite springt, wobei er im Scheine der nächsten Fackel bemerkt, daß er einem seiner weißen Beherrscher zu nahe gekommen war!...

Auf dem Schiffe ist die Ordnung" sofort wieder hergestellt. Unter goldumrahmten Spiegeln auf roten Samtigen verzehrt im Salon der Sahib sein Abendbrot, während auf dem unbeleuchteten Berded, zu ungeheuren Knäueln geballt, die Einheimischen auf ihren Säden und Kisten fauern. Am jenseitigen Ufer wartet dann auf den Europäer selbstverständlich sein Schlafwagenabteil, an der Außenwand des Waggons mit seinem Namen beklebt, und wenn er nach achtstündiger Nachtruhe erwacht, ist er schon an der End station Siliguri angekommen, 120 Meter über dem Meere, in einer Morgentühle, die einen leisen, ganz ganz leifen Gruß der fernen Schneegipfel um die Stirne weht.

Eine Spielzeuglokomotive

Ein besonders raffinierter geographischer Regietrid zwingt zu alledem den Reisenden, die Fahrt in den Himalaja in Kalkutta anzutreten, und welche Steigerung für die Epidermis dieser Aus gangspunkt bedeutet, das kann nur an Hand einer kurzen Erklärung der Besonderheit Kalkuttas erklärt werden! Mag man aus dem Westen kommen oder aus dem Osten, mit der Bahn den Ganges entlang gereist oder vom Aequator her durch den Bengalischen Meer­busen gesegelt fein, man bereut hier, den Ausdrud höllische Hize" früher schon mißbraucht zu haben, leiftet den durchreisten Gegenden Abbitte und degradiert sie zum Burgatorium. In dem Kreise der englischen Offiziere, die hier garnisoniert sind, zirtuliert seit Men­fchengebenten die Anetbote, ein alter Major, der jahrelang in Kal tutta tommandiert hatte, jei nach seinem Ableben Nacht für Nachtfächlich für die erholungsbedürftigen Europäer als den Kameraden erschienen, bis er endlich, von dem Mutigsten gestellt, die flehentliche Bitte ausstieß: Jungens, gebt mir um Chrifti willen einige warme Decken! Ich friere mich zu Tode in der Hölle!" Biffenschaftlich, mit dem Thermometer in der Hand etwa, läßt es sich natürlich nicht nachweisen, daß in Kaltutta die Hize um so und so viele Brabe größer wäre als im übrigen Indien . Aber Kal­tutta ist Großstadt, mit breis, vier- und mehrstöckigen Häufern; für den Europäer tommen nur die größeren Fremdentaramanjereien in Betracht, und die sind in europäisch angelegten Straßen nac) euro­päischer Art gebaut tann man sich einen vierziggrädigen Schatten, der schon im Freien eine Folter bedeutet, zwischen Straßen­pflaster und vierstodhohen Schächten aus getürmten Ziegelsteinen eingelastelt, vorstellen?

Von hier beginnt der eigentliche Aufstieg, ein Höhenunterschied von 2100 Meter muß bezwungen werden, und man sieht erstaunt, ungläubig, bas madelige Spielzeug, das diese ansehnliche Leiftung in sechs Stunden bewältigen foll! Der Frachtenverkehr der Dar jeeling Himalajan Railway ist kaum nennenswert, fie wurde haupt Refsource für das fashionable Kaltutta gebaut, und so mußte gespart werden, man begnügte sich mit einer Schmalspurbahn, deren Geleife meite nur 70, fage fiebzig Zentimeter, beträgt. Eine Spielzeug­weite nur 70, fage fiebzig Zentimeter, beträgt. Eine Spielzeug

Freilich ist Bombay unter demselben Himmelsstrich nicht wesent. lich fleiner als Kaltutta, aber es ist weniger neu, weniger von dem fragwürdigen Streben beherrscht, möglichst ,, europäisch" zu wirken, und vor allem liegt Bombay am Meer, das Taj Mahal Palasthotel steht am äußersten Rand des Hafens, wo am Abend der leise Hauch einer Brise die welke Haut erfrischt, und für Minuten wenigstens die qualvollste Eigenschaft des Tropentlimas: den minimalen Unter­schied zwischen Mittags und Mitternachtstemperatur, vergessen macht. Kaltutta aber ist noch etwa 15 Kilometer vom Meere ent­fernt, Hafenstadi nur, weil der Ganges tief genug ist, auch die größten Dampfer so weit heraufzutragen; der Atem der freien Bafferfläche aber erreicht die Stadt nicht, und so schläft sie unter Der Haube ihrer eigenen Ausdünstung, nur während der kurzen Regenperiode einmal jährlich vom Monjun ausgelüftet.

Es mag an Wippchens Reiseberichte erinnern, wenn man von der reichen, prächtigen Stadt, die in ganz Asien nur von Totio an Ein­wohnerzahl übertroffen wird, derart nichts anders zu erzählen weiß, als daß es heiß ist in den Tropen. Tatsächlich erdrückt aber in der Erinnerung das unvergessene Leiden alle anderen Erlebnisse, und trotz der unvergleichlich herrlichen Rajenfläche des Maidan, dessen allabendlicher Wagentorso Bois du Boulogne und Hyde Park nichts an Glanz schuldig bleibt, trop der sehenswerten Bauten und des orientalisch tolorierten amerikanischen Berkehrs, bleibt das stärkste Geschent der Stadt der furze Augenblick der hoffnungsvollen Flucht, die Stunde der Abfahrt nach Darjeeling. In den Hoftheatern der Borfriegszeit waren Bohltätigkeitsvorstellungen mit gemischtem" Programm beliebt, ein Att Zauberflöte", ein Att Pariser Leben , ein Alt aus einem orientalischen Ballett. Es gibt zwei Städte, Kairo ist die eine, Ralfutta die andere, die so wirken, als wären auf einer Bühne die vermischten Dekorationen für ein solches Bat pourri aufgestellt. Man ist eigentlich froh, daß die Vorstellung zu Ende ist.

Nur für Farbige!

Auch die Abfahrt von Kallutta scheint ein Regietrid, denn der einzige Schnellzug nach Darjeeling Derläßt gegen sechs Uhr die Stadt, zur Stunde, da der Körper bis zum Bersten vollgefogen mit Sonnenglut, der turzen Stühle des Sonnenunterganges entgegen. schreit! Unmittelbar vor Einbruch dieser ersehnten Erholung fährt der Himalaja- Expreß aus dem winzigen, niedrigen Rebenbahnhof der Himalajabahn, so daß man noch unausgefühlt sich hinein schieben lassen muß in den Waggon, der auf dem freien Geleise genau zwölf Stunden lang wie ein Affumulator bas Feuer der Tropensonne in sich aufgespeichert hat! Ein einziger Troft nur träufelt Kraft in die hoffnungslos erfchlafftan Gilaber: man metß. Die Fahrt in dem abgeschloffenen Backofen dauert zunächst nur bret einhalb Stunden, dann ist das Gangesufer erreicht und man darf auf das Schiff, bas beinghe eine Stunde braucht, den mächtigen Strom zu überqueren. Es ist längst Nacht, menn man über Sen feltfam zerrissenen, mit Brettern unb madelig ertemporierten Stegen geflidten Schlammboden bei Fadelschein auf die Fähre ftolpert. Und hier, zum erstenmal während eines halbjährigen Aufenthaltes in Indien , sieht der Reisende beunruhigt. Die Scheidemand nieder­geriffen, die den melßen Sahib überall von den Farbigen aller Schattierungen und Berufe trenni! Unsichtbar und doch unerschüt terlicher als jeder Festungsmall aus Beton oder Granit ist diese aus Hochmut und Unterbrüdung getürmte Umfriedung. Kein Titel und fein Rang fichert bem Europäer in feiner Heimat folchen Abstand non der Menge als hier, mohin man auch tommt, das Abelspatent ber meißen Hautfarbe automatisch dem Sahib" aufzmingt. Wie

Beilage

des Borwärts

lokomotive , wie Bergwerte zum Befördern der Hunde" melche benügen, wird vor die winzigen offenen Wagen gespannt und zieht wirklich an, man muß mir stündlich Wasser und Kohlen nachfüllen, so rasch verzehrt die unwahrscheinliche Leistung das Wenige, das sie faffen tann.

Nicht nur Serpentinen, die sechs und siebenfach übereinander liegen, gibt es auf dieser mertroürbigen Strece, wiederholt wird die Lotomotive vorne abgetoppelt und bort angehängt, wo bisher rüd­wärts war, und an mehreren Stellen freuzt die Bahn ihre eigene Spur, in engen Kortzieherwindungen, deren Durchmesser tieiner als die Länge des Zuges ist, so daß man aus dem ersten Wagen den legten in entgegengesetzter Richtung an sich vorbeifahren sieht.

2300 Meter über dem Meere

Meter über dem Meere

Aber so spaßig das Spielzeug wirft, es schafft's gegen 3 11hr nachmittag rattert man in Darjeeling ein, zweitaufenbunddreihundert die Lippen blau, die Nase rot, die Hände start vor Kälte! Trotz allen Mißtrauens gegen die unwahrschein­liche Bersprechen hat man sich ja in Kalkutta dennoch mit marmer Kleidung versorgt, schlüpft sogar in den Belzmantel, aber der wochen­lang im Glashause verweichlichte Körper zittert auch in der dicksten Ilmhüllung, das ersehnte Geschent der Kühle fällt zu groß aus, und der erste Wunsch des Reisenden ist Feuer in den Kamin! Im Belz, so nabe als möglich an die brennenden Scheite herangedrückt, fauert er schlotternd bei 12 Grab über Null, bei einer Temperatur, die in Europa den leichten lleberrock entbehrlich macht.

Die gut durchheizte, verglaste Terrasse des Hotels geht auf das Gebirge, dorthin strömen gegen Abend alle Gäste, auf den Aform­ruf, der Nebet jei geborsten und der Kangchenjunga( Kinchinchinga) zu sehen!

Wo? Wo denn?" fragt man erstaunt. Da fühlt man sich rüdwärts gepadt, und den Hintertopf tief ins Genid zurückgedrückt: Dort!" Und dann stockt der Atem für eine Sekunde, denn dort, wo man längst den Himmel und fleine Berge vermutet, dort, wo Jungfrau und Montblanc längst aufgehört hätten, dori beginnt, bis zu 8500 Meter aufsteigend, eine Gislandschaft, glaubhaft nur als eine Fortjegung des Himmels nach unten. Daß die Erde, die man gewöhnt ist, mit Füßen zu treten, so hoch emporragen tönnte eben erst nach Darjeeling heraufgetrochen, faßt man es noch nicht!

Erft mit dem beginnenden Zweifel, es sei vielleicht doch nicht wahr, baß man auch Wärme bei allzu großer Quantität als lästig empfinden tönne, ist man genügend eingewöhnt, um an die Wirklich­teit der Gipfel im Himmelszelt zu glauben.

Adolf Strodtmann Ich habe meine Tasche liegen lassen

Zu seinem 50. Todestage am 17.

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Gerade eine Woche vor seinem 50. Geburtstage, am 17. Mära 1879, erlöfte der Tod den einst hochangesehenen Dichter und Lite­ raturforscher , den Vorfämpfer politischer Freiheit in Deutschland , Adolf Strootmann, von seinem langen Leiden. Mit ihm ging einer jener opferfreudigen, tampfesfrohen Männer dahin, welche in schwerer Zeit, unter Berzicht auf ihr eigenes Lebensglüd, für ihre Ideale gestritten und gelitten haben.

Strootmann, der am 24. März 1829 in Flensburg als Sohn eines gleichfalls um die Literatur verbienten Geistlichen geboren wurde, begeisterte sich schon auf der Schule für die radikale Beme= gung der Zeit. Sein oppofitioneller Unabhängigkeitssinn trieb ihn zunächst in die Reihen derjenigen, welche die Befreiung vom dänischen Joch erstrebten, das so schwer auf seinem deutschen Ge­burtslande lastete. 1848( dloß er sich als Rieler Student den Auf­ständischen an, wurde jedoch bereits am 9. April jenes Jahres im Gefecht bei Bau, mo 13 000 Dänen, unterstüßt von ihrer Flotte, über 6000 Schleswig- Holsteiner fiegten, schyver verwundet und geriet in Gefangenschaft. Seine damals empfangenen Eindrücke hat er in den Liedern eines Kriegsgefangenen auf der Dronning Maria" geschildert. Der Waffenstilstand von Malmö gab ihm die Freiheit zurück, die er dazu benutte, um in Bonn seine Studien fortzusehen Er trat dort in nähere Beziehungen zu den Anhängern der republi­kanischen Bewegung Gottfried Kinkel und Karl Schurz und als ersterer verhaftet wurde, unterstützte er dessen Gattin Johanna in der Redaktion der von Kintel herausgegebenen Zeitung. Auf die Nachricht hin, sein hochgeschäßter Lehrer und Freund müsse im Zuchthaus zu Naugard Wolle spinnen, verfaßte er fein leidenschaft durchglühtes Lieb vom Spulen", das seine Relegation zur Folge hatte. Im Herbst 1850 ging Strootmann nach Paris , wo er zu Literarijden und politischen Persönlichkeiten in Beziehungen trat und auch die Bekanntschaft Heines machte, dessen erster Biograph er später wurde. Das Jahr 1851 führte ihn nach furzem Aufenthalt in Hamburg nach London . Hier traf er seine alten politischen Freunde Kinkel und Schurz wieder, die im Eril den Berlauf der Dinge in Deutschland verfolgten. 3u ruhigem Lebensglüd aber ge langte der Ruhelose auch in London nicht, deshalb wandte er sich im Sommer 1852 nach Amerita. Eine in Philadelphia gegründete Buchhandlung und eine Zeitschrift verschlangen sein gefamies Ber­mögen und nun begann für ihn ein romantisches Banderleben ois Schriftsteller und Journalist im Westen, deffen Ergebnis der glän zenb geschriebene Roman Rohana. Ein Liebesleben in der Bildnis war. Die wirtschaftliche Lage Strootmanns besserte sich erst nach seiner Rüldkehr in die Heimat im Serbit 1856; gutgegangen aber ist es ihm eigentlich nie. Der Sänger zahlreicher Liebeslieder( in Hoheslied der Liebe," Bieber ber Nacht,"" Gedichte" usw.) hat in feinem Liebesleben tein Glück gehabt, erst nach mancherlei Eni täuschungen fand er Ruhe an der Seite feiner letzten Frau 1856 bis 1870 lehte Strobimann in Hamburg ; während des deutsch - frangoit schen Strieges par er Berichterstatter verschiedener großer 3eihmgen. Die legten Lebensjahre verbrachte er in Steglitz bei Berlin , trog feines Schweren Seidens unermüdlich tätig im Dienste der Literatur.

In erster Linie galtan Strootmanns literarhistorische Arbeiten Seine, für dessen Bebensgefchichte er mit rastiesem Fleiß bie Grund fage fchuf: überbies neranstaltete er eine Gesamtausgabe feiner Bette. Durch die Herausgabe ber Briefe pon und an Auguſt Bürger ermarb er fidh ebenfalls Berdienste, noch größere burch feine gerabezu lafftschen lleberfeßungen der Bedichte Byrons, Shelleys, Tennysons, Ibsens , Björnsons, Bergfoes, Clints, Holger Doach manns, J. P. Jakobsens und anderer. Strodimann hat unter an derem auch ein Wert über das geistige Leben in Dänemart fomie unter dem Titel Dichterprofile" eine Sammlung fiefgreifender, geiftvoller literarischer Essays herausgegeben.

Ernst Edgar Reimérbes

Jeder von uns hot irgend so ein verschwiegenes Winfeldjen,

irgend eine ramidubiabe, in die Unbefugten der Einblid streng stens verboten ist ein wundervolles schauberhaftes Durchein­ander wohlvertrauter Dinge, beren rein ibeller Bert mir für uns allein Bedeutung hat. Zerbrochene Erinnerungen, Reiseandenten, Tagebücher und Poesiealben mit dem unvermeidlichen Freundinnen­vers auf der letzten Seite: Wer Dich lieber hat als ich, der schreibe fich noch hinter mich!" Gine balnte Durmet, an der wir einft ab­göttisch hingen, ein Dußend tunstfarten": Schattenriffe pitanter Tänzerinnen mit farbig betonten Strumpfbändern, eine Sammm­lung", die das Taschengelb vieler Wochen wert war. Dazwischen den Brotfarien der eisernen Zeit und den hinfällig gewordenen Milliardenscheinen ein Schnürsentel... er riß an dem Tage, ant dem wir uns tennenternten.... bort eine gottlob verschnoiegene Anstedblume und der gewisse Notizblock, der leise und unauffällig verloren ging, um dann unter um so auffälligeren Nebenumständen wiedergefunden zu werden umb eine bedeutsame Rolle in einem Menschenleben zu spielen. Ferner eine Handvoll peinlicher, doch inzwischen endgültig faltgestellter Schicksalsschläge in Form von tütenblauen Tabelbriefen- wegen Faullyeit oder fortgesetzter Störung des Unterrichts"; meist von der gefürchteten Groß unter­zeichnet, die immer lebles fann und dabei stets den Anschein er­medte, als ob sie lächelte, weil sie start vorstehende Oberzähne hatte. Wenn sie wüßte, daß ihre Niederfracht jetzt auch friedlich der Kategorie lieber Erinnerungen eingereiht worden ist wenn ihr ordnungheischender Blid mun erst die Kramschblode fehen würde....

und

Ich habe meine Tasche liegen taffen. Irgendwo. Niemand. meiß, was das bedeutet. Denn so eine Handtajdye ist auch ein vertrauter Ort, an dem man intimere Brivatangelegenheiten auf­zubewahren pflegt, zumal die aktuellen Dinge, die man stets zur hand haben muß, wie beispielsweise einen Taschentalender mit der Tageseinteilung und den Verabredungen, in die Unbefugten der Einblid mur ungern gewährt wird. Dasselbe gift für den Block mit den täglichen Einnahmen und Ausgaben und einem Berzeichnis der Telephonnummern. Aber ich bit ja wirklich gar nicht mit all diese Leuten tiert, die da fäuberlich eingetragen sind, doch wer wird mir ohne heimliches Grinsen glauben, daß ich einzig und allein der Ordnung halber jede Adresse notiere, die mir mehrere mal über den Weg läuft?

Ich habe meine Tasche liegen lassen. Ein Brief ist auch noch darin, ein unbeendeter, offener Brief, in dem ich meinen Gedanken manglos ben Lauf lasse. Nun wird jederman lesen, daß ich mich über S. luftig mache, meil er dauernd verlegene roie Dhren friegt und viermal hintereinander das gleiche erzählt, ohne es zu mer tent.... daß er jedoch für allerlei Besorgungen nicht von der Hand 6 weifen fet und deshalb vorläufig noch im Auge behalten werden miffe. Und daß mein Gatte zwar ein gutgläubiges Schaf iſt, jedoch mit seiner Harmlosigkeit allmählich auf die Nerven falle. Und men ich mich nur darauf besinnen tönnte, mie meit ich jene Angelegen­bait angedeutet habe, die ich ja auf teinen Fall andeuten darf- aber, mie ich mich tenne, merde ich sie schon angedeutet haben!

Was für ein Taschentuch war denn überhaupt darin? Wic

fie jest alles in den Händen halten und betrittein wenden! Das But schießt mir in die Bongen. Diese Ungemisheit er trage ich nicht mehr! Das Beben ist nicht mehr lebenswert für mich, nie mieber tann ich völlig unbefangen meiner Wege gehen... berm: ich habe meine Tasche, liegenlassen! Lotte Arnheim .

Die größte drahtlose Station der Welt wird zurzeit in ber Nähe der Hauptstadt Infin gebaut und im Mai d. 3. in Betrieb genommen merben. Die Station, bie unter Berücksichtigung der fchem Material und deutschen Apparaten errichtet mizo, fall dem legten technischen Errungenschaften und fast ausschließlich mit deut biretten Berfehr mit Europa bienen. Ein Telefunken- Hochfrequenz­generator non nicht meniger als 1000 Rilomatt wird diefen Fern­nerfehr versehen.